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S-richt-stanck für deläe r-»e Ist Calw

Nr. 167

Kmls- unä Knzeigeblall für äen Oberamlsbezirk Lalw

Mittwoch, den 20. 3uli 1932

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In äer Staät WSoläpfennigr wöchentlich mit Trägerlohn Post-6ezugspreis 35 Solä- psennige ohne Sestellgelä

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Jahrgang 105

Die Einigung der gerüsteten Mächte in Genf

Deutschland vor vollendete Tatsachen gestellt Die Abrüstungskonferenz wird vertagt

TU. Genf, 20. Juli. Die Vertreter Englands, Frank­reichs, Italiens und der Vereinigten Staaten haben am Dienstag nachmittag eine streng vertrauliche Sitzung abge­halten, an der Simon, Herriot, Balbo. Gibson und Norman Davis teilnahmen. Zum Schluß der Verhandlungen wurde auch Benesch hinzugezogen. Ueber das Ergebnis der Sitzung wurde von amerikanischer und französischer Seite überein­stimmend mitgeteilt, daß zwischen den vier Großmächten eine völlige Einigung über den Text der Berta gungsentschließung bis aus die Frage der Herabsetzung der schweren Geschütze erzielt worden sei. Die Streitfrage über das Verbot des Bombenabwurfs sei im französischen Sinne geregelt worden. Der Text der Ver­tagungsentschließung enthält keinen Hinweis auf die deutsche Gleichberechtigungssrage und lediglich die Klausel, daß die Einbringung von Anträgen den Mäch­ten Vorbehalten bleibt.

Für heute nachmittag ist der Houptausschuß der Konfe­renz einberufen, dem dann der endgültige Text der Berta- . gungsentschließung vorgelegt werden soll. In leitenden Konferenzkreisen wird erklärt, die Verhandlungen im Haupt­ausschuß würden unter allen Umständen noch im Laufe die­ser Woche zum Abschluß gebracht und die Konferenz werde sodann auf einige Monate vertagt werden.

Die deutsche Abordnung hielt am Dienstag mehrfach in­terne Besprechungen über die Stellungnahme zu oer erwar­teten Vertagungsentschließung ab. Die deutsche Abordnung steht jetzt vor der außerordentlich ernsten Frage, ob eine weitere Mitarbeit an der Konferenz überhaupt noch möglich ist. Es zeigt sich, daß die seit 5 Monaten hinausgezögerte Inangriffnahme der Gleichberechtigungssrage sich jetzt in ver­hängnisvoller Weise auswirkt. Die Konferenz kann zu einer eindeutigen Stellungnahme zu -er deutschen Forderung miss Gleichberechtigung nur dann noch gezwungen werven, wenn die deutsche Regierung jetzt einen dahingehenden Antrag beim Präsidium der Konferenz einbringt. Ob ein derartiges Vor­gehen von deutscher Seite erfolgt, steht aber noch nicht sest.

Nadolny stattete am Dienstag abend Herriot einen Besuch ab. Die Unterredung dauerte eine halbe Stunde. Ueber den Verlaus der Unterredung zwischen Herriot und Nadolny am Dienstagabend werden von beiden Seiten kei­

nerlei Mitteilungen gemacht. Jedoch kann angenommen werden, daß hierbei von deutscher Seite daraus hingewiesen worden ist, daß die am Dienstag von den vier Großmächten ausgearbeitete Vertagungsentschließung ohne Berücksichti­gung der deutschen Gleichberechtigungsforderung für die deutsche Abordnung nicht annehmbar sei und daß im Falle einer Ablehnung der grundsätzlichen deutschen Forde­rung auf Anerkennung der Gleichberechtigung in der Ab­rüstungsfrage für die deutsche Abordnung eine neue Lage entstehen würde.

Von amerikanischer Seite wird mitgeteilt, daß in der die amerikanische Regierung besonders interessierenden Frage der Herabsetzung der effektiven Truppe n be­st ä n d e eine Einigung über den Grundsatz der Beschränkung der Truppenbestände erzielt worden sei. Ueber die Einzel­heiten soll eine Einigung auf diplomatischem Wege in direk­ten Verhandlungen zwischen den Regierungen während der Ferien erzielt werden. Ferner sei eine Einigung über die Frage der Herabsetzung der Heeresausgaben und das Ver­bot des Bombenabwurfs zustande gekommen. In der Frage -er schweren Artillerie lehne die amerikanische Regierung die bisherigen Vorschläge ab, da sie für den Küstenschutz auf der Beibehaltung der schw.ren Artillerie bestehen müsse. Der Text des von den vier Großmächten ausgearbeiteten Ent­wurfs für die Vertagungsentschließung ist am Dienstag abend sämtlichen Abordnungen übermittelt worden.

Deutsche Rückfrage in London

TU. Loudon, 2V. Juli. Der dentjche Geschäftsträger in London hat am Montagnachmittag im Foreign Office vor­gesprochen. um näher« Aufklärungen über einzelne Punkte des Vertrau-« nsabkommens zu erhalten. Diese sind dem Außenminister Simon nach Gens zur Kenntnis- und Stellnngnahme übermittelt worden.

Polen will dem Vertranensahkommen bcitrete«

Der polnische Botschafter in London überreichte am Mon­tag im Foreign Office eine Note, in der der Wunsch der polnischen Regierung ausgedrückt wird, dem englisch-fran­zösischen Vertrauensabkommen beizutreten. Wie verlautet, ist eine gleichlautende Note in Paris überreicht worden.

Die Konferenz der Landwirlschastsminister

TU. München, 20. Juli. Am Dienstag trat in München anter dem Vorsitz des Reichsernährungsministers die Kon­ferenz der deutschen Ernährungs- und Landwirtschastsmini- ster zusammen. Vertreten waren das Reich und 10 Länder- regierungcn. Die Konferenz befaßte sich eingehend mit der schwierigen Lage der deutschen Landwirt­schaft und der dadurch bedingten ernsten Rückwirkung auf die Gesamtwirtschast. Im Anschluß an eine Rede des Reichsernährungsministers wurden in mehrstündiger Bera­tung die wichtigsten aktuellen Fragen durchgesprochen, ins­besondere wurden die Verhältnisse in der bäuerlichen Ber­ed e l u n g s w i r t s ch a f t, d. h. in der Vieh- und Milch­wirtschaft, beim Wein-, Obst- und Gemüsebau, sowie die Lage der Holzwirtschast eingehend burchberaten. Mit Nach­druck wurde von allen Seiten betont, daß sich bei diesen Er­zeugnisse» die Verhältnisse besonders verhängnisvoll gestal­tet haben. Die Schutzmaßnahmen anderer Länder hätten in zunehmendem Maße zu einer Verschärfung des Angevots- druckes ausländischer Waren auf den deutschen Märkten ge­führt. Auch die beste Marktorganisation, die allerdings in Deutschland vielsach noch nicht erreicht sei, sei nicht in der Lage, sich gegen die derzeitige ausländische Schleuderkonkur­renz zu behaupten.

Di« Konferenz stand ans dem Standpunkt, daß neue starke Maßnahmen zum Schutze der bäuerlichen Erzeugnisse bei den katastrophalen Weltmarktverhältnissen nicht entbehrt werden könnten und deshalb mit Beschleunigung geschaf­fen werden müßten. Man war der Auffassung, daß es in unserer Lage nicht angängig sei, -ie bäuerliche Verebelungs- wrrtschaft, den vielleicht wichtigsten Faktor unseres Binnen­marktes, auch weiterhin nur ungenügend geschützt -er Welt­krise auszusetzen. Die Konferenz begrüßte die Lösung des deutsch.schwedischen Handelsvertrages, die Beseitigung der Zwischenzölle für Speck und Schmalz und die Kontingentierung der Frühkartofseleinsuhr als einen Anfang zur Erreichung eines wirksameren Schutzes der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse. Die Konferenz gab der Erwartung Ausdruck, daß auf diesem Wege mit Tatkraft fortgeschritten würde, zumal da -ie weiter anhal­tende protektionistische Tendenz in der Welt und die Welt- ! , uns immer mehr auf die Wiederherstellung und Pflea« des Binnenmarktes hinwiesen.

Zum Kundgebungsverbot

Eine Erklärung der Reichsregieruug

TN. Berlin, 20. Juli. Die Reichsregierung hat durch den Nachrichtendienst derDrahtag" eine Erklärung zum De­monstrationsverbot verbreiten lassen. Nach Hinweis aus den Brief des Reichspräsidenten an Sen Reichsinnenminister, tn dem der Reichspräsident zum Ausdruck gebracht hatte, daß er entschlossen sei, mit allen ihm verfassungsmäßig zustehen­den Mitteln gegen Ausschreitungen jeder Art vorzugehen, heißt es in der Erklärung: »Die Polizeigewalt hat offen­sichtlich nicht überall ausgereicht, solche Zusammenstöße und Uebersälle zu verhindern. Der Reichsminister des Innern hat angesichts dieser Sachlage von der ihm durch Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. Juni 1932 erteilten Befugnis, Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge wieder zu verbieten, Gebrauch gernacht. Nachdem am Montag vor acht Tagen ln Ohlau und am letzten Sonntag in Altona sich die bekannten blutigen Vorfälle ereignet hatten, mußte der Neichsminister des Innern in Uebereinstimmung mit dem Kabinett es als sein« Pflicht ansehen, zunächst diese Maß­nahmen zu treffen. Es ist aber verständlich ««- von -er Reichsrcgterung auch bereits angekündigt worden, daß das Demonstrationsverbot nur ein erster Schritt ist. Die Länder­regierungen sind ersucht worden, die aus dem Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen sich ergebende Entlastung -er Polizei dazu auszunutzen, um die Schlupfwinkel und Waffenlager -er Kom­munisten, deren Vorhandensein durch -ie Altonaer Vor­gänge erwiesen ist, nachdrücklichst auszuheben und damit die Grundlage für eine künftige ruhigere Gestaltung öffentlicher Veranstaltungen zu schaffen. Die Reichsregierung wird dem Herrn Reichspräsidenten nötigenfalls weitere Maßnahmen gegen diejenigen vorschlagen, die künftig den Politischen Kampf mit -er Waffe in der Hand oder gar unter verbrecherischer Verwendung von Sprengstoffen führen soll­ten. Das deutsche Volk kann darauf vertrauen, daß die ReichS- regicrnng durchgreisen wird.

Wie von unterrichteter Seite verlautet, ist mit weiter­gehenden Verordnungen der Reichsregierung, die ». a. eine schärfere und schnellere Bestrafung -eS unbefugten Waffen- führens betreffen, lm Augenblick noch nicht zu rechnen. Die Reichsregierung will erst die Wirkung des DeuumstrationS- verbots ab warten.

Tages-Spiegel

Die Genfer Abrüstungskonferenz wird sich nach nunmehr er­folgter Einigung der gerüsteten Großmächte vertagen, ohne der deutsche« Forderung a«s Gleichberechtigung Rechnung zu trage«. ,

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Der Hanshaltsansschntz der Abrüstungskonferenz befaßte sich mit dem deutschen Wehrhanshalt. An die deutsche Abord­nung sind von verschiedenen andereu Abordnungen ins­gesamt 182 Frage« über de« dentsche« Wehretat gestellt worden.

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Der Reichswahlausschnß hat gestern 27 Reichswahlvorschläge für gültig erklärt und zngelaffe«.

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Der frühere Reichskanzler Dr. Brüning sprach gestern abend in einer Zentrnmskundgebnng in Stuttgart. Dr. Brüning übte an der Regierung v. Pape« streuge Kritik «ud fetzte sich gegenüber der drohenden Diktatur für eine Politik -er Mitte ein.

Das preußische Problem

Besprechung des Reichskanzlers mit Hirtsifer und Severins

TU. Berlin, 20. Juli. Reichskanzler von Papcn hat die preußischen Minister Hirtsiscr und Severing für heute zu sich gebeten. Wie verlautet, wird der Kanzler bei diesem Empfang darüber Aufklärung erbitten, was in Preußen zur Wiederherstellung der Ruhe und Ordnung unternommen wird. Falls Hirtsifer und Severing nicht in der Lage sein sollten, eine den Kanzler befriedigende Erklärung abzu- geben, so ist damit zu rechnen, daß die Reichsregierung so- fort von sich aus entscheidende Maßnahmen beschließen wird.

DieGermania" will über das Verfahren, das der Reichskanzler einzuschlagen gedenkt, folgendes erfahren haben: Der Reichskanzler werde an die preußische Regierung die Aufforderung richte«, freiwillig zurückzutreten, um dem R« ichs ko m m i ssa r, als welcher Herr von Papen selbst fungieren solle, Platz zu machen. Sollte die preußische Regie­rung dieser freundlichen Aufforderung nicht Nachkommen, dann sei geplant, für das preußische Gebiet den Ausnahme­zustand zu erklären. Auf diese Weise würde dann ohnehin die ganze vollziehende Gewalt ans das Reich übergehen.

Landtagspräsident Kerrl regte in einem Brief an den Reichskanzler an, durch Artikel 48 das preußische Problem zu lösen. Das Reich solle die Polizei übernehmen.

Die Ziele des freiw. Arbeitsdienstes

TU. Berlin, 20. Juli, Der neuernannte Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst, Dr. Syrup, äußerte sich vor Pressevertretern ausführlich über die Neurege­lung des Freiwilligen Arbeitsdienstes. Er knüpfte dabei an die Rundfunkrede des Reichsarbeitsministers an. Im Mittelpunkt -es Arbeitsdienstes, so sagte Dr. Syrup u. a., soll und muß die ernsthaft« Arbeit stehen. Alle Erfahrungen zeigen, daß die Jugend darnach -rängt, produktiv in das Volksganze eingeschaltet zu werden, zum Dienst für Volk und Nation. Doch die Arbeit als solche und ihre Ergebnisse sind nicht das einzige Ziel des Arbeitsdienstes. Er soll auch mithelfen an der körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Gesundung. Entscheidend für das Gelingen dieser hochgesteck­ten Ziele ist -ie Lösung der Führerfrage. Schematismus und Bürokratismus jeder Art sind gerade auf die­sem Gebiet von Uebel. Die Jugend selbst verlangt nach Unterordnung, aber sie stellt auch Anforderungen an ihre Führer: sie will keine Vorgesetzten, sondern Menschen mit natürlicher Führerbogabung, die vertraut find mit dem Streben und Wollen der Jugend und ihre Eignung bereits erwiesen haben. So kann man beobachten, daß Führertypen besonderer Prägung sich herauszubilden beginnen. Ich halte es für meine Aufgabe, diese Entwicklung mit Nachdruck zu unterstützen und auf den gewonnenen Erfahrungen weiter­zubauen. Arbeiten von volkswirtschaftlichem Wert sollen be­sonders in den Vordergrund gestellt werden. Die 88 Millio- nen Mark, die bisher für die Zeit bis zum 31. März 1933 zur Verfügung stehen, ermöglichen etwa 30 Millionen Tage­werke im Freiwilligen Arbeitsdienst. Bis zum Beginn des neuen Haushaltsjahres würden also durchschnittlich 20V 000 Arbeitsdienstwillige beschäftigt werden können. Eine Auf­teilung der 85 Millionen, die für den Freiwilligen Arbeits­dienst vorgesehen find, ist in keiner Weise erfolgt. Es handelt sich darum, daß die Arbeiten zusätzlich sind. Aufgaben wie etwa -ie Anlage von Kunststratzen kommen nicht in Frage. Es wird sich vielmehr um Arbeiten handeln, deren Schwer­gewicht auf der übernommenen Arbeitsleistung als solcher beruht, also Ausbau von Feldwegen und Verbindungswegen -wischen Dörfern, wo -ie interessierten Bauern Hantz- ^ und Spanndienste leisten. Aus diesem Grunde wird auH^ die Nach­frage nach Leistungen aus den» Freiwilligen Arbeitsdienst nicht all»« hoch sein. -