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Nr. 195
Amis- unä Anzeigeblatl für äen Oberamtsbezirk Oalw
Montag, den 22. August 1932
Bezugspreis:
In äerStaätSSSoläpfennige wöchentlich mit Trägerlohn Post-Bezugspreis 35 6olä- pfennige ohne Sestellgelä
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verantwort!. Schriftleitung: Frieärich Hans Scheele Druck unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Buchäruckerei
Jahrgang 105
' Tages-Spiegel
Der Stand der Dinge iin Reich und Preußen
Eifrige Verhandlungen zwischen Kerrl und Graß — Die Fraktionsführer im Reichstag
Preußischer Landtag a»s den L. September einberufe«.
Landtagspräsident Kerrl zur Lage.
TU. Berlin, 22. Aug Der preußische Landtag ist nunmehr auf den 1. September 13 Uhr einberufen worden. Beraten sollen werden die Anträge, die im Zusammenhang stehen mit der Bestellung des Netchskommissars in Preußen, sowie die großen Anfragen und Anträge wegen der Gewalttaten und Ausschreitungen und der Antrag auf Auflösung der SA.- Formationen. Die Wahl des Ministerpräsidenten steht nicht auf der Tagesordnung.
Fraktionsführerbesprechung im Reichstag
TU. Berlin, 22. Aug. Im Reichstag fand am Samstag vormittag unter dem Vorsitz des Präsidenten Löbe eine Sitzung der Fraktionsführer statt, in der die Plützevertei- lung vorgenommen und die Vorbereitung für die ersten Sitzungen getroffen wurden. Wer beim Zusammentritt des Reichstages die Verhandlungen leiten wird, steht noch nicht fest, lieber die Erkrankung von Frau Zetkin liegen direkte Meldungen aus Moskau noch nicht vor. Man glaubt Mitte der nächsten Woche Genaueres darüber erfahren zu können. Dann wurde die vom Büro des Reichstags vorgeschlagene Platzverteilung genehmigt.
Reichskanzler von Papen hat, wie mir hören, den Wunsch, unmittelbar nach der Wahl des Präsidiums des Reichstages mit dem neuen Aeltestenrat über die weitere parlamentarische Arbeit zu beraten. Man nimmt deshalb in parlamentarischen Kreisen an, daß nach den beiden ersten mehr formellen Sitzungen des Reichstages eine mindestens mehrtägige Pause eintritt, während der der Reichskanzler mit den Parteien die weitere Arbeit vorbereiten kann.
Dr. Graß bei Kerrl
TU. Berlin, 22. Aug. Am Samstag fand eine Aussprache zwischen dem preußischen Lanütagspräsidenten Kerrl und dem Abgeordneten Dr. Graß (Zentrum) statt. In parlamentarischen Kreisen verlautet, daß Dr. Graß in dieser Unterhaltung dem Präsidenten Kerrl gegenüber die Bedenken seiner Fraktion gegen die Wahl des 1. September als Tagungstermin für den preußischen Landtag vortrug, weil in den Tagen vom 31. August bis 1. September der Katholikentag in Essen stattfindet. Der Zentrumsvertreter soll die Bitte geäußert haben, unter diesen Umständen das Landtagsplenum früher zusammenzuberufen, und zwar möglichst zum 25. August. Präsident Kerrl dürfte noch heute seine Entscheidung bekanntgeben.
Im übrigen verlautet, daß die Koalitionsbesprechungen zwischen Nationalsozialisten und Zentrum in Preußen am kommenden Dienstag fortgesetzt werden sollen. Bisher hat man sich offenbar nur die beiderseitigen Forderungen übermittelt, während eigentliche Verhandlungen noch ausstehen. Eine Mitteilung über den Inhalt dieser gegenwärtigen Forderungen wird von den Verhandlungsteilnehmern ab- »elehnt.
TU. Berlin, 22..Aug. Einem Vertreter des „Angriff" gegenüber äußerte sich der Präsident des preußischen Landtags Kerrl über di« gegenwärtige Lage und führte dabei aus, daß alle Nachrichten über die Verhandlungen zwischen ihm und dem Zentrum und über die Ausscheidung des Fraktionsführers Kube, die in der Linkspresse gestanden hätten, unrichtig seien. Weder habe er einem dieser Blätter Informationen zukommen lasten, noch sei Kube „beim Führer in Ungnade" gefallen. Kube selbst sei für irgendwelche Verhandlungen deswegen nicht in Frage gekommen, weil er seinen Erholungsurlaub außerhalb Berlins verbracht habe. Bei der Besprechung, die er, Kerrl, vor drei Tagen mit Hitler gehabt habe, habe es sich um eine der üblichen Unterredungen gehandelt, die von Zeit zu Zeit stattfänden. Sie haben die volle Einmütigkeit mit allen anwesenden Führern der Partei ergeben. Alle seien sich darüber klar geivesen, daß es der Partei lediglich um den Führungsanspruch gehe und daß sie legal die Macht erreichen werde, die ihr zustehe. Hitler habe mehrfach betont, daß er kein legales Mittel unversucht lasten würde, um ohne Kompromisse diese Macht zu erlangen und daß Labei das Volk hinter ihm stünde. Alle in den letzten Tagen aufgetauchten Kombinationen seien jedenfalls hinfällig und zur richtigen Zeit werde Hitler seine Entscheidungen bekanntgeben.
Führertagnng der NSDAP.
München/ 22. Aug. Wie erst jetzt bekannt wird, traten am Donnerstag in München in den Räumen der Neichsorgani- sationsleitung im Hotel „Der Reichsadler" die nationalsozialistischen Reichs- und Landesinspekteure unter dem Vorsitz des Reichsorganisationsleiters Gregor Straster zu einer Führertagung zusammen. Wie die NSK. berichtet, wurde die politische Lage erörtert, ferner wurden äußerst wichtige organisatorische Fragen durchbesprochen. Die Landesinspekteure brachten zum Ausdruck, daß die feste und unerschütter« liche Haltung des Führers gegenüber dem Kabinett Papen ungeheure Freude unter den Parteigenossen ausgelöst habe. Am Abend hatten die Tagungsteilnehmer eine fast zweistündige Besprechung mit Adolf Hitler.
Einigung der Reichsregiernng mit Dr. Luther
TU. Berlin» 22. Aug. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, haben die Besprechungen der Reichsregiernng mit dem Neichsbankpräsidenten Dr. Luther zu einer vollständigen Einigung geführt. Die wertvollen Anregungen, die Dr. Luther zu dem wirtschaftlichen Wiederausbauprogramm gegeben habe, würden von der Reichsregterung verwertet werden. Der Reichskanzler werde am 28. August bei der Tagung der westfälischen Bauernvereine in Münster auf das wirtschaftliche Wiederaufbauprogramm zu sprechen kommen.
Der preußische Landtag ist ans 1. September einberufen.
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Die Regierungsverhandlungen in Preußen werden in dieser Woche weitergesiihrt werden.
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Die Verhandlungen über die Lage im Reich und über die Regierungsumbildung «erden von den in Betracht kommenden Parteien eisrigst im stillen betrieben.
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Die englische Wirtschastskonserenz in Ottawa ist am Samstag nach Unterzeichnung mehrerer Wirtschaftsverträge zum Abschluß gekommen.
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Aus dem Wrack Her „Niobe" wurde bis jetzt die Hälfte der Toten geborgen. Die Bestattung der Toten wird morgen stattsinden.
Präferenz in derselben Höhe wie England zu gewähren. England sichert den Dominien auf die Dauer von 3 Jahren freie Einfuhr für einige tierische Erzeugnisse zu, behält sich aber das Recht vor, früher eine Abänderung vorzunehmen. Sämtliche Abkommen sollen sofort in Kraft treten. Sie haben eine Laufzeit von 6 Jahren und können dann mit ömonatiger Frist gekündigt werden. Südafrika, Südrhodesien und Kanada sichert England eine Vorzugsbehandlung bezüglich der Tabakeinfn.hr zu. Der Vorzugssatz für englische Waren beträgt im allgemeinen 15 Proz., sonst 10 oder 20 Proz.
Indien gegenüber verpflichtet sich England zur Abnahme einer größeren Menge von Baumwolle.
Bergungsarbeiten an der „Niobe"
TU. Kiel, 31. Aug. Die „Niobe" ist jetzt vollkommen auf- getaucht und hat nur noch geringe Schlagseite nach Backbord. Fast alle Räume sind jetzt leer gepumpt, um zu den Toten zu gelangen, die sich zumeist im Wachraum befanden. Bis um 17 Uhr waren alle Räume der „Niobe" genau nach Toten durchsucht worden. Es ist nicht anzunehmen, daß in den bisher noch nicht leer gepumpten Hellegats sich noch weitere Tote befinden.
Es sind am Sonntag aus dem Schiff 31 Tote geborgen, mit den schon früher geborgenen 3 Toten zusammen 84. 35 werden weiter vermißt. Auffallend ist es, daß sich unter den genannten Toten einige befinden, von denen die Geretteten behaupten, sie hätten sie schwimmen sehen, während andererseits Vermißte, von denen man bestimmt annahrn. daß sie im Schiffe seien, nicht gefunden worden sind.
Die Tranerfeier für die „Niobe" am 23. August.
TU. Kiel, 22. Aug Wie von der Marinestation der Ostsee mitgeteilt wird, sind am Samstag bei der Durchsuchung der „Niobe" durch Taucher im ganzen drei der Verunglück- ten geborgen worden. Außer den schon Gemeldeten ist der Signalgefreite Rothe aus Gevelsberg i. W. gebordcn worden.
Die Gedenkfeier für alle Toten der „Niobe" findet am Dienstag, den 23. August, 16 Uhr auf dem Garnisonfriedhof in Kiel statt. Die Musik und die Trauerparade wird von der 1. Marine-Artillerieabteilung gestellt. Eine Abordnung in Stärke von einem Offizier und 60 Mann von der Marineschule Wik bildet Spalier zwischen der Friedhofskapelle und der Beisetzungsstätte. Die Geretteten der „Niobe" nehmen unter dem Altar Aufstellung und stellen zwei Ehrenposten am Eingang der Grabstätte. Die Marine- und Kriegervereine entsenden Fahnenabordnungen. Die Nordische Rund- funk-A.-G. Kiel überträgt die Feier auf alle angeschlostencn deutschen Sender. Die Schiffe und Dienstgebände der Reichs- marine flaggen am Tage der Beisetzung Halbstock.
Die letzte Ruhestätte der Niobe-Opfer.
TU. Kiel, 22. Aug. Wie schon berichtet, wird die Beisetzung der Niobe-Opfer voraussichtlich am Dienstag nachmittag auf dem Kieler Garnisonfrieöhof stattfinden. Für die letzte Ruhestätte der Toten ist, wie die Kieler Neuesten Nachrichten erfahren, der schönste Teil des Ehrensriebhofs bestellt, nämlich jene Stelle, an der sich das Ehrenmal für die 12 Besatzungsangehürigen des am 15. März 1918 untergegan- genen Bootes U. 106 befindet. Das Viereck, in dem Sie Niobe-Opfer zur letzten Ruhe gebettet werden sollen, wird von einer Ligusterhecke umrahmt. In der Mitte des Platzes ragt eine Traueresche empor. Die Vorarbeiten für die Hcr- richtung der Begräbnisstätte sind bereits im Gange. Auf beiden Seiten des Platzes wird je eine 2,30 Meter breite und über 10 Meter lange Gruft ausgehoben, die je 20 Särge anf- nehmen kann. Die beiden Grüfte sollen ganz mit Tanncn- griin ausgeschlagen werden. Am Tage der Beisetzung werben Lorbeerbäume, Pflanzengrün und Blumen diesen Teil des Ehrenfriedhofes in einen Blumenhain verwandeln. Inmitten des Platzes wird eine Kanzel errichtet, von der aus die Gedächtnis- und Trauereden gehalten werden sollen. Die Tranerfeier wird von vier Lautsprechern übertragen werden.
Abschluß der Konferenz in Ottawa
Weitgehende Zugeständnisse Englands — Scharfes Ringen um gewisse Zölle
TU. Ottawa, 22. Aug. In der großen Halle des kanadischen Parlaments fand am Samstag die feierliche Schlußsitzung der Wirtschaftskonferenz des englischen Weltreiches statt. Das Haus war überfüllt. Führende Persönlichkeiten des kanadischen öffentlichen Lebens und die Konferenzteilnehmer waren mit ihren Damen erschienen. Der kanadische Ministerpräsident Bennett hielt eine Rede, in der er sich sehr befriedigt über den Verlauf der Konferenz aussprach. Die Konferenz habe gezeigt, so sagte er, daß die Nation des eng- Weltreiches eine feste Einheit sei. Was man auch tc» -i«" erzielten Abkommen denken möge, sie müß- was n,i?^^Esserung des Handels im Weltreich führen,
«inwirken we7be^A^?^- °"f den Welthandel
der Koufi-rpnr ^ ge andte Ergebenheitsadresse
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sich Ser König über den E ^ 5^, es. daß
Erwartungen erfüllt ha^ r,„e' ^»'crenz, ^ L.e hohen sicht, daß die Ergebnisse der s.nfesten Zuvcr- sammenarbeit und der Hilfsberettschaft^ ^nsd". Zu-
danken sei. den Völkern des Weltr äs r. ^ ^
gereichen möge. eikre.chs z»m wahren Segen
Nachdem Lord Hailsham den Bericht des Ausschusses für S-e Förderung des Weltreichshanöels vorgelegt hatte b wurde 'd"^/^ Unterzeichnung der Abkommen. Zunächst veri'ckiedpn ^°rmi,en zwischen England einerseits und den terschrie^ben" »„ö den Kolonien andererseits un-
schen Vertraue?? der Unterzeichnung des englisch-kanaöi- "rages kam es zu großen Beifallskundgebungen der
Versammlung. Hierauf erfolgte die Unterzeichnung der Abmachungen zwischen den Dominions und den Kolonien. Nach einer Reihe von Reden der AborLnungsführer wurde eine Dankesentschließung für den kanadischen Ministerpräsidenten einstimmig angenommen. Die Schlußsitzung dauerte zwei Stunden.
England hat Verträge mit Australien, Neuseeland, Südafrika, Indien, Neufundland, Rhodesien und Kanada unterzeichnet.
Die Handelsabkommen von Ottawa
TU. Ottawa, 22. Aug. Die in Ottawa abgeschlossenen Handelsabkommen zwischen England und den Dominien (Australien, Neuseeland, Südafrika, Südrhodesien, Kanada und Neufundland sowie Indien) werden nunmehr veröffentlicht. Die gemeinsamen Grundsätze sind folgende:
England verpflichtet sich, die im Einfuhrgesetz von 1932 festgesetzte Zeitspanne für freie Einfuhr von Waren aus den Dominien über den 15. November hinaus zu verlängern. England verpflichtet sich ferner, auf einer Reihe von ausländischen Waren (Zucker, Eier, Butter usw.) einen bestimmten Zoll einzuführen. Ferner verpflichtet sich England, den allgemeinen Zolltarif von 10 Proz. nicht ohne Einvernehmen mit den Dominien herabzusetzen. Die englische Regierung wird die englischen Kolonien und Protektorate veranlassen, die Waren aus den Dominien bevorzugt zu behandeln. Die Dominien verpflichten sich, den Kolonien Protektoraten und afrikanischen Mandaten (außer Südwestafrika, das für die Zwecke des Vertrages als ein Teil von Südafrika behandelt wird) für eine Reihe von Waren eine