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ein Bund der Städte gebildet; alsbald schloffen die Reichsstädte am Rhein, in Baiern nnd Württemberg sich an, und selbst einige Kantone der Schwei; traten dem Bunde bei. Von Tag zu Tag vergrößerte sich der drohende Koloß, vom Kaiser Wenzel als Gegenmacht der Gewaltigen nnd Großen bestätigt nnd bevorscknbt.
Aber auch die Fürsten nnd Herren thaten sich im engern Bunde zusammen, und standen den Städten kainpfgerüstet gegenüber. Da brach endlich im Jahre 1388 das längst glimmende Kriegsfeuer in Oberdentschland loS, sich herabziehend von der Gränze der bairischen und schwäbischen Lande nach den fruchtbaren Gefilden der Wetteran. Die Städte aber zogen den Kürzeren. Bei Döffingen wurden von den bairische» nnd württembergischen Herren die schwäbischen nnd bei Worms die rheinischen vom Pfalzgrafen Ruprecht mit großem Verluste ans dem Feld geschlagen.
So war nun auch für Frankfurt der vcrhäiigiiißvolle Frühling 1389 angebrochen. Flüchtige Söldner der Städte, welche den Schlachten bei Döffingen nnd Worms entronnen waren, schwärmten allenthalben umher nnd trieben Straßenränberci oder suchten Dienste in Frankfurt, allwo sie auch willig anfge- nommen wurden. Diese Kriegsknechte säumten nun nicht, die Bürger aufzureizen zur Racke und Vergeltung ihrer Schmach, und fanden leider williges Gehör. Die Stadt rüstete sich gegen die gemeinsamen Feinde. Dem am Taunus wohnende Ranb- adel, insonderheit den Herren von Kroneul'erg, sollte cs am ehesten gelten.
Um diese Zeit war cs, als im nahen, halbgelichtetcn Dickicht, welches sich längs der Heerstraße von Tarmstadt »ach Frankfurt hinzog, zwei Männer sich behaglich auf dem Rasen gelagert hatten, ein eifriges Gespräch unterhaltend. In kurzer Entfernung von ihnen hielt ei» kleiner, wildansseheuder Reitertrupp.
„Hätte ich dock nimmer gedacht, Dick verwünschten Kehlabschneider wieder zu schauen, als wir uns vor zehn Jahren so schleunigst trennen mußten, um den Spürnasen der verdammten Rathsknechte zu entrinnen," ließ sich der eine, ein langer hagerer Mann, vernehmen, indem er mit den langen magern weißen Fingern der Linken auf dem neben ihm liegende» Barett trommelte, und mit der Rechten langsam über den Kahlkopf hin und her strich. „Du hast Dich aber wenig verändert'," fuhr er fort; „Deine schwarzen Borsten sind um ein Weniges grau geworden, aber Tein Gesicht ist noch immer die alte diabolische Larve, die weder jünger, noch älter wird."
„Ich danke Euch schönstens für die Schmeichelei, Herr Hainth," erwiederte der Einäugige mit ctwelckcr Empfindlichkeit. ,,Ench finde ick freilich gar sehr verändert. Jbr habt indessen eine tüchtige Glatze bekommen, und vergebens habt Ihr Euch ein schiefes Maul angewöhnt, die weiten schwarzen Lücken Eurer Zahnreihen zu verbergen; Euer bleiches Gesicht ist erdgrau geworden, und nur die Habichtsnase ragt noch keck und lüstern nnd höhnisch zwischen den blaugerändertcn Angen hervor und läßt mich in Euch den alten Kundmanu erkennen. Aber sagt mir, wie habt Ihr Euch indessen durchgeschlagen?" fuhr das Einange fort, wieder in seinen gewohnten infernalischen Gleichmuth fallend. „Ich glaubte, die Frankfurter hätten Euch längst unter einem Dreibein aufgeknüpst, und Euer klapperndes Gerippe diene nur noch den Vorübcrzichendcn als Windfahne."
„Du bist doch immer noch der alte plumpe Flegel, Ralph, und ein Mann wie ich hat viel Geduld vvnnöthen, wenn er mit solch dickhäutigem Thier fertig werden will. Während Du armseliger Buschklepper Dich überall umher treiben mußtest, flüchtig und unstät, und höchstens ein paar Dutzend arme Teufel-, die Deinem Messer nicht entrinnen konnten, dem Fegefeuer geliefert hast, und nun meinst, Tu seist ein tüchtiger Kerl, hatte ich nur Großes im Sinn, meine Rache. Mir genügte nicht, ein paar elende Menschenleben zu vertilgen; ein ganzes Geschleckt, eine ganze Stadt soll meiner Rache bluten."
„Oho, es muß windig um Euch stehn, daß Ihr also zu prahlen anfangt. Seid Ihr doch nur ein armseliger Federfuchser, der Papier und Pergament zu kratzen versteht, der sich aber nicht zu rühren getränt, wenn ihn der erste beste Troß
bube durchwalkt. Und Nun wollt Ihr eine ganze Stadt — hm.' hm.' wäre ich ein Pfaffe und thäte ssch's für mich schicken, ick würde Euch mit Salbung zurnfen: die Liederlichkeit, die Eure Wangen grau bemalt hat, ist auch mit Eurem Verstand zum Teufel gelaufen."
„Du hältst mich für blödsinnig, weil ick nur das knarrende Scbreibrvhr und weder Strcitkolben noch Schwert führe, und mich solcher Tinge vermesse? Höre, ich will Deinem Affeu- witz zu Hülfe kommen und Dir das erklären. Während Du vor 10 Jahren vor dem Oberrickter und seinen Gesellen schimpflich Reißaus nahnist, ging ich nach Kronenberg z» Pater- Martin, meinem alten Lehrer und Freund, und setzte mich so meinen Feinden dicht vor die Nase, daß sie schier grün und gelb wurden vor Aerger und mir doch nichts auhabe» konnten. Nachmals kamen die Herren von Kronenbcrg in der Kirche Bann, und Pater Martin zog von dannen. Ich aber blieb, und meine kratzende Feder, die Du also verachtest, schrieb mick zu einem unentbehrlichen Man» bei meinem neuen Sckntzherrn, da Niemand ans Burg nnd Gebiet, außer mir, weder schreiben noch lesen tonnte. Da entspann sich der Zwiespalt zwischen den Städte» und Fürsten und ritterlichen Herren. Und die von Kronenbcrg, welche längst einen Span auf die Stadt hatten, gaben meinen Rathschlägen Gehör, und unsere Burg ward durch mich der Mittelpunkt der umherwohnende» Glieder des Bundes. Ich sandte Kundschafter in die Stadt, die uns nickt allein Kunde von dem brachte», was die von Frankfurt sannen, sondern auch was innerhalb den oberdeutschen und rheinischen Städten vorging, was wir denn Alles getreulich den Herren des SckwabenlandeS und BaiernS mittheilten. Die Niederlagen der Städte bei Döffingen nnd WormS sind Zeuge», daß unsre Mühe nicht fruchtlos war. Siehst Du: so war ich durch meine Feder allgewaltig, und schrieb dann endlich anch das Uugewit- ter heraus, das nächstens über der verhaßten Reichsstadt, die mich aus ihren Mauern verbannt und einen Preis auf meinen Kops gefitzt hat, sich verheerend entledigen soll." sForts. folgt.)
Allerlei.
Der Nestor der Chirurgie in den Ver. Staaten, Dr. W arreu, ist in hohem Alter zu Boston gestorben. Sein Testament enthält folgende Verfügungen: 24 Stunden nach seinem Tode wirb man in seine Adern eine Einspritzung von Arsenik- Säure macken und nach abermals 24 Stunden sollen mit den sterblichen Ueberresten die kirchlichen Ceremonien veranstaltet werden. Sodann wird man eine sorgfältige Autopsie des Körpers vornehmen nnd besonders gewisse Eigenthümlichkeiten untersuchen, welche, nach des Verstorbenen Uebcrzeugung, in dessen Organisation bestehen. Endlich sollen die Knocken, nach geschehener Entfleischung, präparirt und das Skelett im Museum des Collegiums zu Boston aufgestellt werden.
— Seil Jahren werden in verschiedenen Provinzen Frankreichs Versuche gemacht, das Korn zu setzen, statt anS der Hand oder mit der Säemaschinc zu säen. Beim Setzen sollen fabelhafte Ernten erzielt werden: dabei bedarf mau für eine Hectare nur 33 Liter Setzkorn, während beim anderen Säen 2 Hectolitcr gebraucht werden. Durch das Setze» würden demnach in Frankreich jährlich li bis 9 Millionen Heetoliter Getreide erspart. Außerdem soll dabei das Ergebnis; 600 bis 800 für 1 sein, während beim Handsäen nur 12 bis 15, bei der Säemaschine 25 bis 30 erzielt werden.
— Dem Herrn Vehrer im böhmischen Dörfchen widerfuhr eine seltene Ehre; denn der Herr Cardinal Fürstbischof Schwarzenberg trat in seine Schule und er durfte über Geschichte eraminiren. — Nun, Nepomuk, wer hat das Pulver erfunden? — Das Pulver? Der Knabe stockte und stotterte und der Nachbar blies ein: Schwarz! — Schwarzenberg! platzte der Junge heran?. — Nein, mein Söhnchen, sagte der Lehrer, freilich sind rie Schwarzenbergs ein edles und hochberübimes Geschlecht, die dem Staate und der Kirche i» Kcieg und Frieden große Dienste geleistet haben, aber — aber — das Pulver haben sie nicht erfunden! — Der Cardinal lachte herzlich und sagte lächelnd: wir müssen u. s schon trösten, Herr kehr er!
Auflösung des Räthscls in Nr. l9:
Zweifel.
Reduzier, gedruckt und verlegt vvrr St. W, Zaiser.