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Nr. 296
Amis- unä Knzeigeblait für äen Oberamtsbezirk ralw
Samstag, den 17. Dezember 1932
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Ind«r8tadt35Soldpsennigr wöchentlich mit llrägerlohn Post-Bezugspreis 35 Soldpfennig« ohne Bestellgeld
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verantwort!. Lchristleitung: Friedrich tzans Scheel« vruck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdrudreret
Jahrgang 105
Aus der Arbeit des Neichskabinells
Heute Kabinettsitzung über Winterhilfe und Antiterrorverordnung — Notverordnung
über Arbeitsbeschaffung und Siedlung
TU. Berlin, 17. Dez. Das Reichskabinctt wird heute vormittag zu einer Sitzung zusammentreten. Im Vordergrund der Beratungen steht die Ausführung der Winterhilfe, die Gegenstand eingehender Beratungen der zuständigen Ressorts geivesen ist. Weiter dürften, wie die „DAZ." erfährt, handelspolitische Fragen erledigt werden. Vielleicht kommen hierbei auch die Pläne des Reichsernähruugs- ministcriums auf „fettpolitischcm" Gebiet zur Sprache. Schliesslich sollen die Notverordnungen der nächsten Woche verabschiedet werden, deren Inhalt in erster Linie die Aufhebung der Pressezwangsbestimmungen und der Sondergerichte bildet. Hinzu trete die Verlängerung des Nepu- blikschutzgcsetzes.
Gestern vormittag fand im Neichswirtschaftsministerium eine Aussprache zwischen Warmbold und den Vertretern aller Gewerkschaften statt, bei der eine Reihe aktueller Fragen aus allen Gebieten der Wirtschaftspolitik eingehend erörtert wurden Weitere Besprechungen mit den Verbänden der Unternehmer finden in den nächsten Tagen statt. Verordnung über Arbeitsbeschaffung und ländliche Ste-lnng.
Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine auf Grund von Artikel 48 erlassene Verordnung des Reichspräsidenien über Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsbeschaffung und der ländlichen Siedlung. Danach wirb zu einheitlicher und beschleunigter Förderung allcr Massnahmen aus dem Gebiete der Arbeitsbeschaffung einRci ch s- kommissar für Arbeitsbeschaffung bestellt. Der Reichskommissar wird vom Reichspräsidenten auf Vorschlag des Reichskanzlers ernannt.
Der Reichskommissar hat seine Aufgaben im Benehmen Mil äen zuständigen Reichs»,inisteriett wahrznnehmen. Der Reichskanzler setzt beim Reichskommissar einen Ausschuß aus Mitgliedern berRetchsregierung ein. Der Ausschuß ist zuständig zur Beschlußfassung über 1. die Richtlinien zur Durchführung der Arbeitsbeschaffung, 2. die Zulassung von Arbeiten, die entweder von den Richtlinien erheblich abweichen oder besonders wichtig sind. Zur beratenden Mitwirkung an den Aufgaben des RcichSkommissars kann ein Beirat gebildet werden. Der Reichskommissar kann seine Befugnisse Neichsbchörden und Dienststellen der Neichsanstalt für Arbeitsvermittlung »nd Arbeitslosenversicherung sowie im Benehmen mit der Landesregierung Landesund Gemeindebehörden übertragen. Die Reichs-, Landes- und Gemeindebehörden sowie andere Körperschaften des öffentlichen Rechts haben ihm jede zur Wahrnehmung seiner Aufgaben dienliche Berwaltungshilfe unentgeltlich z» leihen.
Nm die Vereinheitlichung der Aufgaben der ländlichen Siedlung sicherzustellen, setzt der Reichskanzler bei dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft einen Ausschuß aus Mitgliedern der Neichsregie- rnng ein. dessen Beschlußfassung der Neichsminister für Ernährung und Landwirtschaft bei grundsätzlichen Entscheidungen. insbesondere über die Aufstellung von Richtlinien und über deren Durchführung einz-uholcn hat. Der Reichskanzler kan» den Vorsitz des Ausschusses selbst übernehmen. Seine Vertretung steht dem Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung zu.
Der Kurs des neuen Neichskabinetts
Die Grundsätze Papens bleiben
Anläßlich des traditionellen Jahresesscns des Berliner Hcrrenklubs hielt gestern abend der frühere Reichskanzler von Pape» eine Ansprache, in welcher er u. a. Stellung zu dem Lin» und dem Ziel des Programms der bisher von ihm geführten Regierung nahm. Er erläuterte die Notwendigkeit einer „grundsätzlich neuen Staatsführung", über die er zu Beginn seiner Negierung gesprochen habe. Der Weimarer Gesetzgeber habe die uralte Erfahrung vernachlässigt, daß Regierungsgewalt und Kontrolle der Volksvertretung zwei völlig getrennte Dinge sein müssen. Gewiß sei cS richtig, daß die wirtschaftlichen Fragen, die Schaffung von Arbeit und Brot, das Primäre >eicn. aber der Umbau unserer Wirtschaft und die Gesundung unserer sozialen Verhältnisse hätten zur Voraussetzung ein gesundes konstitutionelles Le - b e n. Das Kernstück der Berfassungsreform sei eine Neuordnung der Willensbildung zwischen Reich und Ländern und die Ausschaltung des Dualismus Reich-Preußen.
Das Programm der verflossenen Reichsregierung habe ein einheitliches Ganzes gebildet. Die Voraussetzung für die Erfüllung aller Ausgaben sei die Stabilisierung des eigenen sozialen und wirtschaftlichen Gleichgewichts. Erst ein innerlich ins Gleichgewicht gebrachtes Deutschland werde auch die internationale Gleich-
Dic Reichsregierung kann zur Durchführung der Arbeits- bescl>affung und der ländlichen Siedlung Rechtsvcrordnnngen und allgemeine VcrrvaltungSbcstimmungcu erlassen. Sie kann dabei von den bestehenden reich?- und laudesrechtlichen Vorschriften abweichen.
8VÜ9V0 Morgen Sicdlungsland in ganz Deutschland Amtlich wird mitgcteilt: „In der Neichskanzlerrcdc ist folgender redaktioneller Fehler zu berichtigen. In der Provinz Ostpreußen werden der Siedlung 80 000 Morgen fnicht etwa 800 000 Morgens zugeführt".
Wie von zuständiger Stelle in Ergänzung der Ausführungen des Kanzlers über die Siedlung mitgeteilt wird, wird außer in den vom Kanzler genannten Siedlungsgebieten Ostpreußen, Grenzmark, Posen, Westpreußen, Pommern und den beiden Mecklenburg auch in anderen Gebieten Deutschlands, insbesondere in den beiden Schlesien, gesiedelt werden. Für die beiden Schlesien kommen etwa 200 000 Morgen in Frage, so daß das insgesamt zu besiedelnde Gebiet in Deutschland auf etwa 800 000 Morgen geschätzt wird.
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v. Neurath vor den. Auswärtigen Ausschuß Im Reichstage trat am Freitag vormittag der Auswärtige Ausschuß zu seiner ersten Sitzung zusammen, um einen Bericht des Neichsaußenmlnisters über die außenpolitische Lage, insbesondere über die Abrüstungsverhandlungen und über Lausanne entgegenzunehmen. Der Neichs- aubenminister ergriff sofort nach Eröffnung der Sitzung bas Wort und berichtete zunächst ausführlich über die Verhandlungen und das Abkommen von Lausanne. Im zweiten Teil seines Vortrages beschäftigte sich Außenminister von Neurath ausführlich mit den Genfer Abrüstungsverhandlungen. Neichssinanzminister Graf Schwerin von Krosigk machte im Anschluß daran einige ergänzende Bemerkungen über das Abkommen von Lausanne. Zur Besprechung weiterer außenpolitischer Fragen, insbesondere Osts ragen und handelspolitische Fragen, wurde eine weitere Sitzung in Aussicht genommen, deren Einberufung dem Vorsitzenden, Abgeordneten Dr. Frick lNS-1, überlassen wurde. Wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, dürste diese neue Sitzung nicht mehr vor Weihnachten zustande kommen.
Aelteftcnrat des Reichstags am Montag Reichstagspräsident Göring hat den Aeltestenrat für Montag nachmittag einberufen. Es soll in dieser Sitzung der kommunistische Antrag auf Zusammentritt des Reichstags noch vor Weihnachten beraten werden. Die Kommunisten hatten bekanntlich bereits für Montag kommender Woche eine Reichstagssitzung verlangt.
Trotz der Erklärung des Neichsfinanzministers, daß es voraussichtlich nicht möglich sein werde, am 10. Januar sich von Ncgierungsseite aus an der finanzpolitischen Aussprache im Haushaltsausschub zu beteiligen, hat der Aus- schußvorsihendc Abg. Torgler (Komm.) den Ausschuß aus den 10. Januar cinberusen. Es soll dünn eine finanzpolitische Aussprache stattfinden, und auch über die Anträge auf Aufhebung der Notverordnung vom 4. Dezember beraten werden.
bcrcchtigung erkämpfen und die verloren gegangene Souveränität zurückbringen können. Sein Freund und Nachfolger im Kanzleramt habe ein klares und sachliches Programm entworfen. Die Klugheit des Kanzlers, wie die Sachkenntnis und Energie seiner Mitarbeiter verdienten volles Vertrauen für den Weg, den sie ausgezcigt hätten. Das politische Leben erfordere gewiß wechselnde Methoden, aber es fordere auch bleibende Grundsätze. Er sei sicher, daß über aller Taktik, die die Stunde verlangen möge, auch die neue Neichs- regierung die grundsätzlichen Ziele unverändert im Auge behalten werde.
Frankreich rückt von der Fünsmächle- vereinbarung ab
TU. Genf, 17. Dez. In hiesigen internationalen Kreisen erregt eine Denkschrift der französischen Abrüstungsabordnung großes Aufsehen, in dergegendieamtlichedeut- i ch e Auslegung derFünf Mächtevereinbarung vom 12. Dezember Stellung genommen wird. Diese Denkschrift, die einzelnen Genfer Stellen vertraulich übermittelt worden ist, deckt sich inhaltlich fast vollständig mit der von der halbamtlichen Havas-Agentur veröffentlichten Stellungnahme.
Die Denkschrift sucht im wesentlichen die Fünfmächte- Bercinbarung in allen Punkten zu entwerten und betont, daß selbstverständlich im Fall« eines Schciterns der Ab-
Tages-Tpiegei
Die Reichsregierung hat die angekündigte Notverordnung über Arbeitsbeschaffung nnd Siedlung erlasse». Heute wird sich das Kabinett mit der Winterhilfe und der Milderung der Antiterrorverordnung beschäftige«.
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Der Aeltestenrat wird am Montag über die von de« Kom» munisteu beantragte sofortige Einbernsung des Reichstags entscheiden. Man rechnet mit Ablehnung.
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In Reden vor der preuß. Landtagssraktion der NSDAP, übten Hitler nnd Kube scharfe Kritik au der Person des neuen Reichskanzlers.
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Frankreich rückt in einer Denkschrift seiner Abrüstuugs» abordnung von der Genfer Fünfmächtevereinbarung ad «nd ist bemüht, die Glcichberechtignngsformel zu entwerten.
Nach dem Scheitern Ehautemps ist Paul-Bonconr mit der Neubildung der französische« Regierung beauftragt wor» de».
Der Finanzausschuß des Württ. Landtags beriet gestern über Anträge «nd Eingabe«, die sich mit der Erwerbs» losenhilfe (Selbsthilfe, Winterhilfe» Unterstütz»,»gshöhe, Naturalleistungen usw.s befassen.
rüstungsverhandlungen der Versailler Vertrag weiter unbeschränkt in Kraft bleibe, daß ferner die Gleichberechtigungsfrage Deutschlands in unlösbaren Zusammenhang mit der Regelung der Sicherheitsfrage gebracht sei und die Gleichberechtigung, wie auch die Sicherheit keineswegs Ausgangspunkt, sondern lediglich eines der Ziele der Abrüstungskonferenz sei. Die deutsche Negierung habe ihre Forderung auf Anerkennung der qualitativen Gleichberechtigung und der gleichen Geltungsdauer des kommenden Abrüstungsabkommens nicht durchgesetzt. Teil 5 des Versailler Vertrages werde nur bann abgcändert werden, wenn das künftige Abrüstungsabkommen von sämtlichen Signatarstaalen des Versailler Vertrages unterzeichnet und auch ratifiziert morden sei.
Auf französischen Druck wird die große HavaS-Notc von der gesamten Genfer Presse in größter Aufmachung gebracht. Dieses planmäßige französische Vorgehen wird in allen unterrichteten Kreisen als ein offenes Abrücken der französischen Regierung non der Fünfmächtevereinbarung bewertet. Der Protest der kleineren Mächte im Hauptausschuß der Konferenz kann da',er nur als der erste Auftakt zu einem planmäßigen französischen Vorgehen zur Entwertung der gesamten Fünsmächtevcrein- barung anfgesaßt werden.
Neue Eisenbotinunfälle
Eisenbahnunglück im Würzburger Hauptbahnhos Der l)-Zug NS Breslau—Saarbrücken fuhr am Freitag vormittag um 8.40 Uhr vor dem Einsahrtsignal im Würzburger Hauptbahnhof von hinten auf den Güterzug 700l auf. Dabei entgleisten 10 Wagen des Güterzuges. Es haben sich insgesamt 21 Leichtverletzte gemeldet. Unter den 21 Leichtverletzten befinden sich 19 Reisende und 2 Schaffner. Die Verletzungen sind sämtlich leichter Natur. Keiner der Reisenden hat in ein Krankenhaus überführt werden müssen.
Schweres Eisenbahnunglück in Frankreich In den Abendstunden des Freitag hat sich bei Eaudy in der Nähe von Pcrpignan ein schweres Eisenbahnunglück ereignet. Infolge von Ueberschwemmungen mußte der von Paris kommende Eilzug auf ein Nebengleis umgeleitet werden. das sich als nicht haltbar genug für den Eilzug erwies. Der Zug entgleiste, wobei ein Wagen vollkommen zertrümmert wurde. Nach den bisher vorliegenden Meldungen kamen dabei 7 Personen ums Leben, darunter der Hetzer, der Lokomotivführer und ein weiterer Eisenbahnbeamter. Von den vier getöteten Reisenden sollen drei deutsche Staatsangehörige sein, und zwar ein Ehepaar namens Gerber nnd ein Frl. Charlotte Bremer. 30 Personen erlitten zum Teil 'chwere Verletzungen.
Großfeuer in Tokio
Nach Meldungen aus Tokio wird befürchtet, daß bei einem Großfeuer in einem 8stöckigen Warenhaus im Zentrum Tokios 500 Personen ums Leben gekommen sind. Die fünf obersten Stockwerke des Warenhauses wurden durch den Brand vollkommen vernichtet. Das Feuer brach während der belebtesten Geschäftszeit aus. Zur Zeit des Brandes waren in den verschiedenen Stockwerken des Warenhauses insgesamt 1300 Angestellte und mehrere hundert Käufer. Bisher sind erst 14 Tote festgestellt worden, während 110 Personen, die teils Brandwunden, teils sonstige Verletzungen erlitten, ins Krankenhaus befördert wurden.