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Nr. 295

iimts- unä Knzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk (alw

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Freitag, den 16. Dezember 1932

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Zernsprecher Nr. S

verantwort!. Schriftleitung: Zrieärich Hans Scheel« vrurk unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Luchckruckerei

Jahrgang 105

Reichskanzler v. Schleicher über sein Arbeitsprogramm

Das Hauptziel des neuen Kabinetts: Arbeit schaffen! Fortführung der bisherigen Wirtschaftspolitik Großzügige Siedlung im Osten Hilfe für die Landwirtschaft Gerechte soziale Maßnahmen Ertüchtigung der Lugend Für gleiches Recht

in der Rüstungsfrage

Berlin, 16. Dez. Reichskanzler von Schleicher sprach gestern abend im Rundfunk. Seine Rede wurde von allen deutschen Sendern übernommen. Ter Reichskanzler begann damit, dag er die Bemerkungen des Generals und Alterspräsidenten Litzmann im Reichstag über den Reichs­präsidenten aufs schärfste zurückwies. Der Reichskanzler iuhr fort: Er habe gegen die Annahme -es Kanzleramts die allerschwcrsten Bedenken gehabt. Einmal weil er nicht Nach­folger seines Freundes Papen sein wollte, vor allem aber, weil der Wehrminister als Reichskanzlernach Militärdik­tatur rieche" und die Wehrmacht zu stark in die Politik ge­zogen werden könnte. Nur die Ucberlegung, daß eine solche Maßnahme den Ernst der Situation kennzeichnen und auf gewisse Unruhestifter so abkühlend wirken würde, daß da­durch der tatsächliche Einsatz der Wehrmacht verhindert wer­den kann, hat mich zur Zurückstellung meiner Bedenken ver­anlaßt. Ich möchte deshalb auch an alle Volksgenossen die Bitte richten, in mir nicht nur den Soldaten, son­dern den überparteilichen Sach io alter der Interessen aller Bevölkerungsschichten für eine hoffentlich nur kurze Notzeit zu sehen, der nicht gekommen ist, das Schwert zu bringen, sondern den ^ Frieden. Es stützt sich schlecht aus der Spitze der Bajonette, das heißt, man kann aus die Dauer nicht ohne eine breite Volksstimmung hinter sich regieren. Ich gebe mich über die Schwere meiner Ausgabe keiner Illusion hin. Zunächst werde ich schon zufrieden sein, wenn die Volksvertretung, der ich für diese Zeit gern eine starke Dosis gesunden Mißtrauens »ubjLme. der ReLterung ohne Hineinreden und die hinläng­lich bekannten parlamentarischen Methoden Gelegenheit gibt, ihr Programm burchzusühren. Dieses Programm besteht nur aus einem einzigen Punkt:

Arbeit schassen!

Alle Maßnahmen, die die Reichsregierung in den nächsten Monaten durchführen wird, werden mehr oder weniger die­sem einen Ziel dienen. Ich habe mich davon überzeugen kön­nen, daß den Deutschen aller Stände der eine Gedanke be­herrscht: Gebt uns Arbeit und bannt die Hoffnung zum wirt­schaftlichen Wiederaufstieg! Alles andere interessiert uns nicht, am wenigsten Verfassungsänderungen und sonstige schöne Dinge, von denen wir nicht satt werden. In allen Be- vülkerungsschichten kämpft man heute mit demselben Mut und mit derselben verbissenen Zähigkeit wie im Kriege gegen die schweren wirtschaftlichen Nöte unserer Zeit. DaS ist höch­ster Bewunderung wert und deshalb muß es oberstes Gesetz jeder Staatsführung sein, diesen Kamps zu unterstützen und einer VerzweiflungS- und Katastrophenstimmung vorzubeu­gen. Das ist aber nur zu erreichen, wenn man neben den wirtschaftlichen auch psychologische Gesichtspunkte zur Gel­tung kommen läßt.

In diesem Zusammenhang erwähnte von Schleicher die Ernennung des Reichskommissars für Arbeits­beschaffung. Seine Aufgabe wird es sein, jeder Arbeits­möglichkeit nachzuspüren, ein großzügiges Arbeitsbeschas- sungsprogramm aufzustellen und seine Durchführung zu überivachcn. Das Programm muß In erster Linie aus die Instandsetzung der vorl-andencn Produktionsgüter und aus ihre Verbesserung abgcstcllt werden und die Vergebung der Arbeiten an Unternehmer ist der Ausführung in eigener Re­gie vorzuziehen. Außerdem wird sichergestellt werden, daß die bereitgestellten Geldmittel ausschließlich für die Finan­zierung dieser Arbeiten verwendet werden.

Entscheidend wichtig war es, daß eine Lösung gefunden wurde, die jede Inflation ausschließt. Dafür bietet die Mit­arbeit des Neichsbankpräsidenten Luther, den man wohl als denGralshiiter der Währung" bezeichnen darf, die sicherste Garantie. In kurzen Sätzen kann man die Finanzlage wie folgt charakterisieren:

1. A ir werde» im laufenden Haushaltsjahr ohne neue Steuern und ohne weitere Kürzungen der Pcrsonalauögaben dnrchkommc».

2. Das Reich hilft Ländern und Gemeinden, deren finan- z?..e Verhältnisse zum Teil sehr schwierig liegen, dnrch orga­nisatorische und finanzielle Maßnahmen.

Die Siedlung

Mit der Frage der Arbeitsbeschaffung hängt die Sied­lung eng zusammen. Ueber die Notwendigkeit zu siedeln, und zwar so schnell und soviel wie möglich, sind wir uns alle einig. Gerade auch als Wehrminister muß ich aus Be- siedlung unserer Ostmark den größten Wert legen. Um in der Siedlungsfrage zukünftig schneller vorwärts zu komme«, ist mnerhalb des Reichskabinetts dem Neichskanz-

ler und in seiner Vertretung dem Reichskommissar für die Arbeitsbeschaffung ein besonderer Einfluß auf das Sied­lungswesen eingeräumt.

Für das Jahr 1S33 sind zunächst 50 Millionen 32^! für die Siedlungen im Haushaltplan bereitgcstellt worden, und weitere 50 Millionen werden unter Mitwirkung der Neichs- bank vorfinanziert. In den Landbezirkcn Ostpreußen, Grenz­mark, Pommern und Mecklenburg wird der Siedlung fol­gendes Land zugeführt werden: In Ostpreußen etwa 800 000 Morgen, in der Grenzmark etwa 500 000 Morgen, in Pom­mern etwa 280 000 Morgen, in beiden Mecklenburg etwa 120 000 Morgen. Es ist damit zu rechnen, daß sich diese Zah­len in der weiteren Entwicklung des Osthilseverfahrens, die auss äußerste beschleunigt werden wird, noch sehr erheblich erhöhen werben.

Der Kanzler wies dabei auf die Gefahren hin, die jeder Siedlung durch den Tief st and der Preise der Ver­edelungsprodukte drohten und betonte, daß die Reichsregierung bereits durch den Nentensenkungserlaß ge­holfen habe und durch weitere Maßnahmen die Notlage der Siedler zu lindern versuchen werde.

Der tiefere Grund für die Not Deutschlands und der Welt liegt darin, erklärte der Kanzler weiter, daß zu viel Menschen die Verbindung mit dem Boden verloren haben, in Großstädten zusammengeballt leben und damit von jeder Wirtschaftsveränderung stärker getroffen werden als der Mann auf eigener Scholle. Es wird der Arbeit einer Gene­ration bedürfen, die Fehler dieser Entwicklung auszuglei- chen. Der Kanzler forderte die stärkere AuSnützng des dünn bevölkerten Ostens, ein Auflockern der Großstädte und ein Seßhaftmachen eines möglichst großen Teiles auch der städtischen Arbeiterschaft im Sinne südwestdeutscher Bevölke­rungsstruktur.

Die Agrar- und Wirtschaftspolitik

Für den Chef einer Regierung, fuhr der Kanzler fort, wird es nicht immer ganz leicht sein, aus dem Wirrwarr der verschiedenen Ansichten eine Lösung zu finden, die nach Möglichkeit allen Berufsständen gerecht wird. Ich habe dazu das Mittel angewandt, den Herrn Reichswirtschaft- und Neichsernährungsministcr in eine Konklave zu schließen, um die richtige Mittellinie zu finden. Aus der Tatsache, daß die beiden Herren heute friedlich und arbeitsfreudig im Kabinett zusammensitzen, können Sie den Erfolg dieses Ver­fahrens ersehen. Ich bin ketzerisch genug, einzugestchen, daß ich weder ein Anhänger des Kapitalismus noch des Sozialismus bin, daß für mich Begriffe wie Privat- oder Planwirtschaft" ihre Schreckew verloren haben, ganz einfach, weil es diese Mgriffe in absoluter Reinheit im Wirtschaftsleben gar nicht mehr gibt, auch gar nicht mehr geben kann. Und deshalb vertrete ich den Standpunkt, man soll in der Wirtschaft das tun, was im gegebenen Moment vernünftig ist und aller Wahrscheinlichkeit nach zu den besten Resultaten für Volk und Land führt und sich nicht eines Dogmas wegen die Köpfe einschlagen. In diesem Sinne hält die Reichsregierung zur Zeit folgende wirt­schaftlichen Richtlinien für vernünftig, was nicht ausschlicßt, daß nach Jahr und Tag die Situation andere Maßnahmen erfordert:

Es gilt, den erfreulich hohen Stand der Erzeugung der Nahrungsmittel zu erhalten und der Landwirtschaft gesunde Erzeugungsbcdingungc« zu verschaffen. Die Arbeitslosig­keit kann auf die Dauer nur vermindert werden, wenn es ge­lingt, den Umfang der gewerblichen und industriellen Tätig­keit erheblich zu verbreitern. Die Negierung wird daher nach wie vor Ihr Augenmerk in erster Linie auf eine Belebung desBinnenmarktes richten, der die stärksten Schrump­fungen aufweist. Vom Binnenmarkt allein aber wird es nicht möglich, im eigenen Lande genügend Arbcitsmöglichkei- ten bereitzustellen. Wir müssen für einen erheblichen Teil unserer Bevölkerung Beschäftigung dadurch schaffen, daß wir Waren für bas Ausland erzeugen. Wir müssen auch den Warenaustausch mit dem Auslande pflegen. Das Wirtschaftsprogramm der früheren Regierung hält auch die gegenwärtige Regierung in seinen wesentlichen Teilen für eine geeignete Grundlage. Sie ist sich aber darüber klar, daß es noch einer größeren Zeitspanne bedarf, um dir vollen Auswirkungen jenes Programms sestzusteüen. Das gilt um so mehr, als wichtige Teile, wie die Steuergutfcheine und Be- schästigungsprämien, erst zu einem geringen Bruchteil oder noch gar nicht in Wirkung treten konnten. Auch die Durch- sührung der vssentlichen Arbeitsbeschaffung in Höh« von einer Milliarde wird in ihrer vollen Wirkung erst nach Mo­naten in Erscheinung treten.

Darüber hinaus wird die Reichsregierung die öffentliche Arbeitsbeschaffung noch erheblich erweitern. Um den Nö­ten der Landwirtschaft abzuhelfen, wird die Reichs­regierung die früher eingeleiteten Maßnahmen ausbaucn. Sobald die handelspolitischen Schwierigkeiten fvrtfallen, wird die Reichsregierung von ihrer Z o l l a u t o n o m i e in ihrem erforderlichen Ausmaße Gebrauch machen. Außerdem wird sie der übermäßigen Einfuhr einzelner Waren auf »cm han­delspolitisch jeweils geeigneten Wege entgegenwirkcn. In­nerwirtschaftlich muß besonders dem für die Vieh- und Milch­wirtschaft entscheidenden Fettproblem Aufmerksamkeit geschenkt werden. Tie Reichsregierung wird sich noch vor Weihnachten mit den zur Durchführung dieser Grimdiätze nötigen Maßnahmen beschäftigen.

Ihr ganz besonderes Augenmerk wird die Reichsregierung auf di« Beseitigung der Vermischung von Staats- »:.d Pri­vatwirtschaft richten. Es geht nicht an, daß groß« Unterneh­mungen alle Vorteile der Privatwirtschaft genießen wollen, alle Nachteile aber, vor allem also das Risiko, auf den Staat abwälzen. Für Betriebe, die in irgendeiner Form mit Staatsgeldern arbeiten, dürfen in Zukunft nur die Grund­sätze für Staatsbetriebe Geltung haben. Jede andere Rege­lung bedeutet ein« nicht zu rechtfertigende Bevorzugung ein­zelner auf Kosten der Allgemeinheit.

Die Sozialpolitik.

Alle dies« Maßnahmen: Arbeitsbeschaffung, Siedlung uu-d Ankurbelung der Wirtschaft, müssen aber erfolglos verpus­ten, wenn das Vertrauen aus stabile Verhältnisse und der Glaube an eine bessere Zukunft fehlen. Es ist etwas viel verlangt, in dieser schweren Krisenzeit freudige ich unter­streiche: freudige Mitarbeit zu verlangen und doch weiß >ch, daß beim deutschen Volk auch dies möglich ist. wenn bei allen notwendigen Anordnungen der soziale Gesichtspunkt berücksichtigt wird. Wir wollen kür Volk und Land die größ­ten und schwersten Op'er bringe«, aber nur, wen« diese Op­fer allen Bevölkerungskreiscn gleichmäßig au°erlcgt werden! Das ist die Zauberformel. Ich betrachte es daher im Sinne der Neudecker Botschaft des Reichspräsidenten als eine mei­ner Hauptaufgaben, den sozialen Gesichtspunkt bei allen Re­gierungsmaßnahmen zur Geltung zu bringen. Aus dem Ge­biete des So z I a l r e ch t s ist eine gewisse Entspannung durch die Aufhebung der weitgehenden Ermächtigung der Reichs­regierung Im Reichstag eingetreten. Ich nehme an, baß dic­ker Beschluß nach entsprechender Stellungnahme des Neichs- rats schon in den nächsten Tagen Gesetzeskraft erlangen wird. Di« Verordnung zur Vermehrung und Erhaltung der Ar­beitsgelegenheit vom 5. September 1932 hat die Reichsregie­rung bereits aufgehoben. Die schwierige Lage unserer Wirt- kchaft und die weit verbreitete Kurzarbeit hat die Arbeitsein­kommen tief herabgedrückt. Eine weitere allgemeine Sen­kung ist weder sozial erträglich noch wirtschaftlich zweck­mäßig.

Die Reichsregierung bekämpft nicht die Sozialver­sicherung. Die gegenwärtige Organisation der Arbeits­losenhilfe kann nicht befriedigen. Die Reichsregierung will die Spannungen beseitigen, die Bettragszahler zn ihrem Recht kommen lassen und die vertrauensvolle Zusammenar­beit aller beteiligten Körperschaften herbeiftthren Ich werde alle meine Kräfte eirrsetzen, um die Not der Millionen von Arbeitslosen, Sozialrentnern. Kleinrentnern und Kriegs­opfern im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen zu mildern und namentlich unbillige Härten zu beseitigen. Ich hoffe dabei auf die Mithilfe und Opserbereitschast aller, die vor der schlimmsten Not bewahrt geblieben sind.

Als besondere Winterhilfe wird vor allem die Frischsleikch- verbilligung verstärkt und eine weitere Verbilligung der Hausbrandkohle für die notleidende Bevölkerung auch auf Reichskosten vorgenommen werden. Ferner wird der KreiS der Empfänger auch auf die alleinstehenden Unterstützungs- berechtigten, zu denen auch die Kleinrentner gehören, aus­gedehnt. Ob es nötig ist, darüber hinaus auch Milch und Brot zu verbilligen, hängt von den Verhandlungen ab. die in diesen Tagen gepflogen werden. In diesem Zusammen­hang ein Wort ernster MahnungandteNeichstags- ausschüsse. Ich kann es nicht mehr als vcrantwortungs- bewußt bezeichnen, wenn man Entschlüsse faßt, von denen man genau weiß, daß sie bet der ernsten Lag« der Reichs­finanzen niemals durchgesiihrt werden könen.

Ich habe den Reichspräsidenten gebeten, die zweifellos etngetretene Beruhigung zum Anlaß zu nehmen, um Aus­nahmebestimmungen aufzuheben. Der Reichs­präsident will diesem Vorschlag im Vertrauen aus den ge­sunden Sinn der ordnungsliebenden Bevölkerung entspre­chen, hat aber dabei -um Ausdruck gebracht, daß er nicht