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„Aber Du hast ja selbst gesagt" —
„Schlimm genug, daß ich Deinen romantischen Ansichten einen Augenblick 'beigepflichtet habe. Ei» Geschäftsmann darf keine Verbindung eingeben, die ihm nicht pecnniären Vvrtheil bringt, — daS ist meine Ansicht. Und damit Basta! Du wirst Melanie nicht wieder sehen!"
In dem Augenblicke fuhr ein Wagen dicht bei ihnen vorbei. Melanie saß in demselben.
„Vater," sagte Engen, „icb erkläre Ihnen, das; ich Melanie besitzen würde, welche Hinderniße sich mir auch in den Weg stellen; ick sage Ihnen, ich würde mit ihr fliehen, wenn eS sein muß. Tie Schwierigkeiten kommen oon einer andern Seite, als ich glaubte. Mein Entschluß bleibt derselbe. Leben Sie wohl!" Rasch nabte er sich dem Wagen, wechselte einige Worte mit Melanie, öffnete den Schlag, nahm »eben ihr Platz, und im Galopp eilte der Wagen dahin.
Der Kaufmann war über diesen plötzlichen Entschluß so erstaunt, daß er dem Wagen sprachlos nachsab, bis er um eine Ecke verschwunden war. Erst jetzt kehrte ihm die Besinnung wieder, und allerlei Pläne, die Flucht der Beiden zu verhindern, durchkreuzten seinen Kopf. Weit konnten sie sich nicht entfernen, denn Engen hatte ihm sein Geld zur Verwahrung übergeben, und ohne Geld kommt man nicht weit. Aber wie, wenn die Französin ihnen die Mittel zur Reise vorstreckte, — wenn sie die Abreise begünstigte? Sie konnte das mit Fug und Recht, denn hatte er nicht selbst eben um die Hand Mcla- nic'S für seinen Sohn geworben? Dem mußte er Vorbeugen.
Bald daraus war er in der Wohnung der Wittwe. Sie war angeblich mit der Toilette beschäftigt und er wurde dcß- halb ersucht, ein Viertelstündchen zu warten. Endlich wurde er vorgelassen, sie empfing ihn wieder mit dem freundlichsten Lächeln.
„Ich bin verwundert, Sie hier zu sehen," sagte sic, begleiten Sie das Brautpaar nicht?"
Er hielt nur mit Mühe seinen Zorn zurück. „Sie wissen?" sagte er bebend.
„Ich weiß Alles. Daß Engen und Melanie vor einer Viertelstunde uns verlassen haben, weil Eugen durch wichtige Geschäfte nach New-Jork gerufen wird. Ich glaubte, Sie würden das Brautpaar begleiten!"
„Saubere Geschäfte!" brach der alte Herr jetzt loS. „Hat er Ihnen etwas vorgeschwindclt, der luftige Patron! Durchgegangcn ist er mit Melanie!" i
„Aber mein Gott, das war ja ganz überflüssig," erwic- ! dcrt die Dame. „Sie hatten ja unsere beiderseitige Zustimmung! Was die Jugend doch für romantische Einfälle yat!"
„Ueberflüssig?" brummte der Kaufmann. „Sehr über- fiüssig! wahrhaftig! aber ich werde dem Burschen das Durchgehen legen. Ich werde ihn steckbrieflich verfolgen — ich werde —"
„Und warum? Lassen Sie ihm doch das Vergnügen. Ich finde die Idee allerliebst!"
„Und ich, Madame, ich finde sie abscheulich, ich finde sie entsetzlich dumm. Mit einem Mädchen durchzugchen, das kein Geld hat! Aber ich werde ihn fassen und wehe ihm, wenn er es wagt, das Mädchen ohne Vermögen und ohne Familie bcirathen zu wollen."
In dem Augenblicke erschien Melanie auS der Thüre eines Scitcinimmers. Hinter ihr stand Eugen.
Die Wittwe ging ihnen entgegen, faßte beide an der Hand, machte dem verwunderten Kaufmann eine Verbeugung und sagte: „Mein Schwiegersohn und meine rechte Tochter, die einzige Erbin meines Vermögens. Jetzt weiß ich, daß ich sie ihm ruhig anvertraucn kann; denn er wollte mit ihr fliehen, obwohl er glaubte, sie wäre ein armes Mädchen. Seine Liebe ist wahrbaft uneigennützig. Sie hatten mir Besorgnisse eingeflößt, als Sic von seinen uneigennützigen Absichten sprachen und mir versicherten, daß sie dieselben theilen. In unserem Alter, mein Herr, sind aber derartige schöne Träume geschwunden, und ich muß Ihnen gestehen, daß ich mich nicht entschlossen haben würde, das Vermögen meiner Tochter und das meinige ^ einem Geschäfte anznvertranen, dessen Chef von dem Gcldc j
so gering denkt, als ich es aus Ihren Aenßcrungen entnehmen mußte. Ihr jetziges Auftreten hat mich vom Gegentheil überzeugt und ich gebe von Herzen meine Zustimmung!"
Die Hochzeit wurde ohne Entführung geschlossen.
Neujahrs-Klänge auf 1838.
Sei uns gegrukt, des Jahres erste Stunde, Wir nehmen dich aus Gottes Hand;
Dn gibst uns schwachen Sterblichen die Knute: Das Irdische hat nicht Bestand.
Die Stunden, Tage, ach! sie sind entflogen Ins große Meer der Ewigkeit,
Sie sind, gleich wie des Stromes Wogen Unwiederbringlich uns enteilt.
Doch Gott, der über Raum und Zeit erhaben. Kennt nicht den Wechsel dieser Zcii;
An ibm wir einen Vater haben.
Der ist, war, bleibt in Ewigkeit.
Er ist das A, das O, der Anfang und das Ende, Der Herr, der über Sternen thront;
Zn ihm empor das Auge wende.
Zu ihm, der gnädig Gutes lohnt.
Erhabner Schöpfer aller Creaturcn!
Du bleibest ewig wie dn bist;
Wo ich auch bin, erblick' ich Segensspurcn,
Drum hat dich auch mein Herz erkiest.
Kein Ende nehmen, Ew'gcr, deine Jahre,
Dein Arm regiert mit Kraft und Macht,
Ein Tag vor oir sind tausend Jahre,
Nur eine flücht'ge Wach der Nacht.
Nur dir gebührt Anbetung, Preis und Ehre,
Dick) beten wir im Stande an;
Von nns dein Antlitz niemals kehre.
Dein Geist führ' nns auf eb'uer Bahn.
Hab' Dank für Deine Huld und Vatcrtrcue,
Für Alles, was du uns gcthan!
In dir sich unser Her; erfreue.
Du bist's, auf den man traue» kann.
Zu dir, o Herr, woll'n wir uns wende»
Auch in dem angetret'ncn Jahr;
Du wirst uns gnädig Hülfe senden.
Wenn wir in Röthen und Gefahr.
O sende doch — verschmäh' nicht unsre Bitten — Den Frieden jedem Volk und Land,
Begleite uns auf allen «schritten lind knüpfe fest der Eintracht Band!
Die blusigen Schwerter steck' du in die Scheide, Kanonendonner bring' znm Schweigen du;
Als Fricdensfürst die Völker alle kette.
Den Mächt'gen ruf: „Habt Eintracht" zu!
Erhör', o Herr, vcrlafsncr Wittwen Klage Und neig dein Ohr zu armer Waisen Schresin,
Und sollten wir, falls cs dein Rath ersehen. Und eh' das Jahr sich enden wird,
Von dieser Erd', dem Thränenthale, gehen. So laß »ns, treuer Secle»h>rt,
Dort oben in der Sel'gen frohen Reihen Die finden, die der Tod geraubt.
Rach Thränensaat der reichen Ernt' uns freue!'.
Das schauen, was wir hier geglaubt!
Ja laß' uns einst, wenn wir den Laus vollendet,
Der sorgenvoll, mühselig war.
In lickitc» Höh'n, wobin der Blick stch wendet,
Den Sabbath feiern, das Jubeljahr!
ged. v. F. Dcnglcr in C-
Drsck »«»De^l«- »crE.W. Zalscr'schcn Liichhantlung. Nedaktien: Hetzte.