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Freitag, den 23. September 1932

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Fahrgang 105

Tages-Spiegel

Aufruf des Reichskanzlers zur Winterhilfe

v. Papen bittet um Gaben für die notleidenden Arbeitslosen Die Reichswehr- und

Marinemanöver sind aus

TU. Berlin, 23. Sept. In der Stunde für die Winterhilfe sprach am Donnerstag abend Reichskanzler von Papen über alle deutschen Sender. Der Kanzler führte etwa fol­gendes aus: »Heute wendet sich das Winterhilfswerk an Sie und das ganze deutsche Volk mit der dringlichen Bitte, es auch im kommenden Winter durch freiwillige Spen­den aller Art bei der Betreuung bedürftiger Volksgenossen zu unterstützen. Schon lassen manche Anzeichen erkennen, daß sich in der Welt hier und dort Aufhellung verbreitet Es regen sich neue Hoffnungen. Die Ueberzeugung festigt sich, daß, wenn auch nicht bas Ende aller Auswirkungen des ungeheuerlichen Wirtschastsniederbruches erreicht ist, so doch bergefahrvolle Punktüberwunden ist, der über Tob oder Leben entscheidet.-

Die Reichsregierung hat für den Zeitpunkt, an dem sich eine aufstrebende Entwicklung anbahnt, ihrerseits Maßnah­men getroffen, um die deutschen Wirtschaftskräfte aus ihrem Erstarrungszustande wieder zu neuer Entfaltung zu bringen. Sie hat damit den Kampf gegen die Arbeitslosig­keit als eine der offenbarsten Erscheinungen des unverschul­deten Elends von Millionen darbender Volksgenossen und ihrer Familien mit Entschlossenheit ausgenommen. Sie er­wartet zuversichtlich, daß sich ihre Maßnahmen schon in den nächsten Monaten heilsam auswirken werden und daß bas Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ratlosigkeit, von denen manche Volkskreise zu Zeiten erfaßt gewesen sein mögen, bald einer zuversichtlicheren Betrachtung weichen wird.

Ein derartiger Gesunbungsprozeß erfordert jedoch seine Zeit. Deshalb wird auch der kommende Winter dem Gemein­schaftssinn des deutschen Volkes neue große Aufgaben stellen. Bei der Massenhaftigkeit der Verarmung reichen trotz des größten Aufwandes öffentlicher Mittel die staatlichen und ge­meindlichen sozialen Einrichtungen nur eben hin, um einen äußersten Lebensbedarf sicherzustellen. Die Massen unschuldig ins Unglück Geratener haben dennoch den Glauben nicht ver­loren, daß sie aus ihrer zermürbenden Sorge und Entbeh­rung sich wieder einmal in eine bessere Zukunft hinüber­retten. Sie haben sich das Zutrauen zu sich selbst und zu ihrem Volke erhalten, aber sie werden in diesem Vertrauen neu gestärkt werden, wenn es auch in diesen Wintermonaten gelingt, ihnen einen neuen Beweis wohltätiger Nächstenliebe zu erbringen, wie es stets Christen­sinn und Christcnbrauch gewesen ist.

Gewiß ruhen auf allen Schultern und allen Schichten und Ständen schwere Lasten und drückende Sorgen. Die Opfer­tätigkeit eines jeden ist bis zum äußersten in Anspruch ge­nommen. Mancher, der gern geben möchte, wird glauben, hierzu nicht in der Lage zu sein. Viele sind selbst in Not geraten, die noch vor einem Jahr anderen helfen konnten. Um so größerer Anstrengungen wird es bedürfen, um mit den Sammlu ngserträg n issen gegenüber dem Vorjahr nicht zurückzu st ehe». Aus den Grundbin­dungen jeden nationalen Zusammenhalts, Familie, Heimat, Vaterland, ergibt sich aber die Pflicht zum persönlichen Dienst des einen am andern. Auch bas Winterhilfswerk i st Dienst am Vaterland.

Das letzte Winterhilfswerk hat den Beweis erbracht, wie groß und stark sich große Opferbereitschaft trotz allem erhal­ten hat. Für das letzte Hilfswerk sind vom deutschen Volk rund 130 Millionen in Geld- und Sachspenden auf-

Unstimmigkeiten in Genf

Henderson gegen Simon und Paul-Boncour in -er Gleichbercchtigungsfrage.

TU. Genf, 23. Sept. Das Büro der Abrüstungskonfe­renz trat am Donnerstag erneut zu einer Sitzung zusam­men. Irgendwelche sachlichen Verhandlungen über die Wet­terführung der Abrüstungsverhandlungen fanden nicht statt. Nach Mitteilungen von gut unterrichteter Sette sind die auf­fallend langsamen und bedeutungslosen Verhandlungen auf den Wunsch der englischen Negierung zurttckzuftthren, um Zeit für die nach der Ankunft des NetchsaußenministerS einsetzcnden privaten Besprechungen zu gewinnen.

Der russische Außenkommissar Litwinow forderte gestern, daß nach der Behandlung der rein geschäftsmäßigen Fragen nun endlich die für eine wirkliche Abrüstung allein entschei­dende Hauptfrage in Angriff genommen würde. Der englische Außenminister Simon erhob sich darauf sofort und erklärte, daß das Büro der Abrüstungskonferenz in keiner Weise zuständig für politische Fragen sei. Es stehe dem Hauptausschuß zu, die großen politischen Probleme burchzuberatcn. Paul Boncour pflichtete dem englischen Außenminister bei.

Die übereinstimmende Erklärung, die der englische Außenminister und der französische Kriegsminister über die

gebracht worden. Hunderttausenden Männern, Frauen, Vä­tern, Müttern und Kindern konnte damit wenigstens ein Teil des Allernotwendigsten beschafft werden, was sie sonst hätten entbehren müssen. Damit hat sich deutsche selbstlose Hilfs­bereitschaft ein neues Denkmal in der Geschichte gesetzt. Allen denen, die daran mitgewirkt haben, spreche ich den Dank des Reiches aus.

Die Erfahrungen des vorigen Winters haben jedoch ferner gezeigt, daß sich unser Volk über alle weltanschaulichen und Parteifragen hinweg immer dann die Hände zu reichen wil­lens ist, wenn es Beistand zu leisten heißt, und einen Be­weis nationalen Zusammenhaltens in Zei­ten der Gefahr zu erbringen. Ich bin überzeugt, baß auch der diesmalige Appell an die Opferbereitschaft nicht ver­geblich sein wird. Jeder spende daher nach Kräften und sei es die unscheinbarste Spende. Sie wirb den notleidenden Volksgenossen ein Zeichen dafür sein, daß auch in dem leiden­schaftlichsten Streit der Meinungen ein unzerreißbares Band menschlicher Verbundenheit alle die umschließt, die sich Deut­sche nennen."

Die Lehre der Reichswehrmanöoer

Vollkommen ungenügender militärischer Schutz.

Die großen Herbstmanöver sind am Donnerstag mittag zum Abschluß gekommen. Der Reichspräsident hatte sich be­reits in den frühen Morgenstunden auf das Manöverfeld begeben, wo er von dem das Manöver leitenden Chef der Heeresleitung, General von Hammerstein, fortlaufend unterrichtet die Entwicklung der motorisierten Kavallerie­korps gegen den schwerer beweglichen blauen Verteidiger aufmerksam verfolgte. Nach dem Abbruch der Kampfhand­lungen lieb der Reichspräsident noch einige Truppenteile an sich vorbeimarschieren und begab sich dann im Kraft­wagen in das reich beflaggte Frankfurt, wo die Schluß­besprechung unter seiner Leitung stattfand.

Das Manöver hat schlagend bewiese», welche Gefähr­dung der deutschen Sicherheit «nd des europäische« Frie­dens die einseitige deutsche Abrüstung darstellt und wie un­erläßlich die Durchsetzung der deutschen Gleichberechtigung, also entweder Abrüstung der anderen oder Umbau der deutsche« Wehrmacht ist.

Dieser Anschauungsunterricht ist mit besonderem Inter­esse von den ständig über die Manöverlage unterrichteten fremden Militärattaches verfolgt worden, die neben den rein militärischen Vorgängen auch der praktischen Lage im Zusammenhang mit der Grenzziehung im Osten und dem militärischen Kräfteverhältnis beiderseits der deutsch-polni­schen Grenze ihre Aufmerksamkeit schenkten. Die Truppen wurden nach dem Zusammenziehen auf dem Manöverfeld in der Nacht zum Abtransport in die Garnisonen verladen. Auf Truppenbesichtigung und Schlußparade ist aus Erspar­nisgründen verzichtet worden.

Auch die Herbstmanöver der Marine beendet.

Am Mittwoch traf die gesamte deutsche Flotte nach Be­endigung der Herbstmanöver in Wilhelmshaven ein. Die Manöver» die im ganzen 2 Wochen angedauert haben, nahmen in der Ostsee ihren Anfang. Dann wurde Skagen passiert, wo man Zeit fand, den Gräbern der in der großen Seeschlacht Gefallenen einen Besuch abzustatten. In der Nordsee spielten sich dann die übrigen Manöver ab.

Behandlung der politischen Fragen abgaben, unter denen gegenwärtig die deutsche Gleichberechtigungsfrage verstan­den wird, hat überall Aufsehen erregt. Es hat sich somit ergeben, baß Simson und Paul-Boncour, wie nicht anders zu erwarten, in völliger Uebereinstimmung mit dem Stand­punkt der französischen Negierung eine Behandlung der Gleichbercchtigungsfrage im Büro der Abrüstungskonferenz verhindern wollen, um den Weg für die von Frank­reich gewünschte Erörterung der Gleichverechtigungsfrage entweder in der Vollversammlung des Völkerbundes oder im Völkerbundsrat frei zu machen. Die Sitzung hat damit von neuem ergeben, daß dank dem Einfluß des ge­genwärtig der französischen Politik sehr nahestehenden eng­lischen Außenministers Simon weitgehende Uever- etnstimmung zwischen der englischen und der franzö­sischen Regierung in der Deutschland gegenüber einzuneh­menden Haltung besteht.

Henderson will die Behandlung der dentsch«« Forderung vor dem Büro erzwinge«.

Der Präsident der Abrüstungskonferenz, Henderson, soll, wie verlautet, die Absicht haben, in den weiteren Ver­handlungen des Büros den Vorschlag zu machen, daß sämt­liche Fragen des Abrttstungsproblems jetzt unverzüg­lich vom Büro in Angriff genommen werben müssen. Er soll insbesondere beabsichtigen, daß die deutsche

Reichskanzler von Papen hat namens der Reichsregierung zur W'nterhilfe für die Notleidenden ansgerusen. Die Ka- binettsbcratungen über den 2. Teil der Wirtschaftsnotver» ordnnng stehen vor dem Abschluß.

»

Im Büro der Abrüstungskonferenz kam es zu Unstimmigkei­ten über die Behandlung der deutschen Gleichberechtignngs- sordernng. Henderson will sie gegen den Wille« der sra«» zösischen «nd englischen Vertreter durchsetze«.

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Der Verwaltungsrat des internationalen Arbeitsamts be­schloß die Einberufung einer technischen Konferenz für Ja­nuar 1S3S zur Prüfung der allgemeinen Einführung der 4V-St«nden-Arbeitswoche.

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Die Herbstmanöver der Reichswehr und Reichsmarine sind gestern abgeschlossen worden. Die großen Hebungen der Reichswehr an der Oder ergaben einen völlig ungenügen­den militärischen Niistungsstand Deutschlands.

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Der württembergische Staatspräsident hatte gestern in Ber­lin eine Unterredung mit dem Reichskanzler.

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Der Stenerausschuß des württembergische« Landtags hat der Einführung der Filialsteuer grundsätzlich zngestimmt.

Forderung auf Anerkennung der Gleichberechtigung in öffentlicher Sitzung des Büros zur Verhandlung gelangt. Auf Liese Weise will Henderson die allgemein erwarteten diplomatischen Besprechungen beschleunigen. Er soll den allergrößten Wert darauf legen, daß Deutschland eine Rück­kehr in die Abrüstungskonferenz ermöglicht wird und der grundsätzliche und moralische deutsche An­spruch aus Gleichberechtigung Anerkennung findet.

Der deutsche Standpunkt wird wesentlich durch die in Genf immer weiter um sich greifende Ueberzeugung bestärkt, für die die Haltung Hcndersons maßgebend ist, daß ohne Beteiligung Deutschlands praktisch die Abrüstungskon­ferenz lahmgelegt und sogar aufs äußerste gefährdet ist Die Rückkehr Herriots aus Gens nvird in Paris allgemein so gewertet, daß dort vorläufig Ueberraschungen oder »unangenehme Zwischenfälle" nicht zu erwarten seien. Die wichtigste Arbeit stehe erst in der näch­sten Woche bevor, wenn Herriot wieder in Genf sei. Wenn auch nicht deutlich, gibt man doch zu, daß Frankreich im Augenblick durch eine eigene Initiative auf dem Genfer Bo­den nichts zu gewinnen habe. Herriot wolle nicht irgend­welche Kastanien aus dem Feuer holen, sondern abwarten, bis die Lage auf der Abrüstungskonferenz durch etwaige Einwirkungen Englands und Amerikas auf Deutschland klarer zu überschauen sei. Man verläßt sich in Paris ziemlich stark darauf, daß der englische Einfluß in Rom ausreichen werde, um besondere Ueberraschungen von seiten Italiens abzuwenden, während man Rußland durch Zugeständnisse auf dem Gebiet des Nichtangriffspakts im Zaume zu halten gedenkt. Weitgehende handelspolitische Zu­geständnisse, die Frankreich der amerikanischen Regierung ge­macht und dem Botschafter Edge schriftlich mitgegeben hat, werden noch mit großer »Diskretion" behandelt.

Die Untersuchung der Reichstagsauflösung

Berlin, 23. Sept. Der sogenannte Ueberwarhungsaus- schuß des Reichstages hat am Donnerstag seine Umwand­lung in einen Untersuchungsausschuß vollzogen und mit der Feststellung der Tatsache, wie es zur Reichstagsauflösung kam, begonnen. Die entscheidende Frage ist dabei immer, ob der Reichskanzler von Papen sich rechtzeitig zum Wort ge­meldet hat und vom Reichstagspräfidentcn zu Unrecht an sei­ner Rede verhindert worden ist. Den größten Raum hat in den gestrigen Verhandlungen die Aussage deS Präsidenten Göring eingenommen, der sich darauf zurückzog, daß die Wortmeldung des Kanzlers erst erfolgt sei, nachdem die Ab­stimmung bereits erfolgt war, so daß er infolgedessen dem Kanzler das Wort nicht mehr geben konnte. Unbedingt be­weiskräftig scheint aber seine Aussage nicht. Sie bestätigt eher den Eindruck, den man schon früher hatte, daß Herr Göring versucht hat, den Kanzler an der rechtzeitigen Verle- sung des Auflösungsdekrets zu verhindern. Politisch inter­essant wird die Beratung des Ausschusses erst noch werden, weil jetzt die Frage akut ist» ob die Reichsminister der La­dung zur Zeugenaussage Folge leisten werben. Der Aus­schuß hat am Donnerstag beschlossen, unter Wahrung aller strafprozessualen Formen den Kanzler, seinen Staatssekretär und den Innenminister zum Dienstag zu laden und es wird sich nun zu zeigen haben, ob die Regierung diesem Ruf folgt oder ob sie den Ueberwachungsausschuß auch als Unter­suchungsausschuß weiterhin ablehnt, was ja eigentlich die selbstverständliche Folge ihrer bisherigen Haltung sei» müßte.