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S-richtlstamI für drill« r«Ue Ist Calw

Nr. 165

U.MW

Amts- unä Knzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk Oalw

Montag, den 18. 2uli 1932

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verantwort!. Lchriftleitung: Frieckrich Hans Scheele vrutk unä Verlag äer N. Oelschläger'schen öuchäruärerei

Jahrgang 105

Neuordnung des fteiw. Arbeitsdienstes

Die Verordnung der Reichsregierung Ein Reichskommissar eingesetzt

TU Berlin, 18. Juli. In einer Verordnung hat die Neichsregierung den freiwilligen Arbeitsdienst neu geordnet. Den Gegenstand und Zweck bezeichnet die Verordnung mit den Worten:Der Freiwillige Arbeits­dienst gibt den jnngcu Deutschen die Gelegenheit, znm Nutzen der Gesamtheit im gemeinsamen Dienst freiwillig ernste Arbeit zu leisten und sich zugleich körperlich und gei­stig-sittlich zu ertüchtigen."

Nach dem Inhalt der Verordnung müssen die Arbeiten des Freiwilligen Arbeitsdienstes gemeinnützig und zusätzlich sein. Sie dürfen nicht zu einer Verringerung der Arbeitsgelegenheiten auf dem freien Arbeitsmarkt füh­ren. Träger der Arbeiten sind öffentliche Körper­schaften oder sonstige Vereinigungen, die gemein­nützige Zwecke verfolgen. Diesen wird es auch gelingen, für das Vorhandensein von geeigneten Arbeiten zu sorgen. Als Träger des Dienstes kommen neben den Trägern der Arbeit die Vereinigungen in Betracht, die sich in gesonder­tem Maste für die Betreuung der Arbeitsdienstwilligen eig­nen. Die Arbeitsdienstwilligen geniesten die Vorteile der Sozialversicherung und des Arbeitsschutzes. In erster Linie sollen Deutsche unter 25 Jahren bedacht werden, und zwar von diesen wieder besonders Arbeitslose, die aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Daneben kommen aber auch Nichtarbeitnehmer in Betracht.

Um eine möglichst einfache und sparsame Durchführung des sreiw. Arbeitsdienstes sicherzustellen, werben die für die­sen Zweck bereitstehenden Neichsmittel und Mittel der Neichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung einheitlich zusammengefaßt und verwaltet. Um die einheit­liche Leitung zu gewährleisten, wird die Reichsregierung einen R eichS ko m ml fsa r, der dem Reichsarbeitsminister untersteht, ernennen. Der Reichskommisfar wirb von Be­zirkskommissaren unterstützt. Als Reichskommiflar ist der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Ar­beitslosenversicherung, Dr. Syrup, in Aussicht genommen. Ein neuer Behördenapparat wird nicht geschaffen. Vielmehr stehen die Einrichtungen der Neichsanstalt zur Verfügung. Das Nähere wird durch eine Ausführungsverordnung des Reichsarbeitsministers geregelt, die in Kürze erscheint. Mit der Verordnung verbindet die Reichsrcgierung die folgende Erklärung:

Die Reichsrcgierung hat in der Verordnung vom. Juli dem freiwilligen Arbeitsdienst eine neue Berfas-

TU Altona» 18. Juli. Bei einem Aufmarsch der National­sozialisten in Altona kam es am Sonntag nachmittag zu blutigen Zusammenstößen mit Kommunisten. Nach bisher vorliegenden nichtamtlichen Meldungen gab es 10 Tote und etwa SO Schwer- und Leichtverletzte. Wie Augenzeugen be­richten, gaben die Kommunisten, als der nationalsozialistische Zug die Straßen eines Arbeiterviertels passierte, Schüsse aus den Häusern und von den Dächern auf die Zugteilnehmer ab. Mehrere Nationalsozialisten brachen schwer verletzt zusammen. In dem Zug entstand eine un­geheure Verwirrung. Die marschierenden Kolonnen lösten sich teilweise auf, während der Rest gegen die Angreifer vor­zugehen versuchte. Die anrttckenöe Polizei wurde ebenfalls aus den Häusern beschossen, so baß sie gezwungen war, das Feuer zu erwidern. Auch an anderen Stellen der Stadt kam es zu Zusammenrottungen. An der Grenze zwischen Ham­burg und Altona versuchten Hamburgische Polizeibeamte ein Uebergreisen der Unruhen auf Hamburg zu verhüten. Dabei wurde ein Beamter durch einen Oberschcnkelschuß verletzt. Der nat.soz. Zug wurde nach den blutigen Ereignissen von Polizcikolonnen bis auf die Auflösungsplätze begleitet, um weitere Zwischenfälle zu verhüten.

Auch nach dem Aufmarsch der Nationalsozialisten und der Auslösung des Zuges dauerten die Schießereien in Altona noch an. Die Kommunisten gaben immer wieder Schüsse von den Dächern und aus den Fenstern auf die gegen sie vor­gehenden Polizeibeamten ab. Die Polizei erwiderte das Feuer. An verschiedenen Stellen der Stadt wurde von den Kommunisten versucht, durch Aufreißen des Strä- ^ENpflasters Barrikaden zu errichten. In der Großen Freiheit" wurde von der Polizei eine aus Steinen und einem umgeworfenen Fuhrwerk errichtete Barri- mit der Waffe in der Hand gestürmt. Der Straßenbahnverkehr nördlich der großen Werkstraße und der Lieichenstraße wurde gesperrt. Da die kommunistischen Schie-

sung gegeben. Sie behält sich vor, diese entwicklungssähige und sörderungswürdige Einrichtung unter Berücksichtigung der kommenden Erfahrungen weiter auszubauen. Der Reichskommiflar wird beauftragt, über seine Erfahrungen zu berichten und ein Gutachten über die notwendigen Voraussetzungen und die zweckmäßige Form einer Arbeits- bienstpflicht zu erstatten. Das Gutachten wird -er Oefsent- lichkeit zur Begutachtung zugehen."

Erläuterungen des Reichsarbeitsministers

Im Rundfunk sprach am Samstagabend Reichsarbeits­minister Schaffer über die Notverordnung über den frei­willigen Arbeitsdienst. Der Minister umriß den Begriff der neuen Einrichtung und führte dann aus: Beispiele für die gedachten gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeiten sind: Die Anlage und Verbesserung von Dorfstraßen, Feld- und Wald­wegen, die Ausrichtung kleiner Flußläufe, Befestigung und Schutz der Ufer von Bächen und Flüssen, Gewinnung und Verbesserung von Boden durch Kultivierung von Moor und Heide für Acker- und Gartenbau, Zuschüttung von Sümpfen und Altwässern, Aufforstung von Oedländern, ferner Ab­räumungsarbeiten zur Erschließung von Steinbrüchen, Kies- unö Sandgruben, Planierung und Urbarmachung von Sied- lungsgelände und anderes mehr. Notstandsarbeiten als solche sind im allgemeinen nicht Gegenstand -es freiwilligen Arbeitsdienstes. Der Arbeitsdienst ist freiwillig, die Verord­nung übt keinen Zwang aus. Es wird nicht einmal leicht sein, alle Anwärter unterzubringen. Die Reichsregierung be­hält sich vor, die Einrichtung unter Berücksichtigung der kom­menden Erfahrungen weiter auszubauen. Der Dienst steht besonders auch Studenten und Bauernsöhnen offen. Berück­sichtigt werden in der Hauptsache die Arbeitsklaflen unter 36 Jahre. Kür volkswirtschaftlich wertvoll« Arbeiten kann die Dauer -er Förderung bis zu 40 Wochen verlängert wer­den. Reich und Reichsanstalt stellen bis jetzt S6 Millionen Reichsmark bereit. Von der Reichsanstalt wird besonders er­wartet, daß sie mindestens die Mittel freigibt, di« sie an Un­terstützungen in der Arbeitslosenversicherung damit erspart.

Der Minister schloß mit dem Bewußtsein, daß man mit dem Arbeitsdienst allein das deutsche Schicksal nicht meistern könne. Die Führer in -er Wirtschaft und im Staate werden auch weiterhin auf Mittel und Wege sinnen, dem wirtschaft­lichen Niedergang ein Ende zu machen und den Wiederauf­stieg vorzubereiten.

tzereien andauerten, mußte die Polizei schließlich Pan­zerwagen einsetze n.

Unruhiger Sonntag in Berlin

TU. Berlin, 18. Juli. Der Sonntag war trotz des regneri­schen Wetters diesmal besonders reich an politischen Zusam­menstößen. Einer der schwersten Zusammenstöße ereignete sich in der Nacht zum Sonntag im Südwesten Berlins, wo bei einem Handgemenge zwischen Kommunisten und National­sozialisten etwa 10 Schüsse abgegeben wurden. Der 2Sj8hrige SA.-Mann Friedrich Schröder erhielt einen Schuß in den Hals. Er verstarb kurz nach der Einlieferung ins Kranken­haus. Von dem Ort dieses Zwischenfalls nicht weit entfernt wurde ein Ueberfallwagen der Polizei Mt Gläsern und Blumentöpfen beworfen, so - die Polizei Schreckschüsse abgeben mußte. Im Bezirk Lichtenberg wurde ein angeblich parteiloser Kraftfahrer von seinem Rad heruntergerissen und durch mehrere Stiche im Rücken verletzt. In einer anderen Gegend Berlins erhielt ein von 8 Kommunisten überfallener Nationalsozialist Messerstiche. Das Ueberfallkommando traf zu spät «in. Auch in Berlin-Schöneberg ist es zu einem Zu­sammenstoß gekommen, bei dem mehrere Personen verletzt wurden. In mehreren Straßen -es Berliner Ostens ver­ursachten die Kommunisten bei einem Durchmarsch der Natio­nalsozialisten wiederholt Ruhestörungen.

Reichswehr hilft entwaffnen

In der Nacht zum Sonntag überfielen etwa ISO Kommu­nisten in Ketschendorf bei Fürstenwalde ein nationalsozia­listisches Auto. In dem Handgemenge zwischen Kommuni­sten u. Nationalsozialisten wurden 4 SA.-Leute verletzt. Nach dem Ueberfall zogen sich die Kommunisten in ein Lokal in Ketschendorf zurück. Da man vermutete, daß die Kommuni­sten im Besitz von Waffen seien, mutzte die Polizei eine Durchsuchung -es Lokals auf Waffen vornehmen. Zur

Tages-Spiegel

Am Sonntag ereigneten sich in Nord- und Westdeutschland zahlreiche blutige Zusammenstöße zwischen politisch An­dersdenkenden. Die Führer aller großen politischen Par­teien hielten Wahlreden.

a

Hitler beschwerte sich in einem Telegramm an den Reichs­präsidenten über eine» Polizeioffizier, der bei einem S?l^ Aufmarsch in Königsberg berittene Polizei in provozieren, der Weise eingesetzt habe» soll.

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Die Reichsregierung hat jetzt die Verordnung über den frei­willigen Arbeitsdienst erlassen. Es handelt sich hiebei ledig, lich um eine Neuordnung? Dr. Syrup wurde znm Reichs­kommissar ernannt.

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Im Interesse der bäuerlichen Veredlnngswirtschast und zur Entlastung des Gersteumarktes i« de« inländischen Über­schußgebiete« ist mit -er Durchführung der bereits ange- küudigten Vcrkoppelungsaktio« von Jnlandsgerste und Auslandsroggen begonnen worden.

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Pie deutsche Regierung steht zurzeit in Verhandlungen mit der österreichischen Regierung betr. Gewährung einer An­leihe, die voraussichtlich 10 Millionen Mk. erreichen wird.

Durchführung der notwendigen Absperrungsmaßnahmen forderte die Polizei Unterstützung durch die Reichswehr an. Es wurde eine Eskadron aus Fürstenwalde entsandt, die je­doch lediglich die Aufgabe hatte, das Lokal zu umstellen «nd von ihren Waffen keinen Gebrauch machte. Die eigentliche Polizeiaktion wurde von den Landjägereibeamten burchge- führt und förderte Munition und eine Anzahl Schußwaffen zutage. Die Kommunisten, die größtenteils aus Berlin stammten, wurden zwangsgestellt und dann nach Berlin ab­geschoben.

Zusammenstöße im Reich

Außer in Altona, Berlin und bei Fürstenwalde ist es am Sonntag noch in mehreren anderen Gegenden Deutschlands zu politischen Zusammenstößen und Ausschreitungen gekom­men. In Bochum wurde ein der NSDAP, nahestehender Arbeiter von Kommunisten überfallen und schwer verletzt. Ferner wurden Mitglieder der Kyffhäuser-Jugend, die von einem Kameradschastsabend zurückkehrten, von Kommunisten angegriffen, die auch einige Schüsse abgaben. Ein Mitglie­der Kyffhäuser-Jugend erhielt einen Beinschuß, 1 National­sozialist einen Schuß in die Verse. In Remscheid wur­den am Sonntagnachmittag zwei Nationalsozialisten durch Schüsse verletzt. Die kommunistischen Täter konnten verhaftet werden. Abends wurde ein Lastwagen mit Nationalsozia­listen von Kommunisten beschossen. Ein Polizerbeamter, der einschritt, wurde von den Kommunisten mißhandelt. In Barmen wurden am Sonntagnachmittag drei von Rem­scheid kommende Wagen mit Nationalsozialisten nach Waffen durchsucht, da der Polizei gemeldet worden war, daß von dem Wagen unterwegs geschossen worden sei. Bei der Durch­suchung des Wagens wurden nach Angaben der Polizei 18 geladene Pistolen gefunden und beschlagnahmt.

In Greifswald wurden im Anschluß an eine Kund­gebung SA.-Leut« von Kommunisten beschossen. Dabei wurden 19 Nationalsozialisten meistens durch Kopf und Brustschüsse verwundet. Auf dem Transport sind der Schmied Nassow und der Student Reinhardt, beide aus Greifswald, ihren schweren Verletzungen erlegen.

Kabinettsrat über die Abrüstungskonferenz

Der Kanzler wieder in Berlin

TU Berlin» 1*. Juli. Reichskanzler von Papen ist am Samstag vormittag von Neubeck nach Berlin zurückgekchrt. Noch am Vormittag trat das Ncichskabinett -u einer Sitzung zusammen, in der es sich mit der deutschen Stellungnahme zur Abrüstungskonferenz beschäftigte. Im Zusam­menhang mit den Beratungen des Neichskabinetts über die deutsche Stellungnahme auf der Abrüstungskonferenz schreibt dieBerliner Börsenzeitung":

Die deutsche Delegation steht mit Recht auf dem Stand­punkt, daß die Gewährung der absoluten wehr­politischen Gleichberechtigung die natürliche Folge des Lausanne! Abkommens, der Erklärungen Mac- donaldS vor dem Unterhaus und besonders des 2. Punktes des englisch-französischen Vertrauensabkommens sein muß, dem beizutreten Deutschland aufgefordert worden ist. Ohne diese Gleichberechtigung ist Deutschland selbstverständlich an einem solchen Abkommen ebenso wie an den weiteren Ab­rüstungsverhandlungen absolut desinteressiert. Die Retchsregierung wird man dringend ersuchen müssen, daß sie diese Feststellungen in aller Entschiedenheit und ohne Halbheiten auf den Genfer Verhandlungen trifft.

Ein Sonntag blutiger Ausschreitungen

Schwere Straßenkämpfe in Altona Polizei stürmt Barrikaden und setzt

Panzerwagen ein