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Nr. 141

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Montag, den 20. Juni 1932

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2« derStadtSSSaldpfrnnige wöchentlich mit Trügerlohn Post-Bezugspreis 3S Sold­pfennige ohne Bestellgeld

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verantwort!. Schriftleitung: Friedrich Hans Scheel« Druck und Verlag der R. SelschlSger'schen öuchdruckeret

Jahrgang 105

Die Lausanner Verhandlungen festgefahren

Macdonald versucht durch Entgegenkommen in der Abrüstungsfrage französische Zugeständnisse in der Tributfrage zu erlangen

TU Lausanne, 20. Juni. Ueber das sitzungsfreie Wochen­ende fanden zahlreiche private Fühlungnahmen zwischen den Abordnungen statt. Außenminister Grandi stattete dem Reichskanzler und dem Reichsaußenministcr einen Besuch ab. Aus italienischer Seite hält man an der bisher von der Regierung in Rom vertretenen Auffassung fest, daß die Lausanner Konferenz nur mit einer völligen Streichung der Tribute enden kann, wenn tatsächlich der von allen Regie­rungen geforderte erste Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens und zur Beendigung der Krise erfolgen soll. Die Aussichten der von der englischen Negierung gewünsch­ten Weltwirtschaftskonferenz werden wenig gün­stig beurteilt, Sa man bestrebt ist, möglichst noch auf der Lausanner Konferenz die gesamten Wirtschafts- unö han­delspolitischen Fragen in Angriff zu nehmen. Nach Auffas­sung der deutschen Regierung muß das Ziel dieser Ver­handlungen sein: 1. internationale Maßnahmen, um die Währungen der einzelnen Länder wieder in ein stabiles Verhältnis zum Golde S» bringen. 2. Anpassung der Ver­zinsung und Abtragung der privaten Schulden im Aus­lande an den veränderten Goldwert und Warenpreis. S. Aufhebung -er Beschränkungen im Devisenverkehr. 4. Beseitigung der Hemmnisse für den Güteraustausch.

Jedoch stehen diese Fragen vorläufig noch stark im Hin­tergründe, da in den Hauptsragen der Konferenz, der Tri­but- und Abrüstungsfrage, bisher noch auf keiner Seite ein ernster Versuch für eine Ewdlösung gemacht wor­den ist. Die Aussichten der Lausanner Konferenz werden recht pessimistisch beurteilt, da die französische Regie­rung einer Streichung der Tribute ohne neue deutsche Ge­genleistungen in Form von Abschlagszahlungen und neuen Slcherheitsgarantien nicht zustimmen will. Man rechnet da­her mit einer längeren Dauer der Konferenz­arbeiten über den 1. Juli hinaus.

Frankreichs Endlösungsvorschlag

In unterrichteten Kreisen der Lausanner Konferenz ver­stärkt sich der Eindruck, daß die französische Negierung be­reits in den nächsten Tagen mit einem Plan hervortreten wird, nach dem Deutschland als Abschlußzahlung für die Tribute deutsche Eisenbahnobligationen im Be­trage von 4 Milliarden verpfänden soll. Man sieht in diesem Plan einen grotzangelegten Versuch Frankreichs, auf längere Zeit hinaus maßgebenden Einflnß auf die deutschen Eisen­bahnen zu gewinnen. Eine Beteiligung der englischen Re­gierung an diesen Plänen scheint jedoch nicht zu bestehen. Die französische Regierung hält somit hartnäckig an ihrem Stand­punkt fest. Laß ohne weitgehende deutsche Gegenleistung auf flcherheitspolitischem Gebiet und Uebergabe von Eisenbahn­obligationen eine endgültige Regelung der Tributfrage nicht möglich sei.

Für die heute wieder beginnenden Arbeiten der Kon­ferenz sehlt vorläufig jede Berhanölungsgrundlage, da ein

praktischer Vorschlag von keiner Seite vorliegt. Die deutsche Regierung hält uneingeschränkt an ihrem bisherigen' Stand­punkt fest, daß eine Streichung der Tribute zu er­folgen hat und hat nach der Lage der Dinge keine Veranlas­sung, von sich aus der Gegenseite einen Ausweg aus -der festgefahrenen Lage der Reparationskonferenz zu ermög­lichen. Die französischen «nd englischen Sicherheilsvorfchliige find von deutscher Seite ans glatte Ablehnung gestoßen, da die deutsche Regierung irgendeinen politischen Waffenstill­stand oder neue Sicherheitsgarantien irgendwelcher Art ans das Kategorischste ablehnt.

Dreimiichtebesprechnng über die Abrüstungsfrage in Gens

In Genf fanden gestern Besprechungen -wischen deü Ver­tretern Englands, Frankreichs und der Bereinigten Staaten über die Abrüstungsfrage statt. Macdonald und Simon begaben sich unmittelbar nach den Unterredungen nach Lausanne zurück. Von englischer und französischer Seite wir- über das Ergebnis lediglich mitgeteilt, daß es sich um eine einleitende inoffizielle Unterredung gehandelt habe, der weitere Besprechungen folgen würden.

Von französischer Seite wird mitgetetlt, daß in den gestrigen Besprechungen eine Teillösung angestrebt wor­den sei, die sich auf den Beratungen der technischen Ausschüsse der Abrüstungskonferenz und dem Abkommensentwurs des Abrüstungsausschusses aufbaue. Die Besprechungen sollen auf unmittelbaren Wunsch Macdonalds zurückgehen, der die Lösung der Abrüstungsfrage mit allen Mitteln beschleunigen und so schnell wie möglich zu einer Lösung gelangen will. Die englische Regierung sieht das Abrüstungs- »nd Repara­tionsproblem als Ganzes an, das nur gemeinsam gelöst «erde« könne.

Bon englischer Seite wird mitgeteilt, daß nunmehr Macbonald und Simon den Reichskanzler und den Reichs­außenminister über die Besprechungen unterrichten und mit ihnen die Abrüstungsfrage weiter behandeln werden. Soll­ten sich in dieser Frage in der nächsten Woche eine Ueberein- stimmung ergeben, so sollen weitere Besprechungen unter Hinzuziehung der übrigen Mächte stattfinden.

Der Hauptzweck der Genfer Abrüstungsbesprechungen wird darin gesehen, durch eine Teillösung des Abrüstungs- Problems Zugeständnisse Frankreichs in der Reparationsfrage zu erzielen. Die politische Verbin­dung zwischen -er Abrüstung «nd -er Reparationsfrage ist durch die letzte« Besprechungen praktisch von den Großmäch­ten vorgenommen worden.

Die plötzliche Aufnahme der Abrüstungsbesprechungen in Genf geht teils auf englische, teils auf amerikanische Wünsche zurück. Gibson soll, wie verlautet, aus Washington die Anweisung erhalten haben, unter allen Umständen bis zum 1. Juli, dem Beginn der Wahlkampagne für die Präsiden­tenwahlen, in den Abrüstungsfragen einen sachlichen Erfolg zu erzielen.

Reichskanzler v. Papen wirbt um Verständnis

Reichskanzler von Papen hielt am Samstag ab von Lausanne aus eine Rundfunkrede, die über alle d« schen Sender verbreitet wurde. Der Kanzler führte ein tend aus, man werde es verstehen, daß er auf dieser K ferenz, deren Ergebnis ein Stück deutschen Schicksals r schließen werde, im jetzigen ersten Stadium der Verhandle gen nicht besondere Einzelheiten Mitteilen möchte.Ich h es hier für meine Pflicht gehalten", so sagte der Kanz unter anderem,in persönlichen Besprechungen mit den I nisterprästdenten Frankreichs und Englands, mit dem 1 lienischen Außenminister sowie in meiner Rede vor der V> sttzung der Lausanner Konferenz nicht nur ein ganz kla und plastisches Bild der Lage Deutschlands zu zeichnen, s> Sern auch die Entstehung des neuen Neichskabinetts zu klären und die Grundgedanken verständlich zu machen, Übernahme meines Amtes bewogen haben." ( mäß seiner Programmerklärung will das neue Reichska nett alle aufbauwilligen Kräfte unseres B- kes sa m m e l n. Unmöglich wäre es in dieser Zeit, Deut land zu führen und dabei Bewegungen gegenüber fremd bleiben, die mstinktmäßig und willensmäßig den Lebe, willen Deutschlands verkörpern.Wir haben es daheim u « Lausanne deutlich gesagt, daß die deutsche Not zn «rr ein Tetlproblem, aber doch auch bas Zentralvr blem der Weltkrise ist.

man*** Lausanne versammelten Führer des Auslc Atscha ttta.°^* "erstehen, daß unser Volk nicht nur ei pir sch liche, sondern auch eine seelische Krise dur

macht. Vielleicht haben die Vertreter derjenigen Auslands­staaten, denen die parlamentarische Mehrheitsvildung und das Kräftespiel politischer Parteien eine langjährige Tradi­tion und Selbstverständlichkeit bedeutet, aus meiner Dar­legung des heutigen Standes der deutschen Not erkannt, daß es sich nicht um das Drängen eines zahlungsunwilligen Schuldners handelt, wenn Deutschland Tatsachen darlegt, die einfach Tatsachen und nicht mehr bloße Argumente sind.

Mir erschien es deshalb als meine vornehmste Aufgabe, in den ersten Konferenztagen das Verständnis für die wirk­liche Lage unseres Volkes zu fordern. Soll die notwendige Einsicht in die Lage unseres Volkes sich durchsetzen, dann muß der Vertreter Deutschlands in Lausanne den ge­schlossenen Willen der Heimat hinter sich fühlen, muß das Ausland erkennen, daß die jetzige Regierung mit Fug unö Recht die Vertretung dieses geschloffenen deutschen Willens für sich in Anspruch nimmt. Die Heimat aber muß zu der Reichsregierung das feste Vertrauen haben, daß sie nicht nur nichts preisgeben wird, was den natio­nalen Notwendigkeiten entspricht, sondern daß sie darüber hinaus für eine positive Lösung des europäischen Problems alle ihre Kräfte einsetzen wird.

Der innerpolitische Meinungskampf ist gewiß berechtigt, besonders bei bevorstehenden Neuwahlen, aber dieser poli­tische Kampf hat Grenzen, jenseits welcher er aufhört, Kampf zu sein und anfängt, politische Blindheit zu werden. Glauben Sie mir, alle meine deutschen Landsleute, daß die neue Reichsregierung es zu würdige» wissen wirb, wenn diese Grenzen des politischen Kampfes gerade von denen geachtet werden, die sich sonst »um Kampf gegen dies« Regierung

Tages-Spiegel

Die Lansanner Verhandlungen besinde» sich ans einem toten Punkt. Gegenwärtig versucht Präsident Macdonald die Abrüstungs- «nd Reparationsfrage miteinander z« ver­binden und die Zustimmung Frankreichs durch Zugeständ­nisse in -er Abrüstungsfrage z« gewinne«.

*

In Gens fanden gestern die ersten diesbezüglichen Verhand­lungen in der Abrüstnngssrage statt, zu denen jedoch die deutsche» Delegierte« nicht zugezogen wurden.

Die gestrigen Landtagswahlen in Hesse» brachte« de« Natio­nalsozialisten zwar weitere Erfolge, doch erfuhren die Par- lamentsverhältniffe nicht die erwartete Aenderung.

Der Reichsdeutsche Beckers, -er wegen Spionageverdacht in Litauen seftgehalten wnrde, ist nach Dentschland entflohen.

»

I« einer amtlichen Meldung des japanische« Sriegsministe- riums wird erklärt, daß die letzten japanischen Truppen Schanghai verlassen habe».

*

In Chile ist ansgehend von der Fliegertruppe eine zweite Gegenrevolution ansgebrochen. Die Marine hat der Re­gierung den Gehorsam verweigert.

veranlaßt fühlen. Wir sind hier, «m der Heimat nach unse­rem besten Wissen und Willen zu dienen. Wir rufen der Hei­mat zu, daß nur der geschlossene, besonnene und einheitliche nationale Wille uns retten kann. Die von mir geleitete Reichsregierung wird immer nur das deutsche Volk sehen, nicht aber Parteien oder Klaffen. Weiß sie doch, daß es hier und heute um Entscheidungen geht, die nichts Geringeres bedeuten, als die Zukunft unserer Kultur, Raffe und Nation, als die Zukunft der abendländischen Welt."

Keine Aenderung der parlameniarischen - Verhältnisse in Hessen

Das vorläufige amtliche Gesamtergebnis der Hesse»wählen TU Darmsta-t, 2V. Juni. Das vorläufige Gesamtergeb­nis der Wahlen zum hessischen Landtag lautet:

SPD.

172 848

17

(18)

Ztr.

108 603

10

(10)

SAP.

11 697

1

( 2)

KPD.

82111

7

UO)

DNVP.

11267

1

01

NSDAP.

328 313

32

(27)

Hess. Demokraten

4 928

0

(0)

Nat. Einheitsliste

25 178

2

(6)

Di« hessischen Wahlen haben gegeigt, daß Sie bürgerlichen Parteien auch nicht durch Zusammengehen in einer Ein­heitsliste den Abmarsch ihrer Wähler aushalten konnten. Diese Liste hat gegenüber den Wahlen vom November 1931 nicht weniger als 43 000 Stimmen verloren. Der Zuwachs der Nationalsozialisten setzt sich, wenn man von dem gewiß unerheblichen Abgang von Wahlmüden absieht, aus den Ver­lusten Ser marxistischen Parteien, von denen die KPD. den starken Verlust von 24 600, die SAP. von 11400 Stimmen aufweisen, zusammen. Die SPD. verzeichnet einen kleinen' Gewinn, während das Zentrum erwartungsgemäß einen Verlust von 3800 Stimmen zeigt, der wahrscheinlich daraus zurückzuführe» ist, daß die nichtkatholischen Wähler, die dieser Partei bei den letzten Wahlen ihre Stimm« gaben, diesmal ausgeblieben find. Deutschnationale und Demokra­ten haben sich gehalten. Fest steht, daß es den Nationalsozia- listen trotz ihres erheblichen Zuwachses nicht gelun- gen ist, die absolute Mehrheit im Landtag zu er­reichen. Sie erhalten 32 gegen bisher 27 Sitze.

Nationalsozialistische Kundgebungen in München

TU München, 20. Juni. München war am Sonntag der Schauplatz großer nationalsozialistischer Demonstrationen, die auf die jüngsten politischen Vorgänge zurückzuführen sind. Der amtliche Polizeibericht gibt hierüber eine längere Darstellung, in der es u. a. heißt: Mittags rückten kon­

zentrisch aus der ganzen Stadt einige 1000 Nationalsozia­listen gegen die Wohnung des Ministerpräsidenten in der Priwzregentstraße vor. Durch starke Polizeikräfte wurde diese Demonstration schon in chrer Entwicklung unterdrückt. In -er Amalienstraße wurden Nationalsozialisten gegen 3 Beamte tätlich, so bah diese blank ziehen mntzte«. Auch mußte der Gummiknüppel in Tätigkeit treten.