Aus Stadt und Land
Calw, den 13. Mm 1932.
DaS Calwer Kinderfest wird abgehalten In seiner gestrigen Sitzung hat der Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen, das Kinderfest 1932 trotz der -rückenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines großen Teils der Bürgerschaft abzuhalten. Das Fest wird aller Voraussicht nach am 6. Juni in der althergebrachten Form begangen werden. Wie wir hören, planen zudem die Höheren Schulen in diesem Jahr ein einfaches Schulfest. Es sollen gröbere und kostspielige Schulausflüge Heuer unterbleiben. Dafür werden an einem Tage alle Klassen eine Wanderung auf verschiedenen Wegen nach einem innerhalb der engeren Heimat gelegenen Ziel unternehmen, wo man dann gemeinsam einige Stunden frohen Lagerlebens verbringen will. Der Gedanke ist ein sehr glücklicher und dürfte von der Elternschaft wie von den Kindern freudig ausgenommen werben.
Mahnwort au die Psingftwanderer DaS Pfingstfest steht vor der Tür. Ungezählte Tausende werde» hinauSwandcrn in die Natur, die nie schöner und reizvoller, nie freigebiger und duftiger, nie reicher und farbiger ist als in den pfingstlichen Tagen, wenn die Sonne auf die Erde den Frühling gebracht hat. Da leben die Menschen auf und gewinnen Lebenskraft und Lebensfreude inmitten des Blühens und Prangens in der Natur. Wer aber diese Natur aufsucht, weil er sic lieb hat, der muß auch Ehrfurcht vor ihr haben. Darum all ihr Pfingst- wanderer, die ihr hinauszieht, um so rechte Lebensfreude zu erfahren, in Feld und Wald, laßt euch nicht vergebens mahnen: Achtet die Natur! Schont Wiesen und Saaten und freut euch nur mit den Augen, aber nicht mit den Händen an der Pracht der blühenden Obstbäume. Weidet euch an der Buntheit und an der Farbenharmonie der blumigen Wiesen, aber beraubt nicht diesen schönsten aller Teppiche seines Schmuckes. Pfingstwanderer sei« heißt, sich der pfingst- lich prangenden Natur würdig machen. Wer seine Wanderung als inneres Erlebnis macht, wer die Heimat liebt, wer so recht von Herzen beglückt und erfüllt ist von der ganzen Schönheit des Frühlings in der Natur, der wird sich überall au den Frühlingsboten, die ihm entgcgcntreten, freuen, er wird aber auch heimkehren mit reinem Herzen und mit reinen Händen.
Willy Neichert-Abend in Bad Liebenzell Willy Reichert mit seinem Kttnstlcrcnscmble kommt am Pfingstmontag nach Bad Lieben zell und bringt Freude, Lebenslust «nd für einige Stunden Erbauung. Das ganze Programm des Abends ist darauf eingestellt, den Besucher einige Stunden hoch über den Alltag hinwegzutragen, und es sollte deshalb niemand versäumen, diese Veranstaltung, tu welcher Ser bekannte schwäbische Humorist Willy Reichert sowohl als Ansager wie auch als Solohumorist und Schauspieler in vier verschiedenen urkomischen Einaktern seine glänzenden Fähigkeiten zur vollsten Geltung bringt, zu besuchen. Näheres im Anzeigenteil.
Wetter für Samstag und Sonntag Uebcr dem Festland liegt schwacher Hochdruck, im Westen eine starke Depression. Für Samstag und Sonntag ist bet westlichen Luftströmungen immer noch unbeständiges Wetter zu erivarten.
*
Nagold, 12. Mai. Aus bis jetzt noch nicht geklärter Ursache sprangen gestern vier Wagen des 7 Uhr-Abendzuges bei Emmingen aus dem Gleis. Die Reisenden hatten lediglich einen Schrecken auszustehen, verletzt wurde glücklicherweise niemand, auch dürfte der Sachschaden nicht bedeutend fein Der Verkehr wurde durch Umsteigen aufrecht erhalten. Nach einer Stnnde mar die Strecke durch die Bahnmeisterei wieder in Ordnung gebracht.
SCB. Eltinge« OA. Leonberg, 12. Mai. Gestern kamen die beiden Wohnungsnachbaru Kiihlwein und Wilhelm Leyrer t» Streit, in den sich auch noch andere Familien
mitglieder und Nachbar» einmischten. Der Streit entstand wegen des Fußballspiels der Kinder auf dem gemeinschaftlichen Hof. Im Verlauf der Auseinandersetzung schlug der 49 Jahre alte Händler Wilhelm Kühlwein dem 38 Jahre alten Maler Wilhelm Leyrer mit einer Bierflasche auf den Kopf. Nachdem der Streit fast beigclegt schien, gingen beide ins Haus. Leyrer holte aber aus seiner Wohnung einen Revolver und trat wieder hinaus. Kühlwcin folgte ihm. Darauf schoß Leyrer auf den Kiihlwein und traf ihn in die linke Brustscite. Schwer verletzt mußte Kiihlwein ins Vezirkskrankenhans gebracht werden. Leyrer wurde sofort verhaftet.
SCB. Tübingen, 12. Mai. Die Wahlen zum Allgemeinen Studentenausschuß an der Universität hatten folgendes Ergebnis: Liste 1: Nationalsozialisten 1229 Stimmen — 19 Sitze; Liste 2: Evangelische Studenten 421 Stimmen gleich 4 Sitze; Liste 3: Nationaler Deutscher Studentenblock 698 Stimmen — 6 Sitze; Liste 4: Studentinnen 78 Stimmen gleich 1 Sitz; Liste 8: Ring Katholischer Studenten 482 Stimmen — 4 Sitze. Es wurden insgesamt 2857 Stimmen abgegeben. 39 Stimmen waren ungültig. Die Liste 1 der Nationalsozialisten hat also eine absolute Mehrheit nicht erreicht.
SCB Leutkirch, 12. Mai. Nachts um 1 Uhr brach in der oberen Stadt im Wohn- und Oekonomiegebäube des Viehhändlers Schorer Feuer aus, bas sich rasch auf die Dachstöcke der angcbauten Häuser von Weinhänbler Schuhmacher und Wagnermcister Heinzelmann ausdehnte. Das Scho- rersche Gebäude brannte großenteils aus. Bei den beiden angebauten Häusern brannten die Dachstühle teilweise ab. Die Wvhnränme weisen hauptsächlich Wasserschäden ans.
Turnen und Sport
Turner-Handball
An Pfingsten wird es gerade 1 Jahr, daß Sie Handballer des TV. Stuttgart-Hebelfingen hier zu Besuch weilten. Die aus diesen Tagen herrührende Rückspielverpflichtung führt nun die Calwer Spieler über die diesjährigen Pfingstfeier- tagc nach Hedelsingen, wo sich ein von den dortigen Turnfreunden groß aufgezogenes Programm in Hand- und Faustballspielen sowie Läufen abwickeln wird. Eine besondere Note erhält die Veranstaltung durch die damit verbundene Einweihung des neuen Hcdelfinger Turn- und Spielplatzes. — Die Vorspiele im letzten Jahre konnte Calw überlegen gewinnen; der Gegner erreichte jedoch in der Zwischenzeit eine beachtliche Spiclstürke und wird im Verein mit dem Vorteil des eigenen Platzes seinen Gäste» eine harte Nuß zu knacken geben. —
Für Ende dieses Monats hat die Handball-Abteilung Freundschaftsspiele mit dem A-Klaffe-Meister des Pforz- heimer Bezirkes, Hohcnivart, abgeschlossen. Dem Meister geht ein guter Ruf voraus und man sieht seinem Kommen mit großem Interesse entgegen.
Schwerathletik
Am morgigen Samstag messen sich die Calrver Kraftsportler mit Sportgenosse» von Bückingen bei Heilbronu. Die hier erfolgende Austragung des Städtekampfes erfolgt in Sen Sparten: Gewichtheben und Ringen. In Einlagen werden sich die Jonglierriege und die Artistengruppe Bückingen produzieren. Der Besuch der Veranstaltung kan» allen Sportfreunden nur empfohlen werben. Näheres im Anzeigenteil.
Geld-, Volks- und Landwirtschaft
Börse
SCB. Stuttgart, 12. Mai. Bei kleinem Umsatz infolge Materialmangels war die Tendenz an der heutigen Börse für Aktienpapiere fest. Am Rentcnmarkt gab es kleinere Kursrückgänge, weil etwas mehr Material au den Markt gebracht wurde.
Reubesitzanleihen werden nicht aufgewertet
Ein interessanter Prozeß kam vor dem 13. Zivilsenat
des Kammcrgerichts Berlin zur Verhandlung. Es handelte sich um die Berufungsklage wegen der Aufwertung von Neubesitzanleihen. Die Klage wurde abgewiesen.
LC. Berliner Produktenbörse vom 12. Mai Weizen, märk. 273—275; Roggen, märk. 298—298; Nussen- rogge» 195; Braugerste 186—193; Futter- und Jndustrie- gerste 178—185; Hafer, märk. 184—169; Weizenmehl 33 bis 36,59; Roggenmehl 25,89—27,75; Weizenkleie 11,60-11,99; Roggcnkleie 9,75—19,25; Viktoriaerbsen 17—23; kl. Speiseerbsen 21—24; Fnttcrerbsen 15—17; Peluschken 16—18; Ackerbohnen 15—17; Wicken 16—18; Lupinen, blaue 19—11,59; dto. gelbe 14—15,59; Seradella, neue 28—34; Leinkuchen 19,79; Erdnußkuchen 11,49; Erdnnßkuchcnmehl 11,49; Trockenschnitzel 9; Kartofselflocken 16—16,49. Allgemeine Tendenz: ruhig.
Stuttgarter Schlachtviehinarkt Dem DonncrStagmarkt wurden zugeführt: — Ochsen, — Bullen, 5 Jungbullen, 38 Kühe, 24 Rinder, 326 Kälber, 462 Schweine, 1 Kitze; alles verkauft.
Preise für 1 Dfund Lebendgewicht:
— ...
12. 5.
'19. 5^
12. 5.
19. 5.
Ochsen:
Pfg-
Pfg.
Kühe:
Psg-
Pfg.
ausqemästet
—
29-34
fleischig
—
12—15
vollfleischig
—
24-27
gering genährte
—
9-11
fleischig
—
21-23
Kälber:
Vnllen:
feinste Mast- und
47—51
51—54
ausgemästet
24—26
24-26
beste Saugkälber
voltsteischig
fleischig
22—23
22—23
19-21
mittl. Mast- und gute Saugkälber
39—45
42—48
Iungrinder:
geringe Kälber
30-37
32-49
ausgemästet
vollsteischig
fleischig
gering genährte
34-36
26-31
22-24
34-36
26—31
22-24
Schweine:
über 399 Pfd. 240—300 Psd. 299-249Pfd. 169-290 Psd.
41
49-41
38—39
40
41
39-49
37-39
NLHe:
ausgemästet
22-26
120-169 Pfd. unter 139 Psd.
37-38
36-37
vollfleischig
—
17-29
Sauen
—
22-37
Marktverlauf: Großvieh und Kälber ruhig, Schweine mäßig. Nächster Markt: Mittwoch 18. Mai.
Kirchliche Nachrichten
Evang. Gottesdienste Pfingstfest, 16. Mai
Turmlied: 239 »Nun bitten mir den heiligen Geist".
9.39 Uhr: Hauptgottesdienst. Roos. Anfangslied: 231 1—S „Komm, heiliger Geist". Chorgesang. Abendmahlsseier. 5 Uhr: Abenögottesdienst in der Kirche. Stahl.
Kirchenopfer für bedürftige evang. Gemeinden des In- und AnSlandes.
Pfingstmontag, 16. Mai
9.39 Uhr: Gottesdienst in der Kirche. Stumpfs.
Mittwoch, 18. Mai
3 Uhr: Frauenbesprechungsabend im Vereinshaus. Donnerstag, 19. Mat
8 Uhr: Bibelstunde im Vereinshaus. Hermann. Das kirch» liche Amt und das allgemeine Priestertum. 1. Petr. 3, i^ 10. Slpg. 29, 17 ft.
Freitag, 29. Mat
3 Uhr: Gustav-Adolffrauenverein im DekanathauS. Katholischer Gottesdienst Pfingstsonntag
8 Uhr: Frühmesse mit Homilie.
9.39 Uhr: feierliches Hochamt.
1.39 Uhr: Andacht.
Pfingstmontag
8 Uhr: hl. Messe. 9.39 Uhr: hl. Amt.
Dienstag- Gottesdienst in Bad Liebenzell.
Mittwoch und Samstag: hl. Messe im Kinderheim. Beicht: Samstag von 4—Uhr; Pfingstsonntag von morgens 7 Uhr an.
ck«r dlsckl-I»» — Ususlrurei» ?klr»n- »«»»Ltkteul Lrtiitltlicti in Lslv im Kekormkrn»» (Vvst) pstLIstkM Ssckstrsüe (8ieke ^ureigen.)
Anne Kanne Löwin
Erzählung von Barbra Ring.
Einzige berechtigte Uebersetzung aus dem Norwegischen von Cläre Greverus Mjöen. Copyright by Georg Müller u. Albert Langen, München 1930.
34
Wenn Kapitän Mandt gebullert und gezeigt und erklärt hatte und zwei Stunden lang in seinen „dessenungeachtet" und „vermit- tels" geschwelgt hatte, dann schwammen Superphosphat und Pferdemist und Chilisalpeter in Nils' Kopf durcheinander wie ein einziges Ragout. Matthias Lorvins sachte, geruhsame Ratschläge dagegen nagelten sich in seinem Gehirn für alle Ewigkeiten fest.
Kapitän Mandt war mit Anne Karines geplant^ Christianiareise höchst unzufrieden.
„Gott bewahr' mich, Kari, wie du uns wie- oer nach Haus kommen wirst von diesem furchtbaren Frauenzimmer. War's nicht gerade schlimm genug mit dir, als du von Tante Cor- vlma kamst und da war doch wenigstens Dietrich, der war doch 'ne Mannsperson, und zwar ne einigermaßen verständige." sagte er ingrimmig.
Er saß -urückgelehnt im Sofa, die Beine weit gespreizt, und paffte sich dichter und dichter ein.
Anne Karine ging zu ihm und versuchte sich auf sein Knie zu sehen — ein äußerst schwieriges Manöver —, was aber immer die Folge hatte, daß Onkel Mandt augenblicklich milder gestimmt wurde, wie kriegerisch die Laune auch war.
„Du willst doch gern, daß ich mich ein bißchen amüsiere, Onkelchen, nicht? lind gefeiert werde. Und tanze. Und ins Theater komme. Und alle so was. Nicht, Onkelchen?" sagte sie einschmeichelnd
„Ja doch, ja doch, Kart. Gey unv ranz, Mädel", brummte Onkel Mandt — und paffte weiter. „Amüsier dich, Mädel. Bloß nicht verloben, sag' ich dir. Mannsleute sind, sag' ich dir—na—" . . . paff »aff . . .
„Vielleicht ebenso übel wie Frauenzimmer, Onkelchen," lachte Anne Karine.
Kapitän Mandt grunzte.
„Nee nee, Kind. So haben wir nicht gewettet. Ader" — er nahm plötzlich die Pfeif« aus dem Mund und sah Kari wütend an. „Das sage ich dir, Himmelkreu-donnerwetterbomben- element, willst du auf Tod und Leben dem schlechten Beispiel deines intrikaten Geschlechtes folgen und dich verloben — dann nimm einen, den wir kennen. Der junge Kerl ist nicht so übel. Mehr sag' ich nicht. Wer hüte dich, Kart, vor diesem Schlinggewächs von Mannsperson, diesem Riechfläschchen, diesem hochnäsigen Diplomaten."
„Ach, du bist so dumm, so dumm, so dumm, altes liebes Onkelchen," sagte Anne Karine und zog ihn am Ohr.
Sie ruschte von seinem Knie herunter und ging nach oben, um die Kleider zu mustern, die
mit auf die Reise genommen werden sollten.
*
Sie salzen am runden Wohnstubentisch unter der Hängelampe, Anne Karine und die Generalin. Die Generalin saß zurückgelehnt — mit der Brille auf der Nase — und hielt die Zeitung weit von sich. Sie begleitete ihre Lektüre mit lauten kritischen Bemerkungen.
Anne Karine hatte die Zeitung flach vor sich ausgebreitet und stützt die Ellenbogen auf den Tisch, aber ihre Augen spazierten sehr häufig in Okars Rauchzimmer hinüber, wo dieser junge Mann zusammen mit den beiden Komtessen Wind und Advokat Remer dem unvermeidlichen Bridge huldigte.
Es war Sonntag nachmittag.
Anne Karine war den Abend zuvor angekommen. Die Generalin hätte dielen ersten Tag
gern amuiamer für lyren lungen Gast gestaltet, aber es traf sich so ungünstig, daß die Komtessen sich gerade an dem Tage pflichtschuldigst zum Abschiedsbesuch bei Tante Rosa angemeldet hatten. Und Tante Rosa mußte ebenfalls pflichtschuldigst sagen lassen, die Damen seien herzlich willkommen.
Und da — wie Tante Rosa behauptet« — die einzige Form des Verkehr- jetzt in Bridgespielen und Langsamwalzer bestand, welchen Alters die Gesellschaft auch war, so wurde also Bridge draus. Trotz Advokat Remers eifrigem Protest.
Remer hatte sich so gesetzt, daß er ins Wohnzimmer hineinsehen konnte. Er spielte zerstreut und kriegte Schelte von seinem Partner — der jüngsten und spitzesten der beiden Komtessen.
Aber es traf sich so, daß jedesmal, wenn die braunen Augen des Advokaten die Karten verließen und sich verirrten, Anne Karines grüne blitzschnell in die Zeitung hinuntertauchten. Waren die Augen des Advokaten, wo sie bridgegemäß sein sollten, — dann guckte Anne Karine ins Rauchzimmer.
Die Generalin ließ die Zeitung sinken, lok- kerte erst die eine Brillenstange, dann die andere, legte die Brille sorgfältig zusammen und schob sie in ein schäbiges schwarzes Lederfutteral.
„Jetzt will ich mal rausbringen, ob sie sich eigentlich was aus Nils macht," sagte sie.
Anne Karine fing an zu lachen.
„Ich mag Nils sehr gern ," sagte sie.
„Du errätst meine Gedanken, Kind. Ich dachte wirklich gerade an Nils," sagte die Generalin überrascht.
„Ja. Gedankenlesen versteh' ich ziemlich gut — manchmal," lachte Anne Karine.
" Weiter kam die Generalm mit ihrem Examen nicht.
Das Mädchen bat zu Tisch, und man ging ins Eßzimmer.
„Nicht wahr, Fräulein Torvin, Herr Mosens war ein vortrefflicher Cicerone in der
Kunstausstellung heule vormittag?" sragre oe» Advokat. „Cr soll von Kunst besonder- viel verstehen — von Kunst in jeder Form."
„Fragen Sie lieber die Brama, die Komtessen. Für die war Herr Mogens Cicerone," sagte Anne Karine schnippisch und schob dar Näschen in die Lust. „Ich ging die ganze Zeit für mich allein."
Advokat Remers Augen wurden ungeheuer freundlich.
„Natürlich, weil Herr Mögen- meinte, Si« könnten auf eigne Faust besser fertig werden — Sie als Eingeborene. Ausschließlich darum."
Otar Mogens wurde rot. Advokat Reiner» freundliche Augen, — die kannte er.
„Die Komtessen malen selbst," erklärte er entschuldigeich zu Anne Karine hinüber. Er war sich wohl bewußt, daß er sie vernachlässigt hatte. .Außerdem schien es mir wirklich, al» ob gnädiges Fräulein vorzögen, unabhängig von uns zu sein und ihrem eignen Geschmack zu huldigen.
„Ja, ich mache mir wehr aus solchen Bildern, die ich kapieren kann, ohne ins and« Zimmer zu gehen und die Augen zusammenzukneifen," sagte Anne Karine kriegerisch. Uebri- gens", sie wandte sich an Advokat Remer, „eia paar furchtbar drollige waren da. Erst sah er aus, als ob lauter bunte Würmer drauf herumkrabbelten. Aber wenn man länger hinsah. dann wurden Menschen und Häuser und Bäum« draus. Das war spannend. Gerade wie di« Vexierbilder: „Wo ist der Hase?" auf der letzten Seite der Gartenlaube."
Otar lächelte nachsichtig zu den Komtessen hinüber.
In Anne Karines Gesicht flammte es auf.
„llebrigens war es sehr nett da. Ich unterhielt mich lange mit der alten Dame, die Si« grüßte, Herr Mogens, die, bei der Sie taten, als sähen Sie es nicht," antwortete sie und fixierte ihr Opfer.
Fortsetzung kokst.