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Nr. 89
Montag, den 18. April 1932
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Jahrgang 105
Reichspräsident v. Hindenburg greift ein
Der Reichspräsident wünscht paritätische Behandlung aller militärischen
Parteiorganisationen
TU. Berli«, 18. April. Reichspräsident von Hindenburg hat an den Reichsminifter des Innern folgendes Schreiben gerichtet:
Sehr geehrter Herr Reichsministerl Die das Verbot der SA. und SS. aussprcchende Verordnung vom 18. April 1832 habe ich vollzogen, nachdem Sie mir in ernsten Worten die Schwierigkeit -er politischen Lage dargestellt und den Erlaß dieser Verordnung zur Sicherung der Staatsautorität als unbedingt notwendig bezeichnet haben und nachdem die Retchsregierung einstimmig Ihrem Antrag beigetreten war. Inzwischen ist mir unter Uebergabc von Belegmaterial mitgeteilt worden, daß ähnlich geartete Organisationen, wie die hier verbotenen, auch bei anderen Parteien bestehen. In Erfüllung meiner Pflicht zur überparteilichen Ausübung meines Amtes und gleichmäßigen Anwendung der Gesetze mutz ich verlangen, daß, falls dieses richtig ist, auch diese Organisationen der gleichen Behandlung verfallen. Ich übersende Ihnen anbei das mir zugegangene Material mit dem Ersuchen, es mit dem gleichen Ernste zu prüfen, den ich Ihrem Antrag entgegengebracht habe, und mir alsbald das Ergebnis Ihrer Prüfung und einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Mit freundlichen Grüßen von Hindenburg.
Reichsminister Groener wird das ihm übermittelte Material pflichtgemäß und schnellstens mit größter Genauigkeit prüfen. Ueber weitere Schritte kann zur Zeit noch nichts gesagt werden, da sie von dem Ergebnis der Prüfungen abhängen. Der Minister hat übrigens, bevor er von dem Schritt des Reichspräsidenten Kenntnis besaß, in der Berliner Presse einen Artikel unter der Ueberschrift „Mein Standpunkt" veröffentlicht, in welchem er zur Auflösung der SA. und zur Beurteilung des Reichsbanners Stellung nimmt. In dem Artikel heißt es- In einem Teil der Presse ist die Meinung vertreten worden, daß die Regierung »ach dem preußischen Wahlspruch „suuw ouiguv" auch den Stahlhelm und das Reichsbanner, mindestens aber das Reichsbanner, hätte auflösen müssen. Diese Forderung konnte ich mir nach sorgfältiger Prüfung nicht zu eigen machen. Weder der Stahlhelm noch das Reichsbanner sind mit den nationalsozialistischen Kanipforganisationcn in bezug auf den militärähnlichen Charakter des Aufbaues und der Funktionsregelung zu vergleichen. Jedoch habe ich schon im Februar gegenüber Bestrebungen des Reichsbanners, als eine Art Schutzpolizei aufzutreten, nach- drücklichst Verwahrung eingelegt. Wenn das Reichsbanner sich in den letzten Monaten gegenüber dem Auftreten der SA. hat bewegen lasten, seine Organisation für etwaige gewaltsame Auseinandersetzungen zu stärken, so erwarte ich von der Einsicht der Führung des Reichsbanners, daß, abgesehen von den bisherigen Veränderungen alle diese Maßnahmen in kürzester Frist rückgängig gemacht werden.
Die Verschärfung der parteipolitischen Gegensätze und die allgemeine Notlage haben dazu beigetragen, daß die militär- ähnlichen Organisationen der NSDAP, schon durch die Tatsache ihres Bestehens allmählich eine immer größere Gefahr für die Staatsautorität wurden. Mein Entschluß, diese Gefahr zu beseitige««, stand bereits seit Monaten fest. Schon ehe ich das Reichsministerium des Innern übernahm, Hab« ich darüber nachgedacht, auf welche Weise dieses Ziel am besten zu erreichen wäre. Dabei hatte ich lange Zeit den Gedanken verfolgt, auch die Angehörigen der SA., wie Sre Mitglieder anderer Verbände in einer neuen großen nationalsportlichen Organisation zu einem freiwilligen staatspolitischen Zusammenwrrken zusammenzu- fasscn. Der Gang der politischen Ereignisse seit Anfang dieses Jahres ließ jedoch diese Pläne nicht zur Ausführung kommen. Schließlich wurde es mir kl«''. daß bei der Gestaltung der innerpolilischen Verhältnisse keine andere Maßnahme in Betracht kommen konnte, als die Auflösung der SA. durch Notverordnung. Diesen Entschluß habe ich durchaus selbständig gefaßt, niemand zu Liebe, niemand zu Leide.
Die hie und da ausgetretene Behauptung, als ob das Verbot erfolgt sei, weil die SA. dem Auslände gegenüber als militärische Macht in Betracht gekommen wäre, ist eine völlige Verdrehung der tatsächlichen Gründe für die Auflösung. Eine solche Unterstellung weise ich aus das allerschärfste zurück. Ich sehe darin auch eine schwere Beleidigung aller anderen Volksschichten, die ebenfalls bereit sein werden, wenn es gilt, die Heimat zu schützen. Die Landesverteidigung ist eine Ehrenfrage des ganzen deutschen Volks. nicht Sache einer Partei. Im übrigen habe ich immer k» Standpunkt vertreten, daß bei allen Wehrverbänden zwar dir geistige Einstellung zur Wehrhaftigkeit durchaus anznerkcnnen ist, aber ihre militärische Verwendungsmög
lichkeit keine Rolle spielt. Die Befürchtung, daß manche bisher der SA. «««gehörenden jungen Leute der Obdachlosigkeit preisgegeben würden, ist durchaus abwegig. Schon in den Anssührungsbestiinmungen der Notverordnung ist den Regierungen der Länder aufgegeben worden, alle Maßnahmen zu treffen, um bisherige Angehörige der SA. vor dieser Notlage zu bervahren.
Das Wohl und das Wehe der deutschen Jugend liegt mir besonders am Herzen. Meine Bemühungen in der nächsten Zeit werden dahin gehen, die gesamte deutsche Jugend ohne Ansehen der Partei in Sportorganisationen zusammenzufassen zur Ertüchtigung von Körper und Geist und zur Pflege staatspolitische«« Denkens und Wollens. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß diese Maßnahme dazu beitragen wird, die verschiedenen, vielfach aus idealen Motiven sich befehdenden Kreise unserer Generation wieder einander näher zu bringen. Mein herzlichstes Streben ist, daß der Geist echter Vaterlandsliebe und die innige Verbundenheit mit dem Volksganzen unsere gesamte deutsche Jugend zu einer inneren Einheit zusammcnschliebe.
Reichsbannerführer HSlterman« bei Groener
Der Reichsminifter des Innern Dr. Groener hat den Führer des Reichsbanners, Herrn Höltermann, zu sich gebeten und ihn um Stellungnahme zu den in -er Presto gegen das Reichsbanner erhobenen Borwürfen ersucht. Höltermann hat dem Minister erwidert, daß diese Vorwürfe unbegründet seien, daß er aber zur Vermeidung aller Mißdeutungen bereit sei, die erforderlichen Maßnahmen zu tresfen.
Nationalsozialistische Klage beim StaatsgerichtShos.
Aus München wird berichtet: Rechtsanwalt Dr. Frank II- München hat für Adolf Hitler und die Reichslettung der NSDAP, sowie die Gauleiter -er NSDAP. Klage beim
Tages-Spiegel
Reichspräsident v. Hindenburg hat ein Schreiben an de« Reichsinnenminister gerichtet, in welchem er für paritätische Behandlung aller Wehrorganisationen eintrttt.
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In Genf beginnen diese Woche die Staatsmäuner-Bespre- chungen. Reichskanzler Brüning besuchte gestern den Amerikaner Stimson.
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Während in Sachsen der Volksentscheid ans Landtagsanf- lösnng scheiterte, hatte ein solcher in Oldenburg Erfolg.
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Der Haager Gerichtshof wird die Memelsragc im Lause des Monats Juni prüfen.
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Der Reichssparkommissar hat jetzt das für die Stadt Stuttgart ausgearbeitete Spargntachten übersandt. Er kommt darin über die Stuttgarter Stadtverwaltung z« dem Ge- samturteil» daß sie als gut bezeichnet werden könne.
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I« Schramberg hat man blan-violett leuchtende Wolke» beobachtet, die sich in Kugelblitze auslösten. Man vermutet Zusammenhänge mit den Bnlkanansbrüchen in Südamerika.
Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich in Leipzig gegen das Deutsche Reich — vertreten durch den Innenminister Groener, und die Freistaaten Preußen, Bayern, Bader«, Württemberg und Hessen — eingereicht in der Bersassungsz strcitigkeit: Auflösung der SA. und SS. sowie des Verbots der Hitler-Jugend in Berlin.
Gleichzeitig mit der Klage wurde von Dr. Frank II gegen die genannten Länder Antrag aus Erlaß einer e « nst - «eiligen Verfügung gestellt, wonach sämtliche Maßnahmen zum Vollzüge dieser Notverordnung zur Auflösung der SA. bis zur Entscheidung über die Klage weiterhin ein- zustellcn sind.
Reichskanzler Brüning besucht Stimson
Beginn der Genfer Staatsmänner-Aussprache — Jubiläum des Rapallo-Vertrages
TU. Gens, 18. April. Die mit großer Spannung erwarteten Besprechungen -er in Genf amvesenden leitenden Staatsmänner der Großmächte haben am Sonntag begonnen. Reichskanzler Brüning stattete gestern nachmittag gemeinsam mit Staatssekretär v. Vüloiv. Staatssekretär Stimson und dessen Gattin einen Besuch ab. Ueber die erste Unterredung, der weitere folgen werden, wird von deutscher Seite keine amtliche Mitteilung veröffentlicht. In unterrichteten Kreisen glaubt man, daß lediglich allgemeine internationale Wirtschaftsfragcn und die Abrüstungsfrage nur ganz allgemein berührt worden sind. Wegen des vorübergehenden leidenden Zustandes Sttmsons ist eine eingehende Behandlung der großen internationalen Fragen nicht möglich geivcsen. Stimson beabsichtigt, vorläufig an den Verhandlungen der Abrüstungskonferenz nicht teilzunehmen. Er will auch zunächst nicht in die Verhandlungen eingreifen. Dagegen beabsichtigt er, sich während seines Genfer Aufenthalts eingehend über die gesamten dringenden internationalen Fragen zu unterrichten.
Das Programm des Reichskanzlers für diese Woche ist außerordentlich umfangreich. Eine große Anzahl von Einladungen liegt bereits vor. Ferner wird der Reichskanzler mehrfach die leitenden Staatsmänner bei sich sehen. So wird er heute den italienischen Außenminister Grandi, den dänischen Außenminister Munch und voraussichtlich den englischen Außenminister Simon empfangen.
Die Verhandlungen der Abrüstungskonferenz begannen nach einer mehrtägigen Unterbrechung heute vormittag im Hauptausschuß mit der Aussprache über die mit dem Artikel 1 zusammenhängenden grundsätzlichen Fragen. In Beantwortung des scharfen Vorstoßes von Tardieu und der durch die Grandirede und die amerikanischen Vorschläge gekennzeichneten Richtlinien wird nunmehr auch von deutscher Seite Stellung genommen werden. Die Rede, die Botschafter Naöolny im Hauptausschuß als zusammcnfasscnöe Darstellung der deutschen Abrüstungspolitik halten wird, ist bereits ausgearbeitet. Der Zeitpunkt für die Rede steht jedoch noch nicht fest. Der Reichskanzler hat vorläufig nicht die Absicht, im Hauptausschuß selbst das Wort zu ergreifen.
Die Woche kündigt sich als eine politische Woche ersten Ranges an. Sämtliche großen internationalen Fragen, die Tribut- und die Donaufrage, die Entscheidung über die Abrüstungsfrage, die internationale Wirtschaftskrise und die deutsch-französischen Beziehungen werden in vertraulichen Besprechungen der Staatsmänner behandelt werde«.
Zehnjahrfeier des Rapallo-Vertrages in Genf
Anläßlich des zehnten Jahrestages des Abschlusses des Vertrages von Rapallo, durch den die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der USSR. und dem Deutschen Reich nach dem Weltkrieg wiederhergestellt worden sind, gab Reichskanzler Brüning ein Frühstück zu Ehren des Außenkommissars Litwinow und der Soivjetabordnung. Der sowjetrussische Außenkommissar empfing anläßlich des zehnten Jahrestages der Unterzeichnung des Rapallovertrages die deutsche Presse, der er in deutscher Sprache u. a. folgendes erklärte:
Der Rapallovertrag rvar das erste große politische Abkommen, das die Interessen seiner Teilnehmer sicherte, ohne die Interessen anderer Staaten zu beeinträchtigen. Die wirtschaftlichen Beziehungen gestalteten sich so lebendig, daß deren Borkriegsniveau nicht nur erreicht, sondern auch überschritten werden könnte. Der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern nimmt im Wirtschaftsleben eines jeden dieser Länder einen sehr wesentlichen Raum ein. Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Deutschland, im Napallovertrag verankert, bleiben bis heute eine der Stützen des europäischen Friedens. Der Rapallovertrag hat bewiesen, wie sehr eine mutige, entschlossene und radikale Lösung internationaler Fragen gleichzeitig die einfachste und praktischste Lösung darstellt. Es ist besonders angebracht, sich besten hier in Genf bewußt zu werden, wo wir uns auf einer internationalen Konferenz befinden, deren Ergebnis die internationalen Beziehungen, ja die Frage von Krieg und Frieden für die nächste Zeit vorbestimmen wirb.
Iersetzungsläligkeil in der Reichswehr
TU. Berlin, 18. April. Das Reichswehrministerium teilt mit: „In der Zeit vom 1. März 1982 bis 10. April 1832 wurden 86 Fälle von Zersetzungsversuchen, die sämtlich von Kommunisten ausgingen, gemeldet. In der gleichen Zeit wurden neben bereits bekannten Zersetzungsschristen zehn neue Zersetzungsbroschüren und -blätter in vielen Hunderten von Exemplaren Soldaten zugestellt. Im gleichen Zeitraum wurden von der Polizei und von Soldaten selbst 26 Kom- munisten, die sich mit der Zersetzungstätigkeit in der Reichswehr befaßten, festgenommen und der Bestrafung zugesührt.