Aus Stadt und Land

Calw, den 9. Mai 1932.

Frithjahrskouzert des Calwer Liederkranzes Aaswahl und Zusammenstellung der Darbietungen des Ealioer Liederkranzes für seine schönen Konzerte lassen im­mer sinnvolle und ernste Grundgedanken erkennen. Das gibt den Veranstaltungen ein einheitliches, feinsinniges Gepräge, fatzt auch stilistisch auseinandcrliegende Kompositionen zu­sammen und betont den Willen des Vereins, deutschem Lied und deutschem Wesen in echt heimatlichein Empfinden zu huldigen. Der erste Teil des am letzten Samstag imBad. Hof" veranstalteten heurigen FrühjahrSlonzerts des Lieder­kranzes ivar dem Gedenken Johann Wolfgang Goethes ge­weiht. Das Bundcslied in der Vertonung C. Fr. Zelters, eines Zeitgenossen und Freundes des großen Dichters (sein Todestag fährt sich in diesem Monat zum hundertsten Male), leitete, vom Chor frisch gesungen, eine Reihe von Darbietun­gen zart gestimmter, weich aufblühenöer Chorlyrik ein. Das SchubertlicdAn den Mond", mit warmer Empfindung wtedergegeben, vermittelte den romantischen Klangzauber, den der Klassiker des deutschen Männerliedes hier in wun­derbarer Feinheit entfaltet hat. Aus den folgenden Ver­tonungen desHeidenröslein" undüber allen Wipfeln ist Ruh" von Werner und Kuhlan sprach eine ganz andere, neuere Zeitepoche. Der Chor wurde ihr dank seiner durch fleißige Probenarbeit gepflegten und ausdrucksvollen Singc- fertigkeit in schönster Weise gerecht. Musikdirektor Schrafft und sein Chor durften nach jedem Liebe herzlichen Beifall entgegennehmen. An künstlerischem Gehalt gewann bas Kon­zert durch solisttsche Darbietungen der jungen Sängerin Frl. Lore Fischer-Stuttgart und der einheimischen Pianistin Frl. Hedwig Dieterich. In zwei Mignon-Liedern von Schubert, Hugo WolfsBlumengruß" und demVeilchen" in der Mozartschen Vertonung bestätigte die durch ihre Mit­wirkung in einem Calwer Kirchenkonzert bereits bestens bekannte Sängerin ihr sicheres Können. Mit eindringlicher Musikalität stellte sie ihre schöne, viel versprechende Alt­stimme in den Dienst eines verinnerlichten Vortrages. Als Einlage brachte sie, mit sicherer Einfühlsamkeit vorgetragen, ein von Musikdirektor F. Sch rafft vertontes Wiegenlied zu Gehör. Am Flügel begleitete Frl. Hedwig Dieterich sorgsam mitempfindend, zurückhaltend und in ungetrübter Gemeinsamkeit mit der Solistin. In zwei Fantasiestücken be­titelter Musik von Robert Schumann und Sem Vortrag eines Intermezzo von I. Brahms bewies die junge Künst­lerin dann erneut ihr sehr beachtliches Klaviertalent. Bet Schumann gefiel besonders die Straffung des Tempos und ein feines, bestimmt eingesetztes Klanggefühl. Der zweite Teil des Konzertes galt dem deutschen Vaterland. Dem Männerchor war hier mit der Aufführung zweier größerer Chorwerke von Hugo Kaun eine bedeutende Aufgabe ge­stellt, -te er unter der anfeuernden Leitung seines Chor­meisters vortrefflich zu lösen vermochte. Kauns «Heimat­gebet", ein einfach und in wuchtigen Steigerungen gesetzter Chor mit Altsolo (die Baritonpartie hatte man gestrichen) gab dem ganzen Konzert eine echt heimatliche vaterländische Bedeutung. Die Wiedergabe dieses Chorwerkes gehörte vor allem hinsichtlich des Aufbaus der Steigerungen zu den besten Leistungen des Abends. Frl. Fischer sang die Solopartie mit viel Ausdruck unter voller Entfaltung ihrer Stimmittel und zeigte sich ebenso auch in KannsLieb des Glöckners", welches für die Solistin weit dankbarer ist, ihrer Aufgabe voll gewachsen. In diesem letzteren Chorwerk tritt die neu­zeitlich und persönlich eingestellte meisterliche Satztechnik Kauns besonders stark zutage. Schade, daß man hierbei aus zwingenden Gründen auf ein Orchester und den überaus wirkungsvollenCantus firmus" des Knabenchors verzich­ten mußte,' der Eindruck, der ohnehin ein tiefgehender war, hätte sich hierdurch noch steigern lassen. Der Cor zeigte große Disziplin und eine schöne Geschlossenheit der Stinrmgruppen, Eigenschaften, die auch in KehldorfersHab Sonne im Her­

zen", einem Liede, das durch straffen Rhythmus und schwie­rige Einsätze sein Gepräge erhält, sehr vorteilhaft in Er­scheinung traten. Nicht unerwähnt bleibe die Leistung von Frl. Hedwig Dicterich am Flügel während des Vortrags der Kaunschen Chorwerke,' sie spielte den Jnstrumentalpart mit kraftvollem, auf große Klangsubstanz gerichtetem Vor­tragsstil in sehr verdienter Weise. Von Frl. Lore Fischer hörte man im zweiten Teil des Konzertes noch einige Lieder von Franz, Brahms und als ZugabeZueignung" von Rich. Straub, eine feine Licderfolge, die dem Geschmackssinn der Künstlerin das beste Zeugnis ausstelltc. Vertieften sich schon bei den Vrahmsliedern in Klang und Ausdruck die Stim- mnngsgehaltc, so wuchs bei der Stranßschen Vertonung die Wiedergabe zu großer Reife heran. Begeisterter Beifall dankte de» beiden Künstlerinnen, dem stattlichen singfreiiöi- gen Chor und seinem tüchtigen Führer immer wieder für das hervorragend durchgeführte Koirzert, mit dessen Ver­anstaltung der Liedcrkranz seine Stellung innerhalb des Calwer Musiklebens aufs neue in unvermindertem Hoch­stand behauptet hat.

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und in das Paket ein Doppel der Aufschrift gelegt werden. In den Päckchen sind etwaige Hohlräume mit Holzwolle usw. auszufüllen, damit die Sendungen bei der Beförderung in Säcken und beim Stapeln nicht eingedrückt werden. Sie^ müssen deutlich alsBriefpäckchen" oderPäckchen" gekenn­zeichnet sein.

Nanuk, der Eskimo"

Es ist den Bemühungen der Schwäb. Bilderbtthne gelungen, diesen schönsten aller Kulturfilme, der wiederholt als vernichtet gemeldet wurde, wieder für Württemberg zu erwerben. Der Film ist im äußersten Norden von Kanada ausgenommen, jenseits der Baumgrenze im weiten Esktmo- gebiet, wo der Sommer nur kurze Wochen dauert, der Win­ter aber mit fürchterlicher Macht und Kälte die Herrschaft führt; er ist das ergreifendste Dokument vom Kampf des Menschen ums Dasein, ein bewundernswürdiges Beispiel von Lcbenscnergic und Mut. Der Film wird heute abend in Bad Lieben zell als Ncuansführung der Schwäb. Bil- dcrbühnc vorgeführt. Näheres siehe im heutigen Anzeigen­teil.

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Der traditionelle Maiansslug nach dem Frühjahrs­konzert des CalwerLiederkranzeö wurde auch Heuer trotz des wenig erfreulichen Wetters durchgeführt. Gestern früh sammelte sich am Badischen Hof ein munteres Völkleiu treuer Liederkränzler beiderlei Geschlechts, die unter der Führung ihres 2. Vorstandes, Stadtpsleger Frey, gar bald in Wandcrstimmung kamen. Die kühle Morgensrische, bas fröhliche Jubilieren der gefiederten Sänger, das saftige Grün an den Berghängcn, der farbige Blttteirschmuck auf der Höhe gegen Spindlershof, kurz: bas Erwachen der Natur erfüllte die Herzen der SonntagSwandcrer. Nachdem die Zeppelinforche erreicht war, gings tn Richtung nach dem Schweinbachtal, das durch seine Reize in allen Jahreszeiten Len Naturfreund immer wieder zum Verweilen einlädt. Bald grüßte Hirsau in sonntäglichem Gewand, das Ziel des FamilicnauSfluges war erreicht. Bei Mitglied Bilharz zum Nößle" wurde Einkehr gehalten; Keller und Küche dieses Hauses sorgten für restlose Erfüllung aller Wünsche. Die kleinen und auch die großenKinder" setzten das historisch gewordene Karussell im Garten in Bewegung, gemeinschaft­liche Gesänge brachten den inzwisHen zu einer großen Fa­milie angewachsencn Maiausflüglern angenehme Abwechs­lung. Spät aber doch noch rechtzeitig erschien der beliebte Chormeister in Gesellschaft der am Samstagabend noch lange gefeierten beiden Solistinnen. Rasch sammelte Herr Musik­direktor Sch rafft seine Sänger zum Vortrag einiger Chöre um sich. Einen schönen Abschluß des Familienaus- flnges bildeten zwei Lieder, gesungen von Fräulein Lore Fischer» die mit ihrer Begleiterin Fräulein Hedwig Dieterich, herzlichen Beifall erntete. Inzwischen sandte die Maiensonne ihre erwärmenden Strahlen, so daß der Rückmarsch sich noch sehr angenehm gestaltete.

Die Geltungsdauer der Pfingstrtickfahrkarten

Wir wiesen bereits darauf hin, baß diesmal die Pfingstrückfahrkarten der Reichsbahn ebenso wie die Arbeiterrückfahrkarten länger gelten. Da man, ivie mit- getetlt, annimmt, baß auch am Dienstag nach Pfingsten nicht überall voll gearbeitet wirb, gelten die Karten auch noch an diesem Dienstag, den 17. Mai, und zwar muß die Fahrt bis nachts zwölf Uhr beendet sein. Die Pfingstkarten können also eine volle Woche benützt werden, nämlich vom Mitt­woch, den 11. bis Dienstag, den 17. Mat.

Psingstverkehr der Post.

Die Post bittet, zur Vermeidung von Anhäufungen und Verzögerungen die Pfingstpakete und -Päckchen möglichst frühzeitig aufzultefcrn. sie gut zu verpacken, die Aufschrift haltbar anzubringcn und den Bestimmungsort, soweit not­wendig unter näherer Bezeichnung seiner Lage, besonders groß und kräftig nieberzuschreibcn. Auf dem Paket und Päck­chen muß die vollständige Anschrift des Absenders angegeben

Nagold, 8. Mai. Der OrtSfürsorgevoranschlag für 1932 sieht an Einnahmen 21989 NM. vor und an Ausgaben 65 989 Reichsmark, so daß die Stadtkasse einen Zuschuß von 33199 Reichsmark anfzubringen hat; im Vorjahr 29 Ml RM. und im Jahr 1914 2899 Mark. Die Wintcrnothilsesammlnng hatte bis 18. März ds. Js. folgendes Ergebnis: An Bargeld gin­gen 2M9 RM. ein, die Naturalien und Kleidungsstücke sind ans mindestens 1999 NM. zu bewerten.

SCB. Stuttgart, 9. Mai. Durch Verordnung des Wirt­schaftsministers ist zur Regelung des Absatzes von Trink­milch im Berbrauchergebiet Tübingen eine Bereinigung mit dem NamenMilchwirtschaftlicher Zusammenschluß für das Verbranchcrgebiet Tübingen" genehmigt worden.

SCB. Stuttgart, 8. Mai. Kürzlich trafen sich hier eine große Anzahl stellenloser Junglehrer aus dem ganzen Lande zur Besprechung der derzeitigen Lage. Der Schi,labbau in diesem Frühjahr auf Volksschnlseite allein 219 Lehrstellen wurde als völlig ungerechtfertigt empfunden, zumal die Schülerzahl im ganzen sich um mehr als 18 999 vermehrt hat. In einer Entschließung, die von der Versammlung angenom­men wurde, verlangen die stellenlosen Junglehrer bezahlte Arbeit und Unterstützung von seiten des Staates.

SCB. Stuttgart, 8. Mai. Vor dem Wilhelmsbau fuhr am 6. Mai abends der Leuker eines Personenkraftwagens gegen die Halteinsel der Straßenbahn. Hierbei wurden zwei dort stehende Personen ang'efahren und zu Boden geworfen. Eine der beiden trug nicht unbedeutende innere Verletzun­gen davon, die die Verbringung in das Katharinenhospital erforderlich machten. Der Kraftwagcnsührcr, der betrunken war, wurde festgenominen.

wp. Heidenheim, 8. Mai. Gestern abend hat ein ohne Beleuchtung fahrender Radfahrer bei der Verbandstoffabrik, nachdem er zuerst mit der ihn begleitenden Radfahrerin zusammenstieb, 2 Frauen von hier angefahren. Der Rad­fahrer stürzte in den Graben, eine der beiden Frauen erlitt eine Gehirnerschütterung, die andere wurde im Gesicht ver­letzt. Der Radfahrer trägt allein die Schuld; auch er trug Verletzungen davon.

Geld-, Volks- und Landwirtschaft

Polnisches Moratorium für die Auslandsschulden? Wie diePolnia" aus Warschau berichtet, wird die polnische Re­gierung voraussichtlich noch vor Beginn der Laufanner Kon­ferenz an die Gläubigerstaaten herantreten und ein einjähri­ges Moratorium für die polnischen Auslandsschulden be­antragen. Insgesamt wurde die von Polen im Haushalts­jahr 1932-33 zur Verzinsung und Tilgung der Auslandsschul­den anfznbringcnde Summe auf 229 Millionen Zloty ver­anlagt, d. h. ein Siebentel der im ordentlichen Haushalts­plan veranschlagten Staatseinnahmen.

Anne Kanne Lorvm

Erzählung von Barbra Ring.

Einzige berechtigt« Uebersetzung aus dem No

wegischen von Cläre Gceverus Mioen. Copyright by Georg Müller u Albert Lange München 1930 29

Als Nils aufwachte, saß Tante Rosa v dem Spiegel und wölbte zwei dicke Arme, b kleidet mit einer rosenroten selbstgestrickten wr lenen Unterjacke über ihrem Kopf sie mach ihr Haar

Dabei schwatzte sie in eins weg.

Er solle zu Matthias kn die Lehre. Ja di solle er. Der Bengel habe sa keinen Schimm von der Landwirtschaft- Und dann soll er he raten. Und dann werde sie Großmutter vr einem kleinen schwarzlockigen Matthias. D Generalin lächelte.Ach ja. Der liebe Go führt alles zum besten." seufzte sie glücklili < 2 >e träumte, der kleine Matthias wäre sche da

.Morgen Tante, was tiftelst du denn d schon wieder aus?" fragte Nils mißtrauisch hin ter seinem Bettvorhang. Er bezweifelte nick daß derjenige, der keinen blassen Schimmer vo Landwirtschaft hätte, er selbst )ei.

.Morgen, mein Jung. Ich mache mei Haar" sagte Tante Rosa unschuldig.Wi hast du denn die erste Nacht in deinem neue Heim geschlafen?"

Proste Mahlzeit. Heim! Ich träumte, ic wär' wieder an Bord," sagte Nils schwer.

So. so schon gut, mein Jung." Tante Ro sa stand auf und plumpste auf Nils Beltrar,, nieder. Sie fing an. ihm mit den Fingen durchs Haar zu streichen.Guck dir's mit Hel ren Augen an. Ist immer eine Lichtseine an je der Sache Glrud' mir das. mein Jung. M pabe mir schon ausgedacht und will mit Advoka

Remer darüber sprechen, ob es nicht das beste ist, du kommst zu einem größeren Gutsbesitzer in die Lehre. Ich wollte mal anfragen bei . ."

Frau da is's Regenwasier. Dem sel'gen Herrn Pastor Hab ichs immer grab um dieselbe Zeit gebracht," unterbrach die Humpel-Lise sie. Sie wackelte herein mit einer dampfenden graugrünen Kanne mit erhabenen Kornähren darauf und einem Metalldeckel.

Nanu? Was denn? Schon auf. heiliger Bimbam! Da muß ich mal nach'm Kaffee gehn "

Und Humpel-Lisel verschwand mit unglaub­licher Eile.

Die Generalin lächelte warm.

.,Da sie dir mal deine neue Duzfreund:'» Life an. Ist sie nicht eine der Lichtseiten an Grim? Diese herzensgute Person?" fragte sie.

Nils lächelte auch Und als Lise wieder­kam mit dampfendem Kaffee und einem Berg frischgebackenem Stollen mit Klitschrand, fand Nils das Leben auf Grim schon etwas verlok- kender.

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Groß und rund seaelte der Mond über den Räsbyhüqel, wo die Tannen standen und die Arme zusammenklemmten und sich schmal mach­ten. schwer von Schnee.

Am Walorand standen die Iungbirken und spreizten die steifen Korallenfinger. Und dicht dabei lagen die Räsbyhäuser, lang und gelb mit schweren Hunden von Schnee und leuch­teten mit zwei Reihen Heller Fenster in den Winterabend hinaus.

Nah beim Haus kämpfte das Mvndlicht mit dem Schein aus den Fenstern. Weiter weg herrschte es allein.

Der ganze viereckige Hofplatz war ein Wald von Schlitten. Alle mit den Deichseln in die Lust, um besser Platz zu haben. Im Stall und in der Remise standen die Pferde, Kutscher gin­gen ab und zu mit ihren Laternen. Es war ei»

Wiehern and Mampfen wie aus emer Tier­schau.

Jedesmal wenn die große Flurtür aufging, floß ein breiter Lichtstreifcn über die Treppe hinab. Und Summen von Stimmen und Tanz­musik.

Es war Ball auf Räsby.

Im Herrenzimmer mit den roßhaargepol­sterten Möbeln, wo die Kartentische standen, war die Lust dick und grau von Tabaksqualm.

Gelächter und saftige Späße unterbrachen die Meldungen und das Klopfen der Karten auf den Tischen. Die Lichter blafften, und die Löffel klirrten in den Glühweingläsern der alten Herren.

Im neuen Saal ging der Tanz.

Klein und braun, mit grauem gelocktem Haar, stand der Wirt mit seinem feinen guten Lächeln in der Tür und unterhielt sich mit der Pastorin die heiß und rot aussah, als käme sie direkt aus der Küche. Sie antwortete zer­streut und warf ein Auge aus jede der beiden Türen.

Im Sofa zwischen den beiden Fenstern der Schmalwand hatte Kapitän Mandt seine wohl­beleibte Person untergebracht. Er saß zurück­gelehnt, das Kugelbäuchlein nach oben gekehrt und die Beine weit von sich gestreckt. Die Meer­schaumpfeife hatte er neben sich aufs Sofa ge­stellt. Anne Karine hatte ihn gebeten, im Tanz­saal nicht zu rauchen, aber sich ganz trennen von seiner Pfeife, das tat Onkel Mandt denn doch nicht.

Sein großes gutmütiges Gesicht mit der schiefen Nase leuchtete festlich rot. Er schlug sich auf die Schenkel, und jedesmal, wenn er was Komisches entdeckte, stieß er ein Gebrüll aus.

Im Schutze Kapitän Mandls ihr schma­les, weißes Händchen in seine Hände geschmiegt saß die Pflegetochter des Hauses, Sophie Bersin, in einem Lehnstuhl, mit einem Schal über den gelähmten Beinen. Ihr blondes

Köpfchen hatte sie vorgeveugr uno >ay >o oem Tanz zu, mit einem etwas wehen Ausdruck i» den ernsthaften Augen. Ad und zu ging ei» herbes Zucken um ihren Mund.

Kapitän Mandt sah es. Er drückte ihr di« zarten Finger, so behutsam er konnte-

Nicht betrübt sein. Piepmätzchen. Tanzen, siehst du. Kleine, das ist ein ganz ordinäre« Vergnügen. Dazu gehört weder Kopf noch Herz. Bloß ein paar hm . . . Was ich sagen wollt« sieh mal, es ist eben keine philosophische Be­schäftigung wie zum Beispiel das Bezique- spielen."

Bezique war Onkel Mandts und Sophie« stete Unterhaltung.

Aber zugucken. Kleines, das ist ein göttli­ches Divertissement. Alle Hagel! Guck mal der Benserud, Sophie. Guck doch, guck doch."

Und Onkel Mandt zeigte mit seinem dicken Zeigefinger direkt auf den steinen rundliche« Rechtsanwalt Benserud, der gerade mit einer der beiden Staksen vom Pfarrhof vorbeitanzte. Sie lag im Arm des Rechtsanwalts wie em weißlackierter Besenstiel. Und Sophie guckt« mit zwei sehr blanken Augen und hielt treulich Onkel Mandts rote, haarige Hand fest.

An den Wänden saßen schwarze Seiden­kleider mit nickenden Kopfputzen. Hier und dort ein Helles Töchterlein dazwischen eins der permanenten Mauerblümchen.

Einzelne puritanische schwarzwollene Kleider mit dazu gehörigem wassergekämmtem Haar und blankgescheuertem Gesicht zogen sich in sich zu­sammen und machten sich schmal, damit die Seidnen sich um so breiter machen könnten.

Unter den schmetternden Tönen des Dorf­orchesters wirbelten die Tanzenden herum. Et­liche Paare grabesernst, als übten sie eine schwere Pflicht aus andre munter hüpfend, ohne Schimmer von Taft oder Musik- Wieder an­dere kunstfertig und vorsichtig, in der deutliche» Absicht, sich vor den Zuschauern zuzeigen".

Fortsetzung folgt.