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Nr. >78
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Amts- unä Anzeigeblall für äen Oberamlsbezirk caliv
Dienstag, den 2. August 1932
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2n äerStaät35Soläpfennig« wöchentlich mit prügerlohn Post-Sezugsprets 35 Solä- pfennige ohne Lestellgelä
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Jahrgang 105
Schwere politische Ausschreitungen in Preußen
Bombenanschläge in Königsberg — Attentate in Holstein und Braunschweig
TU. Königsberg, 3. Aug. In den frühen Morgenstunden des Montag wurden in Königsberg verschiedene Anschläge verübt, darunter einer auf den bisherigen Königsberger Regierungspräsidenten v. Vahrfeld t, der dabei drei Schuszverletzungen erhalten hat. Weiter wurde ein Spreilganschlag gegen das Königsbcrger Otto-Braun- Haus der Sozialdemokraten in der zweiten Flcisstraße, in dem sich auch bas Organ der SPD., die „Königsberger Volks- zeitung" befindet, verübt. Personen sind dabei nicht zu Scha-. den gekommen. Ferner wurden Anschläge gegen den jetzt gewählten kommunistischen Reichstagsabgcorö». Schütz und den Führer der Königsberger Kommunisten, Säuff, in ihren Wohnungen verübt. Bei Schütz kam die Tochter zu Schaden. Der Kommunistenführer Sauff ist in der Chirurgischen Klinik seinen schweren Verletzungen erlegen. Der ebenfalls der KPD. angchörende Zirping ist so schwer verletzt, daß er voraussichtlich nicht mit dem Leben davonkom- mcn dürfte. Ein weiterer Anschlag ist nach den bei der Polizei eingegangenen Meldungen gegen den Chefredakteur der ,Königsberger Volkszeitung", Wyrgatsch, verübt worden, der erheblich verletzt worden sein soll. Im Königsberger Warenhaus „EHP" auf dem Steindamm wurden verschiedene Fensterscheiben e i n g e s ch l a g e n. Außerdem ist in die Waffenhandlnng von Anuth erneut ein Einbruch verübt worden.
Der kommissarische Regierungspräsident des Bezirks Königsberg hat eine Belohnung von 5 000 Mark für die Ergreifung der Attentäter ausgesetzt. Wie amtlich mit- getcilt wird, ist die Polizeischule auf Anordnung -es preußischen Minister des Innern vom Oberpräsidenten mit Rücksicht auf die Vorfälle für den Einsatz in Königsberg zur Verfügung gestellt worden. Die Sozialdemokraten haben an Hindenbnrg und Seil Reichskanzler ein Telegramm gerichtet, in dem sie energische Maßnahmen gegen die kommunistischen und nationalsozialistischen Attentäter fordern.
Branübombenanschläge wurden außer auf das Otto Braun-Haus, in dem sich die sozialdemokratische „Königsberger Volkszeitung" befindet, auch auf das Gebäude der demokratischen „Hartungschen Zeitung" ausgesührt. In beiden Fällen konnten die Flammen durch Handfeuerlöscher schnell erstickt werden. Die Königsberger Polizei teilt mit, dauernd würden neue Personen eingelicfert, die als Attentäter bezeichnet würden. Sie gehörten den verschiedensten Parteien an. Die gesamte Königsberger Schutz- und Kriminalpolizei und die Schutzpolizei Ostpreußens befinden sich in höchster Alarmbereitschaft. Zur Beruhigung der Bevölkerung fährt das Panzerauto der Königsberger Schupo seit den Morgenstunden durch die Straßen.
AuS dem Polizeibericht ist weiter zu entnehmen: In dem Stadtteil Hufen wurde versucht, drei Tankstellen anzustecken und in einer Waffenhandlung wurden drei Pistolen gestohlen. Der Täter konnte sofort gefaßt werden. Bei den Anschlägen sind nach Mitteilung der Polizeipressestelle in einzelnen Fällen Nationalsozialisten einwandfrei fe st ge stellt worden. Verhaftungen sind bisher noch nicht erfolgt.
Handgranaten-Anschläge
TU. Hamburg, 2. August. Am Montagsrüh wurden in mehreren Orten der Kreise Pinneberg und Norderdithmarschen von unbekannten Tätern Handgranatenanschläge ans Gebäude oder Verkaufsstellen der „Produktion" verübt. In der Stadt Pinneberg wurde eine Handgranate aus einem offenen Kraftwagen gegen bas Hans geschleudert, in dem sich die Büro- und Verkaufsräume der sozialdemokratischen Genoffenschaft „Produktion" befinden. Aehnliche Anschläge werden aus Elmshorn, Barmstedt, Uetersen und drei Orten in Norberdithmarschen gemeldet. Personen sind in keinem Falle verletzt worben. Dagegen wurde Sachschaden angerichtet. In der Nacht zum Montag wurde auch in Rendsburg ein Handgranatenanschlag verübt. Nach polizeilichen Mitteilungen wurden von einem Kraftwagen aus 2 Handgranaten gegen ein Haus geworfen, in dem sich das Parteibüro der KPD. befindet. Es wurde erheblicher Sachschaden angerichtet. Ferner wurde gegen bas Haus eines Reichsbannerangehörigen in Glüsing bei Hohenwestedt im Kreise Rendsburg eine Handgranate geschleudert; di« unteren Räume des Hauses wurden schwer beschädigt. Nach Mitteilung der Polizeiverwaltung in Marne wurden gegen 2.45 Uhr zwei Handgranaten durch das Fenster eines kommunistischen Berkehrslokales in die Gaststube geworfen. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden ist bedeutend. Auch die Fensterscheiben benachbarter Gebäude wurden zertrümmert.
In verschiedenen Stadtteilen BraunschweigS wurden am Montag früh aus Kraftwagen, die mit mehreren Personen besetzt waren, Sprengkörper geworfen; so in der Nähe eines kommunistischen Verkehrslokals, vor dem HauS des Reichsbanners, sowie vor de» rikerbüraer-
meksters Böhme. Personen wurden nicht verletzt. Bisher konnte nicht festgestellt werden, von welcher Seite die Anschläge ausgingen. Bei einer Schlägerei wurde -er Sturmbannführer der Studenten der Technischen Hochschule, Schaf- feldt, getötet. Mehrere Beteiligte wurden leicht verletzt.
Eine letzte Mahnung
TU. Berlin, 3. Aug. Der mit der Wahrnehmung der Führung der Geschäfte des preußischen Innenministeriums beauftragte Bevollmächtigte des Reichskommissars für Preußen, Dr. Bracht, erläßt folgenden Aufruf:
„Die Wahl ist vorbei. Das Volk hat gesprochen. Die völlige Wiederherstellung des inneren Friedens ist jetzt oberstes Gebot. Gewalt und Terror müssen endlich der Achtung vor dem Gesetz weichen. Die Heiligkeit des Menschenlebens darf nicht weiter angetastet werden. Ich warne zum letzten Mal. Die Staatsregierung wird selbst drakonische Maßnahmen nicht scheuen, um ihre Pflicht gegenüber friedlichen Staatsbürgern restlos zu erfüllen und den Burgfrieden zu wahren, den unser Land braucht. Ich warne auch alle Organisationen, weiter zu blutigem Terror zu Hetzen. Die Presse hat sich jeder Auspeitschung der Leidenschaften, auch durch unrichtige Berichterstattung, zu enthalten, andernfalls hat sie schwerste Eingriffe in ihre Freiheit zu gewärtigen.
Das vorläufige Endergebnis der Reichstagswahl
607 Mandate im neuen Reichstag
TU. Berlin, 2. August. Der Reichswahlleiter gibt folgendes berichtigtes vorläufiges E n d e r g e b n is der Retchs- tagswahl bekannt:
Gültige Stimmen insgesamt 38882 434
1. SPD. .....
7 953 086 --
183 Mandate
2. NSDAP.
13772 749 ---
230
». KPD. <plus SAP.) . .
6 885 666 ---
89
4. Zentrum ....
4 587 477 --
76
8- DNVP.
2 184 971 --
37
8. DVP.
435 547 --
7
7. Wirtschaftspartei . .
146 107 --
1
8. Staatspartei . .
873 560 --
4
„
9. Bayerische Volkspartei.
1202 617 --
22
10. Deutsches Landvolk .
91287 --
1
11. Chrlstl.-soz. Volksdienst.
812986
4
11. a) Volksrechtspartet
40 927 —
12. Deutsche Bauernpartei .
137 090 --
3
14. Bauern- u. Weingärtnerbund
lLandbund)
96 866 --
3
15. Dt.-Hann. Partei . .
46 878 ---
—
Bet -er Verrechnung der Sitzzahlen ist von den Wahlabkommen ausgegangen worden, die zwischen einzelnen Parteien hinsichtlich -er Verrechnung ihrer Reststimmen getroffen worden sind.
Der prozentuale Anteil der Parteien
Von den insgesamt abgegebenen gültige« Stimmen entfielen auf die einzelnen Parteien: SPD. 21,6 v. H., NSDAP. 37,2 v. H., Komm. 14,3 v. H., Zentrum 12,4 v H., DNBP. 5 vom Hundert, DVP. 1,2 v. H., Wirtschaftsp. 0,4 v. H-, Staatspartei 1,0 v. H., Bayr. VP. 3 v. H., Landvolk OL v. H., Christ- ltch-Soz. VD. 1 v. H., Dt. Hannov. 0,1 v. H., SAP. 0,3 vom Hundert, Radikaler Mittelstand 0,3 v. H., Wllrttemb. Wein- gärtner 0,3 v. H., Dt. Bauernpartei 0,4 v. H.
Der Wahlausgang im Spiegel der Presse
Der „Völkische Beobachter" schreibt einleitend zu dem Ergebnis der Reichstagswahl, es sei in der parlamentarischen Geschichte unerreicht, daß die Reichstagswahl nahezu 14 Millionen nationalsozialistische Stimmen gebracht habe. Daraus ergebe sich eine Abgeordnetenzahl, wie sie bei einer einzigen Fraktion noch niemals auch nur annähernd dagewesen sei. Alfred Rosenberg kommt zu dem Schluß, daß ein Vorübergehen an der Hitlerbewegung nunmehr endgültig der Vergangenheit angehören müsse. In welchen Formen sich dieser nicht mehr einzudämmende Wille Geltung verschaffen werde, werde die Ueberlegung der nächsten Wochen sein. Adols Hitler habe jedenfalls einer überwältigende Vollmacht von der deutschen Nation übertragen er-
Tages-Spiegel
In Ostpreußen, Schleswig-Holstein und Braunschweig kam eS nach den Reichstagswahlen zu schweren politischen Ausschreitungen. Der kommissarische preußische Innenminister hat strenge Maßnahmen angedroht.
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Der Reichskanzler und ein großer Teil der Minister gehen von hente ab für etwa 8 Tage auf Urlaub. Während dieser Zeit «erden größere politische Beratungen infolgedessen nicht ftattsiuden. Die verschiedenen Refforts der Ministerien werden inzwischen an dem Wirtschastsprogramm der Reichsregiernng weiter arbeiten.
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Der Reichskanzler hat in seiner Eigenschaft als Reichs- kommiffar für Preußen dem Landtag von der Bildung der provisorischen preußischen Regierung Kenntnis gegeben. Der Aeltestenrat ist embernsen, um de» Termin der nächsten Landtagssitznng festznsetzen.
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Der deutsche Geschäftsträger in Warschau ist von Polnischer Polizei belästigt worden, als er eine am Gartenzan« seines Wohnhauses angebrachte polnische Flagge entfernte.
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Das Parlament von Paraguay hat die Mobilmachung gegen
* Bolivien beschlossen. Der Präsident hat bereits die Mobil- machnngsorder «nterzeichnet.
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Aus Württemberg kommen infolge von Wahllistenverbin» dnngen noch Oberschnlrat Banser für die Volksrechtpartei «nd Rechnungsrat Bansch-Korntal für den Chr. Volks» dienst in den Reichstag.
halten. Nosenberg schließt: „Der Kampf geht weiter. Der Endsieg ist uns jetzt nicht mehr zu entreißen."
nimmt die „Germania" zu dem Ausgang der Reichstags- wahl u. a. wie folgt Stellung: Wenn die Reichsregiernng heute die Antwort -es deutschen Volkes überprüft, dann wird sie sich ehrlicherweise gestehen müssen. Saß diese nicht so ausgefallen ist» wie sie das wohl erwartet hatte. Das deutsche Volk hat nämlich zu erkennen gegeben, daß es auf die heutige Führung der Ncichspolitik und die von ihr geübten Methoden keinen Wert legt. Es hat weiter ein eindrucksvolles Bekenntnis dahin abgelegt, daß es die von den Nationalsozialisten heiß erstrebte Parteiherrschaft auf das schärfste ablehnt. Wir fordern, daß nach dieser Wahl die Zeit gefährlicher Experimente und machtpolitifcher Aktionen vorbei ist und daß die bereits begonnenen zu liquidieren sind. Die Reichsregierung hat die Pflicht zur höchsten Besonnenheit und Zurückhaltung, bis der neugewählte Reichstag seine Funktionen übernommen hat. Sie hat vor allem die Pflicht, den Reichstag zu dem verfassungsmäßig gegebenen Termin einzuberufen und vor ihm zu erscheinen. Der Tag, an dem das geschieht, wird über mehr entscheiden als über das Schicksal einer Negierung.
Die „Bayerische Staatszettung" schreibt zum Wahlergebnis, daß Hitler sich auf seinem politischen Weitermarsch zunächst der ungeschlagenen Weltanschauungsfront gegenübcrsehe und, wenn es weiter gehe, auch einer ebensolchen Front der linksgerichteten Sozialisten. Was das Wahlergebnis in Bayern angehe, so werde man beachten müssen, daß die zur Zeit in Süddeutschland wellenden Fremden zur Mehrung der Hitlerstimmen in Bayern beigetragen haben dürften. Es sei deshalb falsch, aus der Mehrung der Hitlerstimmen ans Bayern von einer Umschichtung der bayerischen Wählerschaft mit der Zielsetzung zu sprechen, daß damit auch über das „System Held-Sttitzcl" der Stab gebrochen sei.
Die „Kölnische Zeitung" schreibt u. a.: Wenn das Zentrum sich jeder Mitarbeit versagen würde, so würde es auch ein parlamentarisches Regieren verhindern, jede Regierung noch weiter auf den Weg des Artikels 48 bringen und binnen kurzem Neuwahlen heraufbeschwüren. Es wäre die Aufgabe des Zentrums, in der nächsten Zeit eine Ncchts- regierung zu tolerieren. Bisher konnten die Nationalsozialisten immer hoffen, daß ihnen eines Tages die alleinige Macht zufallen könnte. Jetzt ist jedoch die nationalsozialistische Welle zum Stillstand gekommen und damit dürften auch die Hoffnungen auf die alleinige Machtübernahme einstweilen geringer werden. Es wäre nur begreiflich, wenn die Nationalsozialisten sich unter diesen Umständen bereit fänden, Regierungsverantwortung offen zu übernehmen.
Zum Ausgang der Reichstagswahl schreibt das „Hamburger Fremdenblatt", daß die gewaltige Radikalisierung auf der Linken erschreckend wirken müsse. Die klare Entscheidung einer stärkeren vor einer schwächeren Front, die von der Regierung Papen-Schletcher bet der Auflösung des alten Reichstags erstrebt wurde, sei nicht erreicht worden. So falle dem Zentrum wieder die Schlüsselstellung zu«