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Nr. 196

Dienstag, den 23. August 1932

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Jahrgang 105

Urteile der Sondergerichte in Ohlau und Beuchen

Zuchthaus- und Todesstrafen Große Erregung bei den Nationalsozialisten

TU. Vrieg, 23. Aug. Am Montag vormittag wurde unter starkem Andrang des Publikums und in Anwesenheit des Breslauer Oberlandesgerichtspräsiüenten Witte das Urteil im Brieger Sondcrgerichtsprozeß wegen der blutigen Aus­schreitungen in Ohlau am 10 Juli verkündet. Von den Hauptangeklagten wurden wegen schweren Landfriedens­bruches in Tateinheit mit Waffenmißbrauch und wegen schwe­ren Aufruhrs der Kreisleiter des Reichsbanners, Burnick, zu 3 Jahren und der Ortsgruppenführer des Reichsbanners, Blech, zu 4 Iahen Zuchthaus verurteilt. Vanin sen. erhielt wegen schweren Lanüfriedensbruches in Tateinheit mit schwe­rer Körperverletzung 2 Jahre Zuchthaus. Der Geiverkschafts- sekretär Strulik und der sozialdemokratische Stadtrat Manche wurden wegen einfachen Lanüfriedensbruches in Tateinhand mit Naufhandel verurteilt. Strulik erhielt 1^ Jahre, Manche 1 Jahr Gefängnis. Von den beiden rvxiblichen An­geklagten erhielt Frau Kose ivegen schweren Lanüfriedens­bruches 6 Monate und Frau Morawe 3 Monate Gefängnis. Die weiteren Strafen bewegen sich zwischen einem Jahr und 3 Monaten Gefängnis.

TU. Brieg, 23. Aug. In der Begründung des Sonderge­richtsurteils über die Ohlauer Ausschreitungen wies der Vorsitzende darauf hin, daß die Zeit der Not besondere Maß­nahmen erfordere. Leider sei es nicht möglich gewesen, alle Einzelheiten der Bluttat aufzuklären. Trotzdem hätten aber die geklärten Vorgänge zur Beurteilung des Strafmaßes ausgereicht. Das Reichsbanner könne sich nicht damit ent­schuldigen, daß es von den Nationalsozialisten provoziert worden sei. Der von den Nationalsozialisten aus ein Haus ausgeftthrte Sturm sei zwar keine Notwehr, sondern eine gesetzwidrige Handlung gewesen. Aber auch das könne für die ReichSbannerleutc nicht als Entschuldigung gelten, da sie bei Begehung ihrer Taten von diesem Vorgang noch keine ASHnung gehabt hätten. Unwahr sei die Behauptung deS Reichsbanners, daß die Stadt Ohlau von 2000 Nationalsozia­listen besetzt gewesen sei. Bei dem Vorgehen gegen die Land­jäger habe es sich um schweren Aufruhr gehandelt. Der Oh­lauer Reichsbannerführer Bleuch sei derjenige gewesen, der am wüstesten unter seinen Opfern gehaust hatte. Von Manche könne man zwar annehmen, daß er sich in Lein Augenblick, da er die Schüsse abgab, in Notwehr befunden habe. Das Gericht habe ihn aber um so mehr, als er sich unter den be- waffnetenn Reichsbannerleuten befunden habe, als Rädels­führer angesehen. Das Gericht sei verpflichtet, in einem Rechtsstaat Terror- und Gewalttaten nicht zu dulden und sie mit allen gesetzlichen Mitteln zu bekämpfen. Man dürfe bei der Urteilsfällung nicht nur an die Angeklagten denken, son­dern müsse sich auch der Opfer erinnern, vor allem der Toten und der 20 Schwerverletzten. In den Fällen, da die Aus­sagen der Belastungszeugen im Gegensatz zu denen der Ent­lastungszeugen gestanden hätten, habe das Gericht zugunsten der Angeklagten die Aussagen der Entlastungszeugen als wahr unterstellt. Nach der Urteilsbegründung wurde der Zuhörcrranm polizeilich geräumt Die 13 Angeklagten, gegen die der Haftbefehl aufrechterhalten wurde, wurden abgeführt.

Berliner Stimme» zum Ohlauer Prozeß.

TU. Berlin, 23. Aug. Nur ein Teil der Berliner Abend- Presse, hauptsächlich die Linksblätter, nehmen zu dem Ohlauer Urteil gegen Neichsbannerleute Stellung. Während derAn­griff" unter Hinweis auf die beantragten Todesstrafen im Bcuthencr Prozeß von milden Strafen in Ohlau spricht und dieKreuzzcitung" ihr Befremden darüber ausdrückt, daß man nicht ein schärferes Urteil gefällt hat, um hier ein Bei­spiel zu geben, spricht dasBerliner Tageblatt" von einer unbegreiflichen Härte. Dieses Urteil sei mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter keinen Umständen in Einklang öu bringen.

sozialdemokratischeAbend" schreibt nach dem Hin- we, aus Drohungen der nationalsozialistischen Presse gegen- u er Sen Strafanträgen in Beuthen:Wir drohen nicht, aber das Urteil von Ohlau wie ein Fanal in deutschen Arbeiter wirken wird, daß den Ver-

^ wenn sic die Grenzen der Notwehr im ein-

haben sollten, die volle Sympathie aller freiheitlich Denkenden gehört und daß mit diesen Sonüer- gcrichtcn und ihren Urteilen gegen Republikaner bald Schluß gemacht werden wird". DieVossische Zeitung" meint: Hof- fentlich hat nun die strenge mehr Erfolg. Wahrhaftig ein hoher Preis um das wiederherzustellen, was nie hätte er­schüttert werden dürfen: der Friede des deutschen Landes.

S Todesurteile in Beuthen

TU. Beuthen, 23. Aug. Im Namen des Volkes ver­kündete der Vorsitzende des Beuthener Sondergerichts, Landgerichtsdirektor Himml um 16.30 Uhr folgendes Urteil: Die Angeklagten Kottisch. Wolnitza, Müller und Gräupner werden wegen Totschlags aus politischen Beweggründen und

schwerer Körperverletzung zum Tode verurteilt. Außerdem erhalten die Angeklagten Kottisch, Müller und Gräupner 2 Jahre und der Angeklagte Wolnitza 1 Jahr Zuchthaus. Der Angeklagte Lachmann wird wegen Anstiftung zum Tode verurteilt, die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm aber­kannt. Der Angeklagte Hoppe wird wegen Beihilfe zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Angeklagten Nowak, Hadamik und Czaja werden freigesprochen.

TU. Beuthen, 23. Aug. Der Vorsitzende des Sondergc- richts, Landgerichtsdirektor Himml, führte in der Urteils­begründung u. a. folgendes aus: Es sei als erwiesen zu be­trachten, daß die Angeklagten die Fahrt nach Potempa an­getreten hätten, um dort den Kommunisten Konrad Pietrzuch zu erschlagen. Der Angeklagte Lachmann sei als der Urheber und geistige Führer der Tat zu bezeichnen. Die Angeklagten Wolnitza, Müller, Gräupner und Kottisch seien in das Morö- zimmer eingedrungen und hätten auf die beiden Brüder Pietrzuch eingeschlagen. Die Tat sei mit der ganzen Schwere des Gesetzes zu bestrafen. Die Notverordnui^; vom 9. Au­gust müsse hier volle Anwendung finden, da die Tat um ^L2 Uhr ausgeführt worden sei und die Notverordnung um 12 Uhr nachts in Kraft getreten sei. Die Angeklagten No­wak, Hadamik und Czaja hätten freigesprochen werden müs­sen, weil man ihnen nichts habe Nachweisen können.

Göbbels zu den Beuthener Todesurteilen

TU. Berlin, 23. Aug. Dr. Göbbels nimmt, wie die Re­daktion des Blattes mitteilt, imAngriff" zu dem Urteil im Beuthener Sonüergerichtsprozcß Stellung. Er nennt die 5 Todesurteile das Ungeheuerlichste und Empörendste was man in der an Demütigungen und Unglaublichkeiten so reichen Zeit der vergangenen 14 Jahre in Deutschland er­lebt habe und führt fort:Wir fragen die Regierung Papen, wir fragen den Herrn Reichspräsidenten: sollen diese Urteile vollstrcckt werben? Wird man in der Tat den Mut haben, die Köpfe dieser 5 jungen Männer auf den Block zu legen? Wird man wirklich hier ein Exempel statuieren. Las in seinen Folgen und Auswirkungen so grauenvoll und unerträglich H, daß man es in dieser Stunde noch gar nicht auszudenken wagt? Nichts liegt uns ferner, als uns mit Gewalttätig­keiten zu identifizieren. Wir haben keine Veranlassung, den Terror zu verherrlichen, das aber erklären wir feierlich vor Ser Oeffentlichkeit des Landes und der ganzen Welt:Diese Urteile dürfen nicht vollstreckt werden. Diese Urteile sind ein Faustschlag ins Gesicht des nationalen Deutschlands. Diese Urteile bedeuten nichts anderes, als daß die Urheber des Verhänngisses ungeschoren davonkommen und daß ihre mehr oder weniger schuldlosen oder schuldigen Opfer dafür mit dem Leben bezahlen sollen. 350 Kameraden haben wir in die Gräber gelegt. In den meisten Fällen fanden wir keine Polizei und keinen Staatsanwalt, die der Gerechtig­keit Genüge taten."

Zur Begnadigungsfrage Staatsautorität soll unter allen Umständen gewahrt werden

TU. Berlin, 23. Aug. Auf die Frage, wie ein möglicher­weise zu erwartendes Gnadengesuch der von dem Beuthener Sonöergericht verurteilten SA.-Männer beantwortet werden würde, wird an zuständiger Stelle lediglich erwidert, baß die Negierung unter allen Umständen die Staatsautorität wahren werde.

Tages-Spiegel

Im Ohlauer Prozeß vor dem Vri -ger Soudergericht wurden die Hauptangeklagten, Mitglieder des Reichsbanners, zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.

*

Das Beuthener Sondergericht verurteilte fünf Angeklagte wegen gemeinschaftlichen politischen Totschlags zum Tode.

Nach Schluß der Verhandlungen in Benthe« ereigneten sich erregte Szenen, die sich vom Gerichtssaal aus auf die Straßen erstreckten.

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Die preußische Staatsregiernng hat 69 Landräte abgevaut. Von diesem Abbau wurden in der Hauptsache Sozial­demokraten und einige Zentrumsanhänger betroffen.

Schritte der Verteidigung beim preuß. Staatsministerium gegen die Urteilsvollstreckung.

TU. Beuthen, 23. Aug. Von seiten der Verteidigung wird über die zu ergreifenden Maßnahmen erklärt, daß sofort alle Schritte beim preußischen Staatsministerium getan werden würden, um eine Vollstreckung der am Montag in Beuthen gefällten Todesurteile zu verhindern. In der Praxis sei mit einer Entscheidung darüber vor Ablauf dieser Woche nicht zu rechnen, es sei erst einmal die Abfassung des Urteils erfor­derlich, was einige Tage in Anspruch nehmen werde. Auf Grund dieser schriftlichen Niederlegung des Urteils und eines gleichfalls vorgeschriebenen Berichtes der Staatsanwaltschaft habe das Staatsministerium zu entscheiden. Da gegen Ur­teile des Sondergerichts bekanntlich keine Rechtsmittel, also Berufung und Revision zulässig sind, werbe vor allem der Weg des Wiederaufnahmeverfahrens beschritten werden. Das Wesen des Kurzversahrens, das das Sondergericht darstellt, mache es leicht, neue Beiveismittel und Tatsachen geltend zu machen, auf Grund deren die Wiederaufnahme des Verfah­rens zulässig sei. Möglich sei außerdem noch die Ablehnung -er Richter wegen Befangenheit, die aus Tatsachen erfolgen könne, die die Angeklagten erst nachträglich in Erfahrung brachten.

Protest-Telegramm der NSDAP, an Reichspräsident und Reichskanzler

TU. München, 23. Aug. Der Leiter der Rechtsabteilung der NSDAP., Rechtsanwalt Frank 2, hat folgendes Protest- Telegramm an den Reichskanzler von Papen als dem Ncichs- kommissar für Preußen, Reichskanzlei, und an den Reichs­präsidenten gesandt: Die Reichsleitung der NSDAP, er­hebt gegen das unfaßbare Beuthener Schreckensurteil schärfstens Protest vor der gesamten deutschen Oeffentlichkeit und erwartet unverzüglich die Begnadigung der Verurteilten. Die in der größten politischen Bewegung Deutschlands ver­einigten Millionen deutscher Männer und Frauen schließen sich in Erbitterung und Empörung diesem Verlangen an. Ueber 300 ermordete Nationalsozialisten, die fast restlos bis heute ungesühnten Opfer der marxistischen Morde, sind der erschütternde Beweis dafür, baß der nationale deutsche Mensch schutzlos dem internationalen marxistischen Treiben preisgegeben ist. Das Beuthener Schreckensurteil war nur möglich in Verkennung dieser unbestreitbaren Sachlage. Seine unverzügliche Aufhebung ist zur Sicherung und letzt­möglichen Aufrechterhaltung des inneren Friedens eine Notwendigkeit.

Die Frage der Gleichberechtigung

Wütende Angriffe aus Frankreich

Die englische Völkerbundsvereinigung fordert Einlösung des Abrüstnngsversprechens.

TU. London, 22. Aug. Der Vollzugsausschuß, der engli­schen Völkerbundsvereinigung nahm eine Entschließung an. in Ser die englische Regierung zu einem entscheidenden Vor­gehen in der Erfüllung der Deutschland von den Alliierten in Versailles gegebenen Versprechungen aufgefordert wird, daß der Abrüstung der ehemaligen Feindlande eine allge­meine Rüstungsherabsetzung in der ganzen Welt folgen werde. In der Entschließung, die u, a. von Lord Cecil, Sir Norman Angell, Prof. Murray, Lord Percy und Vizeadmi­ral Allen angenommen wurde, wird besonders die allgemeine Abschaffung sämtlicher Deutschland in den Friedensverträ­gen verbotenen Waffen verlangt. Ferner wird die Veröffent­lichung aller zukünftigen Verhandlungen der Abrüstungs­konferenz gefordert, um die Intrigen und die Propaganda der privaten Waffenfabrikanten unterdrücken zu können.

Um die NüstnngSgleichheit. Wütende Ablehnung der fran­zösischen Presse.

TU. Paris, 22. Aug. Die Gerüchte von einem bevor- stehender^chiplomatischen Schritt der Reichsregierung in Lon­

don und Paris, um zu gemeinsamen Besprechungen über die Zuerkennung der Gleichberechtigung Deutschlands in- stungsfragen anfznfordcrn, werden von Ser Pariser Presse abgelehnt. DasEcho de Paris" erklärt, es sei unmöglich, Deutschland die Machtmittel in die Hand zu geben, die es ihm erlaubten, ein zweites Mal in Frankreich einzufallen l!). Vom Versailler Vertrag sei gerade noch so viel übrig ge­blieben, daß die Sicherheit Frankreichs garantiert werde. Die französische Regierung habe die Pflicht, zum ersten Male den Forderungen Deutschlands, das glaube, alles sei ihm er­laubt, ein kategorisches Nein entgegenzustellen. Die radikal­sozialistischeEre Nouvelle" stellt die Behauptung auf, daß die Gleichheit der Rechte, wenn man sie Deutschland zuge­stehen würde, für die anderen Mächte eine Ungerechtigkeit bedeute. DerPetit Parisien" wirft die Frage auf, ob eine Neichsregierung, die auf so schwachen Füßen stehe, wie die jetzige, überhaupt die notwendige Autorität besitze, um Ver­handlungen von derartig weittragender Bedeutung anzu­knüpfen. In Berlin werfe man diese Frage sicherlich nicht auf, da man anscheinend dort jeden Begriff über ein norma­les politisches Leben verlor«« habe. 0)