Wettere Ausdehnung des Kreuger-Skandals?

Eventng Standard" will aus zuverlässiger Quelle erfah­ren haben, das, die Untersuchung der Kreuger-Angelegenhett wahrscheinlich noch aufsehenerregende Enthüllungen über den Abschluß der Strcichholzmonopole Kreugers mit ver­schiedenen Staaten bringen werde. Es handle sich dabei um Prämienzahlungen Kreugers an einflußreiche Privatperso­nen die den Abschluß der Monopolvcrträge in den betrcffen- dcn Dtaatcn begünstigt haben sollen.

Die Naturkatastrophe an der Save Die Nachrichten aus dem Ueberschwemmungsgebiet der Tave lauten täglich ernster. DiePrawda" meldet, die Be­völkerung sei von einer Panik ergriffen. Alle Schilderungen aus den heimgesuchtcn Gegenden würden durch die Wirk­lichkeit noch in den Schatten gestellt. Die Save habe die Brücken bei Mitrowitza und Obronsvatz gesprengt. Beide Städte seien völlig überschwemmt worden. In Mitrowitza seien noch im Laufe der Nacht fünf Häuser eingestürzt. Das Wasser reiche stellenweise bis an die Dächer der Häuser­reihen.

Erdbebenkatastrophe bei Baku Eine Erdbebenkatastrophe bei der Insel Swinoi im Kaspischen Meer hat große Schäden angerichtet. Häuser und Leuchttürme wurden völlig zerstört. 8 Männer, 1 Fra» und 3 Kinder sind ums Leben gekommen.

Erdbeben in China.

Nach einem im chinesischen Innenministerium eingegange­nen Bericht ist die Stadt Matsching in der Provinz Hupeh von einem schweren Erdbeben heimgesucht worden. Der größte Teil der Stadt soll zerstört worden sein. Die Zahl der Todesopfer beträgt 51. Der Bürgermeister hat die chine­sische Regierung um Hilfe gebeten.

Nordargentinischer Vulkan erneut ausgcbrochen In der argentinischen Nordprovinz Salta ist der Vulkan Las Piedras, der bei den Ausbrüchen der vergangenen Woche ebenfalls beteiligt war, erneut in Tätigkeit getreten und wirft Steine und Asche aus. Die Aschenwolken haben einen gewaltigen Umfang angenommen und lagern über den argentinischen Provinzen Santa Fe, Corrientes, Entrc- rios, dex Republik Paraguay und verschiedenen brasiliani­schen Sttdstaatcn.

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Kurznachrichten aus aller Welt.

Eine unmittelbare Bildfunkverbindung wurde zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika er­öffnet. An dem Verkehr können, alle Orte in Deutschland und in Len Vereinigten Staaten teilnchmcn. DaS Berli­ner Philharmonische Orchester feierte sein OOjähriges Be­stehen mit einem Festakt. Der Reichspräsident hat aus die­sem Anlaß Dr. Wilhelm Fnrtwängler, dem die musikalische Leitung des Orchesters seit 10 Jahren obliegt, die goldene Goethemedaille verliehen. In Chemnitz, das über 330 000 Einwohner zählt, zehrt mehr als die Hälfte der Einwohner von der öffentlichen Wohlfahrt in irgend einer Form. Der städtische Haushalt schließt mit einem Fehlbetrag von rund 3 Millionen Mark. In Braunschwetg beschloß die Allge­meine Ortskrankcnkassc, die Beiträge auf 6 v H. zu erhöhen. Das Vermögen der Krankenkasse ist durch einen Rie'cnbau, der fast 10 Millionen Mark kostet, aufgcbraucht. Eine nette Ausschrcibungsbltttc ergab sich, als in Heidelberg die Ab- brpcharbeiten an der alten Post, der Oberrealschule und der zwei Häuser gegenüber dem Hof der Universität vergeben wurden, die mit der Vollendung der Neuen Universität ver­schwinden muffen. Das Minbestgcbct bcirug 16 000 Mark, das Höchstgebot 60 000 Mark. Der Unterschied beträgt also nicht weniger als 44 000 Mark. Die Stadt -Harburg ist durch die Übeln Abgase ihrer Industrieanlagen berüchtigt. Kürzlich wurden auf einem im dortigen Hafen liegenden Schiff durch Einatmen von Abgasen sieben Personen der Besatzung und ein Passagier unwohl. In Italien wird z. Zt. der Bau einer aus einem einzigen Bogen bestehen­den Ricscnbrücke geprüft, die die beiden Ufer der Meerenge von Messina zwischen Canzini und Pezzo verbinden würde. Der Bogen der Brücke soll eine Spannweite von 2000 Me­tern haben, um allen Schiffen Durchgang zu gewähren. In einer Munitionsfabrik in Kasan explodierte beim Um- laöen eine große Menge von Gasgranaten. Das ansströ- mcnbe Gas verbreitete sich über das ganze Werk. 12 Arbei­ter sind gestorben. 50 schweben noch in Lebensgefahr Die Fliegerin Marga von Etzdorfs ist in Bangkok verunglückt. Ihr FlugzeugKiek in die Welt" ist völlig zertrümmert. Die Fliegerin selbst hat Verstauchungen und Schürfungen erlitten, die aber nicht gefährlich sind. Marga von Etzdorfs wollte nach Deutschland zurückfliegcn.

Würtlembergischer Landtag

Landtagsansrage wegen des SA.-Berbots Der Abg. Dr. Hölscher (DN.) hat im Landtag folgende Kleine Anfrage eingcbracht: Der sozialdemokratische preu­ßische Innenminister Severing behauptet, daß die Ländcr- rcgierungcn mit seinem Vorgehen gegen die Nationalsozia­listen einverstanden seien. Ich frage das Staatsministerium: Trifft diese Behauptung auch für die württ. Negierung zu und welche Tatsachen haben zutreffendenfalls die württ. Ne­gierung zu einer solchen Stellungnahme veranlaßt?

Ei« Sparausschuß prüft den württ. Etat In einer dcutschnationalen Versammlung am Sonntag in Gaildorf erklärte Finanzministcr Dr Dehlinger zu den Etatschwierigkeitcn: Die Deckung des Abmangels bleibt die wichtigste Aufgabe der Staatspolitik. Unterläßt man diese Aufgabe, so treibt man Bankerottpolitik und verfällt der Gnade des Reiches. Man muß hart sein gegenüber allen Einzclwünschcn, sonst bleibt der Staat nicht gesund und kann nicht dort eingrcifen, ivo besondere Not zu heilen ist. Wir haben trotzdem noch mit einem Abmangel von 1718 Mtl- lionen zu rechnen. Durch 2 Postabfindungszahlungen kün- nen hievoi, 8 Millionen gedeckt werben. Ein neuer Spar- wird hon Etat nach neuen Sparmöglichkeiten durch- l')8l wird man vielleicht noch durchkommen, für " werden noch 6-7 Millionen fehlen.

Aus Württemberg

Z«r Reichspräsidentcnwahl.

Der Kreiswahlausschuß des 31. Wahlkreises Württem­berg (mit Regierungsbezirk Sigmaringenj hat das Ergebnis des 2. Wahlgangs der Reichspräsidcntenwahl am 10. April 1832 endgültig wie folgt festgestellt:

1. Gesamtzahl der Stimmberechtigten (abzüglich derer.

die einen Stimmschein erhalten haben) 1785 057

2. Zahl der abgegebenen Stimmscheine 27 473

3. Zahl der abgegebenen ungültigen Stimmen 5178

4. Zahl der abgegebenen gültigen Stimmen 1422 731

Gültige Stimmen entfielen auf:

1. Paul v. Hindenburg, Reichspräsident, Gene­ralfeldmarschall, Berlin 897 912

2. Adolf Hitler, Negicrungsrat im braunschwei­gischen Staatsdienst. München 416 621

3. Ernst Thälmann, Transportarbeiter, Ham­burg 108 078

Zersplittert 220

Der Württ. Mittelstanbsbnnd für Handel und Gewerbe e. B. hielt in Stuttgart seine diesjährige Hauptversammlung ab. Nach Erstattung des Kassen- und Geschäftsberichts nahm die Versammlung einstimmig eine Entschließung an, in der cs u. a. heißt: Nach wie vor fordern die Angehrötgen des selbständigen Handel- und gewerbetreibenden Mittelstandes zu dem seither Errichten: a) Die Streichung des Paragraph 1 Ziffer 2 der Bestimmungen betr. die Regelung des Zugabe- wcsens; b) die Erweiterung des Verbots der Errichtung von Einheitspreisgeschäften auf alle Städte, auch auf solche mit weniger als 100 000 Einwohner,- c) die Einführung einer Son­dersteuer für Warenhäuser und Großfilialgeschäfte.- d) die Beseitigung aller steuerlichen Begünstigungen der Konsum­vereine. Eine Konzessivnierung für Warenhäuser und Filial- geschüfte genüge nicht, sondern mir eine wirksame Sonder­besteuerung könne wirklichen Schutz gewähren. Den Kon­sumvereinen müsse die Bewilligung von Reichsmttteln zur Stützung grundsätzlich verioeigert werden.

Aus Stadl und Land

Calw, den 19. April 1932.

Ständchen zum 75. Geburtstag

Wie bereits gestern an dieser Stelle mitgeteilt wurde, begeht heute Herr Obcrpräzeptor a. D. Baeuchle seinen 76. Geburtstag. Der Caliver Licderkranz sah es aus diesem Anlaß als vornehme Pflicht an, seinem verehrten Ehrenvorsitzenden am Vorabend des Jubcltagcs ein Ständ­chen zu bringen. Unter Stabführung seines Ehrendirigenten Rektor Beutel sang der Liedcrkranz 3 tchöne Männer­chöre über Heimat und Vaterland, worauf Vorstand Köh­ler die Glückwünsche des Vereins in herzlichen Worten zum Ausdruck brachte. Herr Köhler würdigte hierbei die großen Verdienste, die sich Oberpräzeptor Baeuchle beson­ders während seiner 25jährigen Tätigkeit als Vereinsvor- stanb erwarb und freute sich, daß der Jubilar neben seiner vielseitigen Arbeit stets Zeit gefunden habe, das deutsche Lied zu pflegen. Nach den Schlußworten des Vorstands, in welchen er dem Jubilar auch fernerhin beste Gesundheit wünschte, dankte letzterer in längerer Rede für die ihm zu­teil gewordene Ehrung und die anerkennenden Worte des Vorstands. Er führte u. a. aus, daß er gerade Heuer 50 Jahre in der Stadt Calw und iw August ds. Js. ebenso­lange mit dem Calwer Liederkranz verbunden sei. Vom Jahre 1887 an hat Herr Obcrpräzeptor Baeuchle als Mit­begründer des Liederkranzes X Jahrhundert lang die Ge­schicke desselben geleitet. In begeisternden Ausführungen ging der Jubilar sodann noch auf die Pflege des deutschen Liedes, die der Liederkranz auf seme Fahne geschrieben habe, ein und freute sich, daß der Verein auch in heutiger Notzeit, wie schon bei der Gründung, nach des Tages Last und Mühen zusammenkommc, um in gemeinsamem Sinne das Kleinod, das man in den deutschen Liedern habe, zu pflegen zum Wohle und Wiederaufstieg unseres Vaterlan­des. Mit dem Wunsche auf ein ferneres Blühen, Wachsen und Gedeihen des Calwer Liederkranzes und im Gedenken an die froh verlebten Stunden im Verein schloß Herr Obcr- prüzcptor Baeuchle seine aufrichtigen Dankcsworre.

AuS den Parteien

Versammlung der Kommunistischen Partei C a l iv

Die Ortsgruppe Calw der Kommunistischen Partei Deutschlands hielt am Freitag abend unter der Leitung von Herrn Sauttcr-Calw eine öffentliche Versammlung im Weißschcn Saal, in welcher der frühere Spitzenkandidat die­ser Partei, LandtagSabgeordnetcr Schneck-Stuttgart, über politische und wirtschaftliche Gegenwartsfragen etwa Mün­dige, mit reichem Zahlenmaterial belegte Ausführungen machte. Ausgehend von der Neichsprüsidcntenwahl, wider­legte der Redner die Behauptung, daß die Kommunisten eine Niederlage erlitten Hütten. Sie hätten sich nie der Illu­sion einer etwaigen Wahl Thälmanns zum Reichspräsiden­ten, wie die Nationalsozialisten für Hitler, hingcgcbcn, könnten deshalb auch keine Enttäuschung über das Wahl­ergebnis haben, lieber das Verbot der SA.-Formationcn äußerte sich der Redner, daß dieser politische Akt im engsten Einverständnis mit Hitler erfolgt sei,- denn nach den Land­tagswahlen vom 24. April sei wahrscheinlich mit einer Re- gierungsbeteiligung der Nat.Soz. zu rechnen, und eine Pri­vatarmee, zudem eine so teure und anspruchsvolle, könne dann unmöglich geduldet werden. Zu den Wirtschaftsfragen übergehend, zeigte der Redner in längeren und durch Stati­stiken belegten Ausführungen die ungeheure Verschärfung der Weltwirtschaftskrise mit ihren zerstörenden Einwirkun­gen auf die werktätigen Massen aus. die im Gefolge der Krise mitgehcnde Einschrumpfung des inneren und äußeren Marktes führe auf ganz natürliche Weise, zudem noch durch die Zins- und Tributzahlnngen in gewaltiger Weise ver­schärft, zur Inflation. Einem solchen Geschehen könne nur eine einheitliche Zusammenfassung der werktätigen Millio­nen zum bewußten und entschiedenen Kampf einen unüber­

windbaren Damm entgegensetzen, denn nur wenn oer Kapt» talismus, dessen Sterben und völliges Versagen heute jedem Denkenden klar sei, ganz verschwinde, könnten die Millionen der Werktätigen leben. Zu den Fragen der Lan­despolitik führte der Redner aus den Erkahrnngen von 12 Jahren Parlamentstätigkeit aus, daß viele von den Kom­munisten eingebrachte Anträge für Hilfeleistungen an verschie­denste Bevölkerungskrcisc und Organisationen von den So­zialdemokraten bis hinüber zur äußersten Rechten abgelchnt worden seien, immer wieder mit der Begründung, es sei kein Geld da für diese Anträge, und zu gleicher Zeit gebe dieses Land Württemberg allein für seinen Gewaltapparat 40 Mill. sT.«, für StaatSzuschüssc an die Kirchen 12 Mill. Reichsmark, Riesensummen für hohe Gehälter, für die höhe­ren Schulen, die von 18 Prozent des Volkes besucht werde», 11 Mill. Kk, für die Volksschulen, deren Schüler 82 Pro­zent aller Kinder betragen, aber nur 17 Mill. 3^6, für Zu­wendungen an das frühere Königshaus große Summen Gel­der aus. In programmatischen Erklärungen erläuterte der Redner die Zielsetzungen der komm. Landtagsfraktion für die kommende Arbeits- und Kampspcriodc: Schaffung von Arbeitsmöglichkciten im Nahmen eines großen Arbeitsbe­schaffungsplans, Ausbau der Schulung»- und Bildungsmög­lichkeiten, Unterstützung des Wohnungsbaus, Wetterfüh­rung der Elektrifizierung der Reichsbahn, Verbesserung der Landeswaffcrvcrsorgung, Schaffung von Spiel- und Sport­plätzen, Bau von Krankenhäusern. Mit einem begeisterten Bekenntnis zum Gedanken des Sozialismus schloß der Red­ner seine Ausführungen, denen er später noch weitere grund­legende, über idealistische und materialistische Geschichtsauf­fassung wie über die Idee des Staates im Sinne sozialisti­scher Betrachtung anfügte.

Versammlung der Sozialdemokratischen Partei Calw

Stadtpfarrer Dr. Schenkel, Stuttgart-Zuffenhausen, der Spitzenkandidat der Sozialdemokratie im 8. Wahlkreis, sprach letzten Samstag in einer SPD.-Versammlung im Weißschcn Saale. Der Redner führte etwa aus: Wette Kreise sind sich nicht bewußt, was es bedeuten würde, wenn es einer der radikalen Gruppen gelänge, die Macht an sich zu reißen. Recht und Freiheit gingen für alle politisch Anders­denkenden verloren. Eine rücksichtslose Gewaltherrschaft würde den Bürger und Arbeiter knechten, der recht- und schutzlos der Willkür einer Parteidiktatur preisgegebcn wäre. Die radikalen Elemente wünschen keine Gemeinschaft, sie er­streben lediglich die Macht für ihre Führer. Heute stehen wir mitten in einer Weltwirtschaftskrise von unerhörten Ausmaßen. Noch jetzt im Frühjahr sind in den führenden Kulturländern mehr als 25 Millionen Arbeitslose. In Deutschland leben mehr als 6 Millionen Arbeitslose, denen der Inhalt ihres Lebens genommen ist Die Not geht heute durch alle Kreise. Der ungeheure Ausfall an Kaufkraft wirkt sich in einer Absatzstockung aus, unter der alle Stände zn leiden haben. Marx hat schon vor Jahrzehnten warnend vor­ausgesagt, daß durch die großkapitalistische Entwicklung eine Volksschicht nach der andern der Proletarisierung anheim­sallen werde. Es ist eine böswillige Entstellung, wenn dem Sozialismus die Schuld an der heutigen Not zugeschoben wird. Die Ursache der Not liegt in der Planlosigkeit der großkapitalistischen Wirtschaft. Vor allem aber kommt die katastrophale Verwirrung der Weltwirtschaft vom Krieg her Deutschlands Kriegsunkosten belaufen sich auf mindesten- 160 Golbmilliarden, die Hälfte des deutschen Volksvermö­gens, die gesamten Kriegslasten der Kulturwelt auf einc Billion Goldmark. Dieses Geld ist, ohne Gegenwerte zn schaffen, vertan. Die Ursache des Kriegs ist nicht der Sozia­lismus, sondern das Ringen der großkapitalistischen Mächt- unter Mißbrauch des Nationalismus Daß der Großkapk- talismus und nicht der Sozialismus die Ursache der Wirt­schaftskatastrophe ist, zeigt ein Blick aus Amerika mit seiner 910 Millionen Arbeitslosen. In den Vereinigten Staate»' herrschen nämlich der Kapitalismus und die bürgerlichen Parteien. Die Sozialgesetzgebung ist von der Sozialdemo­kratie ohne irgendwelche Hilfe der Nationalsozialisten er­kämpft und behauptet worden. Es ist ein Ruhmesblatt des deutschen Sozialismus, daß er durchsetzen konnte, daß in Deutschland trotz bürgerlicher Mehrheit, trotz Armut infolge verlorenen Krieges, trotz Schrumpfung der Wirtschaft den­noch im Jahr 1931 7.5 Milliarden Mark in der Sozialpolitik umgcsetzt und bezahlt wurden. Daß trotzdem die Not unge­heuer groß ist, daran ist wahrhaftig nicht der Sozialismus schuld. In Württemberg herrscht seit 8 Jahren eine rein bürgerliche Negierung. Es ist ein Unrecht, daß in einem Land mit einer so hochentwickelten und tüchtigen Arbeiter­schaft diese von den Regierungsparteien von jedem Einfluß in der Regierung ausgeschaltet wurden. Wenn der württ. Finanzminister Dr. Dehlinger sich rühmt, den Staatshaus­halt in Ordnung gehalten zu haben, so Hai er um so mehr die Gemeinden belastet durch Abwälzung von Schullasten, Wcgelastcn, Fürsorgclasten auf die Gemeinden. Er hat den Hauptbetrag der Gcbäudeentschnldungsstcuer für den Staats­haushalt beansprucht, anstatt diese Gelder über die Woh­nungskreditanstalt dem Banmarkt zuzuführen. Größte Un­zufriedenheit besteht in der arbeitenden Bevölkerung mit der Rechtsprechung und der Leitung des PvUzciwesens. Für die Arbeiterschaft bietet sich jetzt eine außerordentliche Ge­legenheit: Die Zertrümmerung der bürgerlichen Rechtspar­teien und des Bauernbundes durch die Nationalsozialisten wird das württembergischc Zentrum zwingen, die ungerechte Ausschaltung der Sozialdemokratie von den Regierungsge- schäftcn aufzuhebcn. Die württembergischc Arbeiterschaft sollte die Bedeutung der Stunde erkennen und einmütig und geschloffen sich zur Sozialdemokratie bekennen, um sich auf diese Weise im Parlament den dringend nötigen Einfluß zu verschaffen. Der Redner sprach abschließend iiber Sozialis­mus und Kirche und schloß mit den Worten: Der Sozialis­mus erstrebt, was auch jeder Christ wünschen muß, eine neue Erde, auf der Gerechtigkeit, Brudcrsinn und Frieden walten. Schultheiß a. D. Meyle schloß die sehr gut be­suchte Versammlung mit der Aufforderung, für die Wahl von Stadtvfarrer Dr. Schenkel cinzntretcn.

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