Mittwoch, 31. Dezember 1947

Wurttembergi sch er Schwarzwald

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Umschau im

Verkehrsverbesserungen im Enztal

In der letzten Sitzung des ständigen Trans­portausschusses Württemberg-Hohenzollem leg­te Landrat Wagner, Calw, mit den Bürgermei­stern von Wildbad, Calmbach, Neuenbürg, Bir­kenfeld und Herrenalb Unterlagen über die unzulänglichen Verkehrsverhältnisse der Enz- talgemeinden vor. Wenn auch in absehbarer Zeit mit der Wiederherstellung der zerstörten Eisenbahnbrücken bei Pforzheim-Brötzingen gerechnet werden darf, so fehlt doch eine aus­reichende Querverbindung zu dem ehemaligen Oberamt Neuenbürg und der Kreisstadt Calw, die von Eisenbahn und Post nicht geschafft werden kann. Das Landesstraßenverkehrsamt wird es sich deshalb angelegen sein lassen, ln kürzester Zeit eine Omnibuslinie einzurichten, die nach Fahrplanlage und Fassungsvermögen den berechtigten Wünschen aller Beteiligten entspricht.

Der Kreisversammlungsausschuß tagte

Unter dem Vorsitz von Landrat Wagner fand die letzte Sitzung des Kreisversammlungsausschusses in diesem Jahr statt Kreispfleger Sternbacher gab ein­gangs ein Referat über die neue Kreisordnung, wäh­rend Bürgermeister Klepser, Bad Liebenzell, anschlie­ßend über die neue Gemeindeordnung referierte. Auf Grund der Vorschläge der Gemeinden und des Länd- wirtschaftsamtes wurden sodann die Schätzer bei Tierseuchenschäden gewählt. Personal Sachen des Kreisverbandes und des Landratsamtes waren ein weiterer Punkt der Beratung. Abschließend gab Landrat Wagner einen Bericht über die Kartoffelver­sorgung im Kreisgebiet, ebenso einen solchen über die Durchführung der Sprechtage des Landratsamtes in Nagold und Neuenbürg. Den weiteren Ausführun­gen von Landrät Wagner war zu entnehmen, daß voraussichtlich im neuen Jahr mit der endgültigen Fertigstellung der Brötzinger Brücke gerechnet wer­den könne, was mit besonderer Genugtuung begrüßt wurde. *

Wiedereinführung der Sprengelversammlungen

Es dürfte von den Bürgermeistern des Kreises be­sonders begrüßt werden, daß sich Landrat Wagner entschlossen hat, früheren Gepflogenheiten entspre­chend wieder sprengelweise Bürgermeisterdienstver­sammlungen abzuhalten. Aff den Tagungsorten Na­gold, Neuenbürg und Calw fandet! bereits unter dem Vorsitz von Landrat Wagner solche Sprengelver­sammlungen statt, wobei von den landrätlichen Sachbearbeitern überGemeinderat und Bürgermei­ster"Gemeindewirtschaft" undWaldwirtschaft" referiert wurde. Die sich an die einzelnen Referate anschließenden ausgiebigen Aussprachen, machten die Notwendigkeit solcher Gelegenheiten recht deut­lich und lassen eine fruchtbare Auswertung für Ge­meinden und Kreis erhoffen. Im Rahmen der Spren­gelversammlungen wurde auch die Vereidigung der Bürgermeister auf Artikel 77 der Verfassung für Württemberg-Hohenzollem durch Landrat Wagner vorgenommen.

Calw. Die Laienspielgruppe Calw führte in der StadthalleHänsel und Gretel als weih­nachtliches Märchenspiel mit Musik und Tanz auf. Es war ein großer Erfolg. Die Kinder im Zuschauerraum waren mit Leib und Seele da­bei. Aber auch die Erwachsenen hatten ihre helle Freude an dem guten Spiel. Marti Kling, aus der Gymnastikgruppe des Turnvereins Hirsau hervorgegangen und als Leiterin der Tanzgruppe bekannt, hatte das Märchen für die Bühne bearbeitet. Sie schrieb die Verse, brachte viele Bewohner des Märchenlandes, Elfen denen vielleicht etwas zuviel Irdi­sches anhaftete, Zwerge und Pilze auf die Bühne. Es war ein besonderer Gedanke, das Stück in die Weihnachtszeit zu verlegen und Hänsel und Gretel unter den Schutz des Niko­laus zu stellen. Alles klang gut zusammen, nicht zuletzt auch der Gesang und die musi­kalische Umrahmung. Das Bühnenbild war be­sonders gut gelungen. Gerne hätten wir den beiden Vorstellungen einen besseren Besuch gewünscht Nachdem die Laienspielgruppe Calw schon früher in Calw und einigen Orten des Kreises einen bunten Abend geboten hatte, hat sie mit diesem Stück zum erstenmal ein abend­füllendes Theaterstück gebracht. Wir sind ge­spannt, wie sich die Spielschar weiter ent­wickeln wird. Es wäre schön, wenn der Wunsch der Gruppe in Erfüllung" ginge, -noch mehr Freude und aktive Spieler für die Laienspiel­gruppe zu gewinnen.

Nagold. Am Weihnachtsfest vollendete Kreisbaumeister a. D. Gustav Schleicher sei­nen 75. Geburtstag. Nach überaus vqrdienst-

Kreis Calw

voller 39jähriger Tätigkeit als Kreisbaumeister, Bezirksfeuerlöschinspektor und Schätzerob­mann der Gebäudebrandversicherungsanstalt ist er mit Erreichung der Altersgrenze im Jahre 1937 in den Ruhestand getreten. ,Der Ju­bilar hat während seiner langen Dienstzeit ne­ben seinen laufenden Dienstgeschäften eine Reihe von Straßen, sowie öffentliche Gebäude aller Art, Schul- und Rathäuser gebaut und in den Jahren 1927 bis 1928 die durchgreifende Erneuerung und Erweiterung des Kreiskranken­hauses durchgeführt.

Neubulach. Das Jugendwerk Neubulach veranstaltete im Bezirks jugendheim in der Sonne eine wohlgelungene Weihnachtsfeier, zu der die Kriegsgefangenen, die seit einiger Zeit mit städtischen Arbeiten in Calw beschäf­tigt sind, geladen waren. Hinter dem Veran­stalter stand die hiesige Kirchengemeinde mit ihren Gaben und ermöglichte eine festliche Be­wirtung der kriegsgefangenen Kameraden. Der erste Teil der Feier vermittelte Frohsinn und Heiteikeit und ließ die Sorgen des Alltags vergessen. Besonders gefiel dis mimische Spiel des MädchenkreisesFamilie Schiefmaul. Eine Kaffeepause mit dem beliebten Hefenkranz, umrahmt von Volksweisen des Posaunenchors, ließ den Weihnachtsmann folgen, der nach ge­wohnter Weise seine Gaben verteilte. Der zwei­te Teil brachte ein Weihnachtsspiel, das von der männlichen Jugendgruppe sehr gut gespielt wurde. Die verbindenden Worte sprach Pfarrer Berger, Breitenberg. Nachdem der Sprecher des Kriegsgefangenenkommandos im Namen seiner Kameraden der Jugend und Gemeinde seinen Dank ausgesprochen hatte, beschloß das ge­meinsam gesungeneO du fröhliche . . . die allen Beteiligten zu einem frohen Erlebnis ge­wordene Christfeier.

Simmozheim. Reinhold Bauer ist dieser Tage aus englischer Kriegsgefangenschaft zu­rückgekehrt. Ein Sohn der Familie ist ge-

Vom Horber Rathaus. In der letzten Sit­zung des Gemeinderats wurden die Baufrei­gabeanträge für das Wohn- und Geschäftshaus Zahnarzt Dr. Kreidler, Paul Gramer, Kürsch­nermeister, Elise Kocheise, Lebensmittelge­schäft, Eisenwarengeschäft Anton Zizibin und Firma Klaus Isecke, pharmazeutische Fabrik, behandelt und der Aufsichtsbehörde mit Be­fürwortung weitergegeben. Das Gesuch der Firma Helfer konnte neben anderen Gründen mit Rücksicht auf das Ortsbild nicht befür­wortet werden. Der Gemeinderat entsprach dem Antrag des Stadtbauamts auf Errichtung eines Schuppens auf Freipfosten auf dem städtischen LagerplatzGaisgärten. Der Würt- tembergische Blindenverein erhielt einen Jah­resbeitrag von 50 Mark. Bei der Obstver­pachtung im vergangenen Herbst wurden einige Lose etwas zu hoch geschätzt. Die in Frage kommenden Pächter baten um entsprechende Herabsetzung des Obstgeldes, was der Gemein­derat genehmigte. Auf Weihnachten bekam die Caritas, die Innere Mission und der Wohl­fahrtsbund zur Verteilung an bedürftige Per­sonen je den Betrag von 500 Mark. Ein Erlaß des Forstamts über die Borkenkäfergefahr, in welchem die zu ergreifenden Maßnahmen im einzelnen bezeichnet sind, wurde bekanntge­geben und dementsprechend beschlossen. Einer hiesigen Firma, welche im mittleren Teil de, Baracke auf dem Turnhalleplatz eine Werk­statt e für handgemalte Puppenmöbel und Holzverarbeitung betreibt, wird auf ihr Ge­such der westliche Teil dieser Baracke zur Erweiterung ihres Betriebes überlassen.

Der Gemeinderat Salz. Es wurden be­kanntgegeben die Rechnungsergebnisse der Städtischen Werke, Elektrizitätswerk, Schotter­werk und Wasserwerk, von 1946. Ihr Ergebnis darf den Zeitumständen entsprechend als sehr günstig bezeichnet werden. Besonders hervor­zuheben ist die Neuerrichtung einSr Transfor­matorenstation, die Revision sämtlicher elektri­schen Zähler und die Beschaffung der neu er­forderlich gewordenen Zähler. Die Frei­stellen an der Oberschule wurden vergeben und dabei an dem Grundsatz auch heuer wie­der festgehalten, für Klasse I Freistellen nicht

fallen, eine Tochter ist beim Bunkerbau ums Leben gekommen.

Stammheim. Zur großen Freude der Ange­hörigen und Einwohner ist Karl Roller, Sohn des Rößlewirts, aus russischer Kriegsgefangen­schaft heimgekehrt.

Zwerenberg. Die Kirchengemeinde durfte dieser Tage die Rückkehr ihres langjährigen Seelsorgers, Pfarrer Tag, aus der Kriegsgefangenschaft erleben. Gesangyerein und Posaunenchor brachten dem Heim­kehrer ein Ständchen. Die Familie von PfarTer Tag, die sich in Schweden befindet, wird noch vor Weih­nachten hier eintreffen.

Brief aus Altensteig. Der Abbau des Finanz­amtes Altensteig zu einer Dienststelle mit Kasse war schon ein ziemlich harter Eingriff. Die aber danach erfolgte Ausbeinung zu einer Nebenstelle ist nicht gutzuheißen. Was den Anlaß zu dieser Maßnahme gegeben hat, ist unklar. Nun wird es so sein, daß der Steuerzahler, wenn er mit dem Finanzamt in Ver­bindung treten will, sei es auch nur wegen einer Auskunft, nach Hirsau fahren muß, weil bei der Ne­benstelle die Konten nicht geführt werden Für die meisten ist die Reise dorthin nur mit dem Zug mög­lich, man muß sich also frühmorgens auf den Weg machen, um den Frühzug benützen zu können. Die Unterredung wird in einer kurzen halben Stunde er­ledigt sein-, eine Rückkehr ist aber erst um 20 Uhr möglich. Ein weiterer Nachteil Jst, daß der Steuer­zahler auf der Nebenstelle seine Steuerschuld nicht entrichten kann, er muß sich also an die Sparkasse oder Bank wenden und hat noch Ueberweisungsge- bühr zu zahlen. Der Grundsatz der Regierungsstellen, daß alle staatlichen Einrichtungen dem Wohl und Nutzen der Allgemeinheit zu dienen haben, dürfte auch hier seine Anwendung finden. Ueberall dort, wo Finanzämter in Dienststellen umgewandelt wur­den, haben diese die Kassen behalten, warum sollte dies nicht auch in Altensteig möglich sein? Selbst für das Amt bestehen keine Vorteile, man darf nur an die Rückfragen schriftlicher oder telefonischer Art denken. Man sollte doch versuchen, alle die Punkte, die sich für die Bevölkerung von Altensteig und Umgebung nachteilig auswirken, in die Waag­schale zu legen, dann wird sich wahrscheinlich er­geben, daß die Forderung, hier wieder eine Dienst­stelle mit Kassenführung zu schaffen, nicht unbillig ist und dem Amt keine großen Kosten entstehen. Außerdem ist man ja anderwärts auch nicht zu ei­ner solchen Einschränkung geschritten. Was also überall möglich ist, dürfte auch am Platz Altensteig durchgeführt werden können.

zu bewilligen, da eine umfassende Beurteilung der Geeignetheit des Schülers für die Ober­schule noch nicht möglich sei. Der Bauan­trag des Brandgeschädigten Ernst Schedel wur­de zur raschen Genehmigung befürwortet. Ver­schiedene andere Bauplatzfragen wurden ge­handelt. Die Einstufung der eingelaufenen Bau­freigabeanträge wird vorgenommen. Dem An­trag der Buntweberei Sulz, ihre aktiven Werk­feuerwehrleute von der Feuerwehrabgabe frei­zustellen, wurde stattgegeben. Der Antrag Rauch auf Eintragung in die Handwerksrolle wurde befürwortet. Füri den landwirtschaft­lichen Ortsobmann wird aus städtischen Mitteln eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von monatlich 30 Mark ausgeworfen. Nach einem "geeigneten und im Schulhausneubau erfahrenen Architekten soll Umschau gehalten werden, um schnell die Pläne für den unaufschiebbaren Schulhausneubau zu erhalten. Verschiedene in­terne Angelegenheiten wurden behandelt.

Eutingen. In letzter Zeit wurden hier meh­rere Einbrüche verübt. In einem Falle drang der Dieb bei Nacht in ein Haus durch das Kellerfenster und stahl dort Kalkeier und JVei- zen. Ein Fremder stahl am hellen Tage in einem Hause Lebensmittel aus einer Kammer, die ihm aber zum größten Teil von der hiesigen Lan­despolizei wieder abgenommen wurden. Im Schuhmachergewerbe hat Josef Gfrörer die Meisterprüfung mit gutem Erfolg bestanden.

Leinstetten. Eine Weihnachtsfreude wur­de der Familie Karl Günthner zuteiL Ihr Sohn und Bruder Eugen kehrte am Heiligen Abend aus englischer Gefangenschaft heim. Die Reihe der Weihnachtsveranstaltungen eröffnete die Jugend im überfüllten Lindensaal mit ei­nemalten deutschen Krippenspiel. Der Ge­winn kommt dem Kirchenbau zugute.

Grünmettstetten. Veronika Kiene, Ehefrau des verstorbenen Ludwig Kiene, Landwirt, konnte ihr 88. Lebensjahr beenden.

Bittelbronn. In den letzten Tagen vor Weih­nachten kehrten aus russischer Kriegsgefangen­schaft heim: Wendelin Weil, Josef Schlotter und Michael Schäfer. Der Musikverein brach­te als Willkommgruß jedem ein musikalisches Ständchen.

Zur Jahreswende!

CFM. DasAlte" gebt zu Ende. In wenigen Stunden stehen wir auf der Schwelle zu einem neuen Jahr. Während wir Rückschau und Ausschau hal­ten, überkommt uns ein eigenartiges Gefühl von Hilflosigkeit. Wir können nicht von Herzen froh werden über dem, was uns das alte Jahr gebracht hat und wir sind bekümmert über die Aussicht auf das, was im neuen Jahr auf uns wartet. Das Ver­gangene wird in das Kommende hineinragen und das neue Jahr scheint unsere Situation nicht wesentlich zu ändern. So stehen wir heute am Ende des Jahres 1947 mit seinen vielen Sorgen, Nöten und Entbeh­rungen und halten Um- und Ausschau Was sich uns kundtut, ist nicht gerade ermutigend. Wir sehen viel Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Das Leben wird schwerer mit jedem Tag. Es fehlt uns die Kraft, das Gegenwärtige zu ordnen und mit sicherem Schritt dem Zukünftigen entgegenzugehen. Immer noch sind wir dem Vergängenen verhaftet und können nicht aus dem Gestern die Konsequenzen für das Heute und Morgen ziehen! Wir ergehen uns in Klagen und Anklagen über die notvollen Verhältnisse der Ge­genwart und wollen nicht erkennen, daß wir in uns selbst etwas Neues beginnen müssen. Nur wenn wir uns auf uns selbst besinnen, werden wir von Illusio­nen frei, die uns eine tiefere Einsicht verwehren. Nur wenn wir über uns selbst Rechenschaft ablegen, werden wir auch über unsere Not gerecht denken. Wir wollen auf die Stimme unseres Gewissens ach­ten. Wir wollen aufhören, nur immerfort mit Kalo­rien zu rechnen, sondern wieder neu lernen, Gott ebenso wichtig nehmen wie das tägliche Brot! Wir wollen von der Zukunft nicht zu wenig und nicht zu viel erwarten, sie wird uns letztlich doch nur das bringen, was wir durch uns selbst aus der Gegen­wart in sie hinüberretten. Es werden keine großen Werte und Güter sein, die wir im neuen Jahr zu präsentieren haben! Ob wir als Menschen der Hoff­nung den Schritt ins neue Jahr machen davon wird für unsere Zukunft entscheidend viel abhängen. Hoffen wollen wir, aus Glauben und Liebe heraus, nicht nur auf Menschengunst und Menschenmitleid, sondern auf Den, dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehören. Dazu sind wir abei erst dann berechtigt, wenn wir das heute Notwendige auch wirklich tun! Entschließen wir uns zu diesem Not­wendigen am ersten Tage des neuen Jahres und üben wir es täglich in der Praxis, dann wird uns das Jahr 1948 zur Notwende werden. Denn die Hoffnung, die wirklich auf die Bereitschaft gegenseitig helfen­der Liebe gegründet ist und gläubig dem Kommen­den entgegengeht, wird nicht enttäuscht werden!

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Reichsbanknoten zu 50 Mark wie aueb zu anderen Nennwerten tragen vielfach ersatzweise anstelle des Wasserkopfzeichens im linken weißen Bogenrand ein einfaches Längswasserzeichen (Blumenmuster). Alle diese Geldnoten sind gültig im Umlauf. Lediglich Banknoten ohne Wasserzeichen sind als Fälschungen anzusehen und als Zahlungsmittel zurückzuweisen.

Ein Schweizer Menschenfreund, der einem Deut­schen eine Weihnachtsfreude und -Überraschung be­reiten wollte, kam auf einen sonderbaren Gedanken. Er kaufte einen kleinen Freiballon, befestigte daran eine Karte mit seiner Adresse und dem Bescheid, der Finder erhalte von ihm ein Paket im Wert von 45 Franken. Zwei Schulkinder aus Tuttlingen fanden den niedergegangerien Ballon. Es war ein erfreu­liches Weihnachtsgeschenk.

In Hechingen gelang es der Landespolizei, einem Schieber 150 Flaschen Wein, große Mengen Triko- tagen und Damenstrümpfe abzunehmen Das be­schlagnahmte Gut wurde dem Kreiswirtschaftsamt zur weiteren Verwendung übergeben.

Das Versorgungskrankenhaus Außenstelle Beuroa wird aufgelöst, die Patienten kommen nach Urach in Spezialbehandlung.

Im Kreis Lindau erhielten etwa 1300 Fürsorgeemp­fänger und 700 Versorgungsempfänger eine Weih« nachtsspende. Auf dem Landratsamt laufen täglich große Mengen Danksagungen ein.

Aus der kirchlichen Welt

DerTlat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat den Entwurf einerGrundordnung' der EKD den Landeskirchen zugeleitet und zur Diskus­sion gestellt. Die neue Grundordnung versucht, die verschiedenen Auffassungen innerhalb der evange­lischen Landeskirchen zu einem Ausgleich zu brin­gen und einen Mittelweg zwischen einer dezentrali­sierten Einheitskirche und einem losen Kirchenbund zu gehen.

epd. Der Zentralausschuß für die Innere Mission West richtet an alle werdenden Mütter Deutschlands das Angebot, neugeborene Kinder, für die die Eltern aus Gründen äußerer Not nicht glauben sorgen zu können, in kirchlicher Pflege aufzuziehen.

Der Subregens des Priesterseminars Rottenburg, Alfred Barth, wurde zum Stadtpfarrer von Tuttlingen ernannt. Stadtpfarrer Barth wurde im Jahre 1910 in Ehingen geboren. Seine Tätigkeit als Vikar führte ihn über Friedrichshafen nach Stuttgart (St. Niko­laus); 1932 kam er als Repetent an das Konvikt in Ehingen. Seit 1937 ist er Subregens des Priestersemi­nars in Rott enburg. _

Verantwortlich für den örtL Textteil Rolf Staedele

<£>ot*b berichtet

Liehe unbekannte Schwester!

"Wie oft bist Du mir begegnet in den letzten Wochen und Monaten, und nun geht mir die vielfältige Erscheinung Deines Bildes immer nach. Ich sehe Deine Hand, die eben den Brief mit der Anschrift eines Suchdienstes für Ver­mißte zögernd in den Kasten gleiten ließ (den

wievielten wohl.?), wie hoffnungslos

herabfallen; ich sehe Dich im hastenden Ge­wühl des Bahnhofs dem grauen Heimkehrer, der sich müde durchs Gedränge schiebt, in ängstlicher Gespanntheit unter den verschlis­senen Mützenschirm spähen; ich sehe Dich zu der Stunde, da der Briefträger Deine Straße zu passieren pflegt, in unruhiger Erwartung immer wieder von Deiner Arbeit weg ans Fenster eilen. Ich sehe, wie es Dich nachts in über­reizter Hellhörigkeit aus dem leichten Schlaf hoch reißt, wenn das harte Straßenpflaster das Nahen eines schweren Schritts verrät, und mit dessen Verklingen Dein angehaltener Atem sich in einem langen Seufzer traurig wieder löst; ich sehe, wie Deine gefalteten Hände sich fester ineinanderkrampfen, daß die' Knöchel weiß hervortreten, wenn die Stimme des Pfar­rers die Vermißten des Krieges in sein Gebet einschließt. Ich sehe, wie der Anblick der jun­gen Frau, die vom sorglichen Arm ihres Mannes behutsam gehalten ihrer selig­schweren Stunde entgegengeht, den bitteren Zug um Deinen Mund noch deutlicher hervor­treten läßt; ich sehe das maskenhafte Lächeln,

das sich im Kreise fröhlicher Menschen wie eine kühle, gläserne Glocke um Dich stellt; ich sehe Dich in furchtsamer Abwehr zurückwei­chen, wenn bewundernde Blicke und schmei­chelnde Worte Deine Jugend versuchend an­rühren wollen .... Ich sehe Dich überall, in den Amtszimmern, vor und hinter den Schal­tern, in den Läden, in der äußeren Geborgen­heit des erhaltenen Heimes wie in der Unvoll­kommenheit der bombenversehrten oder mit Flüchtlingsgut mühselig neu gestalteten Heim­stätte, im fadenscheinigen, geflickten Kleid, im Anzug aus unverminderter Substanz, im derben Rock der Bäueri^i wie im Werktagskleid der Fabrikarbeiterin.

Aber wo Du mir auch entgegentrittst, wie viele Menschen auch den Raum mit Dir teilen mögen immer sehe ich jene Glasglocke des Alleinseins über Dich gedeckt, die Dich ab­grenzt von dem vielgestaltigen lebendigen Le­ben, in dem Du einhergehst, als gäbe es nur Dein eigenes Leid. Und nun bin ich heute ge­kommen, um vorsichtig an der durchsichtigen Glocke, die Dich und mich trennt, anzu­klopfen ja, um Dich sogar zu bitten, mich einzulassen.

Ich brauche dies nicht einmal mit ganz leeren Händen zu tun: sieh, ich habe diese Kerze aller dunklen Unsicherheit, durch die der Schritt sich täglich hindurch finden muß, ungeachtet eigens für Dich aufgespart. Und

nun sitzen wir beieinander im Schein der Kerze, Du und ich, und wir staunen gemein­sam in den Zauber dieses so selbstverständlich leuchtenden Lebens. Und ich glaube, die mas­kenhafte Starre Deines Lächelns sich langsam und zögernd wandeln zu sehen in die Weichheit einer still nach innen gewandten Freude, und ich meine zu erkennen, wie Dein schimmern­der Blick den weiten Strahlenkreis, den die ruhige Flamme um uns zieht, verwundert ab­tastet, ohne der gewohnten gläsernen Begren­zung zu achten.

Da fängt die Kerze an zu reden, und wir vernehmen beide ihre stumme Sprache:Seht mich an, so raunt es aus ihr, ich verbrenne mich, um zu^Ieuchten; ich verwende alle meine Kraft, um zu leuchten; ich halte mich aufrecht und ruhig, um zu leuchten; ich bin auf meinen dunklen Platz gestellt, um zu leuchten allein dies ist meine Aufgabe: zu leuchten! Und mein Schein strahlt in gute und böse, in arme und reiche, in aufgetane wie in verschlossene Her­zen. Nie mindert sich meine Kraft denn die Liebe selber hat mich entzündet.

Das Licht schweigt. Du hast die Augen im Lauschen gesenkt; und nun begegnen unsere Gedanken einander.Wie, fragen die Deinen zaghaft,wie soll ich es anfangen, daß es mir erhalten bleibt, dieses Licht? Und ich höre die meinen aus mir antworten:Lebe ganz in seinem Schein, laß den brachliegenden Acker

Deines einsamen Herzens unter seiner Wärma wieder fruchtbar werden, öffne den Schrein, in dem Deine Liebe unruhig schlummert, und nähre damit Deines Lichtes Flamme, daß sia stetig und stark bleibe, und die Wohltätigkeit ihres Wirkens jedes Herz erreiche, das ihrer bedürftig ist. Verbrenne in seiner Glut die welken Blüten eines gelebten Lebens und gib damit den neuen Raum, die Güte, Barmherzig­keit und Nächstenliebe in Dir entfalten wollen, wenn Du sie nur einläßt in Dein Herz. Zer'« brich Deine Glasglocke, und wirf ihre Trüm­mer zu der Asche denn Dein Licht braucht Luft, um zu leben, braucht Raum, um zu wir­ken, braucht Freiheit, um seine Wärme aus­zubreiten . . .

Auf einmal spüren wir beide ein sanftes Wehen, und als zöge jemand eine unsicht­baren Vorhang hoch hebt sich -die gläserne Glocke und schwebt lautlos über unsere Köpfo hinweg ins Wesenlose. Du erstaunst? Liebe Schwester, weshalb hätte es gerade Dich nicht finden sollen, dieses Wunder? Horch, die Glok- ken schicken ihren tröstenden Klang über die verschneiten Dächer, wir treten ein in ein neues Jahr.

Nun weiß ich Dich nicht mehr allein, leb wohl. Und hab Dank für den Schein Deines Lichtes, der auch mir leuchten wird, wenn ich seiner bedarf.

Ich drücke Dir fest und warm die Hand. M,