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Montag, den 27. Juni 1932

Jahrgang 105

Tages-Spiegel

Reichskanzler v. Papen berichtete in Berlin

Die Politik der deutschen Abordnung in Lausanne vom Reichskabinett gebilligt

TU. Berlin, 27. Juni. Reichskanzler v. Papen ist am Smnstag zunächst vom Reichspräsidenten zum Bericht über He bisherigen Lausanner Verhandlungen und die tnner- pvlitische Lage empfangen worben. Anschließend berichtete Ser Reichskanzler dem Reichskabinett über die von der deut- Men Delegation in Lausanne geführten Verhandlungen. Die Hsherige Haltung der Delegation fand die Billigung des Kabinetts. Auch den vom Reichskanzler vorgeschlagenen weiteren Absichten der deutschen Delegation stimmte bas Reichskabinett einmütig zu. Im Anschluß hieran erstattete der Reichsminister des Innern Bericht über seine Verhand- kstngen mit den Länderregierungen.

Wie die Telegraphen-Union ergänzend zu der Kabinett- Atzung vom Sonntag erfährt, hat der Reichskanzler v. Papen tn der Sitzung in seinem Bericht über die Lausanner Be­horchungen auf die verschiedenen Vorschläge zur Lösung der Lributsrage hingewiesen, die in Lausanne gemacht worden And. Der von ihm vertretene Standpunkt in der Tributfrage daß Deutschland keine Tribute mehr leisten kann und daß in dieser Frage kein Kompromiß möglich ist fand die ein­mütige Zustimmung sämtlicher Kabinettsmitglieder. Der Kanzler wird sich also auch weiterhin in Lausanne dafür einsetzen, daß eine sofortige Lösung im Sinne einer Beseitigung der Tributsbelastungen erzielt wird.

In der Frage des Uniform- und Demonstra- t-ionsverbotes hat das Kabinett nach dem Vortrag von Innenminister von Gayl keinerlei Beschlüsse gefaßt, da bekanntlich die Frist, bis zu der die Länder ihre Stellung­nahme zu der Aufhebung des Uniformverbotes nach Berlin gegeben haben müssen, erst am Dienstag abläuft. Es dürfte jedoch innerhalb des Reichskabtnetts die Einmütigkeit dar­über hergestellt worden sein, was für Maßnahmen zu er­greifen sind, falls die süddeutschen Länder bei ihrer ableh­nenden Haltung verharren. Beschlüsse hierüber werden erst Mitte nächster Woche gefaßt werden. Irgendein Zurück­weichen des Reiches in diesen Fragen kann jedoch als ausgeschlossen gelten.

Reichskanzler von Papen ist Sonntag 1S.22 Uhr mit dem fahrplanmäßigen Zuge wieder nach Lausanne abgereist.

Absage Bayerns an das Reich

In der Samstag-Sitzung des bayerischen Landtags gab Miinsterpräsident Dr. Held namens der Bayerischen Staatsregierung eine längere Erklärung ab, in der er ein­leitend sagte: Von dem aufrichtigen Bestreben geleitet, wenn irgend möglich die Grundlage für eine Verständigung zu schaffen, habe die bayrische Staatsregievung das Ersuchen -es Neichsinnenministers, dem Ernst der Lage entsprechend, sorgfältig und ohne jede Voreingenommenheit geprüft. Das Gesamtministerium habe nach eingehenden Beratungen ein­stimmig beschlossen, daß es nichtinder Lage sei, dem Ersuchen des Reichsinnenministeriums um Aufhebung des Uniformverbots zu entspre­chen.

Wegen der außerordentlichen Bedeutung der Angelegen­heit hat der Ministerpräsident dem Reichspräsidenten von Hindenburg die Stellungnahme Bayerns in einem besonde­ren Schreiben mitgeteilt und ausdrücklich betont, daß die bayrische Regierung ans dem Boden der Reichsverfassung sei und bleibe, so wie sich das bayrische Volk in seiner Treue

»um deutschen Vaterland von deinem anderen Reichsteil übertreffen lasse.

Der Landtag nahm eine Entschließung au, in der zum Ausdruck kommt, daß er das Verbot der politischen Auf­züge und des Tragens von Uniformen gebilligt habe, weil er überzeugt sei, daß nur dadurch der innere Friede im Lande gewährleistet, -er Terror von der staatstreuen Be­völkerung abgewehrt und die Gefahr für Menschenleben be­seitigt werden könne.

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Politische Zusammenstöße ohne Ende

TU. Berlin, 27. Juni. In der Nacht zum Sonntag und tm Laufe des Sonntag ist es in Berlin mehrfach zu poli­tischen Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten, Reichs­bannerleuten und Kommunisten gekommen. An verschiedenen Stellen wurden von Kommunisten Schüsse abgegeben und die Fensterscheiben nationalsozialistischer Berkehrslokale ein­geworfen. Insgesamt wurden acht Personen verletzt, dar­unter ein Polizeibeamter. Der Vorstand der SPD. hat we­gen politischer Zusammenstöße vor dem Borwärtsgebäude ein Protestschreiben an den Reichspräsidenten gerichtet. Nach dem Polizeibericht sind nämlich Nationalsozialisten in einen Hof derVorwärts"-Druckerei eingedrungen und haben Schüsse auf den Hausschutz abgegeben. Mehrere Leute wur­den verletzt, es kam zu wüsten Kämpfen. In Leipzig- Klein-Zschocher wurden etwa 10 Nationalsozialisten von etwa 60 Kommunisten überfallen. Mehrere National­sozialisten wurden verletzt ins Krankenhaus gebracht. In Rußdorf bei Limbach (Sachsen) kam es am Sonntag zu einem Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten und politischen Gegnern, bei dem eine Person getötet und 18 ver­letzt wurden. In Landsberg a. d. Warte wurde der Führer des roten antifaschistischen Kampfbunbes nach Ver­lassen des Verkehrslokals der KPD. von unbekannten Tä­tern erschossen. In Hamburg kam es Sonntag früh erneut zu einem schweren Feuerüberfall auf Nationasozia- listen und zu einem Kugelwechsel zwischen einschreitender Polizei und Kommunisten. Ein Nationalsozialist erlitt einen Handschuh. Kommunisten schoflen in Essen zwei Natio­nalsozialisten von hinten nieder. Einer davon erlitt eine lebensgefährliche Verletzung. In Barmen hat die Poli­zei einen sogenannten kommunistischen Selbstschutz, dessen Mitglieder zum größten Teil mit Hieb- und Stichwaffen, darunter auch mit Beilen, bewaffnet waren, aufgehoben. Die Polizei verhaftete über 40 Personen, darunter eine Frau, die in Männerkleidung steckte. Bei Zusammenstößen in Wattenscheid wurde ein Nationalsozialist erschossen und ein weiterer durch Schulterschuß lebensgefährlich verletzt. Eine unbeteiligte Frau erhielt einen Oberschenkelschutz. Die Kommunisten gingen mit Steinen und Schußwaffen vor. In Beuthen (OS.) kam es ln der Bahnhofstraße zu einer Schlägerei zwischen etwa 50 Kommunisten und ungefähr 25 Nationalsozialisten, die zum Teil uniformiert waren. Auf nationalsozialistischer Sette wurde ein Arbeiter durch drei Messerstiche in den Rücken, ein zweiter Arbeiter durch einen Stich ins rechte Schulterblatt und einen Messerstich am Kopf verletzt. Drei weitere Nationalsozialisten find hauptsächlich durch Stockschläge zum Teil erheblich mißhandelt worben. Von den Kommunisten wurde ein Arbeiter leicht verletzt.

Die Lage in Lausanne

TU Lausanne, 27. Juni. Der Sonntag ist in seinem äußeren Verlauf auf der Tributkonferenz außerordentlich ruhig verlaufen. Irgendwelche Zusammenkünfte oder Be­sprechungen zwischen den Führern der Abordnungen haben "icht stattgefnnden. Man ist sich auf deutscher Seite voll­ständig im klaren, - man mit der auf heute nachmittag festgesetzten dritten deutsch-französischen «Ntzung in den entscheidenden, voraussichtlich abschließenden Abschnitt ein- Nachdem die ersten 10 Tage der Konferenz aus- schlkßlich dazu gedient hatten, die tatsächliche Notlage der deutschen Finanzen und Wirtschaft darzustellen, stehen nun di« unmittelbaren Entscheidungen bevor.

Uber Sonntag zur Berichterstattung tu Paris. Man glaubt dort allgemein, daß der Reichskanz­ler dem französischen Ministerpräsidenten eine ganze Reihe wirtschaftlicher Kompensationen für einen Verzicht Frank­reichs aus Tribute anbieten werde. Herriot erklärte, der vor­herrschende Gedanke in Lausanne fei der, daß eine Neu- a^anisterung Ser europäischen Wirtschaftslage nur im Rah- Organisierung der Welt möglich sei. Die fran- 'SnnAE Abordnung arbeite augenblicklich mit der deutschen >nr>»g unter sehr zufriedenstellenden Bedingungen.

Italienische Tribntdenkschrift.

Die Tribntdenkschrift der italienischen Regierung, die Granöi dem Präsidenten der Konferenz, Macdonald, über­reicht hat, stellt sich folgendermaßen dar:Die italienische Regierung hält an ihrer bisherigen Auffassung fest, daß eine vollständige Streichung der Tribute erforderlich sei, ver­langt jedoch, daß die Bo rteile und Opfer, die sich aus einer endgültigen Regelung der Schuldenfrage ergeben, gleichmäßig auf sämtliche Staaten verteilt iverden. Die italienische Denkschrift zieht scharfe Kritik an einigen von Frankreich vorgebrachtcn Zahlen, insbesondere an dem berechneten Nettosaldo der Tribute, da diese Zah­len von falschen Voraussetzungen ansgehen.

Neue polnische Provokationen'

TU. Danzig, 27. Juni. Am Samstag abend ist es auf dem Danziger Hauptbahnhof sowie auf dem Zoppotter Bahn­hof wiederum zu neuen polnischen Provokationen gekommen. Ein nicht angemeldeter polnischer Militärtransport, der sich auf der Durchfahrt von Dierschau nach Gdingen befand, hatte anf dem Danziger Hauptbahnhof einen längeren Aufenthalt. Die polnischen Soldaten verließen den Zug und sangen wiederum polnische Lieder anf dem Bahnhof und stießen Schmährufc gegen Danzig aus. Dasselbe Schauspiel rvieber-

Reichskanzler »on Papen erstattete dem Reichspräsident««, und dem Kabinett Bericht über die Lausanner Berhand» lnngen. Seine Politik fand Billigung.

Die bayrische Regierung hat mit Billigung des Landtags die Aufhebung des Uniformvsrbotes für Bayer« abgelehnt and dem Reichspräsidenten in einem Schreiben ihren Standpunkt -argeta«.

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Die Reichsregierung hat einen weitere« Beitrag von SS Mil­lionen für die Vorstädtische Kleinsiedlung verwilligt.

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Ist» Danzig erreichten die Veranstaltungen ans Anlaß deS deutschen Flottenbesuches ihren Höhepunkt mit der Ent­hüllung einer Gedenktafel für den Danziger Seehelden, Admiral Paul Beneke.

I« Eßlingen wurde gestern in Verbindung mit der Tagnng des Gustav-Adolf-Bereins das Reformationsjnbiläum in eindrucksvoller Weise gefeiert.

holte sich in Zoppott.

Das Deutschtum in den geraubten Gebieten hatte am Samstag durch die Einweihung der neuen Goetheschule in Grauüenz einen großen Tag. Der prachtvolle Neubau ist vom Zentralverein für deutsches Schulwesen in Polen mit einem Kostenaufwand von 3 Will. Zloty erbaut worden. Die Einweihung fand unter gewaltiger Anteilnahme der Deut­schen aus allen Gegenden Polens und der Freien Stadt Danzig statt. Die polnische Bevölkerung hatte ihrem Un­mut über die Eröffnung der deutschen Schule in der Nacht vor dem Fest dadurch Luft gemacht, daß sie viele Deut­sche belästigte, verschiedene Häuser von Deutschen in Graudenz beschädigt und beschmiert und Wohn- und Laden­fenster eingeschlagen hatte.

Die württ. Nationalsozialisten protestieren

Nationalsozialistischer Protest gegen d«s Anfmarschverbot.

Proklamation des Rotwehrrcchts.

Selten noch haben die Nationalsozialisten eine so leiden­schaftliche, radikale Sprache geführt wie am Samstagabend in einer Massenkundgebung in der Stuttgarter Stadthalle, die fich in erster Linie gegen das württembergische Auf­marschverbot richtete. Schwerstes Geschütz ließen sie dabei besonders gegen das Zentrum auffahren. Der SA.-Gruppen- führer Süd-West, Oberleutnant z. S. a. D. v. Iago rv, er­klärte, Saß er als Führer von 30 000 SA.-Leuten in Würt­temberg und Baden nicht gesonnen sei, das Aufmarschverbot sich auf die Dauer gefallen zu lassen. Wenn dieses Verbot nicht alsbald falle, gebe er der SA. den Befehl, auch ohne Erlaubnis von Bolz ans die Straße zu mar­schieren. Er hoffe aber bestimmt, - noch Ende der Woche von Reichs wegen jedes Anfmarschverbot fällt. Heute schon befehle er, daß an jenem Tage jede SA. in ihrem Hei­matort zu demonstrieren habe. Nach der Reichstagswahl, die Gerechtigkeit und dann Vergeltung bringen soll, werde die SA. in Württemberg neu organisiert. Statt 4 werden 8 Standarten mit den Regimentsnummern 110,120, 121, 12S, 128, 124, 128 und 186 ansgestellt. Zu den Vorgängen im Landtag erklärte v. Jagow, - die nat.-soz. Abgeordneten mrr erklärt hätten, daß sie sich Vorbehalten, jederzeit wenn sie eS für richtig befinden, in Uniform, und wenn sie es an­ders für richtig befinden, in Zivil erscheinen. Landtags­präsident Mergenthalcr verurteilte scharf die Wall­fahrt -er drei Weisen aus Sübdentschland alle drei schwarz wie die Mohren nach Berlin. Als geschäftsführen­der Staatspräsident habe Dr. Bolz kein Recht, Württem­berg nach außen zu vertreten und die Nationalsozialisten verbitten es sich, mit dieser Zentrumsmcuterei beschmutzt zu werden. Tausende von SA.-Fäusten sind auch ohne Waf­fen bereit. Len Spuk der Zentrumsmeuterer zu Boden zn schlagen. Wenn der Reichsinnenminister v. 'Gayl nicht den Mut habe, gegen die Zentrumsmeuterer und den Rotmord einzuschreiten, dann solle er abtreten und einem deutschen Manne Platz machen. Der Reichstagsabg. Rechtsanwalt Dr. Frank 2, München, der zuletzt sprach, teilte unter dem Entrüstungssturm der Versammlung mit. Laß die politischen Gegner bereits Adolf Hitler Giftfläschchen und vergiftete Wildenten zusenden und Ueberfälle auf ihn versuchen, un­erklärte dazu, - Deutschland etwas erleben werbe, wenn auch nur ein. Schuß auf Hitler fall«. Für jeden unserer Toten »verden wir ein Gericht abhalten, daß man noch nach einem Jahrtausend von diesem Gericht sprechen wird. Offiziell erklären wir, daß gegenüber dem roten Mord von jetzt ab die SA. und die SS. das gesetzliche Notwehrrecht in vollem Umfang in Anwendung bringen. Um das katho- ltsche deutsche Volk zu retten, muh man das Zentrum gänzlich vernichten. Das ist eine der nächsten Aufgaben, die wir vorhabe«.'