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_ __ h PmiKta'rlf T om 1 März 1946 Adresse: Schwäbische Zeitung, Leutkiroh, Poststr. 22, Tel. 212. Geschäftsstelle Kottweil, Waldtorstr. 4, Tel. 322. Verlagspostamt Friedrichshafen a. B.

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Samstag, den 29. November 1947 ORGAN DER CHRISTLICH-DEMOKRATISCHEN UNION Nr. 95 / Jahrgang 3 / Preis20 Pfg.

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Offene Worte in London

Nach gegenseitigen Unfreundlichkeiten sachliche Einigung

London. Die Konferenz der vier Außenminister hat mit einer Einigung be­gonnen. In der ersten Sitzung verständigten sich die Außenminister über die Fragen, welche auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, in der zweiten über die Reihenfolge. Zunächst kam der Staatsvertrag mit Oester­reich an die Reihe, der nach kurzer Debatte eigens ernannten Stellvertretern, Doge für die Vereinigten Staaten, Bangks für Groß­britannien, General Cherriere für Frank­reich und Koktomow für die Sowjetunion, zur Bearbeitung übertragen wurde. Sie sol­len bis zum 2. Dezember ihren Bericht He- fem. Behandelt werden die Vorbereitung des deutschen Friedensvertrages einschließ­lich der Fragen der Grenzen und des Ver­fahrens, wirtschaftliche Fragen, die politische Organisation Deutschlands, die Anwendung der Beschlüsse über die Entwaffnung und der seinarzeitige Vorschlag Byrnes über einen Sicherheitsvertrag.

Zu Beginn der Sitzung hielt Molotow eine lange Rede, in der er sagte, von den Siegern wünschten die einen einen demokratischen und die anderen einen imperialistischen Frieden. Der demokratische Friede respek­tiere die Souveränität der verschiedenen Län­der, während der imperialistische die kleinen Staaten unter die Herrschaft der Großmächte bringen wolle und die Welt in Blödes der Herrschenden und der Beherrschten teile. Dieser imperialistische Friede enthalte die Drohung eines dritten Weltkrieges. Der Friede mit Deutschland müsse auf demokra­tischen Prinzipien beruhen und den Wieder­aufbau der deutschen Wirtschaft wie auch Deutschlands Unabhängigkeit sicherstellen.

Molotow sprach von einem Plan, die wirt­schaftliche Wiedergeburt Deutschlands zu verhindern, damit dieses kein gefährlicher Konkurrent werde. Deutschland und die Deutschen sollten geteilt werden. Der Plan richte sich gegen das deutsche Volk und wende sich an die Revancheschreier, die man für den imperialistischen Krieg elnsetzen zu können glaube. Der Friedensvertrag müsse einer verantwortlichen deutschen Regierung unterbreitet werden, deren Bildung man nicht länger verschieben könne.

Marshall antwortete, er sei überzeugt; Molotow glaube selbst nicht, was er sage. Man solle sich an die Arbeit machen, statt zu Propagandazwecken Anschuldigungen zu erheben. Auch Bidault vertrat die Ansicht, daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mächten nichts damit zu tun hätten, daß man eine vom Rat bereits gebilligte Liste von Fragen mit Nummern versehe. Molotow habe in Paris gewisse Länder beschuldigt, sie be­günstigten den Wiederaufbau Deutschlands, während er jetzt dieselben Länder beschul­digte, sie wären dagegen. Eine von beiden Beschuldigungen müsse falsch sein. Er selbst halte beide für falsch. Bevin sagte, er sei gewohnt, daß man ihn Kriegshetzer nenne und die Sowjetunion den einzigen Heiligen auf dieser Welt. Eswäre vielleicht gut, Stell­vertreter mit einer Definition von Imperia­lismus und Demokratie zu betrauen, und andere feststellen zu lassen, was Souveränität sei. Gewisse Ereignisse - in Ländern, mit denen bereits Friedensverträge unterzeichnet seien, schienen ihm mit Souveränität und Demokratie keineswegs vereinbar. Nach die­sem Wortwechsel einigten sich die Minister auf die eingangs gemeldete Weise.

Die Verordnung Nummer 133

F. Tübingen. Der Staatskommissar für politische Säuberung, Traber, hat auf un­ser Ersuchen zu der von General Koenig am 17. November erlassenen Verordnung Nr. 133 Stellung genommen. Zweck und Sinn der Verordnung sei, den Abschluß der Durchfüh­rung der Entnazifizierung zu beschleunigen. Dies solle dadurch erreicht werden, daß vom Inkrafttreten der Verordnung an keine Säuberungsmaßnahmen gegen die einfachen nominellen Mitglieder, die weder ein Amt noch einen Titel in der NSDAP und den ihr angeschlossenen Verbänden inne hatten, er­griffen werden und daß diese Personen, über die bereits Maßnahmen verhängt worden sind, wieder in den Genuß ihrer politischen und bürgerlichen Rechte eintreten und sich in Zukunft um alle öffentlichen und privaten Posten und Anstellungen bewerben können. Noch nicht entschiedene und neue Verfahren haben sich auf die Feststellung zu beschrän­ken, ob der Betroffene zu den einfachen nominellen Mitglieder gehört. Ist das der Fall, so ist mit der Feststellung, daß keine Sühnemaßnahmen zu verhängen seien, das Verfahren beendet.

Für die schon ergangenen Entscheidungen erfolgt die Feststellung durch den Staatskom­missar. Sie bedarf der Bestätigung durch die Militärregierung und wird erst zwei Monate nach Uebermittlung an die Militärregierung rechtskräftig. Innerhalb dieser Frist kann die Militärregierung gegen den die Vergünsti­gung aussprechenden Feststellungsbeschluß Einspruch erheben, so daß der Beschluß un­gültig wird und die Säuberung im ordent­lichen Verfahren durchzuführen ist

Trotz der Verordnung sind auch in Zukunft von allen Personen, die der Säuberung unter­liegen - oder ihr noch unterworfen werden.

bei den Kreisuntersuchungsausschüssen Frage­bogen einzureichen, damit durch die Spruch­kammer festgestellt werden kann, ob der Be­troffene unter die Vergünstigung der Ver­ordnung Nr, 133 fällt. In Zukunft werden also nur die Mitglieder der durch das Nürn­berger Urteil für verbrecherisch erklärten Organisationen, sowie die leitenden und hauptsächlichsten aktiven Mitglieder der NSDAP und ihrer angeschlossenen Verbände und die Personen, die entsprechend den Vor­schriften der Direktive Nr. 38 zu der Gruppe der Hauptschuldigen und Belasteten gehören, vor den Ausschüssen und den Spruchkam­mern behandelt werden. Selbstverständlich findet die neue Verordnung auch auf die Re­visionsverfahren entsprechende Anwendung. Die Verordnung bedarf noch einer Ausfüh­rungsbestimmung durch die Militärregierung, die vor allem die BegriffeTitel undAmt näher bestimmt und sich darüber ausspricht, ob bei den bereits Entnazifizierten die noch nicht oder nicht ganz vollstreckten Sühne­maßnahmen wegfallen und wie die unter die Vergünstigung Fallenden einzugruppieren sind.

Die neue Verordnung über die Entnazi­fizierung ist zu begrüßen. Sie wird eine große Erleichterung und Beschleunigung brin­gen, auch für die Wirtschaft und Verwaltung, da ihr in kurzer Zeit viele Arbeitskräfte, die bisher nicht eingese tzt w erden konnten, zur Verfügung stehen^fen.

Gouverneur von Württemberg-Baden

-1. Stuttgart. Zum Direktor der Militärregierung für Württemberg - Baden wurde Charles M. La Folette ernannt, ein ehemaliges Kongreßmitglied des Staates In­diana. La Folette wurde 1898 geboren. Er ist der dritte Gouverneur von Württemberg- Baden und wird sein Amt in etwa zehn Ta­gen übernehmen.

Bei den Deutschen in Frankreich

Baden-Baden. Dem Bericht eines Südena-Vertreters, der die deutschen Zivil­arbeiter in Frankreich besuchte, ist zu ent­nehmen, daß deren Zahl bereits hunderttau­send überschritten hat. Ueberall habe der Journalist gehört, daß das Verhältnis zwi­schen Deutschen und Franzosen erfreulich, mindestens aber erträglich sei, selbst da, wo Meinungsverschiedenheiten über die Zweck­mäßigkeit eines Streiks bestünden. Die Deut­schen, namentlich die früheren Kriegsgefange­nen, die lange Jahre hinter dem Stacheldraht verbracht hätten, möchten, möglichst schnell Geld verdienen.

Der Journalist sprach einen Chemiker, der ln einem französischen Werk arbeitet, wel­ches zwei Jahre lang bemüht war, ihn zu be- "kommen. Jetzt hoffe er, bald seine Frau aus Berlin nachkommen zu lassen. In einem Lokomotivwerk an der nördlichen Bahnlinie tarn Paris arbeite unter etwa vierzig Deut­schen auch ein ehemaliger Barmixer,. Die

Deutschen erhielten wie die Franzosen den Minimalstundenlohn von 52 Franken und nach allen Abzügen blieben ihnen etwa 6000 Franken im Monat. Einer der Arbeiter habe sogar in dem überfüllten Paris eine Privat­wohnung gefunden. In einer großen Papier­fabrik seien die deutschen Zivilarbeiter in Schlafsälen zu viert untergebracht. Die Werksleitung sei mit ihnen sehr zufrieden. Ein 21 jähriger verdiene elf tausend Franken im Monat und habe sich von einem Monats­lohn bereits einen Anzug kaufen können. Schwierigkeiten mache die Frage des Ur­laubs, den alle über die Weihnachtszeit nehmen möchten. Die Einreise der Familien sei grundsätzlich erlaubt, doch sei es schwer, den Wohnraum für sie zu beschaffen. In einer Farbenfabrik bei Paris sind meist Deutsche aus Ludwigshafen, die nie Kriegsgefangene waren, sondern sich in Deutschland verpflich­teten. Einer habe in zehn Wochen zehn Pfund zugenommen. Sie kämen sehr gut mit den Franzosen aus, doch dürften sie nicht schlauer sein wollen als ihre Meister.

Gespräch mit Lorenz Bock

Tübingen. Wie Staatspräsident Lo­renz Bode demSüdena-Vertreter mitteilte, wird die Denkschrift an General Koenig, die die südwürttembergische Regierung vorberei­tet, in der ersten Hälfte Dezember überreicht werden. Die südwürttembergische Regierung erwartet, daß die erbetene Audienz bei Ge­neral Koenig anschließend erfolgen und da­mit ein neues Gespräch über die Demontage in Südwürttemberg beginnen kann.

Im Anschluß an Besprechungen des badi­schen Staatspräsidenten Wohieb mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Ehard und auf der Rückreise auch in Tübingen mit Staatspräsident Bock wurde die Vermutung ausgesprochen, daß die Frage diskutiert wor­den sei, in welcher Form süd- und südwest­deutsche Länder in einem föderativen Bundesstaat ein wirksames Gegengewicht gegen die norddeutschen Länder bilden könn­ten. Staatspräsident Bock hat demSüdena- Vertreter auf Anfrage mitgeteilt, daß bei seiner Besprechung mit Staatspräsident Woh­ieb dieses Thema überhaupt nicht erwähnt wurde. Er und das südwürttembergische Ka­binett träten für einen Bundesstaat, aber nicht für einen Staatenbund ein und er hoffe, daß Staatspräsident Wohieb und Minister­

präsident Altmeier gleiche politische Mei­nungen verträten. Es wäre unsinnig, bei einem eventuellen Scheitern der Londoner Konferenz auch noch für ' eine Teilung Deutschlands in eine süddeutsche und nord-. deutsche Staatenföderation einzutreten. Heut« müßten alle verantwortlichen Politiker für die deutsche Einheit eintreten, besonders in einem Augenblick, wo diese tatsächlich, in größter Gefahr, sei.

Mensdienasdie als Dünger Warschau. In der Anklageschrift ge­gen vierzig ehemalige Funktionäre des Kon­zentrationslagers Auschwitz, denen jetzt vor dem Obersten polnischen Gerichtshof in Krakau der Prozeß gemacht wird, wird be­hauptet, das Haar, das den Frauen abge­schnitten wurde, sei industriell verwertet worden. Die Asche der Häftlinge habe man als Dünger verwendet. Die Angeklagten, unter denen der Lagerkommandant Lieben- henschel und der ehemalige Leiter der po­litischen Abteilung Grabner sind, hätten Häftlinge aufgehängt, Bluthunde auf sie ge­hetzt und ihnen tödliche Injektionen verab­reicht. 31741 Gefangene hätten in einem Monat 944153 Arbeitstage leisten müssen. 8206 Frauen hätten in derselben Zeit 242 776 Arbeitstage leisten müssen.

Der Arbeiter und die Union

Von Dr. Paul Binder, Mitglied des Landtages

Die Sicherung der Stellung des Arbeiters und Angestellten im Wirtschaftsprozeß und im Staat ist nicht nur eine materielle Frage, sondern auch eine Frage seines sozialen An­sehens und seiner sozialen Ehre. Im Vorder­grund steht jedoch nach wie vor die Frage einer gerechten Verteilung des Sozialproduk­tes. Die Ansprüche der Arbeiter und Ange­stellten durchzusetzen, sind die Gewerkschaf­ten berufen. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch davon ab, daß ihnen als Vertreter der Unter­nehmerschaft auch Arbeitgebervereinigungen als Verhandlungspartner gegenüberstehen. Den Gewerkschaften muß in beschränktem UmfangedasStreikrecht zugebilligt werden und dementsprechend den Unternehmern auch ein Aussperrungsrecht. In unserer außerordent­lichen Notlage können wir uns aber größere Reibungsverluste nicht leisten. In der Regel werden Lohn- und Sozialforderungen zwi­schen den Gewerkschaften und den Arbeit­gebervereinigungen behandelt werden müs­sen. Dabei ist auf soziales Verständnis bei der Unternehmerschaft und auf wirtschaftlich tragbare und vernünftige Forderungen bei der Arbeiterschaft hinzuwirken. Kommt eine Einigung nicht zustande, so wird regelmäßig vor einem Streik ein Schlichtungsausschuß mit einem Schlichter an der Spitze tätig wer­den müssen. Sache des Arbeitsrechts ist es lediglich, dafür zu sorgen, daß weder durch Verschleppungstaktik der einen oder anderen Partei noch durch fachliche oder persönliche Unfähigkeit der Schlichtungsausschüsse und der Schlichter eine notwendige Entscheidung verzögert wird. Wenn durch die Gesetzgebung der rasche Ablauf einer Lohnverhandlung und der Erlaß eines Schiedsspruchs geregelt ist, wird es nur in den seltensten Fällen zum Streik kommen. Abzulehnen ist jedenfalls der Streik als politisches Machtmittel; er hat nur Berechtigung zur Herbeiführung sozial er­forderlicher und wirtschaftlich tragbarer Ver­hältnisse. Durch die aktive Mitwirkung der Gewerkschaften auf den verschiedensten Ge­bieten der Wirtschaftspolitik erreichen wir es, daß die Gewerkschaften nicht einer poli­tischen Radikalisierung ausgesetzt werden und daß sie nicht den Versuch machen, in die Rolle politischer Parteien einzurücken. Zur Zeit sind die Gewerkschaften überwie­gend marxistischem, zum Teil sogar kom­munistischem Einfluß ausgesetzt. Wir müs­sen in der christlichen Arbeiterschaft Jung­führer für die gewerkschaftliche Arbeit fin­den, denn die Zahl derjenigen, die aus der Zeit vor 1933 mit der Gewerkschaftsarbeit verbunden ist, ist bei uns außerordentlich gering und die wenigen übrig Gebliebenen werden zumeist heute in Staatsämtem ge­braucht, so daß die christliche Arbeiterschaft in den Gewerkschaften vielfach ihrer Führer beraubt ist. Es muß ein besonderes Anliegen der CDU ein, die entstehenden Lücken durch entsprechende Schulung unseres Nachwuch­ses sobald als möglich zu schließen.

Was dürfen wir für die Zukunft für die Entlohnung unserer Arbeiter- und Angestell­tenschaft erwarten? Wenn wir heute ohne umfangreiche Rohstoff- und Nahrungsmittel­kredite eine Währungsreform durchführen würden, hätte diese nur zur Folge, daß wir in einen Verhungerungsprozeß eine gewisse ökonomische Ordnung hineinbrächten. Das Gehalt- und Lohnniveau der Facharbeiter und der sonstigen qualifizierten Arbeitskräfte könnte und müßte voraussichtlich gehalten werden, schon um die Abwanderung der Facharbeiter nach dem Ausland zu verhin­dern. Das Einkommen der großen Masse der Angestellten sowie der angelernten und un­

gelernten Arbeiter würde hart an das Ext- stenzminimum herankommen und das Real­einkommen aller derjenigen, die auf die Für­sorge angewiesen sind, würde noch unter ihm liegen. Selbst wenn wir davon ausgehen, daß ee. uns gelingen würde, wenigstens so weit zu kommen, daß wir auch den Letzten vor dem Verhungern schützen und ihm ein Realeinkommen verschaffen könnten, das ihm das Existenzminimum sichert, so wird sich unsere Nachkriegswirtschaft doch in einer solchen Verfassung befinden, daß das Real­einkommen unserer Arbeiter und Angestell­ten wesentlich geringer sein wird als in der Vorkriegszeit. Der Rückgang der Realeinkom­men ist eine Folge des verlorenen Krieges, der geringeren persönlichen Leistungsfähig­keit, die teils auf die gesundheitlichen Schä­den, die Kriegsverletzungen und auch auf den Einsatz von Frauen in Stellungen, wo vorher Männer gearbeitet haben, zurückgäht Zum anderen ist der geringere Ausstoß durch die Verschlechterung - unserer technisches Ausrüstung, die Demontagen und für di« erste Zeit auch durch die unrationelle Aus­nützung unserer Produktionskapazität be­gründet. Das alles wird dazu führen, daß nach einer Währungsreform bei unveränder­tem Lohn- und Gehaltsniveau die deutschen Inlandspreise gegenüber den Stop-Preisen von 1936 stark ansteigen werden, um über­haupt die Wirtschaft auf der veränderten Währungsgrundlage in Gang zu halten oder in Gang zu bringen. Denn wir können nicht damit rechnen, daß wir nach einer Wäh­rungsreform zu einer 80- bis lOOprozentigen Kapazitätsausnützung unserer Industrie­anlagen kommen werden, wie sie den Stop- Preisen zugrunde gelegen hat. An der zu er­wartenden Preissteigerung wird auch der landwirtschaftliche Sektor beteiligt sein.

Dazu kommt die sogenannte soziale Hypo­thek, nämlich der Umstand, daß die Anzahl derjenigen, die heute von den Erwerbstätigen mit unterhalten werden müssen, sich gegen­über der Vorkriegszeit mindestens um 50 Prozent, wahrscheinlich sogar noch mehr er­höht hat. Zum Teil sind es Angehörige der eigenen Familie, die den Erwerbstätigen zur Last fallen, zum überwiegenden Teil werden es aber Kriegsversehrte, Arbeitslose und Altersrentner vorwiegend aus Kreisen der Ostvertriebenen sein, die über den Umweg der Besteuerung und der Beiträge zu den Sozialversicherungen von den Erwerbstätigen mit unterhalten werden müssen.

Ein bayerischer Senat

M. B. München. Der bayerische Land­tag hat in einer lebhaften Sitzung einen Se­nat gebildet. Dem Senat gehören elf Vertreter der Land- und Forstwirtschaft, elf Gewerk­schaftler, je fünf Delegierte der Genossen­schaften, der Religionsgemeinschaften, der Wohltätigkeitsorganisationen, des Handwerks und der Wirtschaft, sechs Vertreter der Ge­meinden sowie vier der freien Berufe und drei der Hochschulen an. Bei der Wahl des Pressedelegierten, die vom Landtag vorge­nommen werden mußte, da noch keine Wahl­körperschaft der freien Berufe besteht, kam es zu Debatten der CSU mit der SPD und FDP. Eine geheime Abstimmung erbrachte die Mehrheit für den vom Joumalistenverband vorgeschlagenen sozialdemokratischen Lizenz­träger desHochlandboten, Georg Lorenz. Ein Teil der CSU hatte gleichfalls für Lorenz gestimmt. Der Senat hat die eingeschränkten Rechte einer ersten Kammer. Er tritt erst­mals am 4. Dezember zusammen.