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Nr. 110

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Amis- unä Anzeigeblatt für äen vberamtsbezirk (alw

Freitag, den 13. Mai 1932

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Jahrgang 105

Stürmischer Ausklang iin Reichstag

Das Haus nach Abbruch der Schlußsitzung auf unbestimmte Zeit vertagt 30 Stimmenmehrheit für das Kabinett Brüning

Berlin» 13. Mai. Der Reichstag nahm a», Donners­tag nach etwa einstündiger Aussprache zunächst -en Gesetz­entwurf über die Rechtsstellung der weiblichen Beamten in zweiter und dritter Lesung mit der notwen­digen Zweidrittelmehrheit gegen die Stimmen der Kommu­nisten an. Bei der weiteren Abstimmung über das Schul­dentilgungsgesetz wurde zunächst der 8 8, der die Kreditcrmächtigung enthält, in namentlicher Abstimmung mit 283 gegen 256 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Darauf wurde das ganze Gesetz in namentlicher Abstim­mung mit 287 gegen 266 Stimmen angenommen.

Unmittelbar, nachdem Rcichstagspräsident Lobe das Er­gebnis -er Abstimmung über das Schuldentilgungsgesetz bekannt gegeben hatte, ereignete sich ein Zwischenfall, der zur Unterbrechung der Sitzung führte. Präsident Löbc teilte mit, dass ein als Gast anwesender Journalist lehema­liger Nationalsozialist) im Reichstagsrcstanrant von Abge­ordneten und Nichtabgeordneten überfallen und ge­schlagen worden sei. Er habe Anweisung gegeben, daß die Kriminalpolizei die zu ermittelnden Täter, ganz gleich, ob sie dem Hanse augchören oder nicht, sestnehme. Bei die­ser Mitteilung entstand im ganzen Hause größte Unruhe, die dem Präsidenten Veranlassung gab, die Sitzung für eine halbe Stunde zu unterbrechen.

Nach dreivicrtelstünbiger Unterbrechung wurde die Reichs- tagssitznng wieder eröffnet. Präsident Lobe teilte mit, daß die Vorkommnisse, die bedauerlicherweise zur Unterbrechung der Sitzung geführt hätten, Gegenstand einer Beratung im Aeltcstenrat gewesen seien. Der Aeltestcnrat habe fick) dahin geeinigt, daß die an dem Zwischenfall Beteiligten im Reichs- tagsgebände zur Feststellung des Tatbestandes vernommen »verden sollten. Angesichts der erregten Stimmung im Saale bat der Präsident die Abgeordneten, Sie Ruhe zu be­wahren, daß die Verhandlungen fortgesetzt werden könnten.

Daraus nahmen die Abstimmungen ihren Fortgang. Die Mißtrauensanträge gegen das Reichskabinett wurden mit 287 gegen 257 Stimmen abgelehnt. Nach Ablehnung der Mißtrauensanträge beantragten die Sozialdemokraten eins einstündige Unterbrechung der Reichstagssitzung, damit die Fraktionen zn dein Vorgang in» Reichstagsrcstanrant Stel­lung nehmen könnten. Der Antrag wurde angenommen.

Die Prügelei im Reichstagsrcstanrant

Nach den vorläufigen Erinitttuiigen entstand die Prü­gelei in» Reichstagsrestaurant. Dort saß der Jorunalist Dr. Helmut Klotz, der früher den Nationalsozialisten nahe stand und jetzt sich als Redner in Kreisen des Reichsban­ners betätigt. Klotz ist der Verfasser einer Broschüre über eine Reihe führender Nationalsozialisten ,nnter anderem über den .Hauptmann Rühm. Klotz soll im Reichstagsrestau- rant im Verlauf von Auseinandersetzungen von einigen Nationalsozialisten tätlich angegriffen worden sein. Kellner und Abgeordnete drängten die Nationalsozialisten aus dem Restaurant hinaus. Klotz ging dann in die Wan­delgänge und wollte in den Umgängen auf der Rechten die Täter feststellen. Hierbei kam es erneut zwischen ihm und Nationalsozialisten zu Auseinandersetzungen, die damit en­deten, daß Klotz gewaltsam aus den Umgängen gedrängt wurde. Auch in der Präsidentenvorhalle soll Klotz erneut angegriffen worden sein.

Polizei erscheint iin Reichstag!

Bei Wiedereröffnung der Sitzung teilte Präsident Locbe mit, Saß er seine Strafbefugnisse der Polizei übertragen habe und alle Maßnahmen habe treffen lassen, um eine Verdunkelung zu verhüten. Nach Sen Er­mittlungen seien die nationalsozialistischen Abgeordneten Heines, Weitzel, Steg mann und Krause «Ost­preußen) an den Straftaten beteiligt gewesen. Er schließe diese Abgeordneten wegen gröblicher Verletzung der Ord­nung des Hauses für 30 Tage von den Sitzungen des Reichstages aus. (Beifall bei den Soz.) Der Aufforderung, den Saal zu verlassen, kommen die gemaßregclten Abge­ordneten nicht nach. Darauf erklärt Präsident Locbe die Sitzung für unterbräche»». Er werde Mitteilen, aus wann er die nächste Sitzung des Reichstages einbernfe.

Nach Aufhebung der Ncichstagssitzung kam es an» den Tribünen zu Kundgebungen. Die Tribünen wurden daranf- hin geräumt. Im Saal herrschte eine außerordentliche Er­regung. Plötzlich erschienen durch den für die Minister be­stimmten Eingang etwa 20 uniformierte Polizei­beamte im Saal. Sie sprangen über die Ministerbänke hinweg in die Reihen der Nationalsozialisten. Auch der Polizeivizepräsident erschien und gab seinen Beamten An­weisung, die vier ausgeivicsencn National­sozialisten abzn führen. Unter unbeschreiblicher

Erregung verließen dann die Polizcibeamten mit den sest- genommenen Nationalsozialisten den Sitzungssaal.

Auch die Sitzung -es Auswärtigen Ausschusses anfgeflogen Die für Donnerstag nachmittag anberaumte Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Reichstags, in der Reichskanz­ler Brüning über den Stand der wichtigsten außenpoliti­schen Fragen Auskunft geben wollte, mußte aufgehoben »verden, da nur die Nationalsozialisten, die Deutschnatio­nalen und die Kommunisten erschienen waren, der Ausschuß also beschlußunfähig war.

Die ««erledigten Anträge im Reichstag.

Der unerwartete Abbruch der Donnerstagsfitzung des Reichstags hat zur Folge gehabt, daß ein« Reih« von Miß- trauensanträgcn gegen einzelne Minister nicht mehr zur Abstimmung gebracht »verden konnten. Die nichterledigten Mißtrauensanträge bleiben bis auf weiteres liegen.

Groener tritt als Reichswehrminister zurück

TN Berlin, 18. Mai. Reichswehrminifter Groener hat -en Reichskanzler und -e« Reichspräsidenten gebeten, ihm sei» Amt als Reichswehrminifter abznnehmen und ihm ausschließlich - Reichsministerinm -es Innern z« über­tragen.

Ueber die Gründe, die Minister Groener zu diesem Ent­schluß bewogen haben, wird folgendes mitgeteilt: Er sähe die im Oktober 1081 übertragene Ausgabe, die Reichsautori­tät durch Zusammenfassung aller Machtmittel -eS Reiches in -er besonders schwierigen Zeit des Winters zu sichern als erfüllt an. Di« weitere Leitung beider Ministerien werde seine Kräfte übermäßig in Anspruch nehmen. Außer­dem sei die gleichzeitige Verwaltung eines ausgesprochen politischen Ministeriums wie des Reichsministeriums -es Innern durch -en Reichsweh »Minister mit dem unpoliti­schen und überparteilichen Charakter -er Reichswehr auf die Dauer nicht zu vereinbaren. Da er im Reichsinnenministe- rjum «ine Reihe vo« Ausgaben in Angriff genommen habe, an deren Durchführung ihn» besonders lieg«, »volle er in der Lag« sein, seine ganze Arbeitskraft in Zuknnst diesem Ministerium zn widmen.

Amtlich wirb mitgeteilt: In der Press« wird behauptet, daß dem Gesuch des Reichsministers Groener um Ent­hebung von seinem Amt als Reichswehrminifter ein Schritt der Chefs der Heeres- und Marineleitung voransgegangen sei. Hierzu wird erklärt, daß diese Behauptung unwahr ist und nicht den Tatsachen entspricht. Wie die DAZ. erfährt, wirb Admiral Raeder voraussichtlich komis -

TU. Schneidemühl, 13. Mai. Wie die hiesigen Grenz­zeitungen berichten, sind im Weichselkorridor bedeut­same militärische Vorbereitungen im Gange, die zu außerordentlichen Besorgnissen unter der Bevölke­rung in -en deutschen Grenzgebieten Anlaß geben. Die pol­nischen militärischen Verbände, die SokolS, ferner die Groß­macht-Liga, die Legionsverbänüe und die Verbände zur mili­tärischen Vorbereitung Ser Jugend waren bisher nur mit Handfeuerwaffen älterer Systeme gerüstet. Jetzt ist man dazu übergegangen, die Bewaffnung dieser Verbände durch neueste Modelle aus Heeresbcständen z« ergänzen und sie mit den modernsten Kampswassen auszurüsten. So sind ihnen Tanks, schwere Maschinengewehre, Minenwerfer, Flammenwerfer und Geschütze überwiesen worden. Die Ausbildung der Angehörigen der militärischen Verbände »virb in großer Zahl durch aktive Offiziere und Unter- offiziere vorgenommcn. In Thorn, Graudenz und Kulm ist die Bewaffnung des Zivils besonders auffallend.

In den Stäöten und auf den Truppenübungsplätzen herrscht reges militärisches Leben. Außer den neu eingezogencn Rekruten sollen nach den vorliegenden Nach­richten auch zahlreiche Freiwillige militärisch ausgel-ildet werden. Wie dazu bekannt wird, ist iw Korridor d,e Aufstellung einer Reservearmee in vollem Gange. Es soll die Schaffung einer Reservearmee im Bezirk Ser 4., 1b. und 16. Division vorgenommeu werden. Die Wehrverbände sollen als Teil der Reservearmee ver- wendnngsbereit gemacht und dem 8. Armeekorps angeglie- dert werden.

Tages-Spiegel

Im Reichstag ereigneten sich gestern ungeheure Tnmult- szenen. Die Schlußsitzung mußte abgebrochen «nd das Hans aus unbestimmte Zeit vertagt werden. Dem Sahinett Brüning wnrde das Bertranen mit einer Mehrheft »an 3« Stimmen ansgesproche«.

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Reichsminifter Groener ist als Reichswehrminifter znrück- getrete«. Das Reichsinnenministerium will er bei behalten.

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Der Reichspräsident hat sich gestern, nachdem er «och eine« Bortrag des Reichskanzlers entgegcngenommen hatte, in Urlaub anf sein Gut Nendeck in Ostpreußen begeben.

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Bon -er deutschen Ostgrenze kommen besorgniserregende Nachrichten. Polen stellt eine Reservearmee im Weichsel­korridor ans und hat den militärischen Bereinigungen Tanks, Maschinengewehre und Geschütze zngcwiesen.

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Das englische Kabinett befaßte sich gestern mit der Tribni- frage und der Lausanner Konferenz. Es erscheint neuer­dings fraglich, ob Macdonald an der Konferenz teilnehmen kann.

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Der französische Präsident Donmer ist gestern in feierlichem Staatsbegräbnis beigesetzt worden. Die gesamte Pariser Garnison war zur Leichenparade zngezogen.

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D«S geraubte Sind des amerikanische« Obersten Lindbergh ist jetzt in der Nähe des elterliche« Wohnhauses tot ans- gesnnde« worden. Der Tod mnß dnrch Schädelbrnch ein- getreien sei».

sa risch mit der Wahrnehmung der Geschäfte -es Reichs­wehrministers betrant werden.

Die Entscheidung des Reichspräsidenten steht noch ans

Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wirb, ist über die Nachfrage des Reichswehrministers Groener noch keine Ent­scheidung gefallen. Es ist auch noch nicht sicher, wann der Reichspräsident v. Hin den bürg, der am Donnerstag abend Berlin zu einem kurzen Pfingsturlaub, -en er in Neudeck verbringen wird, verlaßen hat, seine Entscheidung fällen wird. In unterrichteten Kreisen hält man es für sicher, daß Groener zum Innenminister ernannt wird. Auch der Kanzler legt offenbar entscheidenden Wert darauf, daß dieses Ministerium nicht verwaist. Die Frage einer all­gemeinen Kabinettsumbildung oder -Erweite­rung hingegen dürfte erst im Zusammenhang mit de» Ver­handlungen über die Bildung der Preuhenregierung geklärt werden.

Um die Verlängerung des französisch-panische» Militär­abkommens.

Bekanntlich finden in Paris seit einiger Zeit streng ge- Heime französisch-polnische Verhandlungen über die Ber- längernng des am 27. Juni d. I. ablausenden Mtlitärab- kommens statt. Die ursprüngliche Annahme, daß diese Behandlungen rasch und ohne Schwierigkeiten verlaufen würden, hat sich nicht bestätigt. Jetzt taucht von gewisser Seite das sehr bestimmt« aber trotzdem mit Vorsicht aufzu­nehmende Gerücht auf, daß der französische Generalstab ge­gen die Verlängerung des unveränderten Vertrages Ein- Wendungen erhebe und eine neue, in einzelnen Punkten ab- geändertc Fassung anstrebe. Angeblich wolle -er franzö­sische Generalstab nicht mehr so weit gehende Ver­pflichtungen übernehmen wie bisher, während Polen alles daran setze, das alte Abkommen durchzubringen. In­wieweit diese Nachricht zntrifft,inß natürlich dahingestellt bleiben. _

Bedrohliche Laqe in der Mandschurei

TU. Nanking, 13. Mai. Während die chinesische Regie­rung die Nachricht von der Zurückziehung der japanischen Truppen aus Schanghai mit Befriedigung ausgenommen hat, beurteilt sie die Lage in der Mandschurei sehr ernst. Die Haltung der japanischen Behörden und Truppen in der Gegend von Schanhaikrvan, an der chinesisch-mandschu­rischen Grenze, sei äußerst gefährlich. ES sei damit zu rechnen, baß die Japaner Schanhaikwan besetzen. Marschall Tschanghsueliang zieht daher, wie verlautet, starke Truppen­abteilungen zusammen, um jedem Angriff der Japaner auf Schanghaikwan Widerstand zu leisten.

Drohende Gefahren im deutschen Osten

Polen stellt eine Reservearmee im Weichselkorridor auf Tanks und Geschütze für Militärverbände