bis 40 Prozent gesunken. Auf den letzten fränkischen Märkten wurden für das Paar Ochsen 5—7 Carolinen weniger gezahlt als kurz vorher.
Die Hamburger Metzgergesellen haben ihren Meistern kurzweg erklärt, wenn sie von morgen an nickt gcste'zt statt geduzt würden, so möchten die Meister ihre Ochsen selber schlachten.
Paris, 23. Juli. Bei Einweihung der neuen Badanstalten in Plombieres hielt der Kaiser eine Rebe, deren Schluß lautet: „Es ist mir wahrhaft bedauerlich. daß ich während meines Aufenthalts hier nicht auch den Grundstein eines andern wichtigem Gebäudes, der Kirche, legen konnte; denn hat man Erleichterung von seinen Leiden gefunden, so ist es für jede christliche Seele eine Pflicht, zuerst der Vorsehung seine Dank- barkeit zu bezeugen. Wahrhaftig, wenn das, was böse ist, von den Menschen kommt, so kommt alles Gute von Gott."
Beranger hat noch kurz vor seinem Tode seinen Schuldnern einen schweren Stein vom Herzen genommen. Er ließ sich seine Papiere reichen und ordnete die sofortige Verbrennung aller Handschristeu und Darlehensscheine, die in großer Zahl vorhanden waren, an.
Endlich wissen wir, wann Spanien zur Ruhe kommt: sobald 5000 Unruhestifter in Madrid und 50,000 in den Provinzen cingesperrt und unter Schloß und Riegel gehalten werben. So bcthcuerte der Gouverneur in Madrid, und in der Residenz ist mit 1600 Köpfen der Anfang gemacht worden.
Kopenhagen, 19. Juli. Wie „Flyveposten" meldet, wird die holsteinische Sländeversaminlung am Montage, den 17. August, zusammentreten; zum königlichen KommiffariuS wird vermuthlich Amtmann v. Lewetzau, der sich zur Zeit hier aufhält, ernannt werden.
Aus Anlaß der Bcschneidung seiner Söhne hat der S u l- t a n mehrtägige große uudj öffentliche Feste gegeben. so prachtvoll,. wie sie lange nicht in Constantinopel gesehen worden sind. Die ganze europäische Diplomatie war geladen und die Ge- sandtenfraucn und die Frauen des Sultans wetteiferten in Putz und Glanz. Dem französischen Gesandten und seiner Gemahlin widerfuhr cs beim Fcstschiuaus, ohne Messer und Gabel zu bleiben, was große Heiterkeit erregte. Das Tischzeug war von dem Besitzer eines christlichen Gastwirths geliehen und trug ihm täglich einen unchristlichen Miethzins von 1200 Thalcr ein.
Ein kaiserlicher Leibcunuche in Pera wollte nicht leiden, daß ein Engländer die Frauen des Sultans, die vorüberfuhren und kvkettirlen, allzuscharf ausah und hieb auf ihn mit dem Säbel ein. Es gab eine arge Katzbalgerei, von der wir mehr hören werden, da der Engländer ein — Engländer ist.
Aus New-Uork, 8. Juli, wird der Times geschrieben: „Die Feier des Jahrestages der UnabhängigkeitScrklärnng erhielt dieses Jahr eine Abwechslung durch einen schmählichen Slraßen-Scandal, dessen Details »och immer die Spalten unserer Morgenblätter füllen. In dem 6. Bezirke, welchen man als das Whitechapel oder St. Giles (zwei berüchtigte Distrikte Londons) bezeichnen darf, cxistirt eine Gesellschaft junger Raufbolde — um sie nicht mit einem schlimmeren Namen zu bezeichnen —, die unter dem Namen des Todten-Kaninchen-Elubs bekannt ist. Zwischen diesem Club und einem anderen, dem der Lauben-Jungen (Loeverx Lo^s), bestand schon seit langer Zeit eine Fehde. Die alte Polizei war am Freitag, dem Tage vor der Feier, entlassen worden, die neue war noch nicht hinlänglich orgauifirt, und dieses Interregnum benutzten die beiden Banden , uni sich eine Schlacht zu liefern. Die Lauben- Jungen griffen die tobten Kaninchen muthig an und wurden von ihnen mit Pistolen und Musketen empfangen. Von der einen Seite ward sogar eine Haubitze herbeigeschlcppt; dieselbe ward jedoch schmählich erbeutet, noch ehe sie zum Ehargircn kam. Auf den Straßen wurden Barricadcn errichtet. Auch Weiber nahmen an dem Kampfe Tycil, indem Negerinnen und Jrlän- derinnen den Kämpfenden von den Dächern der Häuser herab Ziegelsteine auf die Köpfe warfen. Die Polizei war so dumm, einzuschreitcn, und verhinderte auf diese Weise, daß der Kampf ein ähnliches Ende nahm wie der zwischen den beiden Löwen, die einander auffraßen. Drei Regimenter — darunter zwei mit
Minie-Büchsen und je 12 Schuß auf den Mann — wurden ausgeboten. Dadurch ward der Schlägerei ohne weiteres Blutvergießen ein Ende gemacht. Die Hospitäler sind mit Verwundeten angefüllt. Ein mir befreundeter Arzt, der in Paris vielerlei erlebt hat, sagte mir, er habe niemals so viele Schußwunden zu gleicher Zeit gesehen."
Besuch des Kaisers Joseph bei Jean Jacques
Rousseau.
Aus ?. Mü.hlbach's „Kaiser Joseph II. und sein Hof." (Fortsetzung.)
Jean Jacques Rousseau bin ich, aber ich fürchte, alle Ihre Epitheta sind falsch. Das Leben ist so rauh mit mir umgegangen, daß es den Dichter, der ich vielleicht einst war, in einen alten, mürrischen, ernüchterten Mann umgewanbelt hat. Die Menschen haben mich so vielfach betrogen und getäuscht, daß ich vor Ihnen geflohen bin; aber an den Schmerzen und dem Kummer, den mir diese Schlechtigkeit der Menschen bereitet, erkenne ich nur zu deutlich, daß ich weder ein Philosoph »och ein Weltweiser bin.
Und das sagt Jean Jacques, der große Menschenfreund ; welcher behauptet hat, daß die Menschen von Natur gut sind?
Ich habe das gesagt, und ich sage cs noch, rief Rousseau mit einem begeisterten Ausdruck. Ja, der Mensch ist von Natur gut, er ist die höchste Blüthe der Schöpfung und ein Dust von Schönheit, Poesie und Unschuld strömt aus seiner Seele, wenn er zuerst seine Augen der Welt öffnet. Aber die Welt, mein Herr, die Welt ist nicht gut und edel, zwei Teufel schleichen durch dieselbe bin, das sind der Eigennutz und die Lüge. Diese beiden vergiften die guten Menschen, und machen sie zu böseu, hartherzigen, gefühllosen Geschöpfen, welche immer nur ihren Vortheil und den Nachtheil der Andern zum Zweck haben. O, wer im Staude wäre, diese beiden Teufel ans der Welt zu verbannen, der würde in Wahrheit der zweite Erlöser der Menschheit sein!
Aber ich fürchte, diese beiden Teufel waren in der Welt, so lange sie besteht.
Sie waren nicht im Paradiese, rief Rousseau lebhaft. Und was ist denn unter dem Paradies anders gemeint, als der selige Urzustand der Menschen, wo sie im sanften Einklänge' mit der Natur au den Brüsten ihrer Mutter Erde lagen und von ihr Nahrung, Gesundheit und Frieden empfingen. Das Paradies ist die Zeit der Unschuld, wo die Erde noch keine einzelnen Herren hatte, sondern Gottes war, wo die Menschen noch gar keinen Besitz kannten und daher Besitzer der ganzen Erde waren. Seit der Besitz unter die Menschen gekommen, und sie zcrtheilt und Jcrklüstet hat in Stände und Kasten, ist auch das Unglück auf die Welt gekommen, und nur, wenn die Menschen den Besitz anfgebeu und wieder znrückkchren zur Natur, werden sie auch das Paradies wieder finden.
Sie können es aber nickt, rief der Fremde lebhaft, sie haben einmal gekostet vom Baume der Erkenntuiß, und sind auf immer vom Paradiese verbannt!
Wehe mir, und wehe nnS Allen, wenn Sie Recht haben, mein Herr, sagte Rousseau seufzend, denn alsdann ist die Welt ein elendes Jammerthal, und wenn man wirklich weise wäre, sollte man eilen, sie zu Verlagen! Aber verzeihen Sic, mein Herr, ich habe im Eifer des Gesprächs sogar vergessen, Ihnen einen Stuhl anzubictcn, und Sie stehen noch immer, während ich sitze.
Er entlastete, hastig aufstehend, einen Strohstuhl, der neben dem seinen stand, von allerlei Büchern nnd Papieren, und lud den Fremden mit einem Winke seiner Hand ein, neben ihm Platz zu nehmen.
Sie waren mit Schreiben beschäftigt? fragte der Fremde, indem er sich setzte. Ohne Zweifel darf die Welt bald wieder hoffen, ein neues Werk des großen Jean Jacques zu erhalten?
Die Welt darf nichts mehr von mir hoffen, sagte Rousseau traurig. Ich bin erschöpft, alt und unglücklich, ich schreibe nicht mebr.
Aber Sic schrieben ja so eben:
Ja, aber ich schrieb keine Gedanken nieder! Ich schrieb