Klei« politische Nachrichten
Falsche Kombinationen über Notverordnungspläne. An
dem „Politischen Gewerkschaftlichen Zeitungsdicnst" steht ein Bericht, der sich mit den Maßnahmen befaßt, welche die Regierung auf dem Gebiet der Arbeitslosenunterstützung und der Invalidenversicherung angeblich treffen will. Demgegenüber wird amtlich festgestcllt, daß das Kabinett bislang eine endgültige Entscheidung nicht getroffen hat. Völlig falsch und irreführend sind die Kombinationen des Berichts über Vorschläge des — übrigens nicht zuständigen — Reichsfinanz- mtnisteriums.
Geheimrat Kahl f. Reichstagsabgeordneter Prof. Dr. Kahl ist Samstag mittag 12.30 Uhr in Berlin gestorben. Er war der angesehenste Strafrechtslehrer Deutschlands.
Borah verlangt den Silberdollar. Gelegentlich der Finanzaussprache in Washington verlangte Senator Borah eine Stabilisierung des Dollars dadurch, daß man Silbergeld in festem Wertverhältnis zum Gold schaffe. Falls das nicht geschehe, sei ein Haushaltsausgleich unmöglich und der Golddollar sei nicht länger ein Golüdollar.
Abbruch der diplomatische» Beziehungen zwischen Mexiko und Per«. Die mexikanische Regierung hat die diplomatischen Beziehungen zu Peru abgebrochen, weil die peruanische Regierung die Abberufung des mexikanischen Gesandten und seines Stabes fordert. Peru begründete die Forderung damit, daß der mexikanische Gesandte kommunistische Elemente unterstütze.
Aus Württemberg
Die Regierungsbildung in Württemberg
Der Regierungsbildung in Württemberg stehen immer noch erhebliche Schwierigkeiten im Weg. Der Christliche Volksöienst schreibt in seinem Organ, daß er sich absolut nicht zur Regierung dränge, aber doch verlangen müsse, daß er, wenn er die Verantwortung mittragen solle, auch genügend Einfluß auf die Regicrungsführung bekomme. Jetzt biete sich eine Gelegenheit zur Loslösung der starken nationalen und sozialen Kräfte des Nationalsozialismus aus Sen Banden einer wilden auflösenben Agitation und deren Umformung zu wertvollen Aufbaukräften. Dem politischen Leben Württembergs drohte die Gefahr der Ueberalterung und der Lähmung durch eine zu bürokratisch-pedantische Verwaltung. Eine Verjüngung und Zufuhr neuer Reformkräfte und Antriebe ist durchaus zu begrüßen. Der Christi. Volks- ötenst ist auch eine neue Reform-Bewegung und wird manche Hemmungen der alten Parteien nicht haben. Notwendig aber ist in erster Linie, eine tragfestc, sachliche Einigungsgrundlage zu schaffen. Der Christi. Volksdicnst übt dann Kritik an verschiedenen öffentlichen Aeußerungen der verantwortlichen nationalsozialistischen Führer und schreibt, Saß Aeußerungen wie „die Nationalsozialisten sind die einzige Hoffnung des schwäbischen Volkes im Landtag" die Verhandlungen und ein späteres fruchtbares Zusammenarbeiten sicher nicht fördern. Dieselbe Kritik übt der Bauernbun d. So schreibt die „Schwäbische Tageszeitung": Es geht nicht an, zu gleicher Zeit in der Oeffentlichkeit gegen die Tätigkeit der seitherigen Regierungsparteien vom Leder zu ziehen und zu gleicher Zeit innerhalb der vier Wände mit ihnen sich anzu- biedcrn. Wenn die Nationalsozialisten glauben, scharf abrech- ncn zu müssen, dann brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn auch andere keine Rücksicht üben.
Gcschästsordnungsausschutz des Landtags
Der in der ersten Vollsitzung des neuen Landtags gewählte vorläufige Geschüftsordnungsausschuß hielt eine Sitzung ab zwecks Feststellung des Rechts der Mitgliedschaft der Mitglieder des Landtags. Die Wahlurkunden sämtlicher neugewählten Abgeordneten lagen vor. Einsprachen waren nicht erfolgt. Der Ausschuß nahm zum Schluß folgenden Antrag einstimmig an: „Der Landtag wolle beschließen: Das Recht der Mitgliedschaft sämtlicher Mitglieder des Landtags ist festgestellt."
Ehrung des PräsÄente« Dr. Michel
Am ll.Mai waren in Stuttgart im Gesellschaftszimmer dos „Goldenen Hirsch" Vertreter der Verwaltnngsrätc mit den Direktoren der Eloktrizitäts-Gemeindeverbände Über- lauöiverk Aistaig, Enzberg, Hohenlohe-Lhringen, Teinach und Tuttlingen »rit Vertretern weiterer Elektrizitätswerke versammelt, um Präsident Dr. Michel Anerkennung und Dank für seine erfolgreiche Tätigkeit in der württembergi- schen Elektrizitätswirtschaft auszusprechen. Es wurde ihm eine künstlerisch ausgestattcte Ehrenadrcsse überreicht, in der er als „der sorgende Berater der Verbände, der tatkräftige Förderer der kommunalen Überlanöwerke und der weitblickende Führer in der Württ. Elektrizitätswirtschaft" zum Ehrenmitglied der Verwaltungsräte der angeführten Über- lanöwerke ernannt wurde.
Die Wohlsahrtserwerbslosen Ende April 1832
Die Zahl der von den Fürsorgeverbändcn laufend in offener Fürsorge unterstützten und von den Arbeitsämtern anerkannten Wohlfahrtserwerbslosen betrug Ende April 1932 in Württemberg 26 269 ober 10,2 auf 1900 Einwohner. Auf Stuttgart entfielen davon 10 769 oder 29,6 auf 1000 Einwohner. Gegenüber Ende März 1932 ist die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen in ganz Württemberg um 10,6 Prozent und in Stuttgart um 11,1 Prozent gestiegen.
Aus Stadt und Land
Calw, den 16. Mai 1932.
Pfingsten vorbei.
Pfingsten soll ein liebliches Fest sein, voll leuchtender Sonne, Himmelsbläue, jungem Grün und lenzlichem Blühen. So erhofft es der Mensch. Nach der österlichen Befreiung aus Winternot drängt es ihn, den endgültigen Sieg des Lenzes an der Schwelle zur Sommerszeit festlich zu begehen. Wirklich feiern kann man dieses Fest aber nur, wenn Sic Natur mit im Bunde ist. Und das war sie Heuer wahrhaftig. Sommerlich prächtige Tage riefen ins Freie! Das war ein großes Wandern in Wald und Feld^ überall stieß man auf fröhliche Menschen, die nach den wenig versprechenden, unfreundlichen Tagen der Festvorwoche sich des guten Umschwungs doppelt freuten. Der Fremdenverkehr war überaus groß und unsere Kurorte und Bäder sind mit Sen Pfingsttagcn wohl zufrieden gewesen. Am besten hat anscheinend Bad Ltebenzcll abgeschnitten, wo am Pfingstsonntag alle Hotels und Gaststätten voll besetzt gewesen sein sollen. Kein Wunder, daß unter diesen Umständen der vortreffliche Abend des schwäbischen Humoristen Willy Reichert, der am Sonntag, begleitet von einer Anzahl Stuttgarter Künstlerinnen und Künstler, im Knrsaal köstliche Proben seiner heiteren und besinnlichen Kunst bot, überfüllt war. Ebenso wie Bad Liebenzell übten auch Hirsau und Bad Tetnach über die Festtage ihre alte Anziehungskraft aus, ivährend die Oberamtsstaöt einen sehr großen Durchgangsverkehr aufweisen konnte. Aber ganz ohne Trübung sind die Festtage leider doch nicht vorübergegangen. Der Pfingstsonntag brachte nämlich ein
N a g o l ö h o ch w a f s e r.
Die lastende Hitze des Tages entlud sich in den Nachmit- tagsstnnden in einigen schweren Gewittern. Während diese gegen ^5 Uhr sich über Calw entluden, teilte die Polizeiwache Nagold der hiesigen Polizeiwache mit, daß in der Umgegend von Nagold und in Nagold selbst ein heftiges Gewitter mit Hagelschlag tobe und sich große Wassermengcn talabwärts wälzten. Auf diese Mitteilung hin ivurde von der Polizei sofort in den Hochwassergebieten unserer Stadt Hochwasser angesagt, so daß die Bewohner genügend Zeit hatten, die notwendigen Vorbereitungen für das Kommende zu treffen. Auch wurden sämtliche Wehrfallen innerhalb der Stadt gezogen. Durch einen in der Gegend des Muckbergs und im Han nieöergegangenen Schlagregen, schwoll der Z i e- gelbach schon um 8 Uhr stark an und führte schlammige Wassermassen mit sich. Gegen 6 Uhr waren die ersten Anzeichen der in der Gegend von Wilöberg, Sulz und Na
gold nieücrgegangenen Wolke nbrüchc zu bemerke«. Ungemein rasch stieg die Nagold an und trat schon um ^7 Uhr am niedersten Punkt der Stadt, beim Restaurant Schlandcrer, über das Ufer; auch in der Insel und beim Elektrizitätswerk verließ der Fluß zeitweise sein Bett. Für die vielen Fremden, die zu Fuß und zu Wagen in dieser Zeit durch unsere Stadt zogen, bot der Anblick des wilden Flusses, der ans schlammigen Wogen ganze Bäume, Steg- nnd Zauntcilc, Stangen, Bretter u. a. talabwärts führte, ein interessantes Schauspiel. Wo eS anging, waren bis in dis Dämmerung hinein Männer mit dem Berge» von Holz oder angeschwcmmter Fische beschäftigt. Fast die ganze Stadt war unterwegs, um das Natnrschauspicl zu verfolgen. Diejenigen Anwohner, die die Hochwasseransage der Polizei nicht ernst genommen und aufgeräumt hatten, mußten dies tief im Wasser suchend tun. Da mit größeren talabwärts kommenden Holzmassen gerechnet werden mußte, war zur Vorsicht die Weckcrlinie alarmiert. Der lebhafte Autoverkehr konnte nicht mehr durch die Bischofstraßc abgewickelt, sondern mußte durch die Lederstraße umgelcitet werden. Gegen 8 Uhr war jegliche Gefahr beseitigt, da zu dieser Zeit das Wasser schon wieder merklich zurückging. Besonders bewährt hat sich wiederum die direkte telefonische Unfallverbindung, die, wenn die Telefonämter geschlossen sind, für Calw und Nagold eingeschaltet wird und im vorigen Jahr auf Betreiben des Bürgermeisteramts Calw zustandckam. Da das amtliche Hochwassertelegramm erst um 6.10 Uhr in die Hände der Polizei kam, so wäre, wenn nicht die Verständigung zwischen der Polizeiwache Nagold und Calw auf direktem Wege möglich gewesen wäre, eine rechtzeitige Benachrichtigung der Anwohner in den tiefliegenden Stadtteilen nicht möglich gewesen. — Die vergangene Nacht brachte nochmals Gewittersturm und Regen und noch heute schießt die Nagold wild dahin.
Aus Nagold liegt uns folgender Bericht über das gestrige Unwetter vor: Ucbcr der Stadt und ihrer Umgebung ging gestern abend ein schweres Gewitter nrit Hagelschlag nieder. Die Nagold trat über die Ufer und überschwemmte die Straßen, die teilweise unpassierbar waren. Zahlreiche Keller stehen unter Wasser. Die Feuerwehr war unaufhörlich bemüht, Sic Fluten einzndämmen und Las Wasser von den Häusern fernznhalten. Personen wurden nicht verletzt, der Sachschaden ist jedoch sehr hoch. Der Hagclschlag war so stark, daß die Gegend einer Winterlanöschaft glich: die Obst- bänme wurden vollkommen entlaubt. Auch der Reichsbahnverkehr soll teilweise gestört gewesen sein: aus dem Tal von Gültlingen—Teckenpfronn kamen auf dem angeschwol- lencn Bach Baumstämme, die Kartoffelsaat ganzer Felder, Teile von Schuppen und leichten Ställen.
Aus Herrenberg wird berichtet: Von ungewöhnlichem Ausmaß war ein Wolkenbrnch, der gestern in der Gegend von Gültstein-Hcrrcnberg-Nnfringen niederging. Die kleinen Bäche verwandelten sich in Ströme, die Straßen wurden überschwemmt und glichen reißenden Bächen. Niedrig gelegene Wiesen und Felder waren ans weite Strecken mit Wasser bedeckt und glichen Seen. Glücklicherweise dauerte das Gewitter nicht sehr lange, auch fiel kein Hagel, so daß Ser Schaden kein größeres Ausmaß erreicht haben dürfte. Nach einem weiteren Bericht sollen die Orte Ge- chingcn, Deufringen, Aidlingen unter Uebcrschwemmun- gcn gelitten haben. Hölzerne Brücken sind wcggeschwemmt. Ucberall wurde die Feuerwehr aufgeboten, um am schlimmsten Bedrängten zu helfen.
In Mittelhaslach im Zabergän wütete ein Unwetter dermaßen, daß Sie Felder verwüstet und die Straßen völlig überschwemmt wurden. Ganze Schweineställe, Geflügel und hauptsächlich Holzstücke wurden vom Wasser mitgerissen. Hagelkörner von Tanbeneigröße gingen nieder.
Wetter für Mittwoch
Im Osten behauptet sich Hochdruck, während sich die Depression bei Großbritannien abgeschwächt hat. Für Mittwoch ist vielfach heiteres, jedoch zu Gewitterstörungen geneigtes Wetter zu erwarten.
Anne Kanne Löwin
Erzählung von Barbra Ring.
Einzige berechtigte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Cläre Greoerus Msöen. Copyright by Georg Müller u. Albert Langen, München 1930.
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Anne Kanne zog den Advokaten bald hierhin bald dorthin. Hier war eine hübsche Dame, die so nah wie möglich bewundert werben sollte. Dort war eine Statue, die auf das unbarm- herzigste kritisiert werden mutzte.
Der Advokat grützte herzlich eine sehr schöne Dame, mit Hellem, lockigen gebauschtem Haar.
war eine meiner Jugendfreundinnen — Frau Jütte Dyre. Ist sie nicht hübsch?" fragte er.
Anne Karine sah sie an.
„Ist sie verheiratet?
„Rein. Sie ist von ihrem Mann geschieden. «>e ist also jetzt frei," antwortete der Advokat.
„Nach meinem Geschmack ist sie nicht die Spur hübsch," erklärte Anne Karine kurz angebunden. „Kommen Sie, jetzt gehen wir zu dem na. Sie wissen doch — der mit F anfängt.
Foyer?" Ja, hier ist es ja." Advokat deutete mit den Händen auf dre Wände ringsum und erklärte, wer der Herr Foyer war.
„Ich dachte, es wäre ein Mann," sagte Anne Karine ruhig. Gut, dah ich es nicht zu Otar Mogens sagte, dachte sie bei sich.
Sie sah verstohlen zu Frau Jütte Dyres dlondem Kopf hinüber.
. finden Sie das hübsch, so mit Perlen in ^hren," wandte sie sich plötzlich an ihren
WwÄ ^ ist sicher sehr hübsch", antwo Aovokat Reiner unschuldig. Er hatte
via« Aynung, vag ne xxreunvin einen oerartigen Schmuck trug.
In demselben Moment kam ein schwarzbärtiger, schmaler Herr vorbei.
„Na? Gehören Sie auch zur Stammgemeinde?" fragte Paul Remer spottend.
„Nee, wissen Sie was, ich bin hier von Amtswegen. Ich schwärme nämlich nicht gerade für Zirkus", antwortete der Schwarze scharf u. ging weiter.
„Was meint er? Nennt er dies himmlische Stück Zirkus? Was war das für einer?" fragte Anne Karine gereizt.
„Das war ein Aeitungskritiker," sagte der Advokat. „Das ist eine anspruchsvolle Rasse. Sie verlangen, das Theater solle literarische Stücke spielen. Aber aus literarischen Stücken macht sich das Publikum nun mal nichts."
„Heulstücke? Ibsen und so was?" fragte Anne Karine.
„Ganz recht."
„Ja, aber solche Stücke mag ich gerade gern. Ich Hab' sie blotz gelesen. Aber man kriegt soviel drüben nachzudenken, wenn man einsame Spaziergänge im Dunkeln macht. Aber natürlich ist auch viel Blech drin."
„Sehr viel Blech, natürlich," gab Advokat Remer zu.
Mit dem festen braunen Arm unter seinem und dem eifrigen jungen Gesicht so lebhaft zugewandt, hätte Advokat Remer heute abend drauf geschworen, wenn man's von ihm verlangt hätte, datz selbst Goethe der reinste Blödsinn wäre.
Es klingelte.
Das Publikum ging wieder an seine Plätze.
Der Advokat lehnte sich extra weit hintenüber, in der Hoffnung, datz Anne Karine wieder ihre Hand auf seine Schulter legen würde.
Aber Anne Karine hatte diesmal die Stuhllehne erwischt. Sie lebte blotz auf der Bühne.
Die grobe Szene kam.
Sie schwebte hervor — umschlungen von
«einem Arm. 'rue icymeiweinven Klange oes Walzers schmiegten sich um die beiden. Langsam glitten sie umeinander herum. Auge in Auge.
Die Musik hielt inne.
Die beiden da oben fuhren fort.
Sie bewegte zierlich ihren hochhackigen Schuh und lehnte sich zurück, mit seiner stützenden Hand um ihren Nacken.
Er glitt langsam und verführerisch um sie — in hohen blanken Stiefeln — in der koketten Uniform, seine Augen tief in ihre gesenkt.
Er lenkte sie gleichsam mit seinem Blick.
Im Theater war es totenstille.
Anne Karine hörte ein Seufzen von ihrer Nachbarin, einem jungen Dämchen von der letz-, ten Saisonernte, noch jünger als sie seihst. Sie mutzte Hinsehen. Und von da ging ihr Blick zur nächsten und weiter die ganze Reihe entlang. Und die andren Reihen. Sie konnte ihre Augen nicht abwenden von diesen Gesichtern. Unfertige Mädchengesichter. Frauengesichter, Glatte, fette, wohlkonservierte. Ausdrucksvolle mit den ersten Runzeln um Augen und Mund. Alte Damengesichter. Runde, doppelsinnige, wohlwollende. Kleine verschrumpelte gelbliche. Und alle verschlangen sie ihn mit den Augen, die weit aus dem Kopf standen vor Entzücken. Mit offenem Mund und leerem Ausdruck. Die ältesten satzen und wiegten ihre Häupter mit abwesendem Lächeln. Sie dachten an ein paar elegante Tanzbeine aus ihrer Jugend.
Die Herren hielten die zudringlichen Operngläser und Lorgnetten auf sie geheftet und hatten ein Kennerlächeln um die Mundwinkel.
„Ach, grotzer Gott, sie sind zu schön!" tönte plötzlich die Stimme der Generalin durch die Stille. Sie nickte gerührt vor sich hin.
Die Umsitzenden drehten die Köpfe. Die meisten lachten. Ein paar waren ärgerlich. Zu den elfteren gehörten Anne Karine und der Advokat. Au den letzteren Otar.
Die Generalin selbst satz unberührt. Sie war wie gewöhnlich in der schönsten Ahnungslosig
keit darüber, datz sie ihren Gedanken Lust gemacht hatte.
Nachher im Restaurant wurde das Stils besprochen.
Anne Karine erklärte kurz und bündig, es sei man ein Glück, datz es so gegangen wäre, und datz er all ihr ieles Geld gekriegt hätte. Wovon hätten sie denn sonst leben sollen?
„Er war fein und elegant wie ein englisches Hunter. Aber spannt mal so einen vor 'neu Pflug und latzt ihn was Nützliches tun — ich danke für Obst!" sagte die praktische jung» Dame.
Anne Karine fragte nach allem. Untersucht« alles auf das gründlichste, wollte von allen, di« vorbeikamen, die Namen wissen.
Und die Generalin und der Advokat gaben unermüdlich Bescheid.
„Welche verheiratet sind, das braucht ihr mir nicht zu erzählen. Das sieht man immer so. Das sind immer die, die keinen Ton miteinander reden. Blotz essen", erklärte sie.
„Da hast du wahrhaftig recht, Kind. Das weitz ich noch ganz genau von meinem seligen Mogens her. Ach ja ja. Konnte der Mann essen!" seufzte die Genralin in zärtlicher Erinnerung.
„Wer sind denn die beiden da, die ausse- hen wie Zigarrenschachtelbilder? Und so schrecklich laut schreien?" fragte Anne Karine. „llnd der Mann, der so verlegen dabeisiht?"
Otar nickte beifällig und gab Bescheid. Das war ja gerade der Melborn, der Unglücksleutnant mit seinen beiden Gänsen.
Dumm war sie nicht, die Kleine. Die hakt: sie also sofort aufs Korn genommen.
Fortsetzung folgt.