Wie will Mnkreich seine farbigen Truppen hernnbringen?

Von Oberst a. D. Immanuel.

Die Abrüstungsverhandlungen erleiden dadurch eine emp­findliche, immer wieder von neuem einsetzende Erschwerung, daß die französische Politik den wahren Rüstungsstand unter Vorschiebung verschiedenster Ausreden verschleiert und alle möglichen Vorbehalte für die Sonderstellung und Sicherheit Frankreichs macht. Eine der wesentlichsten Einwendungen gegen die Herabminderung der französischen Wehrmacht bil­det die Bewertung derfarbigen" Truppen. Frankreich wider­setzt sich mit Hartnäckigkeit auch schon dem Gedanken, deren Stärke und Kriegsverwendung nennenswert einzuschränken. Vielmehr sieht es gerade in den großen Menschenmasscn, die ihm sein Kolonialreich für Kriegszwecke liefern kann, einen hauptsächlichen Schutz in dem Falle der Gefahr, mit dem noch immer gefürchteten Deutschland in kriegerische Verwicklung zu geraten. Dazu tritt die Besorgnis, daß das aufstrebende Italien eine franzosenfetndliche Haltung einnehmen, zugleich aber auch die erhoffte Freundschaft mit England in Stücke brechen könnte.

trächtliche Ausfallsstellungen gegen Italien zum Schutz der Seewege geschaffen, allein auch Italien besitzt auf den Inseln Sizilien und Sardinien wie längs seiner Westküste gute Angriffspforte».

Unter Abwägung dieser Umstände lag für die französische Politik der Wunsch nahe, mit Spanien in ein freundschaft­liches Einvernehmen zu kommen. Es ist ziemlich durchsichtig, daß französische Machenschaften bei dem Sturze Königs Al- fonso XIII. die Hände im Spiel gehabt haben. Frankreich suchte Vergeltung an diesem Herrscher, dessen Deutschfreund­lichkeit so legten nämlich die Franzosen die spanische Neu­tralität im Weltkriege aus den höchsten Zorn erregt hatte. Nach der Absetzung des Königs erhoffte Frankreich von der spanischen Republik gegen Zugeständnisse in Marokko und auf handelspolitischem Gebiet zweierlei wichtige Hilfen: l. Ueberlassung von Flotten- und Luftstützpunkten auf den Balkarischen Inseln, die gerade in der Mitte des Seeweges

j den Schiffsverkehr von Nordafrika nach Südfrankreich be­herrschen,- 2. Benutzung des spanischen Eisenbahnnetzes, um die farbigen Truppen zn befördern. Erlangte Frankreich diese Erlaubnis, so blieben nur sehr kurze, leicht zu schützende Seewege übrig: Casablanca oder Rabat-Cadiz, Tanger- Tarifa, Oran-Cartagena. Allerdings stand die Frage offen, wie sich England in seinem Felscnneste Gibraltar dazu stellen würde. Frankreich fand sich mit der Ueberzeugung ab, daß die französischen Bombengeschwader schon das Nötige erreichen würden. Von französisches Seite wurde der Plan mit allem Eifer wieder aufgegriffen und in der Pariser wie auch in der frauzvsenfreundlichen Madrider Presse lebhaft erörtert, unter der Meeresstraße von Gibraltar hindurch einen etwa 32 Kilometer langen Unterseetunncl zu bauen, um das fran­zösisch-marokkanische Vahnnetz mit dem spanischen zu ver- binden und somit die durchlaufende Schienenwegverbinbung vom innersten Afrika nach Frankreich zu schaffen. Frankreich wollte das Geld, Spanien sollte die Genehmigung hergeben. Es ist klar, daß nach Verwirklichung dieses Entwurfes Frankreich seine Farbigen auf festem Boden heranholen könnte.

Unter allen diesen Erwägungen tritt für Frankreich die Rechnung mit den farbigen Hilfstruppen in den Vorder­grund. Es hat mit ihnen im Weltkriege, wenigstens nach eigener Auffassung, gute Erfahrungen gemacht. Damals haben fast 900 000 Farbige auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen für Frankreich gekämpft oder militärischen Arbeitsdienst ge­leistet. Die Nordafrikaner fochten an den entscheidenden Siel» len gegen die deutschen Fronten, die Senegalesen kamen in Mazedonien zur Verwendung, die Madagassen und Anna- mitcn halfen überall aus-

Seit dem Weltkrieg hat Frankreich mit größtem Eifer am Ausbau des farbigen Heeres gearbeitet. Allerdings konnte aus innerpolitischen und wirtschaftlichen Gründen noch nicht zu dem äußersten Mittel gegriffen werden, auch für die Kolonien die allgemeine Wehrpflicht einzuführen, die ans einer eingeborenen Bevölkerung der Kolonien von 55 Mil­lionen ein Niesenheer ergeben würde. Man hat sich diesen letzten Schritt für die Zukunft je nach der Weltlage und für den Kriegsfall Vorbehalten. Im Herbst 1982 wurde mit einer farbigen Friedensstärke von rund 209 090 Mann gerechnet, was für den Krieg fürs erste einem Aufgebot von 900 000 Mann wie im Weltkriege entsprechen dürfte. Oberst­leutnant Fabry, ein Vorkämpfer für die weitestgehende Her­anziehung der Farbigen, vertritt die Forderung, daß 1942 1,6 Millionen Farbige zur Verfügung stehen müssen, um bas weiße Heer auf etwa 5,3 Millionen zu verstärken.

Hier setzt die Frage einWie gedenkt Frankreich diese farbigen Massen heranzubringen, wenn es sich um den Krieg gegen Deutschland, vielleicht gleichzeitig auch gegen Italien handelt?"

Gegenwärtig stehen fünf farbige Divisionen bereits im französischen Mutterland, hauptsächlich den norbafrikanischen Gebieten, zum kleineren Teil auch den sonstigen Kolonien entnommen. Jede Division hat jetzt schon Kriegsstärke, ist also mit allem Zubehör rund 12 000 Mann stark. Gegen die Ostgrenzen vorgeschoben, sollen diese Divisionen den Kern dernrmös cks couverturo" jDeckungsarmee) bilden, also dazu bestimmt sein, die riesigen Neubefestigungen zu halten, die gegen Deutschland errichtet werden und nahezu fertig sind, oder aber als Vortrupp in Deutschland einzubrechen.

Die Masse der farbigen Truppen umfaßt 12 Divisionen und 2 Neiterdivisionen, abgesehen von den Sicherheitsposten der Sahara und am Tschadsee, und steht mit 7 Divisionen und der Reiterei in Nordafrika, mit den übrigen im Senegal-, Niger-, Kongogebiet, außerdem auf der Insel Madagaskar und in Hinterindien, mit entsandten Teilen in Syrien.

Wie können diese Verbände und deren Reserven, die beide zusammen das große farbige als Verstärkung des Heim­heeres bilden sollen, mit Sicherheit herangeholt werden» wenn es einmal um die große Kriegsentscheidung geht? Wie allbekannt, hat Frankreich in Algerien, Tunis» Marokko ein dichtes strategisches Bahnnetz fertig gestellt, dessen beträcht­liche Ergänzung in Arbeit ist Außerdem besitzt es ein gleiches Bahnnctz im Senegal- und Nigergebiet. Jetzt handelt es sich darum, das nordafrikanische Netz mit dem westafrikanischen quer durch die Sahara in Verbindung zu bringen. Die Transsaharabahn" von der Südostecke Marokkos nach Tim- buktu auf einer Strecke von 1550 Kilometern ist im Vau und wird voraussichtlich 1935 fahrbar werden. Bis dahin sollen Kraftwagenstraßen aushelfen. Neben kulturellen Aufgaben, welche der Erschließung der keineswegs ganz kulturunfähigen Wüste dienen sollen, ist der weitere Zweck, die farbigen Truppenmaffen auf dem Landweg nach den norbafrikanischen Einschiffungshäfen zu bringen. Beabsichtigt, aber wohl noch in weiter Ferne liegend, sind als sonstige Eisenbahnpläne Frankreichs in Afrika die Bauten der atlantischen Küsten­bahn CasablancaSt. Louis sSenegal) und -er Querlinie TimbuktuTschadsee.

Im Weltkriege deckte vornehmlich die britische Kriegs­flotte die Ueberseebeförderung der französischen farbigen Truppen. Es ist gelungen, im wesentlichen die Gefahren seitens der deutschen und österreichischen U-Boote fernzu­halten. Anders aber dürfte die Lage sich gestalten, wenn in einem Zukunftskriege Frankreich mit der italienischen Krtegs- gegnerschaft zu rechnen hätte. Stände dann England auf französischer Seite, so lägen die Dinge noch immer zu grin­sten Frankreichs. Bliebe aber England neutral, so käme es auf den See- und Luftkampf allein zwischen Frankreich und Italien an, wobei Frankreich auf die Mithilfe Sübslawiens als Seemacht zweiter Ordnung rechnen könnte. Sehr mißlich aber wäre die französische Lage, wenn England offen als Gegner Frankreichs an der Sette Italiens auftreten würde. Die Hauptverbindungslinten, um die farbigen Hilfsvölker von Norbafrika nach Südfrankreich herüberzuwerfen, sind <von Osten nach Westen genannt): Philippeville-Toulon 700, Algier-Marseille 750, Oran-Cette oder Narbonne 900 Kilo­meter. Zwar hat Frankreich durch seine Lufthäfen auf der Insel Korsika, ferner Toulon und Biscrta tTunis) sich be­

Die Unlerzeichnnnq des fwnzösijcd-nrjB

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Der französische Ministerpräsident Herriot unterzeichnet schaster Dowgalewski, der im Name» der Sowjetunion un- im Pariser Außenministerium den Nichtangriffspakt mit der I terzeichnete.

Sowjetregierung. Hinter ihm stehend (X) der russische Bot. s

Die Abrüstungssruge

Nene Schwierigkeiten in Genf

Der französische Ministerpräsident Herriot beabsichtigt, bis Donnerstagabend in Genf zu bleiben. Im Gegensatz zu den optimistischen Erklärungen von amerikanischer Seite zeigt man sich in den leitenden französischen Kreisen durch­aus pessimistisch hinsichtlich einer baldigen Regelung der Gleichberechttgungsfrage. Herriot empfing den General­berichterstatter der Abrüstungskonferenz, Benesch, zu einer längeren Unterredung. Man beabsichtigt, möglichst bald nach dem Eintreffen Neuraths eine gemeinsame große Besprechung der 6 Großmächte abzuhalten, in der die Gleichberechtigungsfrage und der weitere Verlauf der Abrüstungskonferenz behandelt werden sollen. Mac- donald und Simon statteten am Samstag dem französischen Ministerpräsidenten einen längeren Besuch ab.

In unterrichteten Kreisen wird jetzt allgemein auf die neuerdings verschärft zutage getretenen Gegensätze

zwischen der englischen und amerikanischen Regierung in der Abrüstungsfrage hingewiesen. Die Gleichberechtigungsfrage muß im übrigen nach amerika­nischer Auffassung eine möglichst baldige Lösung fin- den, da bas Fernbleiben Deutschlands von der Abrüstungs­konferenz als Hindernis für die Wiederherstellung des all­gemeinen Vertrauens und die Ueberwindung der Weltwirt­schaftskrise empfunden wird. Nach den von Benesch aus­gearbeiteten Plänen besteht die Absicht, den ersten Abschnitt der Abrüstungskonferenz im Laufe des FrühjahrtzHndgültig mit der Annahme eines allgemeinen Protokolls abxuschließen, in dem eine Fristvon5bis8Jahrenfür dessen Durch­führung vorgesehen werden soll. Der 2. Abschnitt würde dar­nach erst in 5 bis 8 Jahren wieder beginnen.

Der Kurs des englischen Pfundes

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t in den letzte» Tagen erneut einige schnell aufeinander- gende Stürze erlitten, un- zwar in dem Augenblick, da kannt wurde, daß die Vereinigten Staaten auf der Rück- hlung der nächstfälligen Kriegsschuldenrate bestehen. Vor c Aufhebung des Goldstandards, die bekanntlich am 21. :ptember des vorigen Jahres erfolgte, notierte das Pfund ch normalerweise 20,47 Mark. Dann stürzte es in rascher >lge auf etwas mehr als 14 Mark, um sich im Laufe der

ersten Monate dieses Jahres wieder etwas zu erholen. Am 1. November dieses Jahres war es jedoch bereits wieder auf dem Stand von 18,85 Mark angelangt, was Linen neuen Nekorbtiesstanb bedeutete. Wohl erholte es sich am 14. wie- der auf 14,6, aber die Notierungen der letzten Tage weisen ständig eine nach abwärts gerichtete Tendenz auf. Am M. November erreichte der Kurs nur noch 13,37.