Wien, 6. Ja». Ein am 4. d. M. versuchter Dop­pelmord bildet das allgemeine Tagesgespräch. Ein junger Mann von 21 Jahre», in einem Handelshanse angestclli, un­terhielt seit längerer Zeit ein Verhältnis mit einem ebenfalls jungen Mädchen, der Richte einer alten Frau, einer Hauseigen- thümerin ans den Wieden. Der Vormund des Mädchens wollte eine Heirath nicht zugeben, da der junge Mann noch nicht in der Lage war, eine Frau zu erhalten. Dieser Wider­stand steigerte die Leidenschaft der jungen Leute zu einer solchen Höhe, daß ihnen ein getrenntes Leben unerträglich wurde, und sie faßten den Entschluß, dieser in ihren Augen so traurigen Existenz gewaltsam ein Ende zu machen. Am 4. Abends waren sie wieder im Hause der Tante, die sehr gefährlich trank dar­nieder liegt, znsammengetommen. Auch der Vormund kam und erklärte gelegentlich wieder, baß er gesonnen sei, sich dem Verhältnisse mit allem Ernst entgegen zu stellen. Kaum war der Vormund fort, so gelangte der unheilvolle Entschluß der beiden Liebenden zu voller Reife. Der junge Mann ergriss ein-e große Tapeziernadcl, und versetzte damit (einer Geliebten einen Stich unter die linke Brust.Du hast mich schlecht ge­troffen", rief die Aermste aus. Hierauf »ahm er ein Metzer und führte einen zweiten Stich, worauf das Mädchen zu Bffden sank. Nun führte er gegen sich selbst einen gewaltigen e-toß ( in die linke Seite, der Schmerz erpreßte doch den beiden Unglücklichen einen Schrei, worauf man aus dem anstoßenden Zimmer, wo die fast sterbende alte Frau lag, herbcieilte und das entsetzliche Unglück sah. Beide sind lebensgefährlich ! verwundet. Das Mädcben wurde ins Spital gebracht, der ^ junge Mann ins Jnquisitcnkrankenhaus. (Fr- Psij-)

Bern, 11. Jan. In offiziellen Kreisen ist man über das in Paris erlangte Resultat sehr befriedigt. Im Volke und !

in der Armee macht sich wohl auch Mißtrauen gegen die Di- ^

plomatie und namentlich gegen Napoleon geltend, der seit sei- ^ nein Artikel im Moniteur die Gunst der Schweizer im Allge- ( meinen verscherzt hat. Seien einmal die Gefangenen, wenn ! auch nickstbedingungslos", sondern unter der Bedingung der Verbannung bis zum definitiven Vertrage mit Preußen in Frei- !

heit gesetzt, so habe die Schweiz sich jedes Mittels, aus den >

ferneren Gang der Angelegenheiten einznwirkcn, begeben, und ^ inan tonne ihr Bedingungen diktiren. In diejem Sinne lassen ! sich -einzelne Stimmen vernehmen, besonders ein Artikel im Genfer Journal unter dem Titel:Die Gefahr des Augen­blicks." (Eo chrngoe Ri momont.) Ungeachtet der Friedens­stimmung gehen die Sammlungen und die Rüstungen ihren Gang. Von Schweizern in Bergamo sind für jeden Monat Dienst 2000 Fr. gezeichnet, und dortige Schweizerinnen legten 1800 Fr. zusammen. In Cbanrdefonds wurden an einem Tage 14,000 Fr. gezeichnet, worunter mehrere Beträge von 1000 Fr., ja sogar einer von 1500 Fr., durchschnittlich 5600 Fr. Die meiste» Gemeinden im Kanton geben den Auszügern, gleichviel ob Bürger ober nicht, 10 Fr. beim Abmarsch und 50 70 Eent. per Tag Zulage. Tie Schuster in Zürich, 44 an der Zahl, verpflichten sich vorläufig zu 200 Paar Schuhen, und erlassen einen Ausruf an alle Hiindwcrksgenoffen im Kanton, ihrem Beispiel zu folgen. Eigentlich rührend sind die Anerbietungen aller Art Dienstleistungen und Beiträge von Fremden, besonders von englischen Damen für den Krankcndicnst. Die östentlichcn Blätter und die Protokolle des BundesratheS enthalten auf jeder Seite Verdanknngen. Ja ja, Europa ist mit der Schweiz. Sie hat unzählige Freunde.Dank heizet" (habet Dank) sagt der Berner. (S. M.)

Bern, 13. Jan. Die Botschaft deS Bundesralhs an die Bundesversammlung beantragt: der Prozeß wird niederge­schlagen, die Angeklagten verlassen die Schweiz bis zum Aus­trag der Sacke, ein definitives Uebereinkommen bedarf der Ge­nehmigung der Bundesversammlung, der Bundesrath ist mit der Vollziehung beauftragt. Successivc Beurlaubung der Trup­pen findet statt, sobald die Ausgleichung erfolgt. Ein Angriff von Außen ist nicht mehr zu befürchten. Der russische und der österreichische Gesandte haben dem Bundesrath Noten überreicht, entsprechend den Pariser Vereinbarungen, die für die Schweiz günstig lauten. (Tel. Dep. d. A. Z.)

Bundesstaat. Dienstag, 13. Jan. 9 Uhr 40 Min. Morgens. Antrag des Bnndesraths an die Bundesversamm­lung: 1) der am 4. September angehobene Neuenburgerpro- zcß wird hiemit niedergeschlagen. 2) Die durch Dekret der Anklagckammer vom 15. Dez. in Anklageznstand versetzten Per­sonen haben bis zur Erledigung der Neuenburger Angelegen­heit das Echwcizcrgcbiet zu verlassen. 3) Ein definitives lieber« einkvmmcn in der Ncuenbnrgcr Angelegenheit wird der Bun­desversammlung zur Erledigung vorgclcgt. (T. D. d. A. Z.)

Madrid, 8. Jan. Der Unione von Turin wird aus Palermo geschrieben, daß Baron Bentivegna, einer der Führer der ftzilianiichen Bewegung, am 20. Dez. in der Nähe der Stadt erschossen wurde. Er starb mnthig. Nachdem xer Kaffee getrunken hatte, machte er ruhig sein Testament und setzte seine Brüder und seine Mutter, welche einer vornehmen Familie Palermv's angchört, zu Erben ein. Er verlangte, ohne Augenbinde erschossen zu werden, was ihm jedoch ver­weigert wurde/ Vor seinem Tod sagte er, daß er der Anstif­ter der Erhebung war und bat für seine Gefährten um Milde und Schonung. (St.A.)

New-Aork, 20. Dez. Ein Monster-Fälschungs-Prozcß, gegen den die Betrügereien Carpenticr's und Redpath's in Nichts verschwinden, bilden das Ercigniß dieser Woche. Die That- sache ist in zwei Worten die, daß ein Herr Hnngtington unter der Anklage vor der Jury steht, durch Verfertigung falscher Wechsel und Unterschriften nicht weniger als zwanzig Millionen Dollars erworben zu haben. Wenn schon die Größe dieses Betrages in Erstaunen setzt, die in der That unübertroffen dasteht, so muß noch mehr die Art, wie sich der Angeklagte dabei benimmt, Verwunderung erregen. Sein Anwalt hatte ihm nämlich wieder­holt gerathen, sich offen zu der verübten Handlung zu bekennen, da die Beweise zu sprechend seien, um dagegen etwas auszu- richtcn; sein reuiges Eingeständniß allein könne auf die Jury Einfluß üben. Dieß verweigerte aber Herr Huntington, zu thun; er bestand aus seiner Unschuld und der Ueberzeugung, daß er sreigesprochen werben würde. Der Anwalt, Hr. Bryan, war >n großer Klemme, bis ein Geschworener die Bemerkung fallen ließ, daß der Mann verrückt sein müsse, weil er sein Unrecht nicht cinsche. Von diesem Augenblicke ging dem Anwalt ein Licht auf; er beschloß, Herrn Huntington für verrückt zu er­klären, und dessen Rettung auf dieser Basis zu versuchen. Die Rebe, in welcher Herr Bryan dies selbst der Jury erzählt, ist ein Meisterwerk juridischer Ueberredung und bürste nicht ohne Wirkung bleiben. Das Urtheil ist jedoch noch nicht gesprochen.

- (K. Z.)

Die Waisen ans Schweden.

(Fortsetzung.)

III.

In dem westlichen Theil der Altstadt, nächst den Hirsch­gräben, stand eine Gruppe kleiner ärmlicher Häuschen an ein­ander gelehnt, von Midbewohner, wie dazumal die Beisassen hießen, und von geringen dürftigen Bürgern bewohnt. In der Stube ober besser in dem verschobenen Viereck einer dieser elen­den Hütten, deren wurmstichige Balken und vermodertes Stroh­dach nur noch von den nachbarlichen Ruinen aufrecht gehalten wurden, saß aus einem ebenfalls baufälligen Tisch ein kurzes, dickes Männlein mit apfelrundem, glattgeschorencm Kopf, kupf- riger Nase, braunrothen Wangen, ungeheurem Schnauz- und Zwickelbart und kleinen blitzenden Augen, eifrigst bemüht, die Löcher eines alten, zerrissenen Kollers wieder zu ergänzen. Auf dem Tisch, neben dem kleinen Dickleibigen war eine eiserne Pickelhaube aufgepflanzt, in welcher sich ein ganzes Schneider- Apparat eingenistelt hatte, als: Seide und Zwirn in allen möglichen Farben, ein gespicktes Nadelkissen, Fingerhüte rc. re. Dicht neben ihm in einer Ecke standen Streitaxt, Kolben und eine schwere Partisane. Ein funkelnder Brustpanzer und ein altes Panzerhemd hingen hinter ihm zur Rechten und zur Lin­ken an der weißübertünchtcn Wand. Zwischen beiden Rüstungs- stückcn, gleichsam über dem Haupte des Rundköpfigtcn, para- dirte eine mächtige Gewandscheere, an der Kante des Tisches hing eilt schweres Bügeleisen. Und zwischen den Attributen einer zerstörenden, zerreißenden, zerschneidenden Kunst, und