164
daß sie von Stahl, dem Vorkämpfer der Kreuzzcutungspartei, gesprochen worden sind. Die Rede, welcher diese überraschende Blumenlese entnommen ist, gehört zu den beste», welche Stahl je gehalten hat nnd ist ein sprechendes Zengniß, wie förderlich selbst einem so klaren, scharfsinnigen, gewandten und stets schlagfertigen Manne und Redner eine gute Sache und eine gründliche Ueberzeugung ist. (Dfz.)
Wien, 13. Mai. Laut amtlicher Angabe in der Pesther Zeitung ist die Erzherzogin Gisc.la erkrankt, nnd die Kaiserreise in Folge dessen zehn Tage verschoben. — Wie ich von unterrichteter Seite vernehme, steht schon für die nächste Zeit die Rückgabe der confiscirten Güter der uugaruischen Insurgenten in Aussicht. Die Summe des Werths der noch nicht herausgegebenen Güter beträgt dem Vernehmen nach 14 Millionen Gulden; der nächste Gnadenakt, dessen Publikation sogar schon in der morgigen Wiencrzeitung erwartet wird, hat daher ein großes Objekt. (A. Z.)
Die österreichischen Staatseinnahmen haben 1856 273 Millionen ergeben, die Ausgabe» 335 Millionen. Darüber ist große Freude; denn das Defizit beträgt nur noch 75 Millionen.
(Der erste Schlag.j Berichten aus Wien zufolge herrscht seit Ende April an der dortigen Börse ein wahrhaft panischer Schrecken. Die Verluste, welche durch das rasche Fallen der Geldpapiere dort ein getreten sind, belaufen sich auf die ungeheure Summe von ungefähr 40 Millionen Gulden. Die Nordbahnaktien z. B. sind auf einmal um 100 Procent gefalle», und i» ähnlicher Weise viele andere Aktien. Tie Ursache dieses Unglücks, durch welches eine Menge von Personen um ihr ganzes Vermögen kommen, liegt theils in der übermäßigen und allgemeinen Speculationswuth, die seit Beendigung des orientalischen Kriegs sich wie eine ansteckende Seuche aller Welt bemächtigt hat, theils und vornehmlich in der Uebcrfluthnug des Geldmarktes mit neu geschaffenen Werthpapieren, deren Menge in keinem Verhältnis; zu dem im Umlaufe befindlichen baaren Gclde stand. Dieser heillose Schwindel ist von Paris ausgegangen. In Paris hat sich auch zuerst die nothwcndige Folge davon, die Gcldbe- drängniß fühlbar gemacht; der Rückschlag auf die andern Plätze des Geldvcrkehrs war unvermeidlich. In Oestreieb, namentlich in Wien find alle Stände von der Ealamilat betroffen worden; in Venedig sollen Fallimente von 1,300,000 fl. und wieder von 900,000 fl. Vorkommen. Aehnlicbes wird anderwärts auch geschehen, denn ist einmal das Vertrauen erschüttert, so sucht sich Jedermann solcher Papiere zu entledigen, deren Solidität so zweifelhaft ist. Hierzu kommt das Verbot auswärtiger Bankschcinc in Preußen, dem, wie es heißt, ein ähnliches in Sachsen folgen wird. Seiner Zeit konnte man mit Zweifeln gegen das Bankwesen recht übel ankommen; die bestgemeinten Warnungsstimmen wurden verachtet nnd verdächtigt, und jetzt stellt sich's heraus, daß sie gar nicht so verach- tuugswerth waren. Es ist eben eine etwas theuer erkaufte Erfahrung, die man gemacht hat. (Df;.)
Genua, 11. Mai. Heute ist hier der Kronprinz und die Kronprinzessin von Württemberg eingetroffen. (T.D.d.A.Z.)
Hannov e r, 12. Mai. Wie wir hören, sollen die Lehrer der polytechnischen Schule, um ihren Charakter als Staatsdiener augenfällig zu bezeichne», Uniform erhalten.
(Zeit. f. Nordd.)
Bei dem Beginn des Frühjahrs wird cs wohl nicht fehlen, daß sich auch wieder die verderblichen Gäste — die Raupen — eiufinden, die Blüthen der Bäume zerstören und die Obst-Ernte vermindern. Die Besitzer von Baumgärten werden daher auf ein Mittel in der Zeitschrift: ,,der Fortschritt" Nro. 10 aufmerksam gemacht, welches in Folgendem besteht: Schwefel gegen Raupen. Das „Nützlichste und Neueste" theilt mit, daß ein Bauer in Unterfrankeu im vorigen Jahre 500 Butten Aepfel im Wertb von 1000 fl. geerntet habe, während alle Bäume in seiner Nachbarschaft von den Raupen verheert worden seien. Sein Mittel habe darin bestanden: Daß er vor der Blüthe unter seinen Bäumen mit ganzem Schwefel i geräuchert und so alle Raupen getödtct habe. !
(Hiezu eine
Die Feste, welche der Kaiser dem Großfürsten Konst anti n in Fontai n eble au anbietet, haben heute (13.) mit einer Hetzjagd begonnen. Mehr als 150 Eingcladene werden diesen glänzenden Festen beiwohne», und bereits sind die meisten im Schlosse eingetroffen, wo eine außerordentliche Lebendigkeit herrscht. Wenn man die Menge Lakaien, die Postillone mit gepudertem Haare, Pferde und Wagen sieht, die glänzenden Uniformen der Grenadiere und der Centgardes fortwährend unter den Thoren des Schlosses hin- nnd hergchen steht, so sollte man fast glauben, daß die alte Residenz der Könige von Frankreich fort und fort die frühere prächtige Existenz geführt habe. Bei Tagesanbruch werden, wie gebräuchlich, die Leithnnde hin« ausgeführt; 120 Hunde werden jagen. Gestern wurden 30 junge Hunde „getauft" und auf die Register des Oberjägcr- ineisters eingeschrieben. Das Wetter war heute prächtig, aber zu heiß für die Hunde, welche sich in 3 oder 4 Jagden trennten.
London, 12. Mai. Eine Riesen post! Die Felleisen , welche per Campria über Marseille ankamen nnd ursprünglich per Oneida und European kommen sollten, enthielten 150,000 gewöhnliche Briefe, 10,000 rekommandirte Geldbriefe und 93,500 Zeitungsexemplare. Dieser Papierbcrg wurde auf 15 Omnibussen von der Eisenbahnstation nach dem Hauptpostamt gebracht. Tort kamen sic um 2 Uhr nach Mitternacht an, und um 8 Uhr früh waren die Briefe und Zeitungen sortirt, und an ihre Adressen versandt. (S. M.)
In der Nähe von Glasgow starb kürzlich ein wegen seinen Sonderbarkeiten bekannter Mann mit Hinterlassung eines ziemlich bedeutenden Vermögens. Sein Testament, in welchem er einen Nenfniidländerhund zu seinem Universalerben eingesetzt hatte, übertrisst jedoch Alles, was man bisher von ihm kannte, an Originalität, wie man aus nachstehendem Auszug ersehen wird: „Ich verabscheue, sagte dieser Misanthrop, darin die Menschen und liebe aus Erden nur meinen Hund. Die Ersten fügten mir viel Uebles zu, und der Zweite rettete mir zweimal das Leben und bewies sich stets als treuster Freund gegen miäi. Es ist daher mein Wille, daß mein Haus in der Stadt, mein Landhaus, mein Geld und meine Banknoten nach meinem Tode dem Jack als Eigeuthum zusallen sollen. Meine Testamentsvollstrecker werden beauftragt, diesen treuen Gefährten gerade so zu behandeln, wie wenn er in der Lordkammer säße. Ferner ist mein Wille, daß man ihm dreimal des Tags die feinsten Speisen zu essen gebe, ihn durchaus nickt ärgere, und neben meiner Seite begrabe, wenn er seinen letzten Seufzer von sich gegeben haben wird." Wabrsckeinlich werden aber die rechtmäßigen Verwandten dieses Misanthropen sich dieses Testament nicht gefallen lassen und mit dem Jack, dessen sich ohne Zweifel ein Rechtsanwalt annehnicn wird, einen Prozeß anfangen, wobei übrigens die Advokaten die größte Summe der Erbschaft einstecken werden.
Fädrelandct zu Folge melden zuverlässige Privatbriefe aus Stockholm, der König sei, durch allzu große Anstrengungen in Staatsgcschästen unwohl, auf Anratheu der Aerzte veranlaßt, sich zurückzuziehen und den Kronprinzen zu berufen, vorläufig den Geschäften vorzustchen. zT. B. d. Fr. Pstz.)
Der türkische Sultan, der von der britischen Bibelgesellschaft eine Bibel in seiner Landessprache zum Geschenk erhalten hat, läßt sich jetzt täglich aus desselben durch einen Sekretär verlesen.
Tie vor 5 Jahren in dem Dorfe Alexandropol, im Gu- bernium Ekaternoslaw, begonnenen archäologischen Nachforschungen sind jetzt von einem glänzende» Erfolge gekrönt worden. In dem höchsten der dortigen Grabhügel, einem wahren Berge, der 13 Klafter hoch war und dessen Ausgrabung lange Zeit in Anspruch genommen hat, hat man die Gräber der scy- thischen Könige und in diesen verschiedene goldene, silberne, broncene, eiserne und irdene Gegenstände, eine Masse von Pfer- deknocken, mehrere metallene Gcräthe, Nägel und goldene Zierathen gefunden. Alle diese Gegenstände, mit Ausnahme eines ebenfalls in diesem Grabhügel gefundenen Reisewagens, sind völlig unversehrt erhalten, was um so ausfallender ist, da die Aufschüttung dieses Hügels in die früheste Vorzeit hinanf reicht .
Druck undWerlag dcr G. W. Za is c r'schen Buchhandlung. Redattwn: Hölzle.
Beilage.)