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Zernsprecher Nr. S
verantwort!. Lchristleitung: Zrieärich Hans Scheele Druck unck Verlag «ler A. Oelschläger'schen Buchäruckerei
Nr. 111
Samstag, den 14. Mai 1932
Jahrgang 105
Notverordnungspläne des Reichsfinanzministers
Stützung der Gemeinden durch erhöhte Bürgersteuer und Heranziehung der Beamten zur Krisensteuer — Kürzung der Arbeitslosenunterstützung und der Invalidenrenten
TU. Berlin, 14. Mai. Der de» christlichen Gewerkschaften nahestehende politisch-gewerkschaftliche Zeitnngsdienft veröffentlicht Einzelheiten über den Inhalt einer angeblich im Reichssinanzministerium ausgearbeiteten neuen Notverordnung. Die Vorschläge sehen außer einer Her- anziehung der Beamten zur Krisensteuer eine Verdoppelung der Grundbeträge der Bürger st euer aus der Verordnung des Reichspräsidenten vom 1. Dezember 1930 vor. Die beiden Posten seien für die Ueberweisung an die Gemeinden vorgesehen. In diesem Zusammenhang habe sich auch das Reichsfinanzministe- rium mit den Kürzungen in der Sozialversicherung beschäftigt. Die Vorschläge enthielten eine allgemeine durchschnittliche Kürzung der Arbeitslosenunterstützung, gleichgültig ob sie an Hauptunterstützungsemp- fänger, Krisenunterstützungsempfänger ober Wohlfahrtsempfänger geleistet werden, um 20 Prozent. Darüber hinaus soll die Bedürftigkeitsprüfung in der Arbeitslosenversicherung eingeführt werden. Auch die bisherige Hilfe für den Steinkohlenbergbau durch die Befreiung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer von den Beiträgen für die Arbeitslosenversicherung solle eingestellt werden, so daß von Juni an der Bergbau wieder beitragspflichtig werde. In der Invalidenversicherung sei eine allgemeine Kürzung der Renten vorgesehen.
Entscheidung über de« Reichshaushalt nach Pfingsten
Das Reichskabtnett hat am Freitag die Beratungen über den Reichshaushalt und die damit zusammenhängenden Wirtschaftsfragen fortgesetzt. In Regierungskreisen hofft man, die Arbeiten bis Donnerstag nach Pfingsten abgeschlossen zu haben. Der Haushalt wird alsdann dem Haushaltsausschuß des Reichstages zugeleitet, der am 28. Mai zusammentritt. — Uebrigens hat Dr. Goerüeler an den Freitagsberatungen des Kabinetts nicht teilgenommen. Eine Entscheidung über die Besetzung der verwaisten Ministerposten ist vor Pfingsten nicht mehr zu erwarten. Der Reichskanzler wird voraussichtlich einen zweitägigen Erholungsurlaub nehmen.
Groener führt die Geschäfte als Reichswehrmimister vorläufig weiter
Von Berliner zuständiger Seite wird nochmals darauf htngewiesen/ dätz das Rücktrittsgesuch des Reichswehrministers auf seinen eigenen Entschluß zurückzuführen sei. Bereits vor 2 Monaten habe Minister Groener anläßlich eines Vortrags beim Reichspräsidenten diesen wissen lassen, daß er die Absicht habe, in absehbarer Zeit von seinem Posten
Die schwierige Finanzlage Oesterreichs
Wien bittet den Völkerbund «m R«t
TU Wien» 14. Mai. Der geschäftsführende Bundeskanzler Dr. Bure sch teilte gestern den Vertretern der vier Hauptmächte, Deutschland, England, Italien und Frankreich mit, daß die österreichische Regierung in einem längeren Schreiben an den Generalsekretär des Völkerbundes den Wunsch um seinen Rat hinsichtlich der finanzpolitischen Lage Oesterreichs ersucht. Das Schreiben dürfte wohl die Erzielung einer Art Stillhalteabkommen bzw. eine dahingehende Empfehlung des Völkerbundes bezwecken.
Der erste Teil des Schreibens behandelt die devisenpolitische Lage, während der zweite Teil die handelspolitische Seite des österreichischen Wirtschaftsproblems schildert. Das Schreiben geht von dem ersten Ansuchen an den Völkerbund vom 7. August vorigen Jahres aus. Der Bundeskanzler hat gleichzeitig den Völkerbund verständigt, daß sich Oesterreich sofort nach Bildung der österreichischen Regierung im Sinne Ser beabsichtigten Aktion der Großmächte an die Nachbarstaaten und an alle diejenigen Staaten wenden werde, die bereit seien, konkrete Vorschläge für die handelspolitischen Verhandlungen zu machen.
Der wichtigste Teil des Schreibens ist offenbar der, in dem gesagt wird, daß die Devisenlage Oesterreichs zu neuen Entscheidungen drängt. Es werden zwei Möglichkeiten ins Auge gefaßt- die Einstellung der Zahlung von Devisen für den auswärtigen Schuldendienst und der Verbrauch der vorhandenen Devlsenvorräte. Die österreichische Negierung sei sich darüber klar, daß die Einstellung der Zuteilung von Devisen für den auswärtigen Schuldendienst nachteilige Folgen für das finanzielle Ansehen Oesterreichs haben könne, wenn nicht die maßgebenden Stellen, insbesondere der Völkerbund eine solche Maßnahme als gerechtfertigt anerkennen.
als Reichswehrminister zurückzutreten, um sich anderen Aufgaben widmen zu können. Bis zur anderweitigen Besetzung des Reichswehrministeriums werde Groener die Geschäfte als Reichswehrminister weiter führen.
Der «Völkische Beobachter" schreibt: Politisch gesehen sei -er Sturz des Reichswehrministers Groener ein Ereignis von noch gar nicht abzusehender Tragweite. Er bedeute zum mindesten für die Wehrmacht die endgültige Liquidation des Novemberkurses. Groeners Sturz sei der erste entscheidende Erfolg der nationalsozialistischen Politik. Dieser Erfolg bedeute die Garantie, daß die restlose Überwindung des gesamten Systems nur eine Frage der Zeit sein werde.
Seine Beteiligung der Reichsregiernng an dem Bertagnngs- beschlnß im Reichstag.
Der Reichsregierung ist in der Presse vorgeworfen worden, -aß sie sich an politischen Schiebungen beteiligt habe, Sie am Donnerstag zur Vertagung des Reichstages geführt hätten. Von zuständiger Stelle wird demgegenüber darauf htngewiesen, daß Staatssekretär Pünder am Donnerstag im Aeltestenrat erklärt habe, dem Reichskanzler und der Reichs- reglerung sei von solchen Schiebungen nichts bekannt, und sie hätten sich nicht an derartigen Schiebungen beteiligt. An -er Abwicklung der weiteren Tagesordnung -es Reichstags sei die Reichsregierung sehr interessiert gewesen, damit das Ausland sehe, daß sie die Mehrheit im Reichstag besitze. Die Reichsregierung habe ferner großes Interesse daran gehabt, daß folgende zwei Punkte auf die Tagesordnung der Reichstagssitzung gesetzt worden seien: 1. das Kreditermächtigungsgesetz und 2. die politische Aussprache mit allen parlamentarischen Auswirkungen (Mißtrauensvotum und dgl.). Diese Absicht sei auch am Donnerstag für die Reichsregierung maßgebend gewesen.
Gerichtliches Nachspiel zu den Vorgängen im Reichstag
Die drei nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten Heines, Weitzel und Stegmann, die anläßlich der Vorgänge, die sich im Reichstag zugetragen hatten, von der Kriminalpolizei festgenommen worden waren, wurden am Freitag mittag vor ein Schnellschöffengericht gestellt und wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu je drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die Kosten tragen, soweit Verurteilung erfolgt ist, die Angeklagten.
Wie wir von nationalsozialistischer Seite hören, werden die von dem Schnellschöffengericht verurteilten Reichstagsabgeordneten Heines, Stegmann und Weitzel gegen das Urteil Berufung einlegen.
Abrüstungsaussprache im englischen Unterhaus
TU. London, 14. Mai. Im Unterhaus entwickelte sich vor der Pfingstpause eine große Aussprache über die Abrüstungsfrage. Außenminister Simon erklärte, -er Versailler Vertrag sehe ganz klar eine allgemeine Rüstungsbegrenzung auch für die alliierten und assoziierten Mächte vor, nachdem die unterlegenen Mächte diese angenommen hätten. Der Minister verwies weiter auf das Völkerbunbsstatut, den Clemenceau- Brief und die besonders wichtigen entsprechenden Sätze des Locarnoabkommens. Es sei schon ein großer Erfolg, daß nicht nur Mitglieder des Völkerbundes, sondern auch Nichtmitglieder an der Abrüstungskonferenz teilnehmen. Man würbe nichts gewinnen, wenn man den wichtigen Fragen, wie z. B. der deutschen Forderung nach Gleichberechtigung und dem französischen Verlangen nach Sicherheit in Genf ausweichen würde, denn diese Fragen seien von grundlegender politischer Bedeutung. Deutschland erkläre, daß es sich dabei um seine ganze Weltstellung handle und Deutschland sei nicht das einzige Land für das diese Frage wichtig sei. Gegen den französischen Plan einer internationalen Armee wandte Simon ein, daß man dafür einen internationalen Oberbefehlshaber, einen internationalen Generalstab und ein internationales Kabinett haben müßte. Die einzelnen Persönlichkeiten seien jedoch nicht international, sondern national. Unter diesen Umständen könnte man nicht erwarten, daß irgendwelche Pläne vor dem Beginn -er Operationen einer internationalen Armee geheim bleiben würden. Was die quantitative und die qualitative Abrüstung betreffe, so halte er eine Zusammenfassung der beiden Methoden für wichtig.
Der Oppositionsführer Lanüsbury kritisierte die Rede -es Außenministers sehr stark. Die Rede Simons sei sehr entmutigend. Die Staatsmänner der Welt hätten
Tages-Spiegel
Im Reichssinanzministerium soll eine neue Notverordnung in Vorbereitung sei«, die eine Erhöhung der Biirger- stenersätze, die Heranziehung der Beamte« zur Krisenstener und einschneidende Kürzungen bei den Leistungen der Sozialversicherungen Vorsicht.
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Das Berliner Schnellschössengericht hat die wegen -er Prügelei im Reichstagsgebände verhastetcn nationalsozialistische« Reichstagsabgeordnete« Heines, Stegman« und Weitzel z« je drei Monaten Gefängnis verurteilt.
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Reichsbankpräfident Dr. Luther hat eine Denkschrift z«m Arbeitsbeschasfnngsproblem ausgearbeitet. Sie heißt: «Gedanken znr Prüfung der Frage, ob durch geldlose Wirtschaft hilfswirtschaftliche Maßnahmen möglich find."
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Eine weitere Dinskontsenknng -er Reichsba»k wird vorerst nicht eintreten, da lant Bankgesctz eine Senkung des Diskontsatzes unter S v. H. nicht möglich ist.
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Im Belgrader Außenministerium wurde gestern eine Konferenz der Kleine« Entente eröffnet.
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Präsident Hoover hat angeordnet, -aß die gesamte Bundes- polizei a« der Suche «ach den Mördern des Lindberghs kindes teilznnehmen hat. Die Nachforschungen mühten so lange fortgesetzt werden, bis die Verbrecher den Gerichten znr Aburteilung übergeben seien.
Das für Italien ans -er Dornier-Wcrft in Altenrhein erbaute Flugboot Do X lll ist gestern nach Spezia überführt worden. Die Ueberfliegung der Alpen ging glatt »onstatte«.
auch nicht einer einzigen Abrüstungsfrage offen und ehrlich ins Auge gesehen. Was wolle Frankreich, was wolle England mit Sicherheitsmaßnahmen? Gegen wen wollten denn die Staatsmänner Sicherheit haben? Die ganze Angelegenheit sei völlig verfahren, da man nicht auf dem einfachsten Wege vorgegangen sei, nämlich eine Waffe nach der anderen aus der Sphäre des Nationalismus auf das Gebiet des Internationalismus hinüberzuleiten. Die Arbeiterpartei verlange Jnternationalifierung der gesamten Luftfahrt. Churchill überraschte seine Zuhörer mit der Bemerkung, daß er es außerordentlich bedauern würde, wenn eine Annäherung -wischen der militärischen Stärke Frankreichs und Deutschlands stattfinden würde. Er frage diejenigen, die derartige Erwägungen anstellten, ob sie etwa den Krieg wünschten. Er hoffe ernstlich, daß ein solcher Ausgleich weder zu seinen Lebzeiten, noch zu den Lebzeiten seiner Kinder zustande komme. (!)
Abschlag bei der Vermögenssteuer
Verordnung des Reichspräsidenten über die Anpassung de» Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer und Granderwerbssteuer an die seit Januar 1931 eingetretenen Wertrückgänge. Das Reichssinanzministerium teilt mit: Die Verordnung des Reichspräsidenten zur Anpassung der Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer und Grunderwerbssteuer an die seit dem 1. Januar 1931 eingetretenen Wertrückgänge ist nunmehr ergangen. Sie sieht auf dem Gebiet der Vermögenssteuer für bas Rechnungsjahr 1932 einen einheitlichen Abschlag von der Steuer selbst, und zwar in Höhe von 20 v. H. des an sich maßgebenden Steuerbetrages vor. Die Herabsetzung verteilt sich gleichmäßig auf die einzelnen Bermögenssteuer- raten.
Auf dem Gebiete der Erbschaftssteuer, bei der die Einheitswerte lediglich für den Grundbesitz eine Rolle spielen und im übrigen eine Stichtagbewertung, d. h. eine Bewertung nach den Verhältnissen am Todestag erfolgt, werden in den Fällen, in denen die Steuerschuld im Kalenderjahr 1932 entsteht, die für den Grundbesitz maßgebenden Einheitswerte um 20 v. H. gesenkt. Ebenso wird bei der Grundcrwerbs- steuer in den Fällen, in denen die Steuerschuld im Kalenderjahr 1932 entsteht und der Einheitswert in Betracht kommt, von einem um 20 v. H. niedrigeren Wert ausgegangen.
Uebersall auf Exkönig Alfons
TU Paris, 14. Mai. Der ehemalige König Alfons von Spanien, der am Freitag an Bord eines englischen Dampfers aus Malta kommend in Marseille eintraf, wurde beim Verlassen des Schiffes von einem spanischen Arbeiter angegriffen, der ihm mehrere Faustschläge versetzt«. De» Angreifer wurde festgenommen.