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Torkelson war schon vor zehn Jahren nächst der Stadt ermor- dert gefunden."
„Ermordet!" rief der Graf entsetzt. „Und die Kindlein?"
„Sind sonder Mühe zu finden. Euer Sohn, so er cs ist, kämpft heute in dem Heerhaufen der Stadt; Eure Tochter sucht bei dem reichen Wcchsclherrn Vanini, der Beiden bis daher Baker war."
XU.
Bastel Zipf, der Kneipenwirth, stand in seiner HanSlhüre, unruhig mit den kleinen Spitzbuben-Augen in die enge, mit dichter Finsternis; bedeckte Gasse lugend. Zuweilen lauschte er ängstlich nach dem Innern seines Hauses, aus welchem sich in großen Zwischenräumen entfernte dumpfe Jammmerlaute vernehmen ließen, welche aus dem tiefen Schvvß der Erde anfzn- steigen schienen.
„Tie verdammten Weiber werde» mich mit ihrem Gcwinsel und Geheul noch verrathe», murmelte Bastel Zipf ingrimmig zwischen den Zähnen. „Wollte ich doch, das Tonncrwetler erschlüge den Ralph und seinen Bastard obendrein, daß sie sich die Zeit von dem Wcibsvolk stehlen lassen. Und auch die Schnapphähne bleiben aus, die um diese Zeit bier cintreffcn wollten, ihre Stücklcin anszufnhre». Heiliger Blasius, stell mir bei!" unterbrach sich plötzlich Meister Bastel in seinem erbauli- lichen Selbstgespräch, denn dicht vor seinen Augen tauchte Klip- penbach aus dem Dunkel auf und stand nnvermuthet vor ihm. Und immer mehr Köpfe traten aus der Finsterniß hervor, sich um den Rottmcister reihend. Eine lähmende Angst hatte den Wirth befallen, daß er dastand wie ein steinern Bild, die Augen starr auf die Gefürchteten gerichtet. Endlich ermannte er sich, und suchte über die schwach erleuchtete Hausflur zu entkommen.
„He, Gevatter Bastel! warum lauft Ihr doch vor uns, als wäret ihr ein armer Sünders" rannte ihm Hanemann Jäckel, der ihn mit ein paar gewaltigen Sätze» erreicht hatte, und bei'm Kragen biclt, zu. Umsonst war Bastel Zipf bemüht, sich den nervigten Fäusten des Rathsknechts zu entreißen.
„Steh'n geblieben! keinen Ruck mehr und keinen Lank, oder meine breite Partisane fährt Dir durch den Scbmeerbanch, daß Du die Äaldauncu Deinen Gästen zum Nachtimbiß auftischen kannst," herrschte ihm der Rvttmeister mit gedämpfter Stimme zu.
Der Schenkwirth faßte sich ein Herz. „Aber warum mißhandelt ihr mich also in meinem eigenen Hause? Ich bin ein ehrlicher Mann."
„Dein böses Gewissen hat Dich uns schon verrathe», und mit Deiner Ehrlichkeit isUs nicht weit her," versetzte Klippenbach wie oben.
Ter Wirth that erbost. „Jeb ein böses Gewissen?" sprach er. „Ich bin ein ehrliebendcr Bürger, zahle pünktlich mein Umgeld, meine Beeden, meinen Lösezoll; ließ meinen einzigen Sohn mit gen Kronenberg ziehen. Ich werde mein Recht suchen. Ich lasse mir nicht also in meinem eigenen Hause begegnen."
„Habt Ihr ein gutes Gewissen, dann braucht Ihr uns nimmer zu fürchten," versetzte Klippenbach ruhig; „wir werden in Frieden wieder von dannen ziehen. Doch gebt uns jetzt ein paar Kannen Wein, wir sind müde und durstig, und wollen ein paar Stunden bei Euch rasten."
„Wein?" fragte der Schenkwirts) wieder verlegen. „Vergebt, werthe Freunde, ich habe keinen Tropfen mehr im Hause. Die durstigen Soldknechte, die heute mit auszogcn, haben mir alle Fässer geleert. Nicht eine Pinte mehr könnte ich heranströpfeln."
„Sprecht nicht wie ein Dummbart. Wir wissen recht gut, daß ihr noch Gäste im Hause habt, und es Euch folglich nicht an Wein gebrechen kann."
„Ich Gäste in meinem Hanse?" stammelte Bastel Zipf und klapperte mit den Zähnen. „Bei St. Blasi, meinem Schutzpatron! bei den blutigen Thränen unserer lieben Frauen! s keine fremde Seele ist in meinem Hause." s
„Läugne nicht. Ralph mit seinen Mordgescllen haust in diesem Augenblick hier. Wir wissen Alles. Schon ist Dein Diebsnest von allen Seiten umzingelt!" donnerte ihm der ! Rvttmeister zu. >
Der Schenkwirts) bebte mächtig zusammen, und sein sonst knpferrothcS Gesicht ward geisterhaft bleich. In diesem Augenblick ließen sich wieder jene dumpfe, ferne, herzzerreißende Grabeslaute vernehmen. (Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
Die Münchener Bierschau.
Schon ziemlich lange mag es sein. Man zählte just das Jahr,
Als noch die alte Redlichkeit In Dcmschland üblich war.
Zu der Zeit galt in München auch Ein hergebrachtes Recht,
Wie man das neue Bier beschaut. Der Brauch war gar nicht schlecht.
Drei Männer sandte aus dem Rath Die Münchner Bürgerschaft Zum Bräuer, ob das junge Bier Geerbt des alte» Kraft.
Ihr meint, die Männer aus de», Rath Die tranken nun aus Pflicht,
Das mag jctzi so die Sitte sein. Doch damals war sie's nicht.
Sic goßcn's auf die Bank fein aus Und setzten d:aus sich frei Und kleben mußte dann die Bank, Erhoben sich die Drei.
Draus gingen sie mit selber Bank Vom Tische bis zur Thür Und hing die Bank nicht steif u. fest. Verrufen war das Bier.
Doch wie hier unter Moiwenschein Auch gar nichts kann besteh'».
Und sich die Welt nur immerfort. Im Kreise Pflegt zu dreh'n.
So kam die aufgeklärte Zeit Und die war düun und karg.
Und mit dir alten Redlichkeit War's lang nicht mehr so arg.
Und matt und dünn und aufgeklärt. War da das Bier halt auch.
Und somit nahm ein Ende dann Der alte schöne Brauch.
Vielleicht daß Gersl' und Hopfen man Zu wenig heute pflegt, ^ Vielleicht auch, daß vom Femingkraut Zu viel hinein man legt.
Zwar wird noch von der Bürgerschaft Der alte Brauch geehrt.
Doch hat sic ibn, wie anders auch. In's G.gentheil verkehrt.
An ihnen klebt die Bank nicht mehr. Jetzt kleben sie an ihr.
Und sitzen drauf wie angepicht.
Als wär's das alte Bier.
Und wer den Krug zum Munde führt. Der setzt ihn nimmer ab.
Bis er den letzten Tropfen hat Gebracht ins sich're Grab.
— Alle merkwürdigen Geschickten ereignen sich jetzt in Ungarn. Ein junger Kerl fiel vor Jahren von der Ofenbank oder einer andern und verlor Gehör und Spracke. Vor ein paar Wochen geriet!) er mit einem andern in Streit. Die beiden Bursche wurden heiß und packten sich. Der Taubstumme erhielt harte Fanstschlägc und Kopfnüsse und fiel endlich krachend auf den Boden. Sein Gegner machte sich seinem Kopfe viel zu thuu und wurde durch einen fürchterlichen Fluch deS Taubstummen zum Tode erschreckt. Er sprang auf und davon. Der Taubstumme laut hall! halt! rufend hinter ihm drein. Es war eine rasende Jagd. Endlich holt der rufende Taubstumme seinen erschöpften Gegner ein und — fiel ihm um den Hals und weinte und lachte: Bruder, Du warst mein Doktor!
— Amerika. Die Sonderbarkeiten der Engländer find sprüchwörtlich, allein Bruder Jonathan gibt John Bull hierin nichts nach, denn in Amerika finden die albernsten Lehren und überspanntesten Ideen stets eifrige Anhänger. Während die Mormonen die Liebe znm schönen Geschlecht bis zur Poligamie treiben, bildete sich unlängst in New-Uork ein Verein, der bereits gegen 300 Mitglieder zählt, die dem weiblichen Geschlecht unversöhnlichen Haß schwören. Bloß Wittwer und Hagestolze werden ausgenommen, und nach den Statuten darf ein Mitglied den Frauenzimmern durchaus kein Zeichen von Achtung oder Höflichkeit geben, ihnen weder znlächeln, noch mit ihnen sprechen, noch sie grüßen, ja nicht einmal sie anschen. Wer dawider handelt, muß das erstemal eine Geldbuße entrichten und im Wiederholungsfall wird er ohne Schonung ausgestoßen. Die New-Uorker Gynopho.ben gaben schon mehrere Broschüren heraus, worin das Frauenzimmer als das gefährlichste Geschöpf auf der Welt dargestellt ist. (Etwas gefährlich sind sie allerdings.) Tie Mitglieder des Vereins versammeln sich jede Woche in einem in Broadway gelegenen Hause und tragen das unsinnigste Zeug vor. Tie Wände deS Versammlungssaals sind mit lauter weibcrfeindlichen Versen und Maximen, die aus allen Sprachen gesammelt sind, übcrschrieben.
— „Wo gehst Du hin?" rief einem Metzger ein Freund zu, als derselbe sehr eilig an ihm vorüberging. „Laß mich," erwiderte dieser, „ich habe jetzt leine Zeit, ich habe einen Ochsen ini Kopfe!"
Auflösung der Charade in Nro. 28: W a l l r o ß.
Rcdigirt gedruckt und »erlege »oll G. W. s als er.