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Zemsprecher Nr. S

verantwort!. Schristleitung: Zrteckrtch Hans Scheele vruck unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Snchäruckeret

Nr. 151

Freitag, den 1. Juli 1932

Jahrgang 105

Die Tributgläubiger bleiben hartnäckig

Wieder Verknüpfung der Tribut- und Sckuldenfrage v. Popen lehnt die unmöglichen

Lösungsvorschläge ab

TU. Lansanne, 1. Juli. Das Büro der Konferenz hat nach einer ergebnislosen Nachtsitzung gestern wiederum un­ter Vorsitz von Macdonalö getagt. Es ist bisher keine Linie gefunden worden, auf der eine Einigung in irgend einer Richtung erzielt werden könnte. Im Rahmen der Verhand­lungen wird gegenwärtig ausschließlich die Möglichkeit einer Ueberwinöung der großen Gegensätze in der Tributfrage behandelt. Dagegen ist der Handels- und Wirtschaftsausschuß bereits zu einem Abschluß seiner Arbei­ten gelangt. Es ist in großen Zügen vereinbart worden, daß nach dem Abschluß der Lausanne! Konferenz ein allgemei­ner Wirtschaftsausschuß zusammentritt, dem eine große Anzahl von Mächten, darunter Amerika, angehören soll, und Ser die Verhandlungen für die kommende Londoner Weltwirtschaftskonferenz ausarbeiten soll.

Die verschiedenen Vorschläge, die im Laufe des Don­nerstag von der Gegenseite der deutschen Delegation unterbreitet worden sind, waren nach Mitteilung von deut­scher Seite nicht geeignet, das von Deutschland auf dieser Konferenz angestrebte Ziel der endgültigen Regelung der Tributsrage zu erreichen. Diese Vorschläge würden lediglich die gegenwärtig in -er Welt bestehende Unklarheit und Un­sicherheit verewigen und in keiner Weise zu der jetzt so drin­genden Wiederherstellung des Vertrauens führen. Die deut­sche Delegation war daher nicht in der Lage, sich auf die Linie dieser Vorschläge zu stellen.

Die Gläubigermächte traten abends von neuem zu einer internen Besprechung zusammen, mit der Absicht, über einen einheitlichen gemeinsamen Vorschlag zu verhandeln. Diesen beabsichtigen die Gläubigermächte der deutschen Delegation vorzulegen, falls unter ihnen eine Einigung zustandekommcn sollte.

Die französische Regierung soll nach Mitteilung von unter­richteter französischer Seite folgenden Vorschlag gemacht ha­ben: Die deutsche Regierung verpflichtet sich zu zwei Zahlun­gen. Die erste Zahlung erfolgt als Beitrag Deutschlands zu der vorgesehenen gemeinsamen Kasse sämtlicher Mächte für den Wiederaufbau Europas. Die zweite Zahlung gilt als Restzahlung Deutschlands für die Tribute und wird bei der Baseler BIZ. hinterlegt. Auf der Grund­lage dieser zweiten deutschen Zahlung tritt die englische und französische Negierung an die amerikanische Regierung mit dem Vorschlag heran, diesen Betrag als die Abschluß­zahlung Englands und Frankreichs für die gesamten interalliierten Schulden anzusehen. Die amerikanische Regierung würde damit im Fall« der An­nahme dieses Vorschlages ihre Forderungen an die englische und französische Regierung als erledigt betrachten. Sollte dagegen die amerikanische Regierung diesen Vorschlag ableh­nen, so würde Deutschland weiterhin verpflichtet bleiben, an die europäischen Gläubigermächte diejenige Summe zu zah­len, die diese an die Vereinigten Staaten zu leisten haben. Nach Privatmeldungen soll der Vorschlag der Alliierten, der eine Gesamtabfindung für die Reparationen vorsieht, darauf zurückzuführen sein, daß Präsident Hoover auf Anraten Stimsons Paris, London, Berlin und Rom davon unterrich­tet habe, daß die amerikanische Regierung abgeneigt sei, die Reparationen zu streichen, daß die amerikanische Regierung vielmehr irgend eine Abfindung unter irgend einem Namen befürworte.

Nothaushalt durch Notverordnung

TU. Berlin, 1. Juli. Die Notverordnung des Reichs­präsidenten, durch die der neue Haushalt in Kraft gesetzt wird, ist gestern unterzeichnet worden.

Die mit dem 1. Juli in Kraft tretende sehr umfangreiche Notverordnung über den Reichshaushaltsplan 1932-93 regelt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die zwar mit dem Haus­haltsplan in Zusammenhang stehen, in diesem jedoch nicht zu finden sind, dagegen auf Grund verschiedener Notverordnun­gen erledigt werden mußten. Aus diesen Gründen ist die jetzt vom Reichspräsidenten Unterzeichnete Notverordnung auch wider Erwarten so umfangreich ausgefallen. Man nahm ursprünglich an, daß sie sich lediglich auf Len einen Satz be­schränken würde, wonach der Etat mit Hilfe des Artikels 48 Gesetzeskraft erlangt, weil es im Augenblick keinen Reichs­tag gibt. Die Verordnung sicht aber vor, baß der Haus­haltsplan noch nachträglich dem neu zu wäh­lenden Reichstag vorzulegen ist. Die Regierung will also dem Reichsparlament das Haushaltsrecht und die Kontrolle der Reichsausgaben nicht nehmen. Die nachträg­liche Ueberweisung an Len Reichstag ist aber praktisch bedeu­tungslos, weil sich der neue Haushaltsplan bestimmt schon ein Vierteljahr eingespielt haben wird, bis das Parlament in Lte Lage kommt, sich mit ihm vertraut zu machen.

Unerwarteter Besuch Herriots bei Papen

Herriot begab sich gestern abend überraschend in das Hotel Savoy zu einer Unterredung mit dem Reichskanzler und den deutschen Ministern. Die Verhandlungen zwischen Herriot und dem Kanzler dauerte fast eine Stunde. Ueber den Verlauf dieser Unterredung sowie über den gesamten gegenwärtigen Stand der Besprechungen wird von den Be­teiligten absolutes Stillschweigen bewahrt. Gleich nachdem Herriot bas Hotel verlassen hatte, fand eine Besprechung der maßgebenden Mitglieder der deutschen Abordnung statt. Herriot reiste gestern abend nach Paris ab. Er beabsichtigt, Samstag stütz wieder in Lausanne einzutreffen. Der Kanz­ler hat seine ursprünglich auf Donnerstag abend festgesetzte Abreise nach Berlin vorläufig aufgegeben, wird jedoch sicher­lich zum Wochenende auf einen Tag von Lausanne nach Ber­lin kommen, um den Reichspräsidenten über den Stand der dortigen Verhandlungen zu unterrichten.

Frankreichs Standpunkt in der Tributfrage

Es bestätigt sich, daß die französische Regierung ihre For­derung auf eine gleichzeitige, gemeinsame Regelung des interalliierten Schulden- und des Tri- butproblems aufrecht erhält. Aus gut unterrichteten französischen Kreisen erfährt die Telegraphen-Union, daß Herriot in den Besprechungen folgenden Standpunkt ver­treten hat:

Die französische Regierung vertritt die Auffassung, daß eine endgültige Lösung der Tributfrage im Rahmen der gesamten Interessen sämtlicher Mächte gefunden werden kann. Sie kann unter keinen Umständen aus den Grundsatz des unlösbaren Zusammenhanges, zwischen den interalliier­ten Schulden und der deutschen Tributfragen verzichten. Diese Auffassung werde auch von der eng­lischen Regierung geteilt. Die beiden großen euro­päischen Gläubigermächte würden in dieser Haltung durch Mitteilungen von amerikanischer Seite bestärkt, nach denen die amerikanische Negierung eine vollstän­dige Streichung der interalliierten Schulden nach wie vor ablehne. Die deutsche Forderung ans Anerkennung der Gleichberechtigung Deutschlands in der Abrüstungsfrage fei sowohl von französischer Seite wie auch von englischer Seite als unannehmbar abgelehnt worden. Diese Frage könne ausschließlich im Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz behandelt werden. Jedoch würde die französische Regierung sich bereit erklären, in die offizielle Schlußerklärung der Lausanne! Konferenz den Wunsch auf eine gerechte Lösung des Abrüstungsproblems aufzunehmen, um damit in gewissem Sinne dem deutschen Standpunkt ent­gegen zu kommen.

In den Besprechungen sei eingehend über die Frage der deutschen Abschlutzzahlung, deren Höhe, Aus­gabe und Bedingungen zwischen den Gläubigerstaaten be­raten worden. Die französische Regierung lege keinen Wert darauf, ob diese Summe nun vier, fünf oder sechs Milliarden betrage, halte jedoch an dem Grundsatz der Zahlungs­verpflichtung Deutschlands fest. Sollte die deutsche Regierung nicht in der Lage sein, sich mit Barzahlungen an dem Fonds commun" für den Wiederaufbau Europas zu be­teiligen, so könnten statt dessen wirtschaftliche Vor­teile, die Deutschland bieten könnte, angenommen werden.

den Schuldentilgungsfonds werben Reichsbahnvor­zugsaktien abgetreten, womit dann den gesetzlichen Vorschriften Genüge geleistet ist. Weiter wird bestimmt, Laß

dteZuschüssederReichspostandieReichskasse

erhöht werden. Die genaue Summe ist noch herauszurech­nen. Die Reichspost wird weiter aber verpflichtet, einen Teil der Lurch Besoldungskürzungen eingefparten Beträge an das Reich abzutreten,' in welchem Umfange das zu erfolgen hat, bleibt besonderen Verhandlungen zwischen dem Reichs- ftnanzminister und dem ReichSpoftminister Vorbehalten. Wei- ter enthält die Verordnung verschiedene Garantieermächti­gungen, die für Sen Außenhandel bis zu 350 Millionen, für den Kleinwohnungsbau bis zu 250 Millionen, für Siedlungen bis zu 15Ü Millionen und für die In­standsetzung und Wohnungsteilung bis zu 100 Millionen gehen. Außerdem garantiert das Reich für die in diesem Jahre zu verkaufenden Reichsbahnvorzugsaktien eine stebenprozentige Verzinsung. Auch die Knappschaft, die Ver­sicherungsanstalt der Bergleute, wird in der Verordnung be­rücksichtigt. Aus dem Reichszuschuh für die Invalidenver­sicherung werden 12 Millionen ausgefondert, die an die Reichsknappschaft gehen. Der ReichSarbeitSmintster wird ermächtigt, die Reichsgelder so z« verteile«, daß die Pen- stonsverstcheruna der Knappschaft vor neuen Gefahren be-

Tages-Spiegel

Der Reichshanshalt 1SS2 ist gestern durch Notverordnung ln Kraft gesetzt worden. Das neue Etatjahr beginnt am 1. Juli.

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Reichspräsident von Hindenvurg wird morgen Berlin »er» lassen, um für längere Zeit nach seinem Gnt Rendeck über- znfledelu.

In Lansanne mußte Deutschland die Vorschläge der Gläu­biger, die auf eine Verknüpfung der Tribut- uud der Schulbcnfrage hinauslaufen, ablehnen.

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England hat eine Konvertierung seiner Kriegsanleihe an­gekündigt. Die Zinsen werden von 5 auf 3,5 v. H. gesenkt.

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Der Rechnungsabschluß der Reichsbahn für de« Monat Mai weist gegenüber 1931 einen Einnahmenrückgang von 32F vom Hundert und gegenüber 1929 von 52,9 v. H. aus.

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Das Flugschisf Do. L hat eine Ostprentzenfahrt unternom­men und ist gestern in Königsberg mit großem Jubel emp­fangen worden.

wahrt bleibt. Freiwerdende Planstellen der un­teren und mittleren Gruppen dürfen in Zukunft nur durch Wartegeldempfänger und Versorgungsanwärter benutzt wer­den. Es wird dann weiter die Uebertragbarkeit von Reichs­mitteln von einem Haushaltsjahr auf das andere geregelt.

Schließlich enthält die Verordnung noch eine besondere Ermächtigung für den Reichsminister, wonach die letzten 10 v. H. -er für sachliche Aufwendungen ausgeworfenen Geld­mittel nur im Einvernehmen und mit Zustimmung des Fi­nanzministers ausgegeben werden dürfen, abgesehen von den Beträgen, die auf Grund besonderer gesetzlicher Bestimmun­gen zu zahlen sind. Man will sich auf diese Weise die Mög­lichkeit einer Sparaktion gegen Ende des Jahres schaf­fen, zumal man nicht weiß, ob die Steuerschätzungen auch in Erfüllung gehen werden.

Ueberbrücknngskredit für das Reich: 125 Millionen.

Zwischen dem Reich und einem inländischen Vankenkon- sortium haben unter Führung der Reichsbank Verhandlun­gen über einen Ueberbrückungskredit stattgefunden, die am Donnerstag nachmittag zum Abschluß führten. Das Van- kenkonsortium gewährt dem Reich danach einen Ueberbrük- kungskredit von 125 Millionen. Dieser Ueberbrückungskre­dit ist vor allem dazu bestimmt, für den Juli-Ultimo wegen der geringeren Steuereingänge als KafsenauShilfe zu dienen.

Siegerwald gegen das Kabinett v. Papen

TU. Esse«, 1. Juli. Auf der Tagung des ReichSarbeiter- beirats der deutschen Zentrumspartei in Essen erklärte der frühere Reichsarbeitsminister Stegerwald in einer Rede, das Kabinett Brüning habe ein weitgretfenöes Pro­gramm vor sich gehabt, das meiste sei bereits in Durchfüh­rung begriffen gewesen. Was die neue Regierung jedoch wolle, sei in mehrfacher Hinsicht sehr wenig klar und durch­sichtig. Gegenwärtig werde ein großes politisches Spiel gespielt. Die allcrbreitesten Kreise des deutschen Volkes wissen gar nicht, wo wir zur Stunde stehen. Wir be­finden uns mit einem Wort inmitten einer großen Revolution. Das, was wir 1918 erlebt haben, war in der Hauptsache der Zusammenbruch eines überlebten Regie­rungssystems. Jetzt erst zeigen sich allmählich die Auswir­kungen einer verfehlten Geisteshaltung und Politik von vie­len Jahrzehnten. Das Wesen der gegenwärtigen Weltkrise besteht einmal in den unmöglichen Friedensvcrträgen, fer­ner darin, daß die Technik Len Gestaltungsmöglichkeiten im Staat, Wirtschaft und Gesellschaft vorausgeeilt ist. Die Deut­schen haben in den nächsten Wochen darüber zu entscheiden, ob sic einer weiteren großen Unruhe und damit einer an­dauernden Verarmungsperiode überantwortet oder ähnlich wie die Engländer und Franzosen ein Volk werden wollen. Eine sachlich ungerechte und psychologisch falsche Behandlung der Arbeiter führt in kurzer Zeit bestimmt zu neuengro­ßen sozialen Spannungen und Erschütterun­gen, die lediglich zur Verelendung aller sühren wird. M i t Diktatur und mit Herrenmenschentum ist Deutschland bestimmt nicht zu retten. Eine Diktatur von rechts würde in kurzer Zeit zu einer Diktatur von links, sie würde uns in denVürgerkriegführen. Das muß unter allen Um­ständen verhindert werden. Das Kabinett Brüning hatte eine parlamentarische Mehrheit hinter sich. Das Kabinett von Papen hat im deutschen Volk nichts hinter sich. Das Kabinett von Papen ist eine Regierung Michaelis in »weiter Anflage. SS mutz, wie Michaelis, so schnell wie möglich ver- schwinde«.

Die Verordnung sieht im einzelnen folgendes vor: An