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Venmtivortl. Schriftleitung: Frteärich Hans Scheele Oruck unä Verlag äer 51. velschlöger'schen 6»ch<lruckerei

Nr. 302

Samstag, den 24. Dezember 1932

Jahrgang 105

Die neuen Pläne zur Arbeitsbeschaffung

500 Millionen für Aufträge der öffentlichen Hand Reichskommissar Gereke über

fein Programm

BerUn, 24. Dez. Gestern abend sprach der Neichskom- mtssar sür Arbeitsbeschaffung. Dr. Gereke, im Rundfunk. Er mies einleitend auf das Sinken der Einnahmen der öffentlichen Körperschaften und das Steigen der zwangs­läufigen sozialen Ausgaben hin. Non 1829 bis 1832 habe sich der Gesamtbedars der öffentlichen Haushalte vvn 28,8 Milliarden aus 14,8 Milliarden vermindert. Die Ausgaben für die gesamte Arbertslofenfürsorge sind da­gegen auf mehr als 3 Milliarden Mark im Jahre gestiegen

Es wird jetzt eine der vordringlichsten Aufgaben sein, daß die bisher geplanten und eingeleiteten Arbeiten beschleunigt durchgeführt werden. Das sind zunächst die Arbeiten mit einem Aufwand von 342 Millionen Mark, die in der Haupt­sache für Land- und Wasserstraßen, landwirtschaftliche Melio­rationen und siir einige andere Zwecke dienen. Nebenher laufen die öffentlichen Notstandsarbeiten sowie die Sonder- programmc der Reichsbahn in Höhe von 288 Millionen NM. nnd der NeichSpost in Höhe von 60 Milliou/n RM. Außer­dem wird der Freiwillige Arbeitsdienst, der Anfang Dezem­ber 285 888 Arbeitsdienstwillige beschäftigte, auch in den Win­termonaten im Rahmen des Möglichen weitergeführt werden.

Für vorstädtische Kleinsiedlungen und die Schaf­fung von Kleingärten find in diesem Jahr« 73 Millionen bereitgestellt und damit über 28 888 Tiedlerstellen und über 74 808 Kleingärten geschaffen worden. Weitere 18 Millionen gelangen jetzt zur Verteilung, und das Ziel ist, übersetzte Industriezentren aufzulockern nnd die bevölkerungspolitisch notwendige Umschichtung und HinführungzumLande zu fördern. Auf Grund eines Beschlusses der Neichsregierung sind ferner noch zur Förderung des Eigenheim- baues in den Haushaltsjahren 1L33»34 MiNjn nfy he- reitgestellt worden, aus denen schon jetzt kleine Hypotheken zum Bau von Eigenheimen zngesagt werden können. Bei einem durchschnittlichen Darlehen von 1380 Reichsmark wer­den etwa 13 880 Eigenheime gefördert Durch den Zwang sür den Bauherrn, die übrigen Kosten selbst zu tragen, wird ein Arbeitsesfckt von rund 188 Millionen Reichsmark erzielt. Um für Handwerk und Baugewerbe auch in den Winter- mvnaten weitere ArbeitSmöglichkeiten zu schassen, werden die vom Neichsarbeitsministerium im September eingeleiteten Maßnahmen zur Instandsetzung von Wohngebäuden, Tei­lung von Wohnungen, Umbau gewerblicher Räume zu Wohnungen weitergcfördert. Da über die bisherigen Neichs- zuschüsse in Hohe von 38 Millionen Reichsmark in kurzer Zeit verfügt ist. habe ich sichergestellt, daß zunächst mindestens weitere 68 Millionen bereitgestellt werden. Die Bestimmun­gen werden so gefaßt, daß die Arbeiten sofort einsetzen, wo­bei die Jnnenarbeiten bevorzugt werden.

Nun aber der Kern des von mir seit längerem vor­geschlagenen öffentlichen Arbcitsbeschassungsprogramms. Ich bin seit langem dafür eingetreten, eine möglichst umfassende Arbeitsbeschaffung durch die öffentliche Hand zu erreichen. Es besteht keinerlei Gegensatz zwischen einem öffentlichen Arbeitsbeschafsungsprogramm und den Interessen der Privatwirtschaft,' im Gegenteil, gerade die Privatwirtschaft muß das größte Interesse haben, wie früher von dem größten Auftraggeber, nämlich der öffentlichen Hand, wieder Aufträge zu erhalten. Gerade in Krisenzeiten wie den heutigen, ist es meines Erachtens Pflicht der öffentlichen Hand, der Privatwirtschaft auch durch Arbeitsaufträge neben der notwendigen steuerlichen Entlastung jede nur mögliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Aus diesem Grundsatz baut sich mein Programm sür den Augenblick auf.

Nach dem Sofortprogramm erhalten Träger öffentlicher Arbeiten zunächst bis 368 Millionen Reichsmark Dar­lehen. Die Durchführungsbestimmungen werden in Kürze veröffentlicht. Die Finanzierung dieser Summe ist sicher- gestellt. Die Neichsbank hat die vorgeschlagene Finanzierung gebilligt. Die Sicherheit der Währung ist auch sür mich selbst­verständliche Voraussetzung sür jede Arbeitsbeschaffung. Als Darlehensgeber sind die Gesellschaft sür össentliche Arbeiten und die Nenteubankkreditanstalt vorgesehen. Träger der Arbeit können zunächst nur Reich, Länder, Gemeinden, Ge- meindeverbände und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts, sowie gemischtwirtschaftliche Versorgungsbetrieve sein.

Die Laufzeit der Darlehen soll der voraussichtlichen Lebensdauer der zu erstellenden Anlagen angepaßt werden. Die Darlehen sind von den Darlehensnehmern in gleichen Raten zu tilgen. Bei einer Tilgungszeit von bei­spielsweise 28 Jahren beträgt die Rente jährlich 6 Prozent des Darlehens. Die Hauptkosten des Kapitaldienstes trägt das Reich. Außerdem werden noch zwei Freijahre vorgesehen. Für werbende Anlagen, wie Gas-, Wasser- und Elektrizitäts­werke und dergleichen werden die Kreditbedingungen so ge­staltet, da» die Träger die normalen Zins- und Tilgungs- lakteu auszubringen haben.

Sämtliche Arbeiten müssen volkswirtschaftlich wertvoll und notwendig sein. Sie müssen auch möglichst im Lause des Jahres 1!^3 beendet werden und vor­wiegend der Instandsetzung und Verbesserung vorhandener Anlagen dienen. Es muß sich insbesondere um Arbeiten handeln, die von den Trägern bereits vorgesehen waren, aber aus Mangel an Geldmitteln bisher nicht ausgesührt werden konnten, und auch in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht ausgesührt werden können. Es ist einer der Grund­gedanken meines Plans, durch Ueberwachung der Arbeits­beschaffung Fehlinvestitionen auszuschließen.

Die Vergebung der öffentlichen Arbeiten soll auch grund­sätzlich an Unternehmer erfolgen, wobei die Vergebung der Arbeiten an Generalunternehmer möglichst anszuschalte» ist. Die mittleren und kleineren Betriebe im Handwerk und Gewerbe sind ausreichend zu berücksichtigen, und alle Schwarz­arbeit muß unterbunden werden. Im Rahmen des technisch Vertretbaren soll auch menschliche Arbeitskraft den Vorrang vor der Maschine haben. Anßerdeutsche Baustoffe dürfe« nur verwendet werde«, wenn geeignete inländische Baustoffe nicht beschafft werde« können. Bei Neneiuftellungen dürfe« nur »«ländische Erwerbslose berücksichtigt werden, die durch die Arbeitsämter vermittelt werden. Vornehmlich sollen lang­fristig erwerbslofe Familienernährer, vor allem kinderreiche, berücksichtigt werden. Die bei de« Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer sind z« de« geltende» Tarifsätzen z« entlohnen. Um möglichst viele« Deutschen Arbeit schaffen zu können, soll die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten.

Sehr ernster Prüfung bedarf selbstverständlich die Frage, wie wett insbesondere die Gemeinden bet ihrer fchwie- riaen-Kivpnzlage überhaupt Anleihen aufnehmen und tilgen können. Die Bedingungen für die einzelnen Kredite müssen deshalb so gestaltet werden, bah sie auch den in schwerster Bedrängnis befindlichen Kommunen die Möglichkeit geben, im Interesse der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Kredite auszunehmen.

Tages-Spiegel

Innerhalb des Reichskabinetts ist der alte Gegensatz zwischen Reichswirtschafts- und Reichseruährungsminister anläßlich der Frage der Neuregelung der Fettwirtschast wieder aus­gebrochen und scheint das gesamte Wirtschastsprogramm ins Stocken zu bringen.

Reichskommissar Gereke sprach gestern im Rundfunk über seinen Arbeitsbeschasfnngsplan; 388 Millionen Reichsmark sollen danach für Aufträge der öffentlichen Hand ver­wandt werden.

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Die nächste Sitznng des Aeltestenrats des Reichstages wird frühestens am 29. Dezember stattsinden.

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Reichspräsident von Hindenburg hat gestern Reichskanzler von Schleicher und Ncichskommiffar Dr. Gereke empfangen, um sich über die nächsten Regieruugsmaßnahmen «nterrich- ten zn lassen.

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Ans Frankreich werden ick nächster Zeit 38 888 polnische Arbeiter wieder nach Polen abgeschoben, nm den Arbeits- markt zu erleichtern.

In Teheran finden zur Zeit direkte Verhandlungen Eng­lands mit der persischen Regierung wegen des OelkonsliklS statt. In unterrichteten persischen Kreisen glaubt man, daß die Verhandlungen noch vor dem k. Januar z» einer fried­lichen Regelung führen werden.

7 Millionen Mensche» werden von der Winterhilfe erfaßt Wie von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, sind im vergangenen Jahre 4L Millionen Personen von der Winter­hilfe erfaßt worden, während in diesem Jahre 7 Millionen in Betracht kommen. Die im vergangenen Jahre aufgewanü- ten Mitte! betrugen für die Flei'chverbilligung 17 Millionen NM. und für die Kohlenverbilligung 6,5 Millionen RM. In diesem Jahre sind bekanntlich für Fleischverbilliqung und Kohlenverbilligung insgesamt 35 Millionen RM. ausge­worfen worden.

Gefahren sür das Wirtschastsprogramm

Meinungsverschiedenheiten über die Neuregelung in der Ietttvirijchaft Der alte

Gegensatz im Kabinett wieder vorhanden

TU. Berlin, 24. Dez. DieBürsenzeitung* stellt entgegen irreführenden Meldungen, nach denen der Reichspräsident am Freitag eine Verordnung über den Butter­be i m i s ch u n g s z w a n g bei Margarine unterzeichnet hat, fest, baß mit dem Erlaß dieser Verordnung vor Weihnachten bestimmt nicht mehr gerechnet werden könne. Es sei über­haupt zweifelhaft, ob die Maßnahmen noch in diesem Jahre verwirklicht würden. Das Blatt spricht weiter von Mei­nungsverschiedenheiten -wischen dem Reichswirt- schaftsminister Warmbold und dem Reichsernährungsminister von Braun. Die »Deutsche Zeitung* weist darauf hin, daß der Reichsernährungsminister Freiherr von Braun einen Urlaub angetreten habe, an den angesichts der letzten Vor­gänge in politischen Kreisen naheliegende Vermutungen ge­knüpft würden. Aus dem Neichswirtschaftsministerium wird versichert, daß zwar natürlich über verschiedene Fragen der Landwirtschaftspolitik Meinungsverschiedenheiten mit dem Retchsernährungsmlnisterium bestehen, daß aber von einerakuten Krise* nicht gesprochen werden könne.

Der Schleier über der Agrarpolitik Im Anschluß an die Rundfunkrede des Reichsernährungs­ministers nimmt die Landwirtschaftliche Wochen­schau zu den offenen Fragen der Wirtschafts- und Handels­politik Stellung. Sie bedauert, daß die Rundfunkrede, von der die Landwirtschaft allgemein die Verkündung der ersten neuen Agrarmaßnahmcn erivartet habe, auch nicht einmal die Andeutung einer Klärung gebracht habe. Bet den Be­ratungen der Neichsregierung vom 21. Dezember hätte es sich um die spruchreif gewordenen Ergebnisse der wtrtschafts- politischen Vereinbarungen bei der Kabine ttsbildung lEinigung Warmbold-Braunj handeln müssen. Auch Reichs­kanzler von Schleicher habe in seiner Rundfunkrede zu diesen wichtigsten landwirtschaftlichen Fragen ausdrücklich unter­strichen, daß die Klärungnoch vor Weihnachten* erfolgen würde. Bei dieser Sachlage, so schreibt die Landwirtschaft­liche Wochenschau, werde es besonders in landwirtschaftlichen Kreisen als überraschend empfunden, daß immer noch ein undurchdringlicher Schleier über der Einigung Braun-Warmbold bleibe, obwohl die Tatsache entsprechender grundsätzlicher Beratungen im Kabinett amtlich nicht abgcstritten worden sei Die Land­wirtschaftliche Wochenschau schließt ihre Ausführungen mit

der Befürchtung, »daß ein weiterer rapider Absturz der so­wieso schon verelendeten bäuerlichen Veredelnngswtrtschaft nicht mehr aufzuhalten wäre, wenn ntcht endlich völlig aus­reichende Klarheit über die Bedeutung der Einigung Warm- bold-Vraun geschaffen wird.

Die Gewerkschaften warnen

Der Deutsche G e w e r k s ch a f ts b u n d hat an die Neichsregierung bzw. an die zuständigen Ministerien folgen­des Telegramm gesandt:Der Deutsche Gewerkschastsbunb bittet die Reichsregierung, von Verordnungen abzuschen, die eine Verteuerung der Margarine bedeuten würden. Vor monopolistischen Maßnahmen ist aus zwingenden Gründen, insbesondere auch lohnpolitischcr Art, dringend zu warnen. Vor dem etwaigen Erlaß von Vorschriften müßten die Ver­treter der Arbeitnehmerschaft gehört werben." Der ge­werkschaftliche Pressedienst teiit mit: Der Gewerkfrhaftsring warnt in einem Telegramm an den Reichskanzler noch ein­mal bringend und in letzter Stunde vor dem Butterbet- mischungszwang, der zu einer nicht zu verantwortenden Ver­teuerung gerade der billigen Speisefette führen müsse. Der Gewerkfchaftsring weist darauf hin, daß gerade angesichts der zerstörten Massenkaufkraft die künstliche Preissteigerung von Margarine, die schwache Ernährungsgrunblage weite» Volksschichten in unerträglicher Weise belasten würde.

Erwerbslosenunruhc« in West - Ost

In Wuppertal ist es gestern erneut zu schweren Aus­schreitungen Erwerbsloser gekommen. Die Menge plünderte uub zerstörte Lebensmittelgeschäfte. Auf dem Barmer Neuen Markt wurde ein öffentlicher Weihnachtsbaum mit Petro­leum Lbcrgoffen und verbrannt. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden 4 Personen verletzt.

Erwerbslosenausfchreitungen werden auch aus Hin - en- bnrg und Oppeln in Oberschlesicn berichtet. In Hinden- burg wurde die Einrichtung eines Kaffeehauses zerstört.

Wie das Polizeipräsidium Gladbach-Rheydt mtt- teilt, hat die politische Polizei in den letzten Tagen bei einer Reihe von kommunistischen Funktionären Haussuchungen vorgenommen. Der Organisationsleiter der KPD in Glad­bach-Rheydt, Wateler, und der politische Leiter Lenzen wur­den fcstgcnommen und dem Richter vorgcführt, der gegen beide Haftbefehl wegen dringenden Verdachts der Vor­bereitung zum Hochverrat erließ.