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Nr. 161

Amis- unä Knzeigeblall für äen vberamlsbezirk Calw

Mittwoch, den 13. Juli 1932

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Zernsprecher Nr. 9

verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck unä Verlag der kl. Oelschläger'schen Buchäruckerei

Jahrgang 105

Macdonald über die Lausanner Konferenz

Das letzte Wort über die Reparationen Keine Europafront gegen Amerika

--- London, 13. Juli. Der englische Ministerpräsident Macdonald hat gestern im Unterhaus einen Bericht über die Lausanner Konferenz gegeben. Macdonald führte aus, er nehme für sich in Anspruch, daß die Konferenz am Ende zu einer Regelung der Reparationsfrage führen könnte, die an der Wurzel einer jeden wirtschaftlichen Schwierigkeit feit der Beendigung des Krieges ansetzte. Die Reparationen hät­ten die Staatshaushalte der einzelnen Länder verfälscht, sie hätten im Herzen Europas ein Land in eine finanzielle Lage gebracht, die eine Drohung für die Welt geworden sei. Sie hätten viel dazu beigetragen, die Wirtschaft der einzelnen Länder in Unordnung zu bringen. Solange es Reparatio­nen gebe, könne sich die Wirtschaft nie wieder vollständig er­holen.

Wir sind nach Lausanne gegangen", so sagte Macdvnald, um uns mit dieser Frage zu beschäftigen, und ich brauche mich bei dem Hause nicht zu entschuldigen, wenn ich diese Frage als erste und wichtigste auf das Programm setze. Das Uebrige läuft jetzt weiter. Warum? Weil wir eine Lösung für das Neparationsproblem anbieten konnten." (Beifall.) Er hoffe, daß man als Ergebnis von Lausanne nunmehr das letzte Wort über die Reparationen gehört habe. (Beifall.) Macdonald wies aus die Gefahren hin, unter denen die Welt dauernd wegen der Krise Deutschlands gelitten habe. Solange nicht die Lage Deutschlands als ein Element im Welthandel, als ein Faktor nicht nur innerhalb Europas, sondern als ein Faktor für die ganze Welt verstanden und behandelt werde, gebe es auch für England keine Erholung (Beifall). Mit immer größer werdender Besorgnis hätten darum er, der Schatzkanzler und der Hanöclsminister die Anzeichen außergewöhnlicher Ereignisse in Deutschland ver­folgt.

- Macdvnald sprach dann über die geschichtliche Entwicklung seit der Londoner Siebenmächtekonferenz. Der große zeitliche Zwischenraum zwischen dem Baseler Sachverstündigenbericht «nd der Lausanner Konferenz gereiche niemand znr Ehre. Er habe genug davon, immer nur aus neue Wahlen zu war­ten. Der Reichskanzler v. Papen habe sich hartnäckig gewei­gert, zuzugeben, daß Deutschland irgend etwas mit den Kriegsschulden zu tun habe. Als ich ihm sagte:Sie müssen wirklich ein Versprechen geben", antwortete Papen,daß er sich aus grundsätzlichen Erwägungen heraus unbedingt wei­gern müsse, eine Verquickung von Reparationen und Kriegs­schulden anzuerkennen". In Washington wiederum sei Europa gesagt worden, daß Amerika die Kriegsschulden nicht vom gleichen Standpunkt aus erwägen könne wie seine Schuldner, die Reparationen erhielten. Glücklicherweise seien die amerikanischen Reden und andere Kundgebungen der amerikanischen öffentlichen Meinung dahin gegangen:Laßt Europa selb st über die Regelung entscheiden, die es un­ter Berücksichtigung aller Umstände für sich selbst am geeig­netsten hält. Laßt Europa seine Ansichten kundgeben, und wir werden auf vernünftiger Grundlage die Nolle darlegen, die Amerika billigerwetse übernehmen kann."

Macdonald ging sodann ans die Gerüchte über ein von den Mächten in Lausanne getroffenes Gentleman-Abkommen -in. Bei Eröffnung der Vollsitzung der Lausanner Konferenz habe er am vergangenen Freitag in Anwesenheit der Presse diesen Beschluß mitgeteilt, den er allerdings nicht als Gent- ieman-Abkommen bezeichnet habe. Es sei die Antwort ans -ine Frage des deutschen Reichskanzlers gewesen, der ge­fragt habe, ob eine neue Konferenz einverufen werde, falls das Lausanner Abkommen scheitere.Gewiß", habe er Mac­donald, geantwortet. Denn was wäre sonst eingetreten? Man märe wieder znm Uonngplan zurückgekommen «nd die tanze provisorische Maschinerie wäre in Stücke gefallen, weil die Grundlagen vernichtet gewesen wären. Man wäre wie­der z«m Ausgangspunkt zurückgekehrt. Um dies zu vermei­den, sei in Lausanne mittels eines Kompromisses ein neues Abkommen getroffen.

Macdonald wandte sich gegen die Behauptungen, daß Europa sich einfach zusammcngetan habe, um Amerika eine Art Ultimatum zu überreichen. Diese Behauptungen wür­den wahrscheinlich üble Folgen haben. Er wolle es daher vollkommen klarmachen, daß in Lausanne lediglich die inne­ren Schwierigkeiten Europas in Ordnung gebracht worben eien und daß man sich dort über Vorschläge geeinigt habe, die die dort versammelten Nationen für richtig hielten. Die englische Regierung habe ganz einfach gesagtallgemeine Streichung". Das habe sich nicht erreichen lassen, aber es sei ^reicht worden, daß Deutschland sich zur Zahlung einer Endsumme bereit erklärte, und daß damit die Reparationen erledigt wurden.

lick^"" Europa, so fuhr Macdonald fort, seine wirtschaft- lruck" finanziellen Probleme lösen will, so mutz es dies Probl- politischen Fragen tun, denn die politischen hänge» von -er politischen Geistesverfassung ab.

Wir müssen noch die aus dem Kriege übrig gebliebene Atmo­sphäre verscheuchen. Deutschland muß als eine Nation mit Hochachtung betrachtet werden und als eine Nation, die im Rate -er Völker befragt werden muß, deren Rat angenom­men werden muß, wen» er weife ist, oder nicht, wenn er nicht weise ist, genau so, wie es bei jeder anderen Nation der Fall ist. Deutschland muß in den Rahmen der normalen Be­ziehungen z« den Völkern wieder eingefügt werden. Ich freue mich, sagen zu können, daß Lausanne uns näher an Frankreich, Frankreich näher an Deutschland «nd Frank­reich und Deutschland näher an'uns Engländer gebracht hat".

Keine Rückkehr zum Joungplan

TU. Berlin, 13. Juli. In der deutschen Presse ist bezüg­lich des englisch-französischen Geheimabkommens über die Ratifizierung des Lausanner Abkommens behauptet wor­den, falls dieses Abkommen nicht ratifiziert werden würde, würde der Aoungplan wieder in Kraft treten. Dazu wird von zuständiger Stelle folgendes mitgeteilt:Es sei richtig, daß die Engländer und Franzosen nicht vor Abschluß der Verhandlungen mit Amerika über die Rückzahlung der Schulden Las Lausanner Abkommen ratifizieren würden. Bis dahin habe Deutschland jedenfalls nichts zu zahlen. Falls das Abkommen nicht ratifiziert werden sollte, würde eine ganz neue Lage entstehen und eine neue Trtbutkonserenz notwendig werden. Von der Rückkehr zum Aoungplan könne keine Rede sein, was schon ans Len übereinstimmenden Kom­mentaren der Weltpresse hervorgche.

Die Abrüstungskonferenz wird vertagt

TU. G«»f, 13. Juli. Die Ausarbeitung des Vertagungs­planes, den Benesch als Hauptberichterstatter dem Hanpt- ausschutz der Abrüstungskonferenz vorlegen soll, stößt jetzt auf

TU. Berlin, 13. Juli. Das Reichskabinett beschäftigte sich am Dienstag nachmittag in mehrstündiger Sitzung mit der Sieblungs- und Arbeitsöicnstfrage. Eine amtliche Mittei­lung über den Verlauf der Beratungen wurde nicht aus- gegeben. Die Verhandlungen werden heute fortgesetzt.

Au den Beratungen des Reichskabinetts über Len freiwil­ligen Arbeitsdienst erfährt derLokalanzeiger" u. a.: Im allgemeinen sei vorgesehen, daß zur körperlichen und geisti­gen Wiederertüchtigung der Arbeitslosen der freiwillige Ar­beitsdienst ausgedehnt werde, aber nur für gemein­nützig« Arbeiten, die nicht den freien Arveitsmarkt beeinträchtigen und nicht auf der Grundlage politischer Or­ganisationen. Das Reich stelle die Mittel zur Verfügung, über die im Referentenentwurf Näheres noch nicht ausge­führt sei. Man rechne mit 44 Millionen Mark, dazu sollen noch 16 Millionen Mark Ersparnisse der verschiedenen Or­gane der Arbeitslosenfürsorge kommen, die gleichfalls für den freiwilligen Arbeitsdienst aufgewandt werden sollen. Es kämen im wesentlichen Personen unter 36 Jahren in Betracht, mit einigen Ausnahmen, die auch bei höherem Alter die TeilneHmerschaft am freiwilligen Arbeitsdienst ge­statten. Ein Reichskommissar, der dem Reichs­arbeitsministerium unterstehe, soll für die Durchführung eingesetzt werden. Es würden entsprechende Unterkom­missariate gebildet. Außerdem werde aus den Organisatio­nen ein Beirat geschaffen.

Oberbürgermeister Dr. Gördeler sprach in der Aula der Universität Leipzig über die Arbeitsdienstpflicht. Er teilte mit, daß bis zum Ende dieses Jahres noch 200 006 Mann beschäftigt werden würden, von den benötigten 60 Millionen Mark lägen 40 Millionen Mark bereit.

Keine Maßnahmen gegen die politischen Unruhen

Der Reichsinnenminister lehnt neues Uniformvcrbot ab

Amtlich wird mitgeteilt:Der Reichsminister des Innern empfing am Dienstag nachmittag auf ihren Antrag die Vor­standsmitglieder der SPD., die Abgeordneten Wels und Dr. Breitscheid, die dem Minister das von der Partei gesammelte Material über die politischen Zusammenstöße der letzten Zeit überreichten. Die Herren machten weiter darauf aufmerksam, daß sie die politische Lage in Deutsch­land im Augenblick als besonders ernst ansehen und forder­ten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ruhe und Sicher­heit. Insbesondere stellten sie die Wiedereinführung des Uniformverbots als notwendig hin. Der Mini­ster erklärte, daß er Provokationen, von welcher Seite sie

Tages-Spiegel

Der englische Ministerpräsident hat gestern vor dem Unter­haus über das Ergebnis der Lausanner Konferenz be­richtet.

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Wie der englische Außenminister Simon im Unterhaus be­kanntgab, sollen bei Einverständnis Frankreichs und Ita­liens auch die Lansanner Sonderabkommen veröffentlicht werden.

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Das Reichskabinett wird während der Reife des Reichskanz­lers und des Reichsinnenministers nach Neudeck die Frage der Arbeitsdienstpslicht weiter beraten. An Mitteln sollen hiesür 80 Millionen zur Verfügung stehen.

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Reichsinnenminister v. Gayl hat sozialdemokratischen For­derungen gegenüber die Wiedereinführung eines Uniform» Verbotes abgelehnt.

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In Württemberg kam es vorgestern «nd gestern in Waib­lingen, Tübingen, Heilbronn, Lanfe« a. N. und Heiden­heim zu politischen Zusammenstößen.

immer weitere Schwierigkeiten. Die bisherige Absicht, auf der Grundlage des Simon-Vorschlags eine große Entschlie­ßung auszuarbeiten, die, zusammenfassenö die allerdings außerordentlich geringfügigen Ergebnisse der bisherigen Ab­rüstungsverhandlungen wiedergeben und damit die Verta­gung vor der Oeffentlichkeit rechtfertigen sollte, ist bereits aufgegeben, da gegen die einzelnen Punkte dieses Vorschlags von verschiedensten Seiten starker Widerstand geltend ge­macht worden ist. Es ist daher zurzeit beabsichtigt, den Hauptausschuß Ende dieser oder Anfang nächster Woche zu­sammentreten zu lassen, um sodann lediglich die Vertagung -er Abrüstungskonferenz um einige Monate zu be­schließen. Die deutsche Abordnung wird, wie verlautet, die­ses Vorgehen auf das schärfste ablehnen.

auch kämen, nicht dulde und es auf das äußerste bedaure, daß es infolge solcher Provokationen zu blutigen Zusam­menstößen gekommen fei. Die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung fei jedoch zunächst Sache der Landes­behörden. Das Reichskabinett werde, nachdem nunmehr der Reichskanzler zurückgekehrt sei, zu der innerpolitischen Lage alsbald Stellung nehmen. Die Wiedereinführung des Uniformverbots lehnte der Minister ab.

Scharfe nationalsozialistische Warnung an v. Gayl

Unter der Ueberschrift:Nun ist es aber genug" beschäf­tigt sich derVölkische Beobachter" mit den blutigen Ereignissen deS letzten Sonntags und schreibt u. a.: Noch nie habe die rote Bestie mehr Freiheit zu brutalstem Terror ge­habt, als heute. Der Staat solle sich der Gefahr, in der er schwebe, bewußt sein, wenn er es dahin treiben lasse, daß er das Leben seiner Volksgenossen nicht mehr zu schützen im­stande sei. Es könne eine Macht aufstehen, die die Pflicht zu der ihren mache. Gayl möge vielleicht den guten Willen ha­ben. Es fehle ihm jedoch der Mut zur Tat. Es komme die Stunde, da kein Recht und Gesetz es verweigern könne, wenn der Angegriffene zur Waffe greife und sich wehre.

Am Schluß des Artikels heißt es: In Hagenow haben SA. und SS. von der Notwehr Gebrauch gemacht und in wenigen Minuten war der Haufe von hell- und dunkelrot verflogen. Das gelte Herrn von Gayl und feinen Helfern noch einmal zur Warnung, und das möge allen Lenen zur Lehre sein, die sich über die Ruhe und die schier unfaß­bare Geschlossenheit unserer Armeen leichtsinnigen Trug­schlüssen hingeben. Wir haben unsere Pflicht mehr als er­füllt, wir haben gewarnt, haben mit praktischem Rat nicht gespart, haben uns zur Verantwortung gestellt. Mehr kön­nen wir nicht tun. Noch einmal verlangen wir ein Ende vom Mord und Terror.

Bon Myl fährt mit von Papen nach Nendeck.

Außer dem Reichskanzler, der, wie schon gemeldet, heute abend zum Reichspräsidenten fährt, wird auch Reichsinnen­minister von Gayl nach Neudeck fahren. Man kann daraus schließen, daß außer den Lausanner Verhandlungen auch die innerpolitischen Verhältnisse zur Besprechung kommen. Man wird wahrscheinlich die Zustimmung des Reichspräsidenten zu den wichtigen Entscheidungen der Reichsregierung ein­holen wollen. Diese dürften vor allem auf dem Gebiet der Arbeitsbeschaffung, und zwar der Siedlung und des Arbeits­dienstes, liegen. Man denkt dabei möglichst all« arbeits­fähigen Deutschen in bestimmten Altersgrenzen zu dem frei­willigen Arbeitsdienst heranzuziehen.

Arbeitsdienst und Siedlung vor dem Kabinett

Die Beratungen über das Aufbauprogramm Kein neues Uniformverbot