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über ftin Gesicht, aber die große Ruhe, der heitere Frieden im Auge PhilippinenS, das Vertrauen auf ihrer Stirn, der ^ ganze Zauber ihres Wesens — vor der Allmacht ihrer Schönheit dämmerte ihm eine Hoffnung, eine unbestimmte Hoffnung und sich vergessend ergriff er ihre Hand:
In Dir ist Gott, folge ihm. Dich wird er bewahren vor einem Schicksal-
Ec unterbrach sich, küßte sein Weib und verließ den Altan und das daran stoßende Gemach.
Wie es die schöne Bernaner betraf! senfzte-Philippine. DaS wolltest Du sagen, mein Gemahl, das entrang sich Deiner angsterfüllten Seele —! Doch, doch also fürchtest Du ihr Schicksal für mich!
Blitzhell flog ihr Auge durch Thüren und Wände, und wo es hasten blieb, da flammte es bange über ihren Kindern; unwillkürlich füllte sich's mit Thränen. Aber mir eine Minute weinte sie; all' ihre Kraft faßte sie zusammen, all' ihre Gedanken richtete sie ans die Möglichkeit der Rettung.
Was ist nur die Aehnlichkeit und der Unterschied in dem Schicksale der armen Bernaner mit meinem? Sie gewann die Liebe und die Hand eines Fürsten, wie ich; ihr Gatte aber sollte ein regierender Fürst werden, der meine soll dieß nicht: meines Ferdinand Bruder ist der Thronerbe. Gott erhalte ihm das Leben! In diesem Bezüge bin ich glücklicher, als Agnes cs war! — Wer war sie selbst? Tie Tocbter eines Baders, aus einem für ehrlos geltenden Stamme; ich bin die Tochter eines Patriziers, meine Familie besitzt Schiffe nach Ostindien und Amerika, Venezuela gehört uns seit einem Viertcljahrhnn- dert, ein Land, größer als Deutschland und Frankreich zusammen. Ach nicht so stolz, arme Philippinc! Zwölf Tonnen Goldes, wofür wir es zum Pfände erhielten, wiegen noch lange keine Krone! In diesem Bezüge bin ich nicht glücklicher als Agnes es war! Und sähe der Kaiser, im Hinblick auf die Macht und das Ansehen der Welser, meine Ergebung in die Werbung seines Sohnes gar aus Eitelkeit und Hochmut!) entsprungen — bei dem demüthigen Range der Bernaner konnte diese Annahme nicht Platz greifen -- ach, dann wäre ich viel unglücklicher, als sie, dann könnte es dem Kaiser sehr nützlich erscheinen, die Wucht seines Zornes auf den Glanz eines Hauses zu lege», aus dem es ein Mitglied gewagt hat, sich in das seine einzudrängen, — Und ich, und ich — Agnes Bernaner, Du reines, du heiliges Weib, auf die Brücke der Donau mußtest Tu treten, unter Dir rauschte der Strom, und der
Henker stürzte Dich hinein-? Welch eine Marter ist mir
Vorbehalten, fühlt sich der Kaiser in eben dem Grade stärker zur Rache geneigt, als er im Range über dem Herzoge steht, der in so grausamer Weise die Verletzung seiner Interessen bestrafte ?
Eine Weile stand Philippine in bangster Versunkenheit, ihre Arme hingen herab, ihre Hände waren ringend gefaltet, und vor ihrem Auge — strich der Henker in tausend Gestalten vorbei! Er hatte ja tausend Geschäfte zu verwalten vor dem Recht, vor der Sitte ihrer Zeit!
Wie lange sie so stand? — Ans dem Tbale riefen die Glocken zur Mette, diese zu ihr aufschwingenden Töne richteten sie empor, und als wünschen die klingenden Wellen der Luft all' ihre Sorgen hinweg, so ethcllte sich ihr Blick, Heiterkeit und Frieden legten sich wieder über ihre Züge.
Hinweg, ihr Gespenster! Ich bin in der Hut dessen, zu dem diese Glocken rufen, auch wenn mich das Schlimmste beträfe! Es ereilte mich dann ohne eine Schuld, warum erzittere ick vor ihm? Und wovor zittere ich? Vor dem noch unerforschten Willen eines Menschen, welcher freilich die höchste Macht dieser Erde besitzt! Diese Macht aber bleibt ein Mensch und nur je nachdem er sich ihrer bedient, wird sie mir fürchterlich. Nicht unter allen Umständen ist dies vorbestimmt. Es ist ja ein Mensch, und der Mensch Fürst und Vater zugleich, er kann sich in sich so nicht trennen, daß er den Einen über den Andern vergäße, besonders, wenn Jemand sich findet, der ihn daran klüglich erinnert. Dies kann ich sein, dies muß ich versuchen. — Nicht versinken in Angst vor den Schrecken, die mich bedrohen, das wäre die rathlose Ergebung ! Der Kaiser ist ein Mensch, der Mensch kann den Vater nicht verläugnen.
Nimmer jetzt fragen, ob die arme Bernaner den Vater nie suchte! Ihr Schicksal war zu schrecklich, vor ihm müßtest Du verzweifeln, und Du bedarfst der Ermnthigung. Eine That freien Entschlusses wächst nie aus der Furcht; was aus der Furcht kommt, hoffe auf keinen Segen! Acht Jahre jetzt sind wir auf einer ewigen Flucht vor dieser Furcht: in all' unser Glück reichte das Gespenst dieses Kaisers hinein, trieb es hinweg, warf uns selbst in den Kerker scheuester Verborgenheit! Das soll nun ein Ende haben, gut oder schlimm, ein Ende soll es haben und dafür, nimm, Gott, meinen Dank! Nun hilf mir suchen im Kaiser den Vater, hilf mir finden im Menschen sein Bestes an ihm; das Herz! Er ist ein treues Gemüthr das ist aus dem Menschen genommen: der Kaiser braucht keines. Unwandelbar ist er in seinem Worte: so schildert ihn sein Sohn, so fürchtet er ihn, hat sich's der Kaiser gegeben. Ich muß diesen fürchterlichen Kaiser mit sich selbst in Zwiespalt bringen; ich muß dem Vater, dem Menschen sein Wort abgewinnen, diese müssen den Kaiser bekämpfen, und ihr treues Gemüth wird ihnen helfen für mich. Der Kaiser muß in den Sand. — In den Sand? Ist es ein Nittcrspiel, ein Lanzenbrechen? Ha, dieser Kaiser ist auch ein Ritter! Jetzt besteht der Feind vor mir ans dem Kaiser, dem Vater, dem Menschen, dem Ritter mit seinem Worte und seinem Herzen: fünf Helfer gegen den Kaiser — gewinne ich sic, mein ist der Sieg! Für diese Hoffnung, Gott, wiederum Dank! Gewähre mir auch, daß ich Dir danke als meinem allerersten und letzten Helfer in diesem Streite? Bewahre mich vor dem Schicksal der armen Bernaner! Du zeigtest mir eine Möglichkeit, auf Deinen Willen werde sie Wirklichkeit! Laß mich Dich wieder finden im Herzen meines Gegners!
Nach diesen Worten rief sie ihre Zofen, und ertheilte ihnen ihre Befehle. (Forts, folgt.)
Allerlei.
Friedrich der Große war mit seinem Polizeichef Ra- min nicht zufrieden und redete ihn eines Tages also an: Ramm, Er ist ein Esel, und Seine Polizei kann der ch holen! Erfahren thu' ich von Ihm gar nichts; nehme er sich ein Muster an der französischen Polizei; die weiß alles, aber Er ist stockdumm! — Da erwiderte Ramm: Halten zu Gnaden, Majestät. Ich will eben solche Polizei machen wie der Lieutenant in Paris, aber es wird etwas kosten. — Was wird es denn kosten? fragte der König. — Die Ehrlichkeit der Nation Majestät! Der Vater wird den Sohn, der Bruder die Schwester, der Gatte die Gattin verrathen! — Da erwiderte der alte Fritz: Ich will lieber eine schlechte Polizei haben und ehrliches Volk, immer lieber noch Dummheit als Schurkerei. Geh' Er, Ramm, und hör' Er: keine geheime Polizei!
— Unsere Damen werden in der heurigen Sommersaison anstatt Strohhüte zur Abwechslung Hüte von Glas tragen. In der Strohwcbe- nnd Strohstrickschule zu Zinnwald in Böhmen werden nämlich theilweise auf Bestellung von Paris aus Bündel- chen fein gesponnenen weißen oder farbigen Glases Bordüren gewebt, welche, mit Strohstickereien geziert, zur Zusammensetzung von Damenhüten bestimmt sind.
Das Auge.
Tief cingeprägt hat sich ein Aug',
Und wandelt stets mit mir,
Viel Schmerzen schuf's mir, seit ich's sah.
Und Qualen für und für.
In viele Augen sah ich schon.
Doch keines rührte mich.
Bis endlich dieses kleine Aug'
Tief eingewurzelt sich.
Bei jedem Schritte, den ich geh'.
Entsteiget meiner Brüst
Ein tiefer Seufzer, wehmuthsvoll
Stört's meine Wanderlust.
Tief unten ruht der Schmerz, und ach!
Es ist ein großes Weh,
Wenn ich mit diesem Hühneraug'
In engen Stiefeln geh'! _
Druck undVerlag der G. W. Za iser'schcnBuchhandlung. Rrdaktwn: Hötzle.