Länder gerechtes Bedenken trugen, nämlich die kirchlichen Katcchisationen mit den Erwachsenen, »der die sogenannte Christenlehre. Unser Consistorium gebt jedoch über diese Bedenken hinweg, indem cs in jenem Erlaffe verordnet, daß auch die aus der Fortbildungs- (Feiertags-) Schule Entlassenen „zum Besuche der Christenlehre verpflichtet bleiben," ja daß zur Bestrafung der Säumigen die polizeiliche Hülfe in Anspruch genommen werde. Nur da, wo in größeren städtischen Gemeinden sich Schwierigkeiten gegen die Ansführung der obigen Vorschrift erheben sollten, könne unter gehöriger Motivirung um Dispensation beim Oberconsistorium nachgesncht werden.
Berlin, 16. Mai. Der eben erschienene „Staatsanzeiger verkündigt, auf königlichen Befehl, das freudige Ereig- niß der eben erfolgte» Verlobung Sr. k. Hoh. des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen mit der Prinzeß Royal von Großbritannien. (T. D. d. A. Z.)
Erfurt, 10. Mai. Vorgestern trug sich hier ei» merkwürdiger Vorfall zu. Die Vorbereitungen zur Hinrichtung des Schuhmachers H. und des Taglöhners S., welche wegen der Ermordung der Wittwe K. zum Tode vcrurtheilt worden, waren getroffen und beiden wurde die königliche Cabinctsordre vvrge- lcsen. Da erklärte H. reuevoll, daß er allein der Mörder sei und daß der Mitverurthcilte keine Schuld habe. Sofort erlangte dieser auch die Sprache wieder, nachdem er sich säst ein halbes Jahr taub und stumm gestellt hatte. Die Sache wurde nach Berlin telcgraphirt, worauf der Befehl ankam, die Hinrichtung nicht zu vollziehen. Die Unschuld des S. wird nun näher untersucht werden, und wenn sie sich bestätigt, wird H. allein den Tod erleiden. Welche Lehre sich daraus für alle Richter ergibt, bedarf keiner Erwähnung.
Wien, 16. Mai. Nach dem „Volksfreund" sind die vstreichischen Pilger, welche eine Fahrt in's gelobte Land machten, auf der Rückreise von Jerusalem nach Beirut in die Gefangenschaft einer räuberischen Beduinenhordc gerathen, aus welcher sie sich mit einem bedeutenden Lösegcld loskaufen mußten. Sie sind indeß wohlbehalten in Beirut angelangt und haben sich dort in die Heimath cingcschifft, in welcher sic nächster Tage erwartet werden. (Fr. I.)
Bern, 18. Mai. Nach offiziellen Berichten ist cS sehr wahrscheinlich, daß Preußen den VermittlnngSvertrag, betreffend Nenenburg, genehmigt, nur will es die Million nicht annehmen. Desto besser für die Schweiz. (T. N. d. S. M.)
Paris, 15. Mai. Es hat hier selbst bei Hofe Ucber- raschung erregt, daß der Großfürst Konstantin schon 3 Stunden nach der Entbindung der Kaiserin von Rußland die Nachricht hiervon hatte. So rasch ist noch keine Depesche ans St. Petersburg hieher gelangt. (Köln. Z.)
Paris, 16. Mai. Einem Gerüchte zufolge wird derSul- tan im Monat Juli nach Paris kommen. Der Hauptzweck der Reise soll der Wunsch sein, seine Alliirten hinsichtlich der Fnr- stenthümer zu seinen Ansichten zu bekehren. Er würde auch nach England gehen. <H. T.)
Paris, 16. Mai. Wie es jetzt hier zngeht, kann man Alles erwarten und Nichts setzt mehr in Staunen. Man braucht cs dcßhalb durchaus für keine Ente zu halten, wenn wir mik- theilen, daß man demnächst in Milten der französischen Hauptstadt, und dazu noch auf der weilte, Seebäder nehmen wird. Ein Specnlant, der über Credit-mvbilicrs und immobiliers über französische, italienische, spanische, russische, türkische und ägyptische Eisenbahnen, über Telegraphen und Canäle u. s. w. blaflrt ist, läßt Scewasscr, welches allabendlich an den Gestaden dcS Kanals von La Manche geschöpft wird, nach Paris bringen. In mächtigen Reservoirs rollt die gesalzene Woge während der Nacht auf der Eisenbahn dahin. Am Morgen fahren dieselben Reservoirs, die mit riesigen Buchstaben die Inschrift „See-Bäder" trage», auf Rädern durch die Straßen der Hauptstadt nach der Schul-Fregatte (nächst dem Coneorde-Platze), welche durch die Mackt des erwähnten Speculanten in e>n Prachtvolles Bade-Etablisfement metamvrphostrt wird. Elegante Cakinete, mit geräumigen Badewannen, werden das Zwischendeck ausfullcn, wo von nun an alle nervösen Schönheiten ihre gegenwärtigen und künftigen Migraines in den Wellen des Occans ertränken werden. (H. T.)
Rom, 7. Mai. Soll ich Ihnen den geheimen Gedanken des Volks verrathen? Jeder hofft von der Reise des Papstes eine politische Verzeihung, auf breiterer Grundlage als es die bisherigen Gnadenacte waren. Pins IX. macht auf dem bisherigen Weg Erfahrungen, die auf sei» gefühlvolles Gemüth nur die wvhlthuendsten Wirkungen äußern können: er steht, die Masse des Volks hängt noch mit alter Liebe an seiner Person, ereine Reise ist in dieser Beziehung ein Ereigniß; sie setzt ganz Umbrien in sreudige Bewegung. Alle Weiler, Dörfer, Gemeinden, Distrikte, Delegatensitze schicken Abgeordnete, ihn feierlich zu bewillkommnen und ihm zur Weiterreise Glück zu wünschen. Die Landstraße ist aber zu beiden Seiten in der Regel mit Schaaren von Menschen besetzt. Hausväter verlassen mit ihren Weibern und Kindern die Arbeiten in den Vigncn, ihn zu sehen und herzlich zu beglückwünschen. (A. Z.)
Alexander Rvzsa, der berüchtigte Räuber und Wegelagerer, der 25 Jahre lang sein Wesen in Ungarn trieb, ist endlich gefangen worden. Ein muthiges Weib hat ihn gefangen. Der Mann hieb auf den Räuber ein und ward von einem Schüsse niedergestreckt, das Weib aber griff ihn mit der Axt an und streckte ihn, obwohl selbst verwundet, nieder, warf sich auf ihn und hielt ihn so lange fest, bis ihr Geschrei die Nachbarn herbeigerufen hatte. Ihr Muth trägt ihr 10,000 fl. ein.
Konstantinopel. Aus Erzerum vom 28. April wird über eine heftige Erderschülterung in der Gegend von Musch berichtet. Mehrere Ortschaften in der Ebene von Bulanek sind zerstört und beinahe 180 Menschen umgekommen.
Hongkong, 30. März. Britische Kriegsdampfer sind angekommen. Neuere Kriegsvperationen haben nicht stattge- fnnden. Große Handelsthätigkeit; die Mandarinen wollen den Verkehr hindern. (T. D. d. A. Z.)
New-Uvrk, 5. Mai. In Mexico wurden der Erzbischof und andere Priester als Revolutionäre verhaftet.
(T. D. d. A. Z.)
Allerlei.
— Aus Leipzig berichtet mau, daß man dort von einer Erfindung mehr und mehr Gebrauch mache, die bei geringem Zeitaufwand einen nicht unerheblichen Nutzen gewähre. Man schreibt nämlich auf sogenanntes königl. preußisches patentirtes Wasch- oder Lclius-P api er. ES besitzt dasselbe die Eigenschaft, daß mau die mit einer dazu präparirten Tinte auf dasselbe geschriebene Schrift mit einem durch reines Wasser an- gefeuchtcten Schwamme vollkommen wegwaschen und, nachdem das Papier wieder trocken ist, von Neuem auf dasselbe schreiben kann. Wenn es sich bestätigen sollte, wie von glaubwürdiger Seite versichert wird, daß man dieses Verfahren auf einer und derselben Fläche elwa fünfzig Mal wiederholen kann, so würde man immer noch ansehlich ersparen, wenn man auch z. B. zu sogenannten Brouillons das Buch mit 25 Ngr. bezahlen mußte. In Berlin, wo DcliuS und Hagelberg dies Papier im alleinigen Verlage haben, wird eö bereits in Schulen in solcher Weise verwendet Ein einziger Briefbogen könnte somit vom Schreiber und Empfänger 25 Mal benutzt werden. (Goth. Z.)
— Napoleon I. war mit der Sicherheitspolizei in Paris unzufrieden. — Wer ist, fragte er, der größte und geschickteste Spitzbube? — Vidocq, Majestät! — Er soll Polizeipräsident werden! — So geschah's, und alle, die unehrliche Hantirung trieben, erschraken; denn der neue Polizeipräsident kannte alle Geheimnisse, alle Pfiffe und Kniffe und alle Spelunken; er war gefürchtet wie Keiner. Vidocq blieb auf seinem hohen Posten, bis ihn ein noch verschagencrer Spitzbube, Lacour ablöste. Dann schrieb er vier Bände spitzbübischer Denkwürdigkeiten und überwachte privatim Frauen für ihre Männer und Männer für ihre Frauen. In diesen Tagen ist er gestorben und hatte verordnet, daß seinem Sarge 100 alte heulende Weiber folgten. So ge- schah's und jeder wurden 3 Franks in die Tasche gesteckt.
— In Apvcnzcll — erzählt die Zürcher Zeitung — fft ein alter Brauch, daß, wer einen Prozeß verloren hat, 24 Stunden lang nach Herzenslust über den Richter und Advokaten schimpfen und sein Herz erleichter n darf. _
Druck uiltLerlaHrH ga isc r'schcn Buchhandlung. Reduktion: Hölzlc.
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