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Nr. 238

Dienstag, den 11. Oktober 1932

Jahrgang 105

Die Preußenklage vor dem Staatsgerichtshof

Um die Verfassungsmäßigkeil der Eingriffe der Reichsregierung in Preußen

--> Leipzig, 11. Okt. Gestern begann vor dem Staatsge­richtshof die Verhandlung über den Verfassungs- streit in Preußen. Der Staatsgerichtshof hat zu ent­scheiden, ob die Neichsmaßnahmen gegen Preußen Amts­enthebung der geschäftsführenden preußischen Minister mit der Verfassung in Einklang zu bringen sind. Dabei wird auch die Klage Bayerns und Badens zur Ver­handlung kommen, wobei fcstgcstcllt werden soll, wie weit die Reichsregierung berechtigt ist, Maßnahmen gegen die Länder durchzuführen. Die Entscheidungen des Staatsge- richlshofs werden von grundsätzlicher staatsrechtlicher Bedeutung sein. Die größte Schwierigkeit des Verfah­rens dürfte nach den Ausführungen des Vorsitzenden darin liegen, daß vermieden werden müsse, aus Anlaß eines be­stimmten Vorganges dem Artikel 48 der Neichsverfassung einen Sinn und eine Auslegung zu geben, die bei einem späteren Vorkommnis falsch sein konnten.

Den Standpunkt des Reiches zur Klage vertrat Ministerialdirektor Dr. Gottheiner. Er führte aus, die politische Entwicklung, die zum 20. Juli geführt habe, könne auch erheblich anders gesehen werden als sie von der Klage- scite dargestellt worden sei. Insbesondere seien die bluti­gen Vorgänge vor dem 20. Juli nach Auffassung der Reichsregierung zum wesentlichen Teil auf eine völlig einseitige Behandlung zurückzuführen, die man der ständig wachsenden nationalsozialistischen Bewegung habe an­gedeihen lasten. Dr. Gottheiner trat der Auffassung der Klä­ger über die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen der Reichs­regierung nachdrücklichst entgegen. Insbesondere sei es un­wahr. daß zwischen der Reichsregierung und der NSDAP, femals irgendwelche Vereinbarungen über bas Vorgehen ge­gen Preußen getroffen worden seien. Die Reichsregiernng habe sich in völlig freier Entscheidung zu dem Vorgehen am 20. Juli entschlossen.

Die objektive Sachlage, die das Vorgehen des Reiches gegen die Verordnung vom 20. Jnlt 1082 notwendig gemacht hat, ist in erster Linie durch die blutigen Unruhen des Som­mers 1082 gekennzeichnet. In einer Zeit höchster Not und Verarmung des deutschen Volkes standen festorganisierte Parteien im Zustande äußerster Erregung kampfbereit ein­ander gegenüber. In den wenigen Wochen zwischen dem 1. Juni und dem 20. Jul i 1932 haben im preußischen Staats­

gebiet über 460 Fälle schwerer politischer Ausschreitungen stattgefunden, bei denen 82 Todesopfer und 400 Schwerver­letzte zu beklagen sind. Die Reichsregierung hat in ihrem Schriftsätze dem Staatsgerichtshof Berichte über die blutigen Vorgänge in Ohlau am 10. Juli und in Altona am 17. Juli sowie über die umfangreichen Waffenschiebungen in Suhl vorgelegt. Diese Vorgänge waren nur einzelne Symptome einer überaus gefährlichen Gesamtlage. In der Presse wurde allgemein bereits von einem Zustande des Bürgerkriegs ge­sprochen. Diese Gefahrcnlage, die am stärksten in Preußen hcrvortrat, wurde für dieses Land durch das Verhalten und die parteipolitische Lage der damaligen geschäftsführcnden preußischen Regierung erheblich gesteigert.

Preußen, das den größten Teil des Reiches bildet nnd mit dem Reich die Hauptstadt und den Sitz der Regierung gemeinsam hat, ist vor allen anderen Ländern verpflichtet, Sicherheit und Ordnung zu erhalten. Leitende Beamte des Landes Preußen haben diese Pflicht angesichts des drohen­den Bürgerkrieges nicht erfüllt. Reichspräsident und Reichs- regierung waren der Ileberzcugung, daß die Kommunistische Partei, von staatsfeindlicher Gesinnung beseelt, gerade in Preußen in erster Linie für die Entstehung blutiger Unruhen verantwortlich zu machen sei, und daß der verantwortliche Leiter der preußischen Politik, der preußische Ministerpräsi­dent, und der für die Polizei zuständige preußische Minister des Innern wegen ihrer einseitigen Einstellung nicht mehr imstande und willens waren, dieser Lage Rechnung zu tra­gen. Unter diesen Umständen war die Verordnung des Reichs­präsidenten vom 20. Juli 1982 der einzige Weg zur raschen Befriedung des größten deutschen Landes zu gelangen.

Minister Severing hat die Sachlage, die der Neichs- regierung Veranlassung gegeben hat, vorzugehen, nach mei­ner Kenntnis genau so beurteilt wie die Reichsrcgierung selbst. Er hatte Mitte Juni dem gegenwärtigen Reichsmini- stcr des Innern gegenüber erklärt, daß er sich an dem Ge­schrei über die nahe bevorstehende Einsetzung eines Reichs­kommissars in Preußen nicht beteiligt habe, weil er per­sönlich der Ansicht sei, daß diese Maßregel sich nicht mehr vermeiden lasse, und er habe im weiteren Verlaufe dieser Unterredung mit Bezug auf diese Ein­setzung erklärt:Warten Sie nicht mehr lange!"

Tages-Spiegel

Bor -cm Staatsgerichtshof in Leipzig begann die Verhand» lnng der Preußenklage gegen das Reich, in der bekannt­lich der Reichsregiernng wegen der Absetzung des Pren- ßenkabinetts Vrann Berfassnngsbrnch vorgeworfen wird.

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Der französische Ministerpräsident Herriot wird sich, wie jetzt fcststeht, am Donnerstag mit Macdonald über die Glcichberechtigungsfrage anssprcche«.

Wie ans Saloniki gemeldet wird, sind im griechischen Erd- bebengebict neue starke Erdstöße verspürt worden. Un­ter der Bevölkerung entstand eine furchtbare Panik.

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Die neue mandschurische Regierung wird den Maßnahmen -cs Völkerbundes, die ihre Selbständigkeit beschränken, schärfsten Widerstand entgegenbringen.

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Weltflieger von Gronau mußte infolge Motorschadens ans dem Indischen Ozean notlanden. Ein englischer Dampfer hat anf SOS.-Nufe hin die Besatzung des Flugbootes über­nommen.

schen festgestellt, die Höllenmaschinen, Waffen und Munition aus Zara und Fiume nach Südslawien eingeschmuggelt hat­ten. Unter den Bauern wurden zahlreiche Verhaftungen vorgenommen.

Vom Reichskuralorium für Iugenderliichligunq

TU Berlin, 11. Okt. Die ersten regelmäßigen Lehrgänge des Neichskuratoriums für Jugendertüchtigung werden dem­nächst beginnen. In dreiwöchigen Kursen sollen zunächst Hilfslehrer für den Geländesport herangebil­det werben. Hierzu können von allen Verbänden, die sich zur Mitarbeit bereit erklärt haben, Teilnehmer vorgeschla­gen werden. Durch die Teilnahme an den Lehrgängen sollen die Hilfslehrer befähigt werden, innerhalb ihrer Verbände die Ausbildung im Geländesport durchzuführen. Zu dem Uebungsstock der geländesportlichen Lehrgänge gehören Lei­bes- und Ordnungsübungen, Wanderungen, Seh- und Hör- ttbungen im Gelände, Kartenlesen, Zurcchtfinden im Ge­lände, Geländespiele und Kleinkaliberschießen. Jede par­teipolitische Betätigung in den Lehrgängen ist verboten.

Mit den Landesregierungen hat eine Besprechung über die Aufgaben des Reichskuratoriums für Jugendertttchti- gung stattgcfunden und, wie von zuständiger Stelle mitge­teilt wird, die Zustimmung sämtlicher Landesregierungen ergeben. Das Reichskuratorium, das nicht die gesamte Ar­beit zentral leiten kann, wird 12 Zweig st eklen im Ge­biet des Reiches einrichten, die die Aufgabe haben, sowohl mit den Landesregierungen und Landesbehörden, als auch mit den Untergliederungen der Verbände enger Fühlung zu halten. Sie sollen ferner den Unterricht an den Ge- ländcsportschulen ihres Gebietes überwachen.

Aus dem Wahlkampf

TU. Berlin, 11 . Okt. Dr. Goebbels hat an bi« Reichs- Parteileitung der Deutschnationalen Volkspartei ein Schrei­ben gerichtet, in dem er diese aufforderl, mit rhm in einer sachlichen Diskussion vor der Berliner Bevölkerung di« grundsätzlichen Unterschiede zu klären, die zwischen der NSDAP, und der DNVP. bestehen. Er ersucht darum, zu der morgen abend im Berliner Sportpalast statt­findenden nationalsozialistischen Versammlung einen deutsch­nationalen Redner zu entsenden, dem eine Stunde Redezeit zngebilligt werde. Er erklärte sich außerdem bereit, falls das erste Angebot abgelohnt werbe, in jeder deutschnationalen Versammlung auf Anforderung als Diskussionsredner zu erscheinen, wenn ihm dabei nur eine halbe Stunde Redezeit zur Verfügung gestellt werde.

Auf die Aufforderung des Herrn Dr. Goebbels hat die Hauptgeschäftsstelle der DNVP. geantwortet, di« Deutsch­nationalen lehnten eS ab. einen Redner in die vorgeschlagcne Versammlung zu schicken. Sie würden aber Dr. Goebbels die Möglichkeit geben, stch'sachlich mit den Dcutschnationalen aus- cinanderzusehen und würden ihm Mitteilen, in welcher Ver­sammlung der DNVP. ihm eine Stunde Redezeit gewährt werdet würde.

In einer überfüllten Kundgebung der DNVP. in den Hohenzollernsälen sprach gestern der Leiter der dcutschnatio­nalen Pressestelle, Hauptmann a. D. Brosius. Gleich zu Beginn der Rede entstand eine laute Aussprache zwischen dem Redner und den zahlreich anwesenden jugendlichen National­sozialisten, die den Redner kaum einen Satz zu Ende führen ließen. Im weiteren Verlauf der Rede wurden dann die Störungen wiederum sehr stark. Schließlich erschien die Poli­zei und entfernt« die Störer gewaltsam.

Die Aussichten der Viermächtekonferenz

Zusammenkunft Macdonatd-Herriot am Donnerstag Genf oder Lausanne kommen

als Konferenzorte nicht in Frage

Besprechung Herriot-Macdonald am Donnerstag

TU Paris, 11. Okt. Amtlich wird bekannt gegeben, daß Herrtot bereits am Mittwoch nach London abreist. Die Be­sprechung mit Macdonald wird am Donnerstag stattfinden. Für heute ist in Paris ein Kabinettsrat und für Mcktwoch vormittag ein Mtnisterrat unter dem Vorsitz des StanZ- präsidentcn einberufen. fran^sssi.sHen diplomatischen

Kre'.^n stimmt man an, daß Herriot in London versuchen wird, die deutsche Gleichberechtigungsforde­rung mit einer französischen Sicherhetts­forderung zu verkoppeln.

Nach einigem Zögern bestätigt jetzt auch bas Foreign os- fice den bevorstehenden Besuch Herriots in London. Amt- licherseits wird zwar von einer Einladung Macdonalds an Herriot gesprochen, doch besteht kein Zweifel darüber, baß den Engländern der Besuch Herriots sehr ungelegen ist. In amtlichen Londoner Kreisen wurden am Montag die Aussichten für eine Konferenz der vier Mächte entschieden hoffnungsvoller beurteilt als es noch in der letzten Woche der Fall war. Man hofft, baß die Unterredung Mae- öonalbs mit Herriot zu einer Festlegung des Zeitpunktes des Zusammcnknnftsortes und auch des Umfanges der Kon­ferenz führen möge. Es zeigt sich auf englischer Seite schon wieder die Neigung, der französischen Forderung auf Hin­zuziehung von einigen kleineren Mächten, einschließlich Po­len, nachzn geben, wenn dadurch der Konferenzgedanke gerettet wird. Hinsichtlich der Stellungnahme Dentichlands glaubt man in London, daß die deutsche Negierung sich auch zu einem anderen Verhandlungsort als London bereit fin­den wird, sofern es nicht ansgerechnet Genf ist. In Lon­don glaubt man, daß der Konferenzort weder London noch Genf sein wird. Man versucht alles zu tun, um den Mei­nungsaustausch auf die vier Hauptmächte und einen ameri­kanischen Beobachter zu beschränken.

Die Ausfassung in Berlin

Die Absicht dcS französischen Ministerpräsidenten Her­riot, nach vor dem St-tttsinden Fünimächtekonferenz zu einer Aussprache mit Macdonald nach London zu reisen, ist

in Berliner politischen Kreisen mit Ruhe hingenommen worden. Sollte Herriot versuchen, durch diese Besprechung der Entscheidung der Fünfmächtekonferen; irgendwie vor­zugreifen, so dürfte s'H LrL aisvald nach Beginn der Fünf- ^Eserevz Herausstellen und zweifellos sofort zu einem Verzicht Deutschlands auf die weitere Teil­nahme an der Konferenz führen. Was die Wahl des Konferenzortes angeht, so wird Genf als Sitz des Völker­bundes von Deutschland ohne weiteres abgelchnt. Auch Lausanne wird angesichts der Erfahrungen, die bei den letz­ten -internationalen Konferenzen gemacht worden sind, nicht als ein Ort angesehen, der die für einen gedeihlichen Aus­gang der Konferenz geeignete Atmosphäre hat.

Politische Zustimmenstöste in Niederösterreich

TN Wien, 11. Okt. In Melk lNiederösterreichf kam eS zu Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten und So­zialdemokraten, bei denen die Gegner mit Messern auf­einander los gingen. Ein Nationalsozialist und ein Sozial­demokrat erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Außer­dem wurden 13 Personen mehr oder weniger schwer ver­letzt. Auch ans Gmünd lNiederösterreichf werden Zusam­menstöße zwischen Sozialdemokraten und Nationalsozialisten gemeldet. Bei einem Stcinbombardement wurden 15 Na­tionalsozialisten und 8 Sozialdemokraten teils schwer, teils leichter verletzt. Die Gendarmerie mußte mit gefälltem Bajonett Vorgehen, um die Gegner zu trennen.

Verschwörung in Äolmolien oiffoedeckt

TU Belgrad, 11. Okt. Amtlich wird mitgeteilt, daß die Behörden in Dalmatien und im kroatischen Küstenland eine weitverzweigte revolutionäre Organisation ent­deckt haben. Die Aufdeckung erfolgte anläßlich der Unter­suchung der Zusammenstöße zwischen Aufständischen und der Gendarmerie, die dort stattgefunden hatten. Unter der Be­völkerung wurden zahlreiche Helfershelfer der Aufstänbt-