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Nr. 88

Samstag, den 16. April 1932

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Jahrgang 10ö

Die Staatsmänner-Zusammenkunft in Genf

Reichskanzler Brüning, Slimson, Tardieu, Macdonald und Grandi

treffen sich zu Besprechungen

TU. Genf, 16. April. Reichskanzler Briiutng ist am Freitagabend gegen 18 Uhr in Begleitung des Leiters der Reichspressestellc, Zcchlin, und Oberregierungsrat Planck, von Lausanne aus im Automobil in Genf eingetroffen und im HotelMetropole", dem Sitz der deutschen Abordnung, abgestiegen. Staatssekretär v. Biilom war mit einigen Her­ren des Auswärtigen Amtes dem Kanzler bis Lausanne entgegengefahren. Der Reichskanzler beabsichtigt, in jedem Falle bis zum Eintreffen des englischen Ministerpräsidenten Macdonald in Genf zu bleiben. Nach Mitteilung von eng­lischer Seite wird Macdonald sogleich nach der HauShalts- aussprachc im Unterhaus nach Genf abreisen und einige Zeit an den Verhandlungen der Abrüstungskonferenz teil­nehmen.

Von zuständiger dcntscher Seite wird darauf hingewiescn, - der Zweck der Reise des Reichskanzlers nach Genf nicht in feinem Eingreifen in die Verhandlungen -er Abrüstungskonferenz, sondern in den Besprechungen liege, die der Kanzler in der nächsten Woche mit den in Gens anwesenden Staatsmännern führen wird. In diesen Besprechungen wird eine große Anzahl entscheidender inter­nationaler Fragen erörtert werden.

Zu dem gegen den Reichskanzler erhobenen Vorwurf, daß er in der Woche vor der Präsidentenwahl nicht zu den Verhandlungen der Abrüstungskonferenz nach Genf gekom­men sei, wird erklärt, daß es der Kanzler im Hinblick auf die entscheidende politische Bedeutung der Reichspräsidenten wähl als seine Pflicht ansah, persönlich energisch in den Wahlkampf einzugreifen. Der Reichskanzler habe daher für seine Reise nach Genf einen Zeitpunkt gewählt, zu dem ein Zusammentreffen mit den maßgebenden Staatsmänner» möglich ist.

Die Dauer des Aufenthalts des Reichskanzlers in Genf ist noch nicht festgelegt, lieber die Aufnahme der Bespre­chungen des Kanzlers mit den Vertretern der Großmächte find bisher noch keine Vereinbarungen getroffen, jedoch nimmt man an, daß diese vertraulichen Beratungen bereits in den nächsten Tagen beginnen werden, da der englische Außenminister Simon bereits gestern abend eintraf und -er italienische Außenminister Grandi und der amerikanische Staatssekretär Stimson noch heute in Genf erwartet werden. Ueber die Rückkehr Tardiens nach Genf sind noch keine Mitteilungen gemacht worden

Das Programm der Abrüstungskonferenz

Das Präsidium der Abrüstungskonferenz, dem 14 Mächte, darunter sämtliche Großmächte, angehören, ver­handelte gestern nachmittag unter Hendersons Vorsitz in einer längeren Sitzung über die jetzt unvermeidlich ge­wordenen Entscheidungen tn den grundsätzlichen Fragen der Abrüstung. Es wurde beschlossen, daß eine allgemeine Aus­sprache nicht mehr stattfinden soll. Das Präsidium nahm ein

vom Hauptberichterstaiter Benesch ausgearbeitetes Ver- handlnngsprogramm an und beschloß, die auf dem Pro­gramm festgelegten Fragen der Reihe nach zu behandeln. Dieses Programm umfaßt an erster Stelle den Grundsatz der Herabsetzung der Rüstungen, entweder endgültige oder stufenweise Herabsetzung, sodann die Methode der Berech­nung der Effektivstärke, die gleichzeitige Anwendung der qualitativen und quantitativen Herabsetzung, die politischen und juristischen Bedingungen einer Organisation des Frie­dens, die Verwendung der durch die Friedensverträge a u s- gezwungenen Entwaffnung als Richtlinie der Rechtsgleichheit aller Staaten usw. Im Prä­sidium wurde französtscherseits versucht, diesen letztgenannten Punkt, der die deutsche Forderung auf Anerkennung der Rechtsgleichheit aller Staaten enthält, von der Tagesord­nung abzusctzen und die Behandlung dieser Frage auf einen späteren unbestimmten Zeitpunkt zu verschieben. Dieser Ver­such mißlang jedoch.

Der Hauptausschutz der Konferenz ist zu Montagmittag einbcrufen worden. Au diesen Verhandlungen werden Brü­ning, Tardieu, Stimson, Grandi und Ende der Woche auch Macdonald teilnehmen.

Staatssekretär Stimson in Paris

Ein Kompromißvorschlag Stimsons

In P a r is, wo gestern zu Ehren Stimsousein Früh­stück im Außenamt stattfand, erklärte man. Stimson plane einen Ko m Promißvorschlag, den er dem Minister­präsident enTaröieu am Freitagabend bereits mitgeteilt habe. Dieser Kompromißvorschlag bestehe darin, Saß die Frage der Landrüstungcn und der Sicherheit von Ser Frage der Seerüstungeu getrennt und wenn nicht gleichzeitig, doch später behandelt werden sollen. Stimson sei der Ansicht, daß die L a n d r ti st u u g s f r a ge eine Angelegenheit sei, die von den europäischen Kontinentalmächten allein gelöst werden müsse, während die Seemächte die Aufgabe hätten, in der Frage der Seerüstung eine Verständi­gung zu finden. An letzteren Verhandlungen werde Amerika praktisch und aktiv teilnehmen, während es mit dem europäischen Sicherheitsproblem nichts zu tun haben wolle. Die gegenseitige Hilfeleistung sei eine Frage, die die Bereinigten Staaten nichts angehe und mit der sie sich nicht befassen wollten. Ein Abkommen dieser Art würde Amerika dementsprechend nicht mitmachen. Was Eng­land anbelange, so nehme cs Sie gleiche Haltung ein und wolle ebenfalls keine neuen Bindungen übernehmen.

Tardieu hatte gestern eine längere Aussprache mit dem amerikanischen Staatssekretär Stimson kurz nach dessen Eintreffen in Paris. Wie verlautet, sollen Kriegsschnlden- und Abrüstungsfrage im Vordergrund der Besprechungen gestanden haben.

Die Donaubundfrage

Keine neuen Ereignisse vor der Maitagung des Völkerbundsrates

TU. Genf, 16 . April. Aus gut unterrichteten Kreisen der Kleinen Entente wirb mitgeteilt, daß seit dem Abschluß der Londoner Konferenz kein neuer Plan für die Regelung der Donaufrage, weder innerhalb des Kreises der Donaumächtc, noch gemeinsam mit den Großmächten erörtert worden ist. Die weitere Behandlung der Donaufrage, insbesondere die Einberufung der von Frankreich gewünschten Sonderkon­ferenz. wird als vollständig ungewiß und offen bezeichnet. Man nimmt in unterrichteten Kreisen an, daß vor der Mai­tagung des Völkcrbuudsrates keinerlei neuen Ereignisse in der Behandlung der Donaufrage eintrcteu werben.

Der Genfer Mitarbeiter des Daily Expreß berichtet, daß England endgültig beschlossen habe, den Donaustaatcn so­lange keine Hilfe zuteil werden zu lasten, bis diese Staaten deutlich den Willen zeigten, sich selbst zu helfen. Das sei gleichbedeutend mit einer Ablehnung des Tardieuschen Donauplancs. Amerika werde, so heißt es weiter, keinen Cent der Kriegsschulden nachlasten, solange Frankreich de» Plan verfolge, ans dem Völkerbund einen Ueberstaat zu machen.

Halbheiten im Völkerbundsrat

Ungenügende Hilfsmaßnahmen ^

für Oesterreich, Ungarn und Bulgarien Der Völkerbundsrat nahm die Vorschläge des Finanz­ausschusses über die Hilfsmaßnahmen für Oesterreich, Ungarn und Bulgarien ohne weitere Aussprache

zur Kenntnis. Für Oesterreich verlangt der Finanzausschuß, daß keine wetteren Investitionen bei den Eisenbahnen vor­genommen werden, daß der Ergänzungshaushalt durch neue Herabsetzung der Ausgaben bei der Eisenbahn und durch Er­sparnisse ins Gleichgewicht gebracht wird, daß ferner die Lage bei der Kreditanstalt schleunigst geregelt und daß eine strenge Devisenkontrolle und im Zusammenhang damit Be­schränkung der Einfuhr nach Oesterreich durchgeführt wird. Der österreichische Gesandte erklärte, daß die österreichische Negierung die entsprechenden Maßnahmen durchführen werde. Er machte aber den grundsätzlichen Vorbehalt, daß Oesterreich die vom Finanzausschuß geforderten Maßnahmen nur im Sinne des vom Völkerbundsrat am 12. April be­schlossenen gemeinsamen Vorgehens der Großmächte und der allgemeinen Aktion zur wirtschaftliche» Wiederherstellung Mitteleuropas annehmcn könne.

Bezüglich Ungarns verlangt der Finanzausschuß eine wesentliche Herabsetzung des ungarischen Haushalts und wei­tere Stillhalteabkommen Ungarns mit seinen Gläubigern. Für Bulgarien wird die Uebertragung der Zahlungen aus den Auslandsschulden auf sechs Monate bis zum Sep­tember 1982 auf 60 v. H. herabgesetzt. Der Rat verhandelte sodann über Hilfsmaßiiahmen für Griechenland Am Schluß einer längeren Aussprache über einen Vorschlag des Finanzausschusses des Völkerbundes, wonach Griechenland zugunsten der Arbeitsbeschaffung für die Dauer eines Jahres die Uebertragung des Zinsendienstes für Auslandsschulden einstellen kann und eine internationale Anleihe von zehn Millionen Dollar für die Beendigung von Bewässerungs- arbeiten angeregt wird, nahm der Rat eine Entschließung an. In dieser wird der griechischen Rcgiernna empfohlen, fick

Tages-Spiegel

Reichskanzler Brüning ist gestern in Genf eingetroffen, wo er im Lauf der nächsten Tage Besprechungen mit Stimson, Tardieu, Macdonald und Grandi haben wird.

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Die vier Mächte der Londoner Konferenz haben vereinbart, - am 23. April die Sachverständigen der vier Regie­rungen znr Prüfung -er Donaufrage zufammentreten werden.

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Ter Bölkerbundsrat hat gestern über die Hilfsmaßnahmen für Oesterreich, Ungarn, Bulgarien und Griechenland ver- haudclt. Es ergeben sich wiederum »nr Halbheiten.

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Die deutsche Handelsbilanz schließt im März mit einem Ausfuhrüberschuß von 152 gegen 86 Millionen im Februar.

Die Bank von Frankreich soll große Verluste infolge der Kreugerkatastrophe erlitten haben. Auch viele französische Sparer haben ihr Geld verloren.

Die polnische Regierung hat den Absatz vo« Danziger Waren in Polen durch Beschlagnahmungen behindert. Danzig hat daraufhin Protest beim Bölkerbnndskommissar erhoben.

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I« Irland erwartet man die Auflösung des Parlaments durch -e Balera.

über Sie Auslandsschulden mit ihren AuSlanöSgläubigern direkt zu verständigen. Der Rat genehmigte eine zwei­jährige Einstellung des Zinsen dien st es

In der Aussprache hatte der griechische Ministerpräsident Benlzelos betont, daß die Vorschläge des Finanzausschusses keineswegs ansreichend feien, daß Griechenland vielmehr eine Anleihe von 6V Millionen Dollar brauche und der Zinsendienst für die Auslandsschulden auf fünf Jahre ein­gestellt werden müsse. Unter anderen Bedingungen könne Griechenland die VölkerbuuöShilfe nicht annehmen.

Reichsminister Warmbold über Währung und Devisenbewirtschaftung

TU. München» 16. April. Reichswirtschaftsminister Dr. Warmbold sprach am Freitag ans der Tagung des baye­rischen Jnöustriellenverbandes. Zur W ä h r u n g s f r a g e äußerte der Minister, einzelne Gruppen und Persönlichkeiten erhofften wohl von einer Währungsänderung eine Besse­rung. Das sei aber ein entschiedener Irrtum. Die geschichtlichen Erfahrungen hätten uns eines besseren be­lehrt. Der Minister verwies dabei auf den Unterschied zwi­schen der Lage Deutschlands und der englischen Lage. Eng­land habe eine innere Staatsschuld von 140 Milliarden NM. Die deutsche innere Schuld sei dagegen durch die Inflation unter ungeheuren Opfern stark herabgesetzt worden. Eine Währungsverschlechter nn g bringe aber nur für die innere Schuld eine Erleichterung, während die besonders drückenden äußeren Schulden unverändert bestehen blieben. Eine Inflation würde lediglich eine neue Umschichtung mit den bekannten verwerflichen Folgen, wie Zerschlagung -cs Rech­tes, des Mittelstandes, Vernichtung der Spargelder und weitere Konzentrierung der Großwirtschaft gegenüber einer immer größer werdenden Zahl der Besitzlosen bringen. Die unvermeidliche Folge wäre ferner eine weitere Ausdehnung der gebundenen Wirtschaft und das Vordringen Ser Staatsmirtschaft.

Die Aufrechterhaltung der Währung erfordere auch die Devisenbewirtschaftung. Allerdings sei Las gleich­bedeutend mit einer Beschränkung der wirtschaftliche» Frei­heit. Diese Einschränkung sei uns aber von außen anfge- zwungen, genau so, wie alle anderen Beschränkungen, die im Jahre 1914 begonnen hätten. Damals Krieg mit den Massen, heute Wirtschaftskrieg. In beiden Fällen sei die Zusammenfassung aller Kräfte und der Einsatz dieser Kräfte zu einem einheitlichen Zweck erforderlich. Dies wäre jedoch bei voller Freiheit unmöglich, und deshalb müsse zu Beschränkungen geschritten werden. Die Devisenbe­wirtschaftung sei für den Kredit Deutsch­lands und für die Sicherung des Lebcnsmit- relbcöarfes im Falle einer schlechten Ernte notwendig. Die bisherige Devisenbewirtschaftung gebe noch Freiheit insofern, als die Auswahl des Warenbezuges freistehe. Würde die Zwangswirtschaft auch ans die Waren ausgedehnt, so würde der Eingriff noch viel stärker empfun­den werden, und voraussichtlich die gesamte Devisenbilanz erschüttern. Freie Wirtschaft sei nur möglich beim Nushören des jetzigen wirtschaftlichen Kamvfznstandes in -er Wel-