VizekanzlerPapenüberDeutschlandu. Frankreich

Der PariserTemps" veröffentlicht eine Unterredung feines Sonderberichterstatters Georges Suarez, der Tardteu und der Schwerindustrie nahesteht, mit dem Vizekanzler von Papen. Auf die Bemerkung des Berichterstatters, daß die Ereignisse seit Dezember sehr rasch aufeinander gefolgt seien, erwiderte Herr von Papen, diese rasche Entwicklung sei zu begrüßen,' denn eine dauerhafte Verständigung zwischen den Völkern fei nur möglich und wünschenswert, wenn sich die innere und wirtschaftliche Lage eines jeden Landes ge­festigt habe. Wenn man dauerhafte Werte schaffen wolle, müsse man der Zukunft sicher sein. Unter dauerhaften Wer­ten verstehe er den Zusammenschluß aller jungen Kräfte des deutschen Volkes zu einem ein­zigen Block unter der Oberhoheit des Reichs­präsidenten von Htndenburg. Die Festigkeit der inneren Lage in Deutschland sei die beste Bürgschaft für die Zukunft Europas.

Auf eine wettere Frage, wie er seine ziemlich unerwar­tete Zusammenarbeit mit den Nationalsozia­listen auslege, erklärte Papen, man müsse sie als die Zu­sammenarbeit der nationalen Jugend mit den Neukonserva­tiven betrachten,- diese Jugend fühle sich einerseits mit der deutsch-preußischen Vergangenheit wie andererseits mit den Kräften des Landes verbunden. Die Weimarer Verfassung sei ein Gedankenaufbau, der im Leben des Volkes nicht Wurzel gefaßt habe. Dieses System habe sich als unfähig für die Führung Deutschlands erwiesen. Nur ein Deutsch­land, bas durch eigene Kräfte gestärkt ist, könne die Lebens­möglichkeit und Dauerhaftigkeit haben, um einen Schutz- bamm gegen den Bolschewismus zu bilden. Die Sozial­demokratie habe die Macht 14 Jahre in Händen gehabt. Sie habe sich in allen Verwaltungen und Schulen Eingang ver­schafft. Nur die Reichswehr habe sich gegen die Durchdrin­gung gewehrt. Die deutsche Jugend sei durch marxistische Lehrer erzogen worden. Es seit Zeit gewesen dagegen an­zugehen. Deshalb habe er auch im Juli die Maßnahmen ge­troffen, die sich gegen die preußische Regierung als notwen­dig erwiesen. Man habe das einen Staatsstreich und einen Versuch der Verfassungsverletzung genannt. In Wirklichkeit sei die Weimarer Verfassung so eng umgrenzt, daß man zur Tatenlosigkeit verurteilt sei, wenn man sich an den Buch­

staben halte. DaS Verfassungsrecht müsse den Ereignissen Rechnung tragen und sich ihnen anpassen.

Herr von Papen ging dann auf die deutsch-fran­zösischen Beziehungen ein. Deutschland, auch baS neue Deutschland, wünsche den Frieden und die Freundschaft mit der ganzen Welt. Gewisse Kreise in Frankreich hätten von Deutschland eine so schlechte Meinung, daß sie glaubte«, es genüge, ihm die Mittel zu seiner Wiederaufrüstung zu verweigern, um ihm damit auch den Willen zu diesem Ziele zu nehmen. Die Gewaltanwendung habe bet ge­sunden Völkern bisher stets entgegengesetzte

Wirkung aus gelöst. Die Erniedrigungen, die man Deutschland so lange aufgezwungen habe, hätten notgedrun­gen eine seelische Gegenwirkung auslösen müssen. Er sei der Auffassung, daß man nicht fortfahren könne, Deutschland 14 Jahre nach dem Kriege Bedingungen aufzuerlegen, die Frankreich bestimmt nicht annehmen würde, wenn es sich in der gleichen Lage befände. Alle Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Entwicklung zwischen Frank­reich und Deutschland seien durch die Anwen­dung der bisherigen Politik verhindert wor­den. Die augenblickliche Wirtschaftskrise müsse bet beiden Völkern den Wunsch auslösen, auf die Gewaltanwendung zu verzichten und endlich zu einer immer engeren Zusammen- arbett überzugehen.

In dem Interview Suarez erblickt man in Berlin wohl nicht ganz zu Unrecht den Versuch französischer Rechtskreise, die Aussichten unmittelbarer deutsch-französischer Verhand­lungen zu erforschen.

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Frankreich und Rußland. Im Auswärtigen Ausschuß der französischen Kammer bezeichnet« Herriot die gegenwärtig« außenpolitische Lage als äußerst ernst, gab aber -er Hoff­nung Ausdruck, daß die nationalsozialistisch« Bewegung in Deutschland und vor allem der Kampf gegen den Kommunis­mus dazu beitragen würden, die französisch-russischen Be­ziehungen zu verbessern. In diesem Zusammenhang erklärte Herrtot, daß in der nächsten Zeit in Moskau und Paris an der französischen und der russischen Botschaft wieder Militär- attachees ernannt werden sollen.

Peinliche Fragen an den Ouai d' Orsay

-- Paris, 10. Febr. Der Auswärtige Ausschuß der Kam­mer hat Herriot beauftragt, den Quai d'Orsay zu ersuchen, er möge die Veröffentlichung der letzten bisher streng ge­heim gehaltenen Sitzungsberichte des sogenannten Geheim­komitees der französischen Kammer während der letzten Kriegsjahre veranlassen. Diese Geheimsttzungen der Kammer bezogen sich u. a. auf die Meutereien an der fran­zösischen Front im Jahre 1017, sowie die Svn- derfriedensverhaudlungen zwischen dem deutschen Militärgouverneur Baron von Lancken und Briand. Die Veröffentlichung dieser Dokumente scheiterte bisher an dem energischen Protest Belgiens, das bekanntlich seiner­zeit besonders die Sonderfriedensverhanblungen unterstützte.

Völkerbund und Fern-Ost-Konflikt

Anfrage des 19er-AnsschusseS an Japan

-- Gens, 10. Febr. Der Generalsekretär des Völkerbun­des hat der japanischen Abordnung «ine vom lOer-Ausfchutz beschlossene schriftliche Anfrage übermittelt. Es heißt darin, der 19cr-Ausschuß nehme an, daß die japanische Regierung den Punkt 7 des Kapitels 0 des Lyttowberichtes annehmen werde. Darnach werbe di« Souveränität Chinas in der Mandschurei weiter aufrechterhalten. Hieraus folge, daß die Aufrechterhaltung des mandschurischen Staa­tes nicht möglich sei, daß vielmehr in der Mandschurei ein Zustand hergestellt werben müsse, nach dem unter An­erkennung der Souveränität Chinas die Ordnung und Si­cherheit garantiert werde. Den berechtigten Interessen Ja­pans sei dabei Rechnung zu tragen.

Neue japanisch« Offensive in Jehol

Die Schanghai» Presse berichtet, daß die japanischen Truppen eine neue Offensive in der Provinz Jehol eingelei­tet haben. Die erste Kolonne von '2000 japanischen Kavalleri­sten stieb bei Suiting vor. Die zweite Kolonne von 4800 Mann, die von schwerer Artillerie unterstützt wird, geht in Richtung auf Kailu, die dritte in Stärke von 6000 Mann, die ebenfalls durch schwere Artillerie und Tankgeschwader unter­stützt wirb, rückt in Richtung Tjanschan vor.

Noosevelt zur Kriegsschuldenfrage

-- Washington, 10. Febr. In Kreise» -er nächsten Umge­bung Noosewelts wird erklärt, Noosevelt habe in Sachen der Krtegsschuldenfrage seinen Standpunkt in folgenden vier Punkten festgesetzt:

1. Die Kriegsschulden seien als Schulden wie jede anderen zu betrachten.

2. Die amerikanische Regierung werde mit jedem Schulb- nerlande einzeln verhandeln.

S. Bei den Verhandlungen müsse die Zahlungsfähigkeit des Schuldnerlandes berücksichtigt werden.

4. Die Kriegsschulden seien scharf von den Reparationen zu trennen.

Ferner wird daraus -ingewiesen, daß der britische Vor­schlag, di« Kriegsschulden durch «ine zehnprozentige Ab­schlagszahlung entsprechen- dem Lausanner Abkommen zu regeln, für Noosevelt unannehmbar sei. Noosevelt sei im übrigen der Ansicht, daß persönliche Besprechungen großen Konferenzen vorzuziehen seien. Er telephoniere fast täg- lich mit Macdonalb und habe die Demokraten im ame­rikanischen Kongreß ersucht, seine Vorbesprechungen nicht turch voreilige Debatten zu stören.

Das Ende der Meutererfahrt

Die holländisch-indischen Meuterer habe« sich ergebe«

--- Amsterdam, 10. Febr. Die Meuterer an Bord teS KreuzersDe Zeven Provincien" haben sich, einem Funk­spruch von hoher See zufolge, ergeben. Nachdem Regierungs­flugzeuge Bomben abgeworfen hatten, von denen «ine das Schiss traf und 21 Mann der Besatzung tötete, bemannten die Meuterer die Boot« und verließen in guter Disziplin und völlig ruhig daS Schiff, baS dann von europäischen Mannschaften unter den Befehl seines bisheri­gen Kommandanten gesetzt wurde. DieZeven Provincien" wird zur Zeit von dem KreuzerJava" zum nächsten Anker- platz begleitet.

Nach Meldungen aus Paramaribo (Holl.-Jndten) ist die Ordnung, die einige Tage lang bei den von komm. Agita­toren aufgehetzten brahmanischen und hindostanischen Plan­tagenarbettern gestört worben war, wtederhergestellt worden. Insgesamt wurden bet den Unruhen 2 Personen getötet «nd 23 verwundet.

Der Kommandant des holländischen PanzerkreuzersSie­ben Provinzen", P. Eikenboom, der auf einem Regierung-- bampfer seinem Schiff, das die Meuterer während seiner Abwesenheit entführt hatten, nachfuhr. Sr hat da- Kom­mando wieder übernommen.

Korruption in einem Zollamt

Ueber S Millionen Mark Geldstrafe» «nd 6 Jahre ZnchthanS »erhängt

TU. Frankfurt a. M., 10. Febr. Vor der Strafkammer ist ein seft Wochen größtenteils unter Ausschluß der Öffent­lichkeit geführter Prozeß zu Ende gegangen, der gegen einen Kaffeegroßhänöler, einen früheren Autovertreter, den Ex­pedienten einer Speditionsfirma, einen ehemaligen Eisen­bahnlabeschaffner und ö Zollbeamte geführt wurde, die teils aktiv, teils passiv an Durchstechereien auf dem Zollamt, Hauptgüterbahnhof in Frankfurt a. M. beteiligt waren. Wie sich in der Verhandlung ergab, haben die Beamten körbe- weise Lebensmittel nach Hause geschafft, die ihnen für die Anfertigung falscher Wiegescheine und Zolldeklarationen gegeben worden sind. Außerdem haben sie sich in Wirtschaf, ten freihalten lassen und in vereinzelten Fällen auch bares Geld oder größere Darlehen angenommen, die nie zurück­gezahlt worden sind. Die hinterzogenen Zollbeträge machen über 160 000 Mark aus. Gegen 20 Beamte ist noch im Laufe dieses Verfahrens das Disziplinarverfahren eingelettet wor­den. In der Urteilsbegründung heißt es, daß die Bestechun­gen bis in 5ie Kreise der leitenden Aufsichtsbeamten gereicht haben. Insgesamt wurden vom Gericht wegen fortgesetzter gewinnsüchtiger Falschbescheinigung, Zollhinterziehung und Bestechung ö Jahre, 4 Monate Zuchthaus und 8 Monate Ge­fängnis und für Wertersatz Zollstrafen und eingezogene Be­stechungsgelder 2 204 631 Mark Geldstrafen verhängt.

14 Parteien im Reichstagswahlkampf

Der Reichstagswahlkampf hat nunmehr seinen Anfang genommen. Die Propagandapläne der Parteien sind fest- gelegt und allerorten gehen die politischen Organisationen an die Arbeit. Der Wahlkampf wird diesmal erheblich dadurch vereinfacht, daß nur 14 Parteien auf dem Kampfplatz erschet- nen. Das ist immerhin noch sehr viel, aber es zeigt sich -och schon eine erhebliche Verringerung der Bewerber gegenüber den letzten Reichstagswahlen. Bei den Reichstagswahlen im Jahre 1032 haben sich, wie dieWandelhalle" feststellt, ins- gesamt nicht weniger als 84 Parteien um die Gunst der Wäh. ler bemüht. Darunter waren kleine und kleinste Gruppen, die mit Mühe und Not die 500 Unterschriften aufbrachten und oft bei der Wahl von den eigenen Befürwortern ihres Wahl. Vorschlages im Stiche gelassen wurden. Es ist bekannt, daß eine dieser Gruppen in Berlin sich Unterschriften von Er- werbslosen geben ließ und 50 Pfg. je Stück bezahlte. Diesem und ähnlichem Unfug auf dem Gebiete Ser Wahlpraxjs ist nun durch das Antisplittergesetz ein Ende gemacht worden.

Die Zahl von 14 Parteien ist freilich immer noch sehr er. hedltch, wenn man bedenkt, daß im letzten Reichstag tatsäch- lich nur sechs Fraktionen bestanden haben und eine siebent« nur durch dentechnischen" Zusammenschluß kleinerer Grup­pen möglich war. Ein einzelner Abgeordneter ohne Fiat- tion spielt wirklich im Reichsparlament keinerlei Roll«. Seine Stimme fällt nicht ins Gewicht, er ist von jeder Mit- arbett praktisch ausgeschlossen und hat nur in den allersel- tensten Fällen einmal Gelegenheit, das Wort zu nehmen. Di« ganze Entwickelung drängt auf das Bestehen möglichst weni­ger, aber großer Parteien hin.

Nochmals der Gehallsverzichl des Reichskanzlers

TU. Berlin, 10. Febr. Amtlich wird mitgeteilt: Die in einem Teil der Presse verbreitete Nachricht, Reichskanzler Adolf Hitler habe auf sein Gehalt als Reichskanzler verzich­tet, ist in der Öffentlichkeit vielfach mit der Behauptung angegriffen worden, ein Gehaltsverzicht eines Reichsmint- sters oder eines Beamten sei rechtlich unzulässig. Dem Reichskanzler ist sehr wohl bekannt, daß einem gene­rellen Gehaltsverzicht rechtliche Bedenken entgegenstehe». Hier handelt eS sich jedoch um die Ueberweisung des monat­lichen Gehalts auf Anweisung des Reichskanzlers Hitln an ein noch zu bildendes Kuratorium, bas die eingehenden Br- träge für noch näher zu bestimmende wohltätig« Zwecke verteilen wird.

Politische Kurzmeldungen

Die Kosten des Vierjahrplans der Reichsregierung wer­den, einer Berliner Information zufolge, vier Milliarde« Mark überschreiten. Sie sollen durch allgemeine Sparmaß­nahme» und durch entsprechende Kredite gedeckt werden. In einer Wahlrede in Mannheim äußerte der nat.soz. Prtk-L fident des Preußenlandtages, Kerrl, die beiden VierjahreS- pläne würben nach Ablauf der Vierjahresfrist erfüllt sein. Die jetzige Regierung werbe es nicht wie die früheren ma­chen und immer nur sagen, wie st« es machen wolle, st« werbe Positives leisten. Zum Sozialismus könne man nur durch den Nationalsozialismus kommen. Im Bayerische» Landtag wurde der nationalsozialistische Antrag, die Staat-» regierung solle bei der Retchsregterung auf Einführung de» Arbettsdienstpfltcht htnwtrken, angenommen. Von der Auflösung der Kommunalvertretungen in Preußen sind ne­ben den Stadtverordneten und Gemeindevertretern nahezu 11000 Abgeordnete betroffen worden, nämlich 0812 Kreis- tags- und 1160 Provinzial- bzw. Kommunallandtagsabge­ordnete. Der besonders von sozialdemokratischer Sette auS- gehende Widerstand gegen die vorzeitige Auflösung der Ge- metndevertretungen wirb verständlich, wenn man bedenk- daß die Sozialdemokraten über ein Viertel aller Kreislags­sitze, nämlich 2499, innehatten. Die Reichstagswahl a»

5. März macht erneut die Einrichtung von Wahlräume» a» Bord deutscher Seeschiffe erforderlich. Ein Wahlraum wird eingerichtet, wenn sich auf einem Schiff mindesten» 60 wahl­berechtigte und mit Stimmscheinen versehene Personen be­finden. Die schwebenden Schulden des Deutschen Reiche- Haben sich im vorletzten Berichtsmonat wenig geändert. St« betrugen am 80. November zusammen 1828,6 Millionen ^ gegenüber 1836,2 Millionen am 81. Dezember 1932. Dt« Zunahme beläuft sich demnach in einem Monat auf 7,7 Mil­lionen Mark. Der Devisenbestand der Retchsbank hat seit längerer Zeit zum ersten Male eine erheblichere Er­mäßigung erfahren. Der Devisenbestand ging um 2,7 auf 97,9 Millionen ^ zurück, während der Goldbestand ein« leicht« Besserung um 0,4 Millionen erfuhr. Zu den Be­hauptungen eines französischen Abgeordneten im Auswär­tigen Ausschuß der Kammer über ein deutsch-italtenisch-un- garischeS Geheimabkommen wirb von zuständiger deutscher Stelle erklärt, baß hiervon nichts bekannt ist. Eine ähnlich« Behauptung ist übrigens schon vor einigen Wochen aufge­stellt und bereits damals dementiert worden. DasEcho de Paris" berichtet, daß Italien an Ungarn 32 Flugzeuge geliefert habe. Das Blatt schließt daraus auf ein Militär­bündnis. Die Finanzkommisston in Paris beschloß di« Einführung einer Krisensteuer für Einkommen über 20 000 Franken. Die Bereinigten belgischen Kammerausschüss« lehnten einen Gesetzentwurf ab, der gewisse öffentliche Pro­vokationen und systematische Propaganda, die die militärisch« Einberufung und Disziplin gefährden, unter Strafe stellt. ^ In Rom ist Kardinal Frühwirth im Alter von 88 Jahre» gestorben. Der Verstorbene war aus der Steiermark gebür­tig und hat stets lebhaftes Interesse für die deutschen Min­derheiten bekundet. Der amerikanische Senat bewilligt« 160 000 Dollar (rund 600 000 für die amerikanische Ab­ordnung auf der Weltwirtschaftskonferenz.

SlSnriises Inseriere» dringt Vea-inn!