Septuagesimä
a«S einer alten Familienchronik
Bon Lilly Jäger. Gechtngen.
ES lach trübe aus in deutschen Landen. Die jahrelange Veindseligkeit hatte große Armut in das Volk getragen. Was nicht vor dem Feinde geblieben war und in den KnegShan- »eln verschollen, das hatten Krankheit und Seuchen dahmge- rafst. Die wenigen Ueberlebenden gingen im Stumpssmn ^urch die Tage. Nur der drohende Einfall feindlicher Scharen oder überhaupt das Nahen kriegerischer Horden, ließ ein wenig Mut und Lebenswillen in den vom Schicksal so sehr heimgesuchten Menschen wach werden.
So senkte sich an einem Februartag des Jahre» 1637 der -feurige Sonnenball über der lcidmüdeu, blutgetränkte» deutschen Erde. Dort wo heute die Bahn Stuttgart—Calw in scharfem Bogen von der alten Reichsstadt dem Schivarz:valö Zufahrt, liegt und lag schon damals das Psarrdorf Dätzingen. Wo hohe Bäume einen kleinen Teich umstehen, trat guö den Büschen ein schlankes, junges Weib. An der rechten Hand führte sie einen blonden, vierjährigen Knaben, während bie linke ein Bündel saftig-grünes Waldmoos trng.
„Muatter, gucket, der Himmel hanget voll Nosakränz für die heilig Jungfrau", sagte der Kleine mit kindlich-sroher Stimme. „Ihr brauchet keine Mvvökränz mehr zu mache." ^.Weisch, Josephle". die Stimme der jungen Frau klang wie eine hell« Glocke, „die Kränz kommet uff am Atta sei Grab und auf dr Anna-Mama ihres". „Warum machet Ihr denn Sie Kränz", forschte der Kleine weiter, „weil Ihr jetzt fort
ganget, über da Berg n'über?" „Eba deshalb", bestätigte seine Bealciterin und ein Abalanx des Abendgvldes schien über die blassen Züge zu huschen. „Jo, un wenn no die Kai- -erliche kommet un die Schwede, hünt Ihr jo so weit uff Weiterstadt", meinte der arme kleine Bub, der in seinem Leben noch nichts anderes gesehen hatte als Not und Tod und Tränen. „Weisch, Josephle, ar Han i jetzt an guate Mann, dein Brackenheimer-Vetter, der hütet mi au wohl, daß mir kei Mensch ebbes dunt." „Aber i mag ehn net", rief der Kleine heftig, „wenn er mir au Weißbrot brengt un Wurscht, tkeberhaupt, Ihr sollet bei uns bleiba, un nit uff das langweilig Gcchingen, bas satt au 'S Madele. Do glaubet se jo nimme an b' heilig Jungfrau."
Das junge Weib war ob den kindlichen Worten blaß geworden. Bargen sie doch die tiefe Wahrheit, die Elisabeth "Leyer sich in stillen Stunden, ungeachtet der großen Liebe zu dem Verlobten, selbst mit leisem Bangen vorhielt. Aber das kaum zwanzigjährige Menschenkind, dem der böse Krieg schon o unsäglich viel geraubt hatte, sehnte sich nach einem Stücklet» Erdeuglück mit der ganzen Kraft eines tief empfindenden Frauenherzens.
Wie ivar es doch gewesen, als teuflische Kroaten die einzige geliebte Schwester zu Tode gemartert hatten. Wie mar ne selbst, noch ein halbes Kind, den wimmernden Säugling im Arm, den schützenden Mauern der bewehrten Stadt zu- ^eflüchtct. Was war näher gelegen, als daß der verwitwete Schwager, den bas Kriegsgesetz immer wieder zu Fwhrdien- ten forderte, seines Kindes Wohl in ihre Hände legte und i'ie, sobald es anging, an der Schwester Stelle trat. Aber
-schon nach einem halben Jahr hatte man ihr den toten Gatten -ins Haus gebracht. Nicht weit vom Dorfe hatte ein scheuendes Pferd den Fuhrmann an die Schläfe getroffen, daß sie «üngedrückt wurde und der Tod auf der Stelle eintrat. IS „)ahre alt war Elisabeth Leyer gewesen, als sie Witwe wurde. "Nun hatte sie niemand mehr auf der ganzen weiten Welt «cks die greisen Schwiegereltern und das kleine Stiefkind.
Das junge Herz krampfte sich oft zusammen unter dem "Leid der Tage und dem Dunkel der Zukunft. Wohl gab es Monate, wo tiefer Frieden über der Gegend lag, aber der Schreck vergangener Zeiten steckte jedem in de» Gliedern. So isar es wieder Herbst geworden und die ersten Fröste sielen, «zerade wie damals, als man den toten Mann, der ihr zuerst Schivager und dann Gatte gewesen war, ins Haus brachte, dreimal war des Jahres Kreislauf an der jungen Witwe worübergegangen, doch Elisabeth Leyer tat ihre Pflicht und
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Mit ein paar Schritten war sie am Tisch. „Habt ihr wirkli rrir anderes zu tun?"
Verwundert guckten die Knechte sie an. Was war denn das? Diese Stimme, di»»'e zornsprühenden Augen. War das die stille, sanfte Bäuerin, die bis jetzt nicht viel sagen durfte? Erst nach einer Weile stotterte der Oberknecht verlegen: „Der Bauer ts fort aus'» Roßhand'l!"
„So?" Verwundert horchte Jula auf. „Und wenn die Ki aus dem Haus is, könna d' Maus macha was woll'n! Es doch noch gar net Feierabend, weiß denn der Oberknccht gl nms En noch schaffen könnt? Net? So geht naus m schichtet das Holz in die Schuppen. Und wem's net paßt, d kann auf Lichtmeß sein Bündel schnür'n! Habt ihr mich ve standet"
Ohne noch einen Blick in die verdutzten Gesichter zu we Erließ sie hoch aufgerichtet die Stube, eilte in die Ki che, schürte schnell ein Feuer an und stellte das Abendbrot au
Immer noch saßen die Knechte und schauten sich ratlos ai
aber a Winderl!" sagte der Oberknecht nm .^o>le und erhob sich. Die anderen taten das gleich And gingen hinaus.
Von diesem Tag an war sie eine andere geworden. Arbei vom frühen Morgen bis zum späten Abend war jetzt ihr Lc r ^ „ fand Freude daran, denn in der Arbeit sucht ^ ^ Vergessen. Man merkte es gleich, daß eine an bon Hof gekommen war. Anfangs war ei z - unter dem Gesinde, aber bald bemerkte man
-oag o,e Bäuerin nur jedem sein Bestes wollte. TaS Esse> "lehr »nd auch sonst tat Jula manches ^^IL^Aeujtboten als Wohltat ausehe» konnten.
fühlt« sonst nichts. Da sollte ihr einmal, ei» einziges Mal, ein kurzer, karger Liebessrühling beschieden sein.
An den Toren des alten Wctls war es gewesen, am Herbst- inarkt, der besonders bunt war, weil keine feindlichen Scharen in der Nähe waren. Da hatte das kleine Kälblein, welches sie mit dem Schwiegervater zu Markte brachte, gar wilde Sprünge gemacht und Elisabeth fast zu Boden geworfen. Eine kräftige Männerfaust hatte den Wildling gebändigt und eine fröhliche Stimme hatte gerufen: „He, Jung- fcrle, mit dem werdet ihr nit Meister, den laßt nur mich vollends zu Markte führen." So hatte Elisabeth Leyer ihren zweiten Gatten kennen gelernt.
Dem armen scheuen Wesen schienen die sonnigen Augen und der ganze Frohsinn des Liebsten wie ein Himmelsgeschenk. Hatte doch der Himmel dem Jakob Vrackenhammcr einen unerschütterlichen Mut und eine große Tatkraft beschert. Und mit diesen überwand er auch die Besorgnisse der alten Eltern. Nicht daß diese ihrer Schwiegertochter nicht von Herzen ein bescheiden Glück in karger Zelt gegönnt hätten. Aber die Bedenken, die sogar Klein-Joseph von der Base Magdalene gehört hatte, erschütterten die beiden Alten doch. Elisabeth Leyer war katholisch, ihr Verlobter dagegen war auf Luthers Lehr« getauft.
„Ist nit genug, daß all deutsches Land in zwei Lager gespaltet ist, soll ich auch noch mein Herz in zwei Stücke teilen, daß es verblutet und der Lisbcth ihr's nähm ich am Ende ganz mit", hatte er damals gesagt. „Steht nit in meiner Bibel: Dein Gott ist mein Gott und dein Volk ist mein Volk, also legt ruhig ihr Geschick in meine und des Herrgotts Hand, es soll euch nit gereuen." Wie treu und fest seine Stimme geklungen hatte, wie ehrlich seine Augen waren, das vergegenwärtigte sich die junge Frau, als sie, das Knäblein an der Hand, den wenigen noch ganzen Häusern des Dorfes zuschritt, um in der niedrigen Stube, wclclw seither ihre Heimat gewesen, die Kränze für der Geschwister Grab zu winden. Denn nun sie selbst die Liebe empfunden, schien Elisabeth Leyer der tote Gatte wie der Bruder, der er ihr zu Lebzeiten der Schwester gewesen.
Am Spätnachmittag des andern Tages wandert« sie mit ihrem zukünftigen Gatten über den Hügel und durch die Heide der neue» Heimat zu. Tags zuvor hatte der Bote di« wenigen Habseligkeiten der jungen Frau auf seinen Wagen geladen, als er von Wcildcrstadt über Ostelsheim wieder heimwärts fuhr. Der Abschied war sehr schwer gewesen, namentlich Josephle, welcher bis zuletzt gehofft hatte, daß die Mutter denn doch dableibe, hatte mörderisch gcschricn. ,Nur der Trost des Gechinger Vetters, daß er den Osterhasen bei ihm suchen dürfte, hatte ihn getröstet und er war mit seiner Madele abgezogen, um vom jenseitigen Hügel noch lange nachwinken zu können.
Nun war auch das letzte Zipfele der wehenden Tücher verschwunden. Elisabeth wischte sich verstohlen die Augen, machte am letzten Kreuz, das schon an der Markungsgrenze stand, ein frommes Zeichen. Dann schritt sie getrost an des Liebsten Hand in die neue Heimat und in eine andere fremde Welt.
Am Sonntag Septuagesimä 16S7 schrieb der alte Pfarr- herr von "St. Martin zu Gechingen in das Ehebuch seiner Gemeinde:
Jakob Brackewhammer und Elisabeth Leyer Witwe von Dätzingen.
Und so ward sie ausgenommen in die Gemeinschaft des Dorfes und seiner Gemeinde. Ob sie ihrem alten Glauben treu blieb, ob ihr Luthers Lehre mehr war, darnach forschte niemand. Sie tat treu ihre Pflicht und stand ihrem Haus als gute Hausmutter vor. Wie sie den Eltern in Dätzingen ein treues Sch-viegerkind gewesen, so war sie es auch überm Berg im Tal der raschen, Hellen Irin. So heiter und fröhlich ihr Jakob trotz der schweren Zeit, so still und ernst blieb sie selbst. Nicht daß etwa das Glück nicht die herben Züge verschönte, aber in den klaren Blauaugcn lag oft ein weher Schein. Der Psarvherr, der manchmal auf dem Weg durchs Dorf mit ihr plauderte, fragte sie einmal, ob sie sehr an Heimweh leide. „O nein, Hochwürdcn", sagte sie freundlich, „ich bin ja nach eigenem Willen »nd mit dem Segen der
Nach zw>i Wochen war der Himmeljteiner wieder zurückgekommen, doch trieb er es noch ärger und so kam es, daß das eigenartige Verhältnis der beiden Ehegatten das gleiche blieb wie vordem.
Wenn Jula allem war, kamen manchmal schwermütige Gedanken über sie. Gewaltsam zwängte sie ihre Gedanken dann nach einer anderen Richtung.
Viele Arbeit und in schweren Stunden ein inbrünstiges Flehen zur Madonna, brachten sie über alle schmerzlichen Gedanken hinweg. Als eine wahre Wohltat empfand sie es auch, daß der Himmelsteiner beim Pfcrdchandel viel über Land war.
Ihre einzige Freude war, wenn sie sah, wie da? Gesinde auf jeden ihrer Winke gehorchte und daß cs trotz der ständigen Abwesenheit ihres Mannes vorwärts ging.
29. Kapitel.
Prinz Karneval schwang das Szepter über München. Einem Stab glich dieses, an dem tausend und aber tausend Fäden hingen und nach denen die Menge haschte, um mitgerissen zu werden in den Strudel der Lustbarkeit.
Alles Denken schienen die Menschen verloren zu haben, nur von dem unseligen Trieb schienen sie alle beseelt zu sein, das Fnschingslebcn mit all den taumelnden Freuden auszukosten.
Und alle waren sie da gleich, arm und reich, groß und klein.
Was frugen die Minderbemittelten darnach, ob die Kin- der daheim nach Brot schrien und die Reichen, wenn so ein Abend Hunderte von Mark kostete. Man war dann wenigstens angesehen in ihrer Kaste.
Wieviel Elend und Leid mag wohl oft hinter den buntschillernden Masken stecken? Aus den Maskcnlöchern glühen alle Augen dunkel und feurig, der quälendste Hungerblick hat hier Feuer.
Es war am andern Nachmittag nach einem Maskenball. Jakob Voggtrcuter stand im Büro des Sägewerkes am Fenster, noch etwas benommen vom vielen Weingenuß.
Es fehlte ihm die Lust an der Arbeit. Die Zahlen umsprangen seine Augen wie ein Kreiselspiel und das Klappern der Schreibmaschinen im Nebenzimmer wirkte einschläfernd aus leine Nerven. '
Eltern gegangen. Es ist was ander«-." „WaS denn?" sagte der alte Herr, dem die junge Frau leid tat. „Septuagesimä", entgegnete die junge Frau, „nur 7li Tage, bis der Herr ausi> ersteht, ich habe nicht lange Zeit." Verwundert schüttelte der Greis das weiße Haupt. Seine Befürchtung, daß die junge Frau mit ihrer feinen Seele sich fremd fühlte, schien wahr zu sein. Mit doppelter Liebe suchte er ihr in de» ivenigen Feierstunden, die sie hatte, Trost un- Erbauung zu gewähren. Aber es schien, daß das Wesen Elisabeths immer lichter und ferner wirken würde.
Das Josephle kam aus geraume Zeit. Es brachte viel Lärm und Lachen mit und hatte sich längst mit ganz Gechin- gcn angefreundct. Als es wieder Herbst wurde, und die ersten Froste fielen, bekamen Elisabeths Wangen Farbe. Doch die greise Schwiegermutter schüttelte den Kopf und sagte „Kirchhossroscn". Aber sie sagte cs nur leis, daß es ihr Sohn nicht hörte. Als man aber das Josephle heimbrachte, es war gerade zum Herbstmarkt in Weil, da schickte sie der alten Lcycrin eine Botschaft, die Elisabeth gefalle ihr nicht.
Der Jakob war aber immer wohlgemut. Sein Weib klagte nicht und hatte rote Backen und insgeheim hoffte er auf einen springlebendigen Erben, so wie der Josephle war. Den wollte er Jörg nennen, wie seinen Ahnen, dessen er sich noch dunkel erinnerte.
Martini war vorbei und die ersten Flocken fielen nieder. Die Dorsjugend probierte Schnceballen und ihr Heller Jubel tönte in die niedrige Stube, wo Elisabeth eben die Spindel tanzen ließ. Ein halbes Jahr schon war sie hier und sie, die sich so sehr nach einem Krümlein Erdenglück gesehnt hatte, spürte eine neue Sehnsucht, die sie hinaushob über die irdische Heimat, nach ewigen Zielen. Sie wußte nicht, warum ihr gerade der Abend cinficl, an welchem sie mit Josephle vom Moosholen nach Hause gewandert war und warum ihrem wachgcwordencn Geist plötzlich Bilder vergangener Tage auftauchten. Alles schien in goldene Glut getaucht. Draußen halte das Flockcngcstlcbe aufgehört. In lichtem Schein strahlte der Abendhimmel in die niedrige Stube. „Die Rosen- kränze", flüsterten die blassen Lippen. Als Jakob kurze Zeit nachher die Stube betrat, war Elisabeth ohnmächtig vom Stuhl gesunken. Er rief der Mutter und mit deren Hilfe brachte er sie noch anfs Lager. Dann holte er den Pfarr- herrn, dessen geübtes Auge sofort den nahenden Tod erkannte.
Elisabeth war nicht bei Bewußtsein. Trotzdem flüsterten die blassen Lippen immer und immer wieder ein Wort „Septuagesimä". Erschüttert hörte es der Geistlick-e, dann trat er an das Fußende des Bettes, wo Jakob in fastungs- i losem Jammer saß. „Ihr müßt mit dem Ende rechnen, I Jakob", sagte er leise. „Warum ist Gott so unbarmherzig?" I rief hadernd der Mann. „Gott ist barmherziger als Ihr denkt", entgegnete der Pfarrer, „er holt eine zarte Blume in seinen himmlischen Garten". Als ob die Sterbende es hörte, öffnete sie die Augen und suchte mit unendlicher Lieb« den Gatten. „Jakob", flüsterte sie, „ich dank dir, o wie sehr, vergiß nicht, Ostern ist nahe, der Herr ist da." Dann schloß sie die Augen und das Herz stand still. Jakob sank in die Knie und verbarg seinen Kopf in die Kissen. Er wollte mit seinem Schmerz allein sein. Der geistliche Herr gab den übri- gen Anwesenden ein Zeichen und verließ geräuschlos die Stube.
Am Abend, als schon die Sterne am Himmel standen und die Kerze in seiner Stube brannte, holte der Pfarrer sein Ehebuch, ach, eS war ja nicht groß, und schlug die Seite auf, wo er den Namen der jungen Toten wußte. Da er zu den Menschen gehörte, welche in den Seelen der andern lesen können, so trat ihm noch einmal ihr Bild vor die Augen. Neber die Hügel hinweg und in fremden Glauben hinein hatte der Herr sein gläubiges Kind geschickt. Es hatte ihn auch gefunden, nicht im Grabe, sondern über den Sternen. Der Geistliche fuhr sich über die Augen. Tann holte er den Federkiel und setzte unter das Wort Septuagesimä den Spruch: Was suchet Ihr den Lebendigen bei den Toten. Er
ist nicht hier. Er Ist auferstanden.-Es deuchte ihm, baß
selige Sabattrnhc über der friedlichen Welt Elnkchr halte.
Da hielt draußen eu« Wagen und gleich darauf stürzte Hedwig in? Zimmer.
„Tag, Männe!" rief sie lachend und während sie lästig Hut und Handschuhe auf einen Stuhl warf, trat sie zu ihm an das Fenster.
Nnaushörlich plauderte sie aui ihn ein, nahm vom Schreib- tisch das Feuerzeug und blies ihm lachend den Rauch der Zigarette ins Gesicht.
Dann schmiegte sie sich an ihn, schlang ihre Arme um seinen Hals und küßte ihn.
„Aber mach doch kein so schreckliches Gesicht, Schatz!" schmollte sic. „Du könntest einem wirklich die Laune zum heutigen Künstlerball verderben."
Ruhig sah er auf sie hernieder.
„Willst dich heut' schon wieder ins Vergnügen stürzen? Denkst du gar net an deine G'sundheit?"
„Aber Männe, es ist doch nur einmal im Jahr Fasching. Gönn' mir doch das Vergnügen."
„Ich gönn' dir alles, das weißt! Aber alles mit Maß und Ziel. Vielleicht morgen wieder. Aber heut' bleib'n wir daheim!" Er hatte mit einem Ton gesprochen, der eigentlich keine Widerrede duldete.
Doch für Hedwig war dieser Ton fremd und trotzig fuhr sie auf.
„Aber du gedenkst doch nicht abzusagen?"
„Warum net? Ich für meine Person tu es. Du kannst ja schließlich allein hingeh'n, wenn du meinst, ohne den Rummel net sein zu können!"
Hedwig warf sich in einen Stuhl und höhnte:
„Weshalb Hab' ich dich dann geheiratet?"
„Aus Liebe! Oder net?"
„Natürlich! Aber ich vermute, daß du meine große Liebe nicht verstehst."
Sie wußte, mit so etwas konnte sie ihn ärgern. Zu ihrer größten Verwunderung aber brauste er heute gar nicht auf und seine Stimme hatte noch immer denselben ruhigen Klang, als er sagte:
„Die Liebe? Die versteh' ich schon, deinen verschwenderischen Lebenswandel aber net. ^
Sie lachte auf.
4Fortl»«»una kolgtl.