Das Echo der Reichskanzler-Rede

Zu der Rundfunkrede des Reichskanzlers von Schleicher nehmen fast aüe Berliner Blätter ausführlich Stellung. Die T ägl. Rundscha u" schreibt, man habe selten von einem Chef der Regiernng so offene und so hart an die Grenze des Brutalen gehende Worte gehört wie aus dem Munde des Soldaten. Die Wirtschaft, das Parlament, der negative Ra­dikalismus und auch die Jugend hätten manches hören müs­sen, was vorher nicht gesagt worden sei, und, was wichtig sei: nach der spröden und kühlen Art Brünings, nach der schlösse» und überheblichen Art Papens sei endlich wieder einmal die Stimme des Volkes zur Geltung gekommen. Der General habe ausgesprochen, was heute jeder denke. Die Germania" glaubt, daß die KanzlerreLe die Entspan­nung und Beruhigung unserer Politik, die schon der Kanz­lerwechsel cinleitete, weiter fördern werde. DerLokal- anzeiger" spricht die Hoffnung aus, daß bei der Ausfüh­rung der geplanten Maßnahmen die Gesetze der wirtschaft­lichen Vernunft doch wesentlich strenger angewendet werden, als Herrn von Schleichers Worte es könnten befürchten las­sen. DieV o s s i s ch e Z e i t u n g" bezeichnet die Rede als eine Regierungserklärung ohne hart gezeichnetes Profil. DerB ö r s e n k u r i e r" schreibt, es sei bezeichnend, welchen ^ Wert der Reichskanzler nicht nur auf das richtige, sondern ! auch auf das psychologische Vorgehen einer Negierung lege. § DieD c u ts che Z e i t u n g" Hebt hervor, Schleicher habe l sich in der Hauptsache auf die Andeutung einer wirtschasts- politischen Linie beschränkt, deren Durchführung nach wie , vor unklar bleibe.

DieKölnische Volkszeitung" schreibt: Worte und Sprache -es Reichskanzlers hätten durch ihre Einfach­heit und betonte Volkstümlichkeit überrascht. Dennoch sei deutlich zu spüren gewesen - hinter den ruhigen Worten ein Wille sich verbarg, der sich der Macht bewußt se>, die durch die Verbindung von Kanzleramt, Reichsivehrnrinisterium und Neichsvollmacht in Preußen in den Händen des Spre­chers vereinigt sei.

DasStuttgarter Neue Tagblatt" nennt die Rede des Reichskanzlers von Schleicher das verständige Wort eines verantwortungsbewußten Mannes, der die Vernunft unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände walten lasse. Die Ankündigung für die künftige handelspolitische Richtung laute nicht beunruhigend. Als Gewinnpunkt wird das große Siedlungsprogramm bezeichnet, in dem der wehrpolitische Gedanke der Sicherheit des Grenzlandes den Sieg über ein­seitige großagrarische Interessen davongetragen habe.

ImVölkischen Beobachter" wirb die Rundfunk­rede des Reichskanzlers von Schleicher als ein mißglückter Bersuch gekennzeichnet, Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Frage, wie er die bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden gedenke, habe Herr von Schleicher nicht beantwortet. Er habe offensichtlich 14 Tage nach seiner Betrauung noch kein festes Nahziel. Seine Ausführungen seien nur allgemeine und wirtschaftliche Redensarten gewesen. Ein gutes Zureden an die Geduld eines verelendeten Volkes und ein rasches Hin­weggleiten über alle Schwierigkeiten, deren endliche Ueber- winbung die Zukunft -es Reiches verlange. Kein Regie­rungsprogramm. nirgends eine klare Entscheidung, nirgends eine entschiedene, offene Stellungnahme: überall nur das vor­sichtige taktische Lavieren eines politischen Generals. Herr von Schleicher habe das Volk restlos enttäuscht.

Vertagte Krise"

ImAngriff" schreibt Dr. Goebbels unter der UeberschristVertagte Krise" u. a.: von Weihnachten ab wird der Kampf in ganz breiter Front wieder ausgenommen werden müssen. Die Krise wird offen ausbrechen. Wenn eine Negierung national regieren will, dann geht das nicht ohne oder gegen jene 13 Millionenbewegung, die sich in dem deutschen Nationalsozialismus verkörpert. Eine Bewegung aber wie die unsere kann und darf nicht eingesetzt werden, indem man sie zwar im Uebersluß mit der Verantwortung

belastet, ihr dafür aber nur ein Minimum an Macht über­gibt» sondern dieser Prozeß muß Zug um Zug vor sich gehen und für jedes Stück Verantwortung mutz ein entsprechendes St"'ck Macht dargereicht werden.

v. >et»er rnunslnnrrese

Zusammenlrilt des Reichsrals

Dr. Bracht stellt sich vor

-- Berlin» 18. Dez. Die gestern abend stattgefundene Vollsitzung des Neichsrates wurde zum erstenmal von dem neuen Reichsinnenminister Dr. Bracht geleitet, der sich dem Neichsrat mit einer Ansprache vorstellte. Dr. Bracht be- zeichncte es dabei als seine Pflicht, in der Pflege der guten Beziehungen der Netchsregierung zu den Ländern fortzu­fahren und für eine rechtzeitige und möglichst ausführliche Unterrichtung der Länderregierungen Sorge zu tragen.

Ministerialdirektor Dr. Brecht widmete dem scheidenden Reichsratsvorsitzenden. Neichsinnenminister a. D. Freiherr» von Gayl, Worte des Abschieds. In seinen Begrüßungs- worten für den neuen Vorsitzenden gab Dr. Brecht der Hoff­nung Ausdruck, daß es dem jetzigen Reichsinnenmintster ge­lingen möge, die Regierungsmethode immer stärker auf nor­male Bahnen hinüberzuleiten.

Der Neichsrat trat dann in die Tagesordnung ein und beschloß, gegen die vom Reichstag beschlossenen Gesetzent­würfe über die Stellvertretung des Retchsprä- stdenten und die Aufhebung der mit der Notverordnung vom 4. Sept. der Neichsregierung erteilten sozialpolitischen Ermächtigung keinen Einspruch zu erheben. In der nächsten Sitzung des NcichSrates am Dienstag kommender Woche wird aller Voraussicht nach die A m n e st i e v o rl a g e des Reichstags beraten werden können.

Beschleunigte Durchführung der Notstands- ardeilen

bei der Reichsmasserstraßeuverwaltnng.

TU. Berlin» 16. Dez. Amtlich wird mitgeteilt: Um die Auswirkung des bisherige» Arbeitsbeschafsungsprogramms der Neichsregierung aus dem Arbeitsmarkt aus das höchste erreichbare Maß zu steigern, hat der Relchsverkehrsminister die Nachgeordneten Stellen der Reichswasserstraßenverwal- tung angewiesen, die beschleunigte Durchführung der Not- standsarbeiten mit äußer sie m Nachdruck zu betrei­ben. Vor allem soll geprüft werden, wie weit sich die An­

zahl der gegenwärtig auf den Baustellen der Reichs,vaster» straßenverwaltung beschäftigten Erwerbslosen noch erhöhen läßt. Sollten zur Erreichung dieses Zieles besondere Maß- nahmen, die die Gcsamtkostcn deö Unternehmens nicht be­einflussen, erforderlich werden, so sind diese unverzüglich zu treffen. In der Vorbereitung begriffene Maßnahmen sind schncllstens in Angriff zu nehmen und zu fördern.

Auch während der ungünstige» Witterung in den nächsten Monaten sind die Arbeiten, wenn irgend möglich, weiter- zu führen. Der Reichövcrkehrsministcr macht es allen Dienststellen zur Pflicht, bei der Prüfung von Anträgen der Unternehmer ans Stillegung von Arbeiten im Winter d e n strengsten Mast stab anzulcgcn und Unterbrechungen nur dann für möglichst beschränkte Zeit zuzulassen, wenn be­sondere Umstande (Eisgang, Hochwasser usw.j es unabweis­bar notwendig machen.

Pariser BerdrehMMN

Offiziöse Entstellung der Genfer E-nigungsformel.

TU. Paris» 16. Dez. Die Pariser Blätter veröffentlichen eine Antwort halbamtlichen Charakters auf die Auslegung, die man in zuständigen deutschen Kreisen dem Genfer Fün- f ferabkommen gibt. In dieser Antwort wird einleitend bc- 1 tont, daß die von der deutschen Presse veröffentlichtefalb- anttliche Note" in ihrer Gesamtheit tendenziös sei. Der französische Kommentar stellt im wesentlichen die Sache so hin, als sei die Gleichberechtigung nicht Voraussetzung, son­dern Endziel der künftigen Abrüstungsvcrhandlungcn.

Der halbamtliche französische Kommentar wird in Berlin als völlig unhaltbar bezeichnet. Man ist hier der Auffassung, daß die französischen Ausführungen sich als Ver­such charakterisieren, die Genfer Abmachungen als überein­stimmend mit der alten französischen These in der Ab- rüstungssrage hinzustellen. Auf solche Verdrehungen einzu- gehen sei nicht nötig, da der Wortlaut der Vereinbarung >ür sich selbst spreche, zumal wenn man ihn mit der bekannte» französischen Note vom 11. September vergleiche, die an der deutschen Gleichberechtigungsforberung noch vollständig vor­beiging. _

Kleine politische Nachrichten

Vor der Grüirdnng eines Jndnstriefinanzicrnngsinstt« tutes. In Berlin haben die abschließenden Besprechungen des Bankenkuratoriums mit Sachverständigen aus dem Kreise der Banken und Bankiers über die Gesellschaften Deutsches Finanzierungs-Institut A.G. und Tilgungskasie für gewerbliche Kredite" stattgcfundcn. Besprechungen mit Vertretern der Industrie werden sich anschließen. Es ist in Aussicht genommen worden, ein Gründungskonsortium un­ter Beteiligung der maßgebenden deutschen Bankwelt tnS Leben zu rufen.

Vermittlungsvorschlag an China und Japan. Der ISer- Ausschuß der außerordentlichen Völkerbundsverfammlung für den japanisch-chinesischen Streitfall hat einen Vermttt- lungsvorschlag angenommen. Der Vorschlag geht der Frage der Anerkennung des neuen mandschurischen Staates aus bem Wege und fleht tm wesentlichen ein Vergleichsverfahren zwischen Japan und China und die Aufnahme direkter Ver­handlungen zwischen den beiden Negierungen zur Beilegung des Streitfalles vor. Infolge des heftigen japanischen Wi­derstandes ist der Gedanke der Hinzuziehung der amerikani­schen und der sowjetrussischen Negierung zu den Vergleichs­verhandlungen fallen gelassen worden.

Amerikanische Gegenmaßnahmen gegen die Zahlnngsver» Weigerungen. Die Zahlungsverweigerung verschiedene»» Schulönerstaaten hat in Washington starke Missstimmung hervorgerufen. Der demokratische Senator MeKellar von Tenessee kündigt eine Vorlage an, die für Geschäftsleute und Touristen, die nach Frankreich reisen wollen, ölllio Dol­lar Ausreisevisum-Kosten vorsieht. Der republikanische Senator Johnson von Kalifornien wird eine Vorlage ein- . bringen, die den Handel mit Wertpapieren der Schuldner­regierungen verbietet, die sich zahlungsunfähig erklärt haben.

Zairob Osggirruiei

liomLn »ur den dsxsriselien Sergen von l>sn, krnet

Urtzobaesatzutr: btoeolct-Vottag, blomdueg (Sastt 14 (Nachdruck verboten)

Es war» als hätte all die Schönheit und der Waldzauber auch von den beiden Besitz ergriffen. Tief und lange sahen sie sich in die Augen. Dann schmiegte sich Broni an ihn wie ein zitterndes Bögelein klammerte sie sich an seinen Hals und bettelte:

»»Erfüll' mir eine Bitt'.'

Alles» Broni, wenn's irgend möglich ist."

Gib's Wildern auf."

Hastig rückte Iackl von Broni weg und schüttelte den Kopf

Du weißt, Broni, daß ich nix mehr versprech, wenn ich g'wiß weiß, daß ich's doch net halten kann."

Mir zu lieb", bettelte sie wieder.

Wieder schüttelte er den Kopf.

Ich kann net, Broni, ich kann net! Schau, Kind, du hast kein' Begriff von der Leidenschaft. Dös is grad wie a Krank­heit, wer die amai hat, bringt's nimmer los. Ost Hab ich mir schon den Vorsatz g'macht, ich will's bleib'n lassen. Wie ost Hab ich mir schon selber eing'red', daß 's koa guats End' nimmt. Wenn ich aber dann nachts im Bett g'leg'n bin und der Mond so schön reing'leucht hat durchs Fenster, dann hat 's mich nimmer gehalten dohoam. Dös liegt im Bluat, da kannst nimmer helf'n. Stad, ganz stad bin ich naus hint beim Stadltor und bin naus in Üen Wald. Dahingrennt bin ich, grad als ob der Leibhaftige hinter mir war, den Stutz'» in der Faust, allweil höher und höher »auf. Und wenn dann so a Stück! im Feuer zusammenbrach, ha, was dös für a Gefühl is net zum sag'n. Alles um mich her is da vergessen, Haus, Hof und alles, was mir sonst nahsteht. Neamd, gar neamd kann mir da helfen. Kannst du dös begreifen, Broni?"

Ein tiefer Atemzug hob seine breite Brust. Seine glühenden Kuaen sahen über Broni binwea. laben weit nauf zu den

»nrncn, Me so mafeflätifch durch die Baumiücken hindurch­schimmerten. Da fuhr ein leiser Windstoß durch den Wald. Nur ein kurzes dumpfes Rauschen dann wieder feierlicher Frühlingssrieden ringsumher.

Iackl war so tief in sich versunken, daß er auf Broni ganz vergaß. Erst als ihm eine weiche Hand über die Stirn strich und eine weiche Stimme an sein Ohr schlug:Muht net trau­rig sein, Iackl", da zog er sie an sich und sah ihr tief in die Augen.

Wirst mich auch net verraten?"

Sie schüttelte nur stumm den Kopf und schmiegte sich fest an ihn, als ob sie Halt oder Schutz suchen wollte vor einem ungewissen Etwas.

Wie werd' ich denn dich verraten, du Dummerle, ich Hab dich doch so arg lieb, und Nachtrag'« tna ich dir auch nix, denn ich hätt's ja selber kcnna müssen, daß wir net zammkomma könna. Der Unterschied ist ja zu groß. Du a reicher Bauern­sohn und ich a arm's Häuslkind. Ich bin >a schon zufrieden, daß ich dich solang Hab gern hab'n dürf'n. Mit der Zeit werd' ich mich auch an den Andern gewöhnen. Aber dös mußt mir versvrecben, daß du net zuerst schießt, wenn er dich amal er­wischen soll. Gelt, Iackl, den letzten Wunsch erfüllst mir schon noch."

Da hast mei Hand, mei Wort." Mehr konnte er nicht Her­vorbringen, so war er erschüttert von ihrer Ruhe und Hcr- zensgüte. Sie hielten sich umschlungen. Beide wußten, daß es zum letztenmal geschah.

Da klangen hell und voll die Mittagsglocken über den Wald herauf. Die Zeit war so rasch vergangen und keines wußte wie. Ganz traumverloren lauschte Iackl den ehernen Tönen.

Da fühlte er Plötzlich zwei rosige weiche Lippen auf seinem Mund.Zum letztenmal" hauchte sie. Und ehe er noch den Kuß erwidern konnte, hatte sie sich seinen Armen entwunden und eilte dem offenen Almfeld zu.

Leb wohl", tönte es zu ihm herab» ein kurzes Winken noch mit der Hand und sie war seinen Blicken entschwunden.

Regungslos blieb Iackl auf dem Platz stehen, dann streckte er die Arme aus, als wollte er das halten, was ihm soeben entronnen war.

Immer noch tönten die Glocken herauf. Wie »itze Letzn- siichtStrnnme rauschten die Akkorde in der stillen Mittagsalut zu den Höhen heraus, pflanzten sich immer höber und höb->r hinan, schwammen hinein in die Fellen und Schluchten. Es war, als wenn zwei liebende SeeKn miteinander redeten, die eine in voMingender, krästiaer Altstimme, di? andere in sebn- snchtzitterndein Sopran. Und als sie endlich schwiegen, kehrt» sich auch Iackl um und trat den Heimweg an.

5. Kapitel.

Drei Tage sväter fielen am Nieglerjoch die ersten Bäume. In den sonst so stillen Bergwald war ein reges Leben ge­

kommen.

Ein Dutzend kräftige Holzknechte arbeiteten vom ersten Morgengrauen bis zur Dämmerung. Wie da die Aexte klirr­ten, begleitet von dem keuchendenHeß" der Kneckte, bis ein Aechzcn und Stöhnen die Luit erzittern machte. Ein Saufen, ein Rauschen in der Luft und mit einem Krach schlug der ge­fällte Baum aus dle anderen schon am Boden liegenden am.

Schnell backten dann ein paar Knechte die Aeste weg, wieder idere schütten gleich mittelsScbeppser die Rinde ab und ' Minuten spiegelte der Baum, der noch vor kurzem

stolz da stand, mattlchimmernd in der Sonne.

Es lag schon eine große Menge Stämme kreuz und quer ineinander, als nach einigen ?agen drei Männer den Holz- flag betraten.

Es waren Iackl, Buchberger und ein Vertreter der Holzfir- a, die nachdem Iackl dl? beiden Partieführer herbeigeholt ttte, sich sogleich an das Messen der Stämme machten.

Während der Fremde mit einem Schiebemaß jeden einzel- en Stamm kn der Mitte zu Maß nahm, schrieb Iackl in ein ptizbuch die Messungszahlen rin. .

Ebenso machten es auch die beiden Partieführer Denn nach em Ergebnis der Kubikzahlen wurde ihnen der Akkord aus- -zahlt.'Buchberger aber brachte mit einem Schlaghammer

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