Frankreichs weltpolitisches System in Umbildung

Das Kennzeichnende für die jüngsten außenpolitischen Handlungen Frankreichs ist eine fieberhafte Nervosität. All­gemeines Kopfschüttein, als der französische Ministerpräsident sich kürzlich als derMann von Versailles" herausstellte. Wenn Herriot jetzt aber schon Reden hält, in denen er Deutschland, bas wehrerziehungsmäßig am weitesten zurück­gebliebene Land der Erde, heuchlerisch verdächtigt, den Kin­dern das Töten beizubringen, obwohl die auf das schärfste dnrchvrganisierte militärische Jugendausbildung Frankreichs schon Schuljungen die Erwerbung des Unteroffizierspatentcs vor dem wirklichen Eintritt in das Heer ermöglicht, dann ist die Zeit politischer Psychiater für die Beurteilung der fran­zösischen Seelenverfassung gekommen. Das weltpolitische System Frankreichs steht in einer entscheidenden Umbildung. Der Quai d'Orsay fühlt eine wachsende Vereinsamung bei der Pflege des Versailler Revolververtrages. Es wird Tag in Deutschland. Bon der Straßenräuberbande, welche die deutsche Nacht zu finsteren Gewalttaten auswertete, schleicht sich ein Mitglied nach dem anderen davon, und nur Frank-' reich hält noch den Finger am Hahn, mit verkürzten Schritten weitertappend, den Griff desArms der Gerechtigkeit" schon vorahnend.

Zeichen der Zeit, daß der Abgeordnete Edouard de Mar­ren bei Herriot Verständnis findet für die Umbildung Frank­reichs und seiner Kolonialstaaten zu einem Weltreich nachdem VorbildEnglands. Ein Traum von einer geschlossenen Bolkskraft von hundert Millionen Menschen steigt auf. England gründete ihn auf die kolonialen Weißen. Franzosen haben wenig Gefühl für Raffe und sind bereit, die sechzig Millionen Farbigen ihres Ueberseereiches als gleichberechtigte Franzosen anzuerkennen, wenn sie bereit sind, für Frankreich zu leben und zu sterben, wobei der Nach­druck auf dem letzten Tätigkeitswort liegt. Das Einbringen von Farbigen in die höchsten französischen Verwaltungs­bereiche, eines ausgesprochenen Senegalnegers sogar, in das Kabinett selbst, ist ein Vorgang, durch den die künftige Ent­wicklung Frankreichs in klaren Umrissen vorgezeichnet wirb. Frankreich entwickelt sich aus einer Vormacht in Afrika zu einer Vormacht des dunkle» Erbteils in Eu­ropa. Die erschöpfte Volkskraft Frankreichs reicht nicht mehr aus für die Verwirklichung dessen, was Frankreich Sicherheit" nennt, was aber in Wirklichkeit die Erzwingung der Weltmacht durch die stärkste Rüstung zu Lande, zur See und in der Luft heißt. Auf der Erde hat Frankreich sein Ziel ganz erreicht. Es ist die stärkste Landmacht. In der Luft wird es nur noch von Amerika übertroffen. In Europa un­terhält es schon jetzt die stärkste Luftkriegsmacht. Zu Wasser erstrebt es gleichzeitig die Vorherrschaft im Mittelmeer und im Englischen Kanal und hat sich diesen Zielen weitgehend genähert.

Die ungeheuren Menschenmassen, die «in so riesenhaftes Programm erfordert, bringt Frankreich nicht mehr aus eige­

bem großen Erdbeben in Griechenland, das bis jetzt mehr als 200 Todesopfer und viele hundert Verletzte gefordert hat. Unser Bild zeigt die grauenvollen Zerstörungen in der Ortschaft Teriffas auf der Halbinsel Calcibice. Kaum ein Stein ist auf dem anderen geblieben. Die wenigen Häuser, die noch erhalten geblieben sind, stehen zum Teil schief und drohen jeden Augenblick einzustürzen. Auf den Trümmern irrt die obdachlose Bevölkerung umher, nach verschütteten Angehörigen und ihren wenigen Habseligkeiten suchend.

Kleine politische Nachrichten

Glückwünsche von Staatsoberhäuptern «nb Regierungen an Hindenbnrg. Dem Reichspräsidenten sind aus Anlaß sei­nes Geburtstages seitens zahlreicher Staatsoberhäupter und Negierungen Glückwünsche zugegangen. So haben u. a- Glückwünsche gesandt: der Kaiser von Japan, die Könige von Bulgarien, Dänemark, England, Italien, Norwegen, Schweden und Siam, der Reichsverweser des Königreichs Ungarn die Präsidenten der Vereinigten Staaten von Ame­rika, der österreichische Bundespräsident und die Präsidenten von Finnland und Litauen sowie der italienische Minister­präsident Mussolini.

nem hervor, trotz der Ausdehnung der militärischen Ausbil­dung auf die Schulzeit, trotz der auf ein Jahr verkürzten Dienstzeit zwecks Bewältigung der KriegSauSbildnng der ge­samten französischen Bevölkerung, deren männlicher Teil wahrlich nur noch als Kriegsmaterial angesprochen werden kann. Die dunklen Nassen Afrikas sind ihm schon heute un­entbehrlich. Sie gewinnen aber durch die militärische Aus­bildung an eigener Kraft und Bedeutung, ganz ähnlich den germanischen Truppen, die einst bas sterbende Römische Reich zu seiner militärischen Sicherung infolge Erlahmcns der eigenen Kraft heranziehen mußte. Deshalb kommt dem Ruf. Mussolinis gegen die Haltung schwarzer Truppen in Europa eine unendlich tiefere Bedeutung zu, als daß auf den ersten Blick erscheinen mag.

Das weltpolitische europäische System Frankreichs löst sich auf. Sichere Anzeichen dafür sind die Preisgabe des Tarbieuschen Sübost-Europa-Plans, der noch einmal die glänzende außenpolitische Lage Frankreichs von 1918 hcrbci- zitieren sollte, und die beträchtliche Nervosität in Polen. Die südosteuropäischen Staaten fühlen sich von Frankreich ver­lassen, weil sie erkennen mußten, baß sie von dem eifrigen Geldgeber für militärische Zwecke, für ihre völkische, staatliche und wirtschaftliche Entwicklung keinen Sou zu erwarten ha­ben. Polen empfindet täglich klarer, baß ihm selbst die Siche­rung der phantastischen Grenzen gegen Deutschland anfällt, gerade in einer Stunde, in der die deutsche Kraft auf der fruchtbaren Grundlage eines neuen, entschlossenen nationalen Wollens unzweifelhaft wächst. Das einzige, was Frankreich für seine östlichen Trabanten noch tut, sind seine Bemühun­gen um eine vollständige Lösung Rußlands von einer Außen­politik an der Seite Deutschlands. Der polnisch-russische Nichtangriffspakt war dabet für Frankreich und natürlich auch für Polen ein bedeutender Erfolg. Neuerdings wird auch Rumänien in die gleiche Richtung gedrängt, obwohl es auch jetzt noch immer wieder betont, baß ihm Kellogg- und Lit- winow-Pakt für seine Sicherheit völlig ausreichen, und sich wehrt, zur Erlangung eines russisch-rumänischen Nichtan­griffspaktes Zugeständnisse an Rußland in Bessarabien zu machen. Frankreich selbst wird auch ohne Vorantritt Rumä­niens seinen Nichtangriffspakt mit Rußland abschließen, um unsere außenpolitische Anlehnung im Osten weitestmöglich zu entwerten.

Für die Tagespolitik gefährlicher bleibt aber die krampf­hafte Annäherung Frankreichs an Amerika. Paris hält den Hooverplan nicht mehr für unannehmbar. Paris löst sich sogar von der Tardieuübereinkunft mit Japan und trägt der amerikanischen Einstellung zu der mandschu­rischen Frage Rechnung. Paris nötigt dadurch auch England zum Näherkommen, dem eine französisch-amerikanische An­näherung nicht gleichgültig sein kann. Und diese neue Auf­lage der Entente bildet sich um Genf. Das heißt für Deutsch­land: zäher Wille, harte Nerven und M u t zum Kampfe!

Die BelgraoerPrawda" berichtet aus Saloniki, daß in Griechisch-Mazedonien ein neuerliches Erdbeben ungeheure Verheerungen angerichtet habe. Das Erzbergwerk bei Stra­toniki sei mit der ganzen Belegschaft verschüttet worden. Bis­her habe man nur 40 vollkommen verstümmelte Leichen ber­gen können. Ferner seien große Küstenteile ins Meer ge­stürzt, so baß die Küste heute einen ganz anderen Verlauf nehme als vorher. Auch die kleine Insel Anagioni, auf der 280 Familien leben, sei unter dem Wasserspiegel versunken.

Reichstagsverkleinerung? Im Hinblick auf die zahlreichen politischen Wahlen, die in diesem Jahre schon stattgefunden haben, rechnet man jetzt allgemein damit, baß die Wahl­beteiligung, die bei der letzten Reichstagswahl bekanntlich ungewöhnlich groß war, erheblich zurückgeht und sich damit auch die Zahl der Reichstagsabgeordneten nicht unwesentlich vermindert. Man nimmt an, daß durch bas fortgesetzte Wählen die Wahlmüöigkett so groß werden wird, daß der neue Reichstag allenfalls 850 bis 600 Abgeordnete umfaßt.

Preuße« und Reich. In einer Unterredung mit einem Pressevertreter äußerte der Präsident des Preußischen Land­tages, Kerrl, daß die nationalsozialistische Bewegung seit ihrer Gründung die Beseitigung des Dualismus Preußen-

Reich und die Herstellung der dazu notwendigen Personal­union verfolge. Die Verwirklichung des dahin gerichteten Strebens sei aber nur möglich, wenn ein vom preußischen Landtag gewählter Ministerpräsident zum Reichskanzler er­nannt werde.

Pünder Regierungspräsident von Münster. Staatssekre­tär a. D. Dr. Pünder, der langjährige Staatssekretär der Reichskanzlei ist, wie dieGermania" erfährt, zum kommis­sarischen Regierungspräsidenten von Münster ernannt wor­den. Die endgültige Bestätigung in seinem Amte ist noch von der Zustimmung des westfälischen Provinzialausschus­ses abhängig, der zum 17. Oktober einberufen ist-

Hungerdemonstrationen in USA. In Salt Lake im Staate Uta kam es zu Hungerdemonstrationcn, an denen mehrere hundert Kinder und mehrere tausend Erwachsene teilnahmen. Bei einem Zuge durch die Stadt riefen die Kinder im Sprechchor:Gebt uns Nahrung, gebt uns Klei, düng." Bon den Erwachsenen betätigten sich am aktivsten junge Mütter.

DerStahlhelm" über Hitlers Machtforderungen

DerStahlhel m", das Organ des Bundes der Front­soldaten, berichtet über die Forderungen Hitlers in den Ta- gen um den 13. August, in denen bekanntlich Hitler vom Reichspräsidenten empfangen wurde, folgendes:

Herr Hitler hat in den Verhandlungen, die Mitte August mit den Beauftragten des Reichspräsidenten statt­gefunden haben, nicht nur den Neichskanzlerposten für sich verlangt, sondern darüber hinaus, sozusagen als Vorlei­stung, gefordert, daß ihm vor der Amtsübernahme drei Tage lang die Straße (unter Zurückziehung der staatlichen Machtmittel) für seine SA. freigegeben werde. DieEroberung der Macht", zu der er sich nicht fähig fühlte, sollte also wenigstens unter freundlicher Hilfsstellung des Reichspräsidenten markiert werden. Angesichts dieser Tatsache, die, wie wir ausdrück­lich feststcllen möchten, durch kein Dementi aus der Welt zu schaffen ist, nimmt sich der vomAngriff" für die Nationalsozialisten in Anspruch genommene Wahl­spruch:Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müs­sen" einigermaßen seltsam ans. Uns scheint, es hätten einige andere sterben müssen, wenn Herr Hitler Deutschland hätte regieren dürfen"

Es wäre zu wünschen, baß die verantwortlichen Stellen offen erklärten, was an diesen Dingen wahr ist, um so mehr, als schon seit längerer Zeit unkontrollierbare Gr- rüchte umlaufen.

Hitler über Volk und Regierung

TU. München» 4. Okt. Auf einer Tagung der national­sozialistischen Gaufrauenschaftsleiterinnen hielt Adolf Hitler eine Rede, in der er nach dem Bericht der NSK. u. a. aus­führte: Wenn es einer Regierung gelingt, hundertprozentige Uebereinstimmung herzustellen zwischen sich und dem Volke, dann wird eine solche Regierung selbstverständlich auf Grund der hinter ihr stehenden Macht eine Nation nach außen ver­treten können. Aber wer nicht mit dem Volk und durch das Volk regiert, wendet sich gegen das Volk. Ich habe nie meine Mission dahin verstanden, in Zukunft den deutschen Arbeiter niederzuzwingen. Ich möchte ein Regiment aufbauen, mittels dessen ich ihn in den lebendigen Organismus der Lebensge­meinschaft hlnetnführe. Ich werde mir niemals einbilden, daß man mit einem Klüngel, den man über die Nation setzt, regieren kann.

Adolf Hitler vor der nationalsozialistischen Zugend

- Potsdam, 4. Okt. In der Hauptkundgebung des natio­nalsozialistischen Neichsjugendtages sprach Adolf Hitler. Er sagte u. a.:Es war früher für die Jugend vielleicht die Zeit insofern schöner, als sie ihr mehr bieten konnte, aber ärmer insofern, als sie nicht schon so früh einführte in das Leben und das Schicksal des eigenen Volkstums. Die Not und bas Elend, das heute über dem Volke liegt, ist hervor­gerufen dadurch, baß sich das deutsche Volk selbst vergaß, baß es uneinig wurde und damit auch Macht und Recht verlor. Wenn wir heute von Versuchen sprechen, die deutsche Not zu beheben, so wissen wir, daß wir ausgchen müssen von dem Volk selbst, bas wieder lernen muß, sich als Volk zu fühlen und als Volk zu handeln. Wir werden es nicht lernen in den Geschlechtern, die vergehen, sondern das Ge­schlecht muß es lernen, das heute kommt. Eine solche Er­ziehung kann nicht früh genug einsetzen."

Verbot bargeldloser Arbeitsgemein­schaften in Preußen

TU. Berlin, 4. Okt. In Preußen wurden in letzter Zeit Versuche unternommen, durch Schaffung sog. Giral- Geldes oder dergleichen und unter Mithilfe besonderer zu diesem Zweck gebildeterArbeitsgemeinschaften" «Aus­gleichkasse und ähnlicher Organisationen), einen besonderen Zahlungsverkehr ins Leben zu rufen. Lieferanten und Ar­beiter erhalten ihre Zahlungen nicht in bar, sondern durch Gutschriften und geben ihrerseits für Einkäufe usw. Vcr- rechnungsanweisungen auf ihr Guthaben, in einzelnen Fäl­len unter Abzügen zu Gunsten der Organisation. Dieses Verfahren begegnet nach einem Regierungserlas, schwerwie­genden Bedenken. Es handele sich, so heißt es darin, um eine neue Art der Geldschaffung, die ernste wäh­rungspolitische und kreditpolitische Gefahren in sich schließe. Soweit an diesem Verfahren vereinzelt auch Ge­meinden und Gemetnüeverbände beteiligt sein sollten, wird veranlaßt, baß diese Beteiligung sofort aufgegebcn wird und neue Beteiligungen nicht mehr erfolgen.

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Aus dem griechischen Erdbebengebiet

Die ersten in T-.u-^mud e-nue-ro^enen r-uluahmen von