Der Küster fieht's und schleicht il>r nach, Und fragt sie, welch Gebet sie sprach.
Daß Gott, wie er es selbst geseh'n.
Solch Wunder laß' an ihr geschch'n;
„„Ach, sagt das Weib, ich weiß nur cin's, „„Das Vaterunser, weiter kcin's!""
„Das Vaterunser nur? — Ei seht,
„Das ist ja das allermind'stc Gebet!
„Doch lerntet ihr einen Psalmen gar ein, „Wie würde das erst Gott erfreu'»!?
Dem Weibe geht dicß Wort zu Sinn,
Und Tag' und Wochen bringt sie hin.
Lernt einen Psalm, gar schwer und lang, Den schönsten schier, den David sang.
Und geht in's Kirchlein mit frohem Muth, Und denkt, nun frucht' es doppelt gut.
Doch, wie sie sich abmüht, wie sieiipricht. So leicht um's Herz wird ihr doch nicht.
Und keine Thränen brechen hervor.
Kein Täublcin sieht der Küster am Chor-
Drum als sie wieder beten geht.
Da fleht sic, wie sie sonst gefleht.
Und bringt, ergriffen wunderbar,
Gott nur ihr Vaterunser dar.
Und alsbald wieder rolle» ihr Die heißen Thränen für und für.
Und wieder fliegt das Täublcin drauf.
Und pickt die klaren Perlcin auf.
Und schier vernehmbar weht sie's an:
„Ein Jeder bete, wie er kann,
„Nur warm und wahr, von Trug entfernt, „Nicht wie aus Noth, nicht eingelernt; „Gott hört auch das Vaterunser gern:
„Es ist ja das Gebct des Herrw!"
Mit welcher Schnelligkeit geht die Nachricht durch den Telegraphendraht?j Daß der Telegraphendraht von Ort zu Ort, auf weite Entfernungen hin die Nachricht trägt, ist jetzt Jedermann bekannt, und wenn auch grade nicht jeder cs klar eiusieht, wie dies geschieht, so viel hat er wohl vernommen, daß der, welcher das Zeichen gibt, durch den Druck auf eine Feder den Draht mit der galvanischen Batterie in Verbindung setzt, daß hierdurch der Strom durch den Draht dahineilt, an dem zweiten Orte ein Eisen in mehrfachen Windungen umkreist, es magnetisch macht, und so einen eisernen Hebel bewegt, der mit einer Spitze am andern Ende auf einen vorbeiglcitenden Papierstreifen einschlägt. Bleibt die Feder am ersten Orte länger oder kürzer herabgedrückt, so bildet die Spitze Striche oder Punkte auf dem Streifen, die in festgesetzter Weise gruppirt die einzelnen Buchstaben bezeichnen, welche die Nachricht aus- drücken. Fragt man, wann schlägt auf ein gegebenes Zeichen die Spitze ein? so hört man gewöhnlich die Antwort: es geschieht mit Blitzesschnelle, und wären selbst ans Hunderte von Meilen die beiden Orte von einander getrennt. Wohl mag man nicht unrichtig: Mit Blitzesschnelle auf unsere Frage antworten; allein hat es der Astronom vermocht, den eilenden Lichtstrahl zu verfolgen und den von ihm in einer Secunde zurückgelcgten Weg von etwas über 40,000 Meilen zu messen, warum sollte es nicht auch gelingen, den Lauf des galvanischen Stroms schärfer zu bestimmen, als mit einem die außerordentliche Schnelligkeit nur im Allgemeinen andentenden Ausdrucke? Denn daß irgend eine Veränderung im Tclegraphendrahte von der Batterie aus vor sich geht, und zwar von dem Momente an, wo die Verbindung des Drahts mit der Batterie bewerkstelligt ist, dies ist an sich klar; ebenso leuchtet es ein, daß ehe 'die Spitze am zweiten Orte gegen den Papierstreifen sich erhebt, die Veränderung im Drahte bis zu diesem Orte vorgedrungen sein muß, um eben diese ihre Wirkung zu äußern; jede Bewegung erfordert aber Zeit, folglich wird auch eine wenn schon noch so kurze Zeit verfließen, ehe der Strom, der an dem einen Orte be
ginnt, seinen Weg bis zum zweiten Orte vollendet. — Jetzt, wo die Tclegraphendräbte ans so weite Strecken ansgcspannt sind, haben mehrere Physiker die aufgeworfene Frage durch Versuche zu beantworten unternommen, und wenn ihre Angaben noch nicht völlig mit einander übcreinstimmen, so wird man sich bei den Schwierigkeiten, die hier zu überwinden sind, grade nicht wundern. Die großartigsten Versuche besitzen wir von Fizeau und Gounellc ans den Linien zwischen Paris und Amiens durch einen Eiseudraht von 42 Meilen Länge und zwischen Paris und Ronen zum Theil durch Kupferdraht von 39 Meilen Länge, andere von Walker in Nord-Amerika aus der Linie von Washington nach St. Louis durch einen gegen 230 , Meilen langen Eisendraht. Walker schlug hierbei folgendes ! Verfahren ein. Am Anfang und am Ende der Linie, außcr- ! dem aus einigen Zwischcnstationen, schaltete er in den Tclc- ! graphendraht die Apparate ein, welche durch den bewegten ! Stift die Zeichen ans dem Papiere machen, und ließ den Strom,
! der in Washington entstand, durch ein Uhrwerk von Secunde ! zu Secunde regelmäßig unterbrechen. So zeichneten alle Ap- l parate längere Striche, die mit jeder Secunde auf kurze Zeit j anssetzten. Während dieses seinen regelmäßigen Verlauf nahm - unterbrach ein anderer zn beliebigen Zeiten die Drahtleitnng ! in St. Louis jedesmal nur ans einen Augenblick, und brachte ^ dadurch abermals kleine Lücken in den Strichen hervor. Braucht nun der Strom eine Zeit, um durch den Telegraphendraht zu eilen, so entsteht jeder Strich in Washington, wo der Strom beginnt, etwas früher als in St. Louis, wohin er zuletzt erst gelangt; die neue Lücke im Strich dagegen tritt umgekehrt hier, wo sie veranlaßt wird, früher ein als dort, wohin sie erst nach einer gewissen Zeitdauer verpflanzt wird. Vergleicht man jetzt die Stellung der Lücken gegen die ganzen Striche ans der Anfangs- nnd Endstation, und erwägt dabei, daß die Länge der Striche die Dauer einer Secunde angibt, so läßt sich die Zeitdauer finden, welche erforderlich ist, bis der Srrom den Weg von 230 Meilen zurücklegt und wieder auf gleiche Entfernung gehemmt wird. Die Versuche ergaben eine Schnelligkeit von etwa 3500 Meilen in der Secunde. — Die französischen Physiker leiteten den Strom nach der Endstation hin und ans einem andern Draht wieder nach Paris zurück. Wo er seinen Lauf begann, wurde er im schnellen aber regelmäßigen Wechsel unterbrochen nnd wieder hergestellt, und da, wo er seinen Laus vollendet hatte, waren zwei Wege gebahnt, die ebenfalls in demselben Tempo unterbrochen nnd wieder geöffnet wurden, doch so, daß auf dem ersten Wege der Durchgang frei nnd auf dem zweiten verschlossen war, wenn der Strom am Anfänge der Leitung strömte, umgekehrt dort verschlossen und hier geöffnet, so lange der Strom am Anfänge unterbrochen war. Würde nun der Strom ohne allen Zeitverlust vom Aistange bis znm Ende des TelegraphendrahtcS gelangen, so würde er nur durch den ersten Weg zu seinem Ziele gelangen, braucht er dagegen Zeit, so findet er die erste Thüre schon zn und die zweite geöffnet, und er muß somit zum Theil ans diesem Wege seine Wanderung vollenden. Wohin er ging und mit welcher Stärke, zeigt eine Magnetnadel an, nnd daraus ergab sich die Folgerung, daß der Strom durch den Eisendraht in einer Secunde einen Weg von etwa 13,600 Meilen, durch den Kupferdraht von 24,000 Meilen zurücklegt. Diese Zahlen kommen sicher der Wahrheit näher als die früheren, die aus besonder« Gründen zu klein ausfallen mußten; noch größer ist indeß die Schnelligkeit des Stroms einer clektrstchen Batterie die Wollaston durch Knpferdraht zu mehr als 60,000 Meilen in der Secunde anschlug. — Bleibt man immerhin auch bei der geringsten, bisher durch Versuche erwiesene» Schnelligkeit sieben, sicher wird man mit Verwunderung fragen, was doch das für eine Kraft sei im galvanischen Strome, die eine Veränderung im Eisendrahte, der so ungefügig erscheint, von einem Punkte ans einen andern über 3000 Meilen entfernten in der kurzen Zeit einer Secunde sortzupflanzen vermag, da ein hörbarer Stoß in gleicher Zeit nur auf eine^Strecke von '/« Meile hindnrchcilt. Die Frage steht hier osten, — die Antwort fehlt noch. (Dsz.)
Nedigirt. gedruckt und verlegt vsn G- W. Zai fer.