einer ergänzenden, zusammenfügenden, zusanuuenflickenden, saß das rundbauchige Männlein schwitzend, keuchend, schnaufend.

Diese so eben beschriebene Figur war die Hälfte einer Ehe. Die zweite Hälfte davon saß auf einem alten Schemel gegenüber auf der andern Seite der Stube, am verfallenen Kamin, und war das Gegenstück And der Antipode der Erstc- ren in jeder Hinsicht, wie das gar oft der Fall zn sein Pflegt. Es war ein dürres, ansgetrocknetcs Weib von ungeheurer Größe. Ihr Gesicht war gleichsam mit einem vergilbten, runz- lichen Pergament überzogen, die Muskel» schienen erstarrt, der Ausdruck von Freude und Schmerz war hcimaihlos darin ge­worden. Lang und spitz ragte die an Sonne und Luft ge- röthete und mit runden, braunen, erbsengroße» Flecken nber- säetc Nase in diese traurige Wüste nntergegangener Leiden und Leidenschaften. Unter einer alten, groben Filzkappe schimmerten Haare hervor, vor der Zeit grau gefärbt von dem bleiernen Kamm des Elends. Mit der einen ihrer rothen eingescbrnnipf- ten Hände drehte sie die rollende Spindel, mit der andern dann und wann nach der verdrossen herabhängenden Unterlippe, ihres mit großen gelben spitzen Zähnen bewaffneten Mundes fahrend, um den fick eiitspinnenden Linnenfaden mehr Festig­keit zu geben. Ein Bild der furchtbaren Parce. Die einzigen freundlichen Eilande in dem Meere ihrer Häßlichkeiten waren die sanften, himmelblauen Augen, schwimmend in dem reinen Weiß der Augäpfel, welche die zerstörende Zeit bis jetzt ihr geschont zum Ersatz für so manchen Raub, den sie an ihr be­gangen. Der sinnige Blick des Weibes milderte den Anblick - ihres schreckenerregcnden Aeußercn. !

Auf der Platte des Kamins brannte ei» kleines Feuer, ! in welches ein rußiger Topf seinen schwarzen Bauch streckte und ^ dessen Inhalt unter dem Deckel dampfte, zischte und kochte. ! Eine magere, gelbgefleckte Katze saß mit eingekniffenen Angen ! unfern daneben und schnurrte und spann in gleichförmig tiefen Tönen. !

Der kurze Ticke und die lange Magre saßen geraume ^ Zeit sich gegenüber, ohne nur ein Wort zn verlautbaren, zoyne j nur einen Augenblick von der Arbeit aufznsehen. Spindel, Topf l und Katze schnurrten ein drolliges Terzett durch die lautlose ! Stille. Ein kräftiger Fluch des Dicken, ein gedehnter Seufzer ! der Laugen Mb endlich das Signal zur allgemeineren Unterhaltung. ,

Beim Schwert Karls des Großen! ich verspüre ein Ma- genjnckeu, wie au dem Morgen, als wir Haselach ruinirlen : und keine Zeit zum Imbiß bedielten," ließ sich der Rundköpfigte . hören.Trinchen, laß doch mal Deine Aeuglein in dem tolle- ! rigcn Topf kundschaften, wie's mit seinem Eingeweide anssieht. Es steigt mir so ein verdammter Dampf in die Nase."

Habersupp und ein Stück Kleienbrod, bas ist Alles, was ich Dir heute aufkischen, kann," erwiderte das dürre Weib § und hob den Topf vom Feuer. j

Der, Dicke machte ein böses Gesicht.Was ist das für ! ein Geträtsch von Habersupp und Kleienbrod? Mond und Stern und Donnerwetter! ick Hanen,ann Jäckel, ein Bürger nnb ! Schneidermeister dieser reichsfreien Stadt, der Nadel und streit- ! kolben gleich gut zn fuhren versteht, oder eigentlich den Letzte­ren besser »och, als die Erstere; der so manchen Strauß mir- gemacht, wenn cs unserm Herrn dem Kaiser an den Kragen ging, oder es unserm Ltadtbanner galt ich soll mich jetzt mit solch' elender Kost begnügen, wie ein Bauernknoll von Seckbach, oder ein Kerl, der vom Gassenbettel lebt?"

Gieb mir Geld, Hanemännchen," erwiderte das Weib ganz gelassen,und ich will Dir Schweinebraten in Knob­lauchsbrühe. machen."

Dem Dicken wässerte der Mund." Laß mal Deine Spin­delfinger im Welscher spionircn, Trinchen."

Kein Hoblpfennig mehr drinn."

Sv borge."

Geht nicht. Bäcker, Metzger und hier neben an Bassel Zipp, der Kneipenwirlh, unser guter Nachbar, weisen mir's Kerbholz, und sagen, wir sollten erst das Alte bezahlen."

Sv trag meinen Zwilchmantel zum Juden Aron. Die Kälte hat nachgelassen, ich will mich behelfen."

Hast Dn's vergessen, daß er schon vor drei Tagen ge­wandert ist?"

So bring ihm Deine Sonntagshanbe."

Es ist >chon lange her, baß ick keine Svnntagsbanbe mehr trage."

Beim Barte des heiligen Vaters! ick will aber essen, wie's einem Kriegsman» geziemt, vom Trinken gar nicht zn reden."

Ich wüßte wohl einen Rath."

Nun?"

Da hängt der Küraß an der Wand, und das alte Drathwamms, auch stehen dort in der Ecke Hellebarde, Kolben und Streitaxt; der Staub fetzt sich fingerdick darauf. Wie . wär's, wenn Du ein Stück, oder zwei, oder alle mit einander dem Waffenschmied in Verwahrung gäbest?"

!Das geht nicht, Trinchen, eher würde ich meine Scheerc ! und men, Nadelkissen sammt den verrosteten Nadeln, und bas Bügeleisen dazu versetze»., wenn mir Jemand was Erkleckliches darauf borgen wollte, als mein Rüstzeug nein, das geht nicht."

Aber warum denn nickt, Hanemännchen? Die Stadt hat ja keine Fehde, und wir lebe» gegenwärtig im tiefsten Frieden."

Du bist ein dummes Ding, und verstehst von dergleichen i Sacken nichts. Hättest Du nur ein bischen Vaterlandsliebe in ^ Deinem verhutzelten Herze», Du würdest mir solche tnckmänsc- i rischen Znmuthungen nicht macken. Dieses Drathwamms weißt Dn's noch nicht, daß ick diese Eisenringlein auf dem Leibe

> trug, und jene Streitaxt in den Fäusten schwang, als wir Neichsbnrger den guten Kaiser Lndewig, den Baien,, gegen seine Widersacher schirmten; daß mich dieser Küraß deckte, und

i ich jene Partisan» führte, als wir Neicksstädter mit Herrn

> Günther von Schwarzbnrg gen Elberfeld zogen, und dort sei- ^ neu Gegner, Karl IV., den Vater nnsers jetzigen Herrn und

. Kaisers Wenzeslans, aufs Haupt schlugen. In diesem Brust- Harnisch scklief ich auch, und der Streikkolbe» dort lag mir dickt zur Seite, als wir bei Vilmar, nachdem wir Frankfurter ein Bollwerk erstürmt, tüchtig gezecht und uns betrunken harten, von dem Feinde überrumpelt, »nd an die vierzig Bürger nie­dergemacht wurden. Damals hätte der Klappermann mich schier beim Wanst gefaßt; aber ich wacktc nvck zur rechten Zeit ans, faßte meine Wehre, schlug um mich, als ob der Teufel in mir wäre, erreichte glücklich eine Bresche und ließ, mich vbne Ilm­stände hinabplnmsen. Ick stieß mir zwar mein Sitztheil etwas derb auf, aber der Hals war gerettet. Wie manche Beute babe ich mit diesen Waffen dem Feinde abgenommen und Dir heimgebrackt. Nickt wahr, da konnte Fra» Trine Jäckel ihr breites Maul znm Lachen verziehen? da war's ihr recht, das; ich die Nähnadel wegwarf und für Kaiser und Reich Wurst auf meinem Schädel backen ließ? Und jetzt, weil unsere Stadt mit aller Welt Friede zu halten sucht, und selbst der Falken- steiner zn Kreuz gekrochen und ihr guter Freund geworden ist, weshalb der Teufel ihn holen mag;- und weil nun alle Söldner, Reisige und laufende Gesellen vermindert worden sind, »nd es einem ehrlichen Bürgersmann, der lieber in der Sturmhaube und im Drathwamms handthiert, als im Schurz­fell und in der Fizkappe, und weil es nun einem solchen Manne in dieser friedliebenden Zeit ein bischen knapp geht, jetzt möchtest Du gleich greinen wie ein altes Spittelweib, und mir znmuthen, mein Rüstzeug und meine Wehre zn verschachern. Nein, ehe ich bas thne her mit der Habersnppe."

Hanemann warf seine Flickschneidern bei Seite und schob eine Bank an den Tisch ; Frau Trine holte ein weißgescheuertes Brett herbei, worauf sic den rußige» Topf stellte, legte zwei hölzerne Löffel daneben, nahm ein altes abgebrochenes Messer und schnitt das Kleienbrod in zwei Halsten, wovon sie die grö­ßere gntmüthig ihrem mißvergnügten Ehcherrn reichte.

(Fortsetzung folgt.)

Charade.

Die Erste brauchst Du zum Errathcn,

Du gibst sie nicht um aller Welt Ducaten.

Die ,-fweitc kannst Du immer seh'u Auf Bällen und in Asscmblee'ii.

Das Ganze nach verschier'ncr Wahl

Von einer eitlen Frau nur neu geehrt

Bezahlt mit seinem Schweiß oft der Gemahl,

Oft aber wird's ihm auch bescheret.

Verantwortliche Redaktion: Holzte. Druck und herausgegcbcu von G. Kaiser.