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Die Preußenklage vor dem Slaatsgerichtshof
Vor dem Staatsgerichtshof wandte sich der Vertreter des Reiches — Ministerialdirektor Gottheiner — gegen den Borwurf, die Erläuterungen der Reichsregierung zur Notverordnung und zur Absetzung der Preußen-Minister seien erst durch den Rundfunk Lekanntgegeben worden. In -er Pressekonferenz am 2ü. Juli schon sei eine Verlautbarung der Reichöregterung mit allen wesentlichen Gesichtspunkten ausgegeben worden. Ministerpräsident Braun habe sich über dt« Angelegenheit beruhigt, als ihm auf Befragen erklärt worden sei, daß die Minister ihre Bezüge lvciter erhalten sollten. Der Vertreter Preußens, Dr. Brecht, ruft dazwischen: „Darauf kommt es wohl an?" Gottheiner: „Dem Herrn Braun jedenfalls. Er hat sich danach erkundigt und hat sich sehr befriedigt erklärt, Laß dem so ist." Der Vertreter der SPD. im Preußischen Laubtag, Prof. Dr. Heller, bezweifelte die Richtigkeit der Behauptung, baß Ministerpräsident Braun die Gvhaltsfrage im gegenwärtigen Streitverfahrcn als das Wichtigste bezeichnet habe. Er bestritt weiter, daß Severing sich dahin geäußert habe, er halte einen Retchskommissar in Preußen für unumgänglich nötig. Die „geheimen Verhandlungen" der Preußenregie- rung mit den Kommunisten seien im ganzen Ministerium bekannt gewesen. Der Staatsstreich der Neichsregierung sei nur verständlich, wenn man die Episode der Einigung zwischen Papen und Hitler betrachte. Diese Episode habe Abmachungen zwischen Papen und Hitler zur Folge gehabt. Er beantrage daher die Ladung des Reichskanzlers, Hitlers und des Herrn v. Gleichen zur Vernehmung über diese Abmachungen.
Ministerialdirektor Dr. Brecht hielt gegentiber den Ausführungen des Ministerialdirektors Dr. Gottheiner sein« Behauptung aufrecht, daß bei den Besprechungen zwischen v. Papen und den Nationalsozialisten das Vorgehen gegen Preußen zum Gegenstand der Abmachungen gemacht worden sei. Die von Ministerialdirektor Gottheiner neu aufgestellte Behauptung, daß Minister Severing selbst die Bestellung des Reichskommifsars gefordert habe, erklärte Dr. Brecht für völlig unglaubhaft. Es sei keineswegs die Ansicht der preußischen Regierung, -aß zwischen NSDAP, und Kommunisten kein wesentlicher Unterschied bestehe, daß aber beiden mit gleicher Objektivität gegenüberzutreten sei, bas sei seit dem 13. August ja auch die Ansicht der Reichsregierung. Dr. Brecht widersprach kategorisch der Erklärung, daß die zuständigen Staatssekretäre vor dem Vorgehen gegen Preußen gehört worden seien. Er beantrage zur Klarstellung dieser Frage, die Staatssekretäre Meißner und Steiger als Zeugen zu vernehmen.
Von Dr. Brecht und Prof. Heller wurde erneut bestritten, daß Severing im Juni zum derzeitigen Neichstnnen- minister gesagt habe, der Reichskommissar für Preußen müsse bald eingesetzt werben. Dr. Gottheiner hielt seine Behauptung aufrecht. Schließlich wurde von preußischer Seite ersucht, Severing und den Neichsinnenminister als Zeugen zu vernehmen. Der Vorsitzende gab anheim, die Herren mit- zubringen. Man werde ihnen dann Gelegenheit zur Aeuße- rung geben. Von sich aus aber werde der Staatsgerichtshof kaum eine Labung ergehen lassen.
Die Vereinigung der sächsischen Landgemeinden hielt in Dresden ihre Hauptversammlung ab. Im Mittelpunkt der Tagung stand ein Vortrag des Präsidenten des deutschen Lanbgemeindetages, Landrat a. D. Dr. G e r e k e - Presse! über das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Landgemeinden. Dr. Gereke wies zunächst auf die finanzielle Notlage der Gemeinden hin, die bereits zu offenen Kassenzusammenbrüchen geführt habe. Verschiedene Gemeinden seien schon dazu übergegangen, den Erwerbslosen aus Mangel an jeglichen Barmitteln Bonds zu geben, also Notgeld, damit sie sich noch etwas kaufen könnten. Angesichts dieser Zustände habe der Landgemeinbetag bereits im Sommer dieses Jahres ein Arbeitsbeschaffungsprogramm ausgearbeitet.
Auch die Reichsregierung habe sich der Notwendigkeit nicht verschlossen, etwas Durchgreifendes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Unzweifelhaft bienten die Steuergutscheine zur Auflockerung eingefrorener Kredite. Sie seien außerdem von Wert für die Banken. Für die Erwerbslosen in den Gemeinden seien jedoch nennenswerte Vorteile daraus nicht zu erhoffen. Der Fehler sei, daß man nicht die Hauptfrage, nämlich die deS Absatzes, gelöst habe. ES wäre besser, wenn man die 7V0 Millionen hauptsächlich z« direkten Aufträge« der öffentlichen Hand verwende« würde, um alle volkswirtschaftlich wichtigen Arbeiten in Angriff z» nehmen, die in den letzte« Jahren liegen geblieben oder unterbrochen worden find. Es seien das vorwiegend Arbeiten, bei denen im Gegensatz zur rationalisierten Industrie ein hoher Prozentsatz von Arbeitskräften beschäftigt werde.
Dr. Gereke entwickelte dann eingehend die Einzelheiten seines Programms, das eine erweiterte Arbeitsbeschaffung durch Reich, Länder, Gemeinden und die öffentlich-rechtlichen Körperschaften vorsieht. Der finanzielle Gesamtumfang -es großzügig gedachten Projektes beläuft sich schätzungsweise auf 1—2 Milliarden RM., also weniger als die Summe von 3 Milliarden, die jährlich an die Arbeitslosen ausgezahlt werden müssen. Diese 2 Milliarden RM. seien aber -nicht in vollem Umfange bereitzustcllen; denn allein 400 Millionen würden wieder in Form von Steuern, Abgaben und Versicherungsbeiträgen in die öffentlichen Kaffen zurückfließen. Gereke glaubt, ans Grund des Planes etwa 2 Millionen Menschen beschäftigen zn können. Das bedeutet eine Entlastung von 1 Milliarde RM. jährl. für die Unterstützungskaffen. Der Redner erklärte schließlich, es könne nicht Aufgabe der Landgemeinden sein, die Frage einer umfassenden Arbeitsbeschaffung zu einem grundsätzlichen Kampf um den Zins selbst zu machen,' es werde Aufgabe der nächsten Tage sein, hierüber eine Verständigung herbeizuführen. DaS Zustandekommen eines großen Programms zur Arbeitsbeschaffung dürfte nicht lediglich von der Zinshöhe abhängig gemacht werden. Dr. Gereke schloß mit einem Appell an die anwesenden Vertreter der Gemeinden, über alle Parteigegensätze einig zusammenzustehen in dem Willen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
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Bauausführungen im Rahmen des Arbeitsbeschaffungs- Programms. Zum Arbeitsbeschaffungsprogramm hat der
Netchsverkehrsminister die Nachgeordneten Behörden crne- > darauf hingewiesen, daß es sich bei den Bauausführungen im Nahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramms um Arbeiten handelt, die als zusätzlich zu behandeln sind. Durch diese Arbeite» dürfen andere Bauausführungen nicht berührt werben.
Die Reformpläne der Reichsregierung
Schon die Heftigkeit, mit der jetzt der Kampf um den neuen Reichstag geführt wird, läßt erkennen, ivclches Gewicht Sie einzelnen Parteien gerade der kommenden Wahlentscheidung beimessen. Die Wahl wird, wenn nicht ganz besondere Zwischenfälle eintreten, zu dem vorgesehenen Termin stattfinden. Daran hat die Reichsregierung selbst insofern ein Interesse, als sie den neuen Reichstag vor die Ent- scheiöung stellen und ihm Gelegenheit geben will, seine Ar- beitsfähigkeit — vielleicht zum letzten Mal — zu beweisen. Die vom Reichskabinett jetzt vorbereitete Reichs- und Verfassungsreform wird der Prüfstein für das neue Reichs- Parlament werden. Der Entwurf hierfür steht, wie die „Wan- delhalle" meldet, vor der Vollendung und dürfte, wenn auch unter gewissen Abänderungen, die Zustimmung des Reichsrats finden, zumal auch bas Zentrum seinen Willen zu einer Reform des Staatsaufbaues durch Ausarbeitung eines Programms bekundet hat. Nach Verabschiedung durch den Reichs» rat wird der Entwurf dem neuen Reichstag zugeleitet werden. Hier wird es sich nun zeigen, ob das Parlament eine ausreichende und dauerhafte Arbeitsfähigkeit aufbringt, um die einzelnen Teile dieser Reformvorlage zu verabschieden, wenn auch mit wechselnden Mehrheiten. Würde bas Paria- ment dagegen ein ernstliches Hindernis für die Reform werden, so würde bas — man läßt schon heute in Kreisen, die der Neichsregierung nahestehen, keinen Zweifel daran — eine abermalige Reichstagsauflösung zur Folge haben. Ob sich die Regierung dann zu einer Volksbefragung oder aber zur Ausschreibung von Wahlen zu einer Nationalversammlung entschließt, sind zunächst noch Fragen zweiter Ordnung» die in politischen Kreisen zwar schon heute lebhaft erörtert werden, über die sich aber das Reichskabinett selbst bisher noch nicht schlüssig geworden ist. Mehr denn je werden es also di« Parteien in der Hand haben, den Reichstag als oberste gesetzgebende Körperschaft weiter ungestört am Leben zu erhalten.
48 Millionen Wahlberechtigte am 6. November
Die Zahl der wahlberechtigten Deutschen, die bei der letzten Reichstagswahl, also Ende Juli, schon rund 44,5 Millionen betrug, ist Im dauernden Steigen begriffen. Es ist statistisch nachgewiesen worden, baß Tag für Tag etwa 4000 junge Deutsche ihren 20. Geburtstag feiern und damit in den Genuß des aktiven Wahlrechts kommen. Es ist also — unter Berücksichtigung der natürlichen Verringerung des Wählerbestandes durch Todesfälle — damit zu rechnen, daß zur Netchstagswahl am 6. November 45 Millionen deutsche Staatsbürger das Wahlrecht besitzen. Ohne Zweifel wird aber diese Zunahme der Zahl der Wahlberechtigten durch di« an sich bedauerliche, aber nicht unverständliche WaHlmüdigkeit bet weitem wieder wettgemacht werden.
Nationalsozialist
ruft den ehemaligen Kronprinzen an
Der Amtswalter der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Ortsgruppenleiter Ernst Wilde, richtet in der „Potsdamer Tageszeitung" einen dringenden Aufruf an den Kronprinzen. Wilde sagt, daß er als ehemaliges Stahl- helmmitglieb und Amtswalter der NSDAP, die Verhältnisse in den beiden großen Lagern genau kenne und deshalb dazu beitragen wolle, das Feuer zu löschen, bevor es zu spät sei. Durch die Art der Neichstagsauflösung sei unter den nationalen Parteien und Verbänden ein Kampf entbrannt, Ser die deutsch gesinnte Bevölkerung zersetze und dem deutschen Ansehen im Auslands Schaden von unabsehbarer Tragweite zufüge. Es heißt dann wörtlich: „Hier muß sofort Halt geboten werden von einem Manne, der außerhalb des Parlaments über den Parteien steht, und der unser gemeinsames Vertrauen in höchstem Maße genießt. Das kann in der gegenwärtigen Lage nur unser Kronprinz sein. Darum rufe ich ihm zu: „Uebernimm Du die Führung! Das deutsche Volk ist in größter Not."
Das Gaupresseamt des Gaues Brandenburg der NSDAP teilt zu diesem Aufruf folgendes mit: „Wilde ist nicht mehr Ortsgruppenleiter, so daß sein Aufruf, der sich an den Kronprinzen im Namen der NSDAP richtet, als die private Stellungnahme eines aus der NSDAP ausgeschlossenen Mitgliedes zu betrachten ist."
Kleine politische Nachrichten -
Kein Strafverfahren gegen Dr. Weist und Heymanns- derg. Die Strafkammer des Berliner Landgerichts I hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den früheren Polizei- oizepräsidenten Dr. Weiß und den früheren Kommandeur der Berliner Schutzpolizei, He ymannsberg, gegen die die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Nichtbefolgung der Anordnungen des Militärbefehlshabers, General von Rund- stedt, erhoben hat, abgelehnt, da die Anklage dem Vernehmen nach in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung der Grundlage entbehre.
Stadtverordnetenwahlen in Gerdanen. Am Sonntag fanden in Gerbauen (Ostpreußen) Stadtverordnetenwahlen statt, bei denen die Wahlbeteiligung erheblich geringer war »IS bei den letzten Neichstagswahlen <63,1 gegen 85,8 Proz.). Es erhielten: Nationalsozialisten 483 St. <1074 bei der letzten Rcichstagswahl: SPD 598 St. (898): Bürgerliche Einheitsliste <DNVP, DVP, Wirtsch.P.) 462: Kommunisten 170 <217): Christl.-Soziale 141 <101).
Die belgischen Gemeindewahlen zeigen im ganzen einen eindeutigen Sieg der Sozialistischen Partei. Sie konnte 62
Lübben vereidigt die neuen Reichswehrrekruten
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In Lübben, der jüngsten, erst im November vorigen Jahres eingerichteten Neichswchrgarnison Deutschlands, fand jetzt zum erstenmal die Vereidigung der neuen Rekruten statt.__
absolute Mehrheiten neu erobern. In den ehemaligen deutschen Gebieten Eupen und Malmedy läßt sich das Wahlergebnis noch nicht in allen Einzelheiten übersehen. Man kann aber schon jetzt mit voller Sicherheit behaupten, daß die Wähler nahezu ausschließlich den Parteien ihre Stimme gaben, die sich eine neue Volksbefragung zum Ziele gesetzt haben.
Englisch-amerikanische Verhandlungen über die Seeabrüstung. Der amerikanische Vertreter der Abrüstungskonferenz, Norman Davis, ist in London eingetroffen. Er erklärte bei seiner Ankunft, baß er mit der englischen Negierung Besprechungen haben werde, um die Wiederaufnahme der Abrüstungsverhanblungen zwischen den Seemächten vor- zuberetten. Zuerst sollten England und Amerika ihre Vorschläge erörtern- Sollte ein Einvernehmen Zustandekommen, so würden die Besprechungen zunächst auf Japan und später
auf Frankreich und Italien ausgedehnt werden.
Titnlescn rumänischer Austenminister. Auf ein Angebot des Kabinetts Baida hin hat der Londoner Gesandte Titu- lescu das Außenministerium übernommen. In politischen Kreisen ist man der Ansicht, -aß die Uebernahme des Außen- Ministeriums dur» .Titulcscu nur der Anfang zu einem völ-
Negierungswechsel ist.
»panisches Bündnisangebot an Frankreich? Wie die oner „Sunbay Times" meldet, hat die japanische Ncgie- vor einiger Zeit Frankreich ein forme,-es Bündnis- bot gemacht. Dieses sei vom Quai d'Orsay sorgfältig ist und abgelchnt worden. Ergänzend hierzu wird be- dos französische Mitglied des Lytton-Ausschusses,
sei.