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Nr. 222

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Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk Calw

Donnerstag, den 22. September 1932

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Jahrgang 105

Die Berliner Konferenz der Finanzminister

Die Beratungen galten der Verteilung der Mittel zur Arbeitsbeschaffung, der Kontingentierungs- und Zinssenkungsfrage sowie der Reichshilfe für die Gemeinden

TU München, 22. Sept. Münchener Blätter wissen über die amtliche Verlautbarung hinaus, die über die Konferenz der Finanzminister verösfcntlicht wurde, noch weitere Ein­zelheiten zu melden. Wie derBayerische Kurier" hört, handelte es sich bei den Besprechungen um die Ver­teilung der Mittel zur Ankurbelung der Wirt­schaft und zur direkten Arbeitsbeschaffung. Auch die Ein­zelheiten der Ausgabe von Stcueranrechnungsscheincn und die Fragen der weiteren Kontingentierung der Einfuh r und der Zinssenkung seien behandelt wor­den. Die einzelnen Länder hätten vor allem auch ein In­teresse daran, zu erfahren, mit welchen Zuschüssen sie rech­nen könnten, um mit eigenen Aufträgen zur Ankurbelung der Wirtschaft beitragen zu können. In dem Rahmen der Arbeit, die die vom Ausschüsse eingesetzte Kommission in der allernächsten Zeit zu lösen habe, gehört auch die Be­handlung der Frage der Reichshilfe für die Ge­meinden. Man rechnet mit einer Aenderung des bisheri­gen Verteilungsschlüssels für diese Mittel. Daneben hätten die Beratungen ganz offensichtlich eine hochpolitische Bedeu­tung. Anscheinend beabsichtige die Reichsregierung den Neichsrat künftig stärker an den Negie­rungsarbeiten zu beteiligen. Mit den eigent­lichen Arbeiten solle der SparauSschuß der Länderkonferenz Ende der Woche beginnen.

DieMünchener Neueste Nachrichten" stellen gleichfalls fest, daß in der Finanzministerkonferenz die Kon­tingentierung und Zinssenkungspläne zur Sprache gebracht worden seien. Der Fall habe sich ergeben, daß gegen die ur­sprünglichen sehr weitgehenden Kontingcnticrungsmaßnah- mcn und gegen eine gewaltsame generelle ZinSsenkung von den meisten Länöerministern schwere Bedenken er­hoben worden seien. Inzwischen hätten diese Pläne eine wesentliche Abmilderung erfahren.

Am Samstag Sitzung des Ersparnisansschusses.

Der von der Finanzministcrkonferenz eingesetzte acht- köpsige Ausschuß zur Behandlung der Ersparnis- und Ver- einfachungsmöglichkciten wird, wie Berliner Blätter berich­ten, am Samstag unter Vorsitz des Ministerialdirektors Olscher im Neichsfinanzministcrium zusammentreten.

Zusätzliche Arbeitsbeschaffung durch die Reichsbahn

Berlin, 22. Sept. Am 19. und 20. September tagte der V e r w a l t » n g s r a t der Deutschen Reichsbahngesellschaft in Berlin. Im Vordergrund der Besprechungen stand die Beteiligung der Reichsbahn am Programm der Rcichsregie- rung zur Bekämpfung Ser Arbeitslosigkeit und zur Belebung Ser Wirtschaft. Der Verwaltungsrat beschloß, zusätzlich zu den bisher vorgesehenen Mitteln für Beschaffun­gen und Arbeiten weitere etwa 180 Millionen Reichsmark restlos für weitere Beschaffungen und Arbei­ten zu verwenden, die der Reichsbahn aus den Gutscheinen für die Bcförderungssteuer zufließen.

Um diese Mittel schon jetzt flüssig zu machen, ist eine Vorfinanzierung der S t e u e r g u t s ch e i n e in Aussicht genommen, der der Verwaltungsrat zustimmte. Auf Liese Weise ist es möglich, Aufträge in Höhe von 180 Millio­nen Rm. für zusätzliche Arbeiten, beginnend mit dem I. Ok­

tober 1982, herauszugeben, die, soweit als irgend angängig, noch im Winterhalbjahr durchgesührt werden sollen. Darü­ber hinaus beauftragte der Verwaltungsrat den General­direktor, die Verhandlungen über die Beschaffung weiterer Mittel in Höhe von 100 Millionen Reichsmark zur Er­höhung des außerordentlichen Beschafsungsprvgramms auf 280 Millionen Reichsmark beschleunigt fortzusetzen.

Um mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst viel Arbeitsgelegenheit zu schassen und insbesondere das Kleingewerbe und Handwerk zu beleben, sollen in tunlichst weitem Umfange über das Reichsgebiet verteilte Wicdcrherstellungs- und Verbcsserungs arbeiten an Gebäuden und sonstigen Reichsbahnanlagen vorgenommen werden. Ferner wird in Vorrat liegendes Schienen- und Schwellenmaterial mit Beschleunigung eingebaut werden. An Eisenoberbanstoffcn sollen vom 1. Oktober 1932 ab acht Monate lang je 40 000 Tonnen im Monat neu beschafft wer­den. Hinzu tritt der entsprechende Einkauf von Holzschwellen und Steinschlag.

Auch die Fahrzeug-und B a n i nd u st r i e ist an die­sem Programm mit Aufträgen beteiligt. Das zusätzliche Ar- bcitsbeschaffungsprogramm gibt neben der Mehrarbeit bei den Lieferanten allein bei der Reichsbahn selbst 24 000 Mann Arbeit. Außerdem können durch Einlegen von Feierschich­ten bei der Bahnunterhaltnng mindestens weitere 6000 Ar­beiter in Beschäftigung bleiben.

Reichsmittel für Fnstcmdsetzungsarbeiten

Aussührnngsbestimmunge» z« der Verordnung über die In­standsetzungen der Wohnnngen.

TU. Berlin, 22. Sept. Die AusführungSbestimmungen zu der Verordnung über die Instandsetzung von Wohnungen werden imRcichsanzeiger" veröffentlicht. Der wesentliche Inhalt der Ausftthrungsbestimmungen besagt: Dem Haus­besitzer werden S t e u c r g u t s ch e i n e in Höhe von 40 Pro­zent der Grundsteuer zur Verfügung gestellt, um Jnstand- sehungs- und Umbauarbeiten in größerem Umfang zu er­möglichen.

Darüber hinaus sind 50 Millionen R m. für die In­standsetzung von Wohngebäuden, die Teilung von Wohnun­gen und den Umbau gewerblicher Räume zu Wohnungen bc- reitgestellt. Der Zuschuß wird für größere Jnstandsetzungs- arbeiten gewährt. Die Kosten muffen mindestens 250 Rm. betragen. Der Zuschuß beträgt ein Fünftel der K o st e n. Rückzahlung wird nicht gefordert. Bei der Tei­lung von Wohnnngen und dem Umbau gewerblicher Räume zu Wohnungen wird die Hälfte der Kosten als Zuschuß ge­währt, im Höchstfall 600 Rm. für jede Tcilwohnung.

Die Arbeiten dürfen er st nach dem25. September 1932 begonnen sein. Der Antrag auf Bewilligung des Zu­schusses muß vor Beginn der Arbeiten gestellt werden. Auf Grund des Antrages wird zunächst ein Vorbescheid erteilt. Erst hierdurch entsteht ein Anspruch ans den Zuschuß. Die endgültige Höhe der Kosten ist nachznwciscn, insbesondere durch Rechnungen. Arbeiten, die in Schwarzarbeit ans­geführt sind, dürfen nicht berücksichtigt werden. Die Stellen, an die die Anträge aus Bewilligung eines Zuschusses zu richten sind, werden von den obersten Landesbehörden be­stimmt.

Die Vorbereitung der Abrüstungskonferenz

Erste Sitzung des Büros der Abrüstungskonferenz.

TU. Gens, 22. Sept. Das Büro der Abrüstungskonferenz hat nach einer kurzen geheimen Sitzung beschlossen, in glei­cher Weise wie der Völkerbnndsrat in Zukunft seine Sitzun­gen öffentlich und nur falls unbedingt notwendig, geheim abzuhalten. Zu Beginn der sich daran anschließenden öffent­lichen Sitzung gab Präsident Hendcrson einen Rechen­schaftsbericht über die Arbeiten der Konferenz seit ihrer Un­terbrechung. Er unterstrich u. a. die unverminderte Fort­dauer der Weltwirtschaftskrise, die nur durch in­ternationales Zusammenarbeiten überwunden werden könnte. Die Gründe für die Notwendigkeit einer wesent­lichen Herabsetzung der Rüstungen seien heute stärker als je. Das Büro müsse jetzt unverzüglich praktische Vor­schläge ausarbeiten und die bereits vorbereiteten Er­gebnisse müßten in Tatsachen umgcsetzt werden.

Sodann gab Hcnderson ein Schreiben Litwinoms bekannt, in dem die Moskauer Regierung sich weigert, in Zukunft Vertreter in die technischen Ausschüsse der Konferenz zu entsenden, solange nicht Beschlüsse über wesentliche Herab­setzungen der Rüstungen gefaßt seien Das Büro erteilte mit Schweigen dem Präsidenten die Zustimmung zur Ver­

schiebung der Aussprache über den deutschen Notcnwechse l.

Die erste Bürositznng verlief vor fast leeren Tribünen, ohne das geringste Interesse. Es machte sich allgemeine Rat­losigkeit und Teilnahmslosigkeit geltend. Die Versuche, ohne Deutschland die praktischen Abrttstnngsarvciten weitcrzuftih- rcn, scheinen bereits am ersten Tage gescheitert zu sein. Die Verhandlung rief in allen internationalen Kreisen einen ge­radezu trostlosen Eindruck hervor.

Ein englischer Vergleichsvorschlag.

Der französische Ministerpräsident, der gemeinsam mit dem englischen Außenminister nach Genf gereist war, hat sich gestern abend überraschenderweise wieder nach Paris begeben und wirb erst am Montag wieder nach Genf kommen. Wie verlautet, hat Herriot mit dem eng­lischen Außenminister über einen englischen Verglcichsvor- schlag verhandelt, der darauf hinausläuft, ein Scheitern der Abrüstungskonferenz zu verhüten, und zwar durch das Zu­standekommen einer anf fünf Jahre befristeten Konvention, in der eine Nivellierung der qualitativen und quantitativen Rüstungen im Sinne einerwirklichen Verminderung" und gemäß einer Gleichstellung aller Staaten geschaffen werden soll. Man hält es für möglich, die deutschen Forderungen in eine Verhandlung über den englischen Plan, der vor-

Tages-Spiegel

Das Büro der Abrüstungskonferenz hat gestern in Genf feine erste Sitzung abgehalten. England soll einen Ver­gleichsvorschlag vorbereitet haben.

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Die großen Reichswehrmanöver an der Ober werden heute abgeschlossen. Der Reichspräsident wird an der Schluß­kritik persönlich teilnehme«.

Die Deutsche Reichsbahngcsellschaft hat zur Belebung der Wirtschaft umfangreiche zusätzliche Arbeiten in Anstrag gegeben.

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Der kommissarische preußische Innenminister Dr. Bracht har in zwei Erlassen die Vereinfachung und Verbilligung der Berliner Stadtverwaltung gefordert.

Der Reichskanzler wird heute abend über alle deutsche« Sender über die Winterhilfe sprechen.

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Der Reichsbankdiskont ist mit Wirkung vom 22. September auf 4 Prozent ermäßigt worden.

läufig noch nicht die Zustimmung der Franzosen gefunden hat, einzugliedcrn.

Auch Italien schwenkt «m.

Der englische Standpunkt in der Frage der deutschen Riistungsgleichheit findet immer deutlicher die Unterstützung Italiens. Eine weitgehende Verständigung zwischen dem Foreign Office und dem Palazzo Chigi ist offenbar bereits erzielt worden. Die italienische Presse spiegelt diese Wen­dung der italienischen Politik wider, indem sie der englischen Note Beifall spendet und es an kritischen Bemerkungen Deutschland gegenüber nichtjehlen läßt.

Amerika treibt politischen Schacher.

Zu dem Besuch des Senators Need in London und Pa­ris meldet der Washingtoner Korrespondent derTimes", Need habe in seiner Unterredung mit Herriot zwar sehr diskret, jedoch deutlich zu verstehen gegeben, daß die Ver­einigten Staaten eine öffentliche französische Stellungnahme gegen die deutsche Gleichberechtigungssorderung unterstütze« würden, wenn dafür die Franzosen die Haltung Amerikas in den fernöstlichen Fragen vor allem der mandschuri­schen unterstützen. Obwohl Stimson sich jeglicher Aeuße- rungen über die Mission Rceds enthalten habe, so solle er ihm jedoch, wie man glaube, die Anweisung gegeben haben, die englische Regierung der Unterstützung des Völkerbundes durch Amerika bei allen zukünftigen Entscheidungen hinsicht­lich der Mandschurei zu versichern.

Uber die englische Note zur deutschen Gleich- berechtigungsforderung sagt der Berichterstatter, daß die Ansichten des amerikanischen Staatsdepartements im allgemeinen mit der englischen insofern übcreinstimm- ten, als sie zwar Verständnis und Mitgefühl für die deut­schen Ansprüche hätten, jedoch glaubten, daß die Gleichheit eher durch Herabsetzung der Rüstungen der anderen Natio­nen, als durch eine Wiederaufrüstung Deutschlands erreicht werden solle. Man bedaure den deutschen Schritt, weil man glaube, daß er das fran­zösische Unbehagen erhöhe und dadurch die Ab»üstung erschwere, die Hoover und Stimson so sehr wünschten. Andererseits verleihe aber auch die deutsche Forderung dem Hoovervorschlagc zur Herabsetzung der Rü­stungen erhöhte Kraft. Frankreich sei, wie man glaube, nun­mehr in der Lage, Schritte zur teilweise» Zufriedenstel­lung Deutschlands zu tun, die durch die europäische Ab­rüstung zu erreichen sei.

Es werde in Amerika daran erinnert, daß Hoover bei Hcrausbringen seiner Vorschläge die jetzige Stärke der deut­schen Armee als Maßstab für die deutschen Forderungen genommen und vorgeschlagen habe, bah alle anderen Natio­nen ihre Verteibigungsbedürfnisse entsprechend dem deut­schen Verhältnis von 109 00g Mann auf je 60 Millionen Einwohner festsetzcn sollten, wozu bann noch Truppen für die Verteidigung der überseeischen Besitzungen hinzukom­men sollten. Dieser Vorschlag würde die deutsche Forde­rung erfüllen und gleichzeitig Frankreich eine größere Armee s!j zugestchen wegen seines afrikanischen und asiatischen Kolonialreiches.

Der Reichsbankdiskontsatz ermäßigt

TU Berlin, 22. Sept. In der gestrigen Sitzung des Zen­tralausschusses der Neichsbank teilte Neichsbankpräsidcnt Dr. Luther mit, daß das Direktorium der Neichsbank beschlossen hat, den Diskontsatz von 6 aus 4 v. H. und den Lombardsatz von 6 auf 6 v. H. mit Wirkung vom 22. Sep­tember ab zu ermäßigen. Die letzte Ermäßigung der Sätze um je v. H. erfolgte am 28. April d. I.