I Erscheinungsweise:
! raglich mit Ausnahme 7 6er Sonn- unä Festtage
^ Anzeigenpreis: s ») im Anzeigenteil: j äie Seile 20 Soläpsennige ^ d) im Keklameteil:
! äi« Seile 65 Soläpsennige
! Auf Lammelanzeigen kommen SO"/« Juschiag
Für plakvorschristen kann keine Gewähr Übernommen weräen
Sertchteftanck
f»r »«,<« r«il» »st c«l»
Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk (alw
MW
^—7 -—^
Bezugspreis: JnäerStaät 40Soläpsennig« wöchenllich mit Trägerlohn Post-Bezugspreis 40 Soläpsennige ohne Vestellgelä
Schluß äer Anzeigenannahme 8 Uhr vormittags
Sn gMen HSH««r «e»alt I testsht kein Anspruch auf Lieferung 4«r Sestung «ler aus Rückzahlung <l« Lezugspreifer
Fernsprecher Nr. S
Verantwortl. Schrtstleitung: Frieärich Han» Scheel« Druck unä Verlag äer A. Seischläger'schen Luchäruckerei
Nr. 86
Donnerstag, den 14. April 1932
Jahrgang 105
ReichsverbotfürSA.u.SS.durch Notverordnung
Die mililärähnlichen Organisationen der NSDAP, mit sofortiger Wirkung verboten
TU. Berlin, 11. April. Die mehrstündige« Beratnngen -es Reichskabinetts endete« am Mittwoch nachmittag mit dem Beschluß einer Notverordnung, durch die die national» sozialistischen Formationen SS. und SA. mit sofortiger Wirkung verboten werden.
Zur Vorgeschichte des Verbotes der SA. und SS. verlautet von gut unterrichteter Seite, daß die Notverordnung bereits am Montag fertiggestellt war. jedoch wegen gewisser Bedenken noch zurückgehalten wurde. Den Bedenken standen die Forderungen der großen Länder, vor allem außer Preußen auch Bayerns, dem Ursprungsland der nationalsozialistischen Bewegung, gegenüber. Außerdem sollen die Gewerkschaften einen entscheidenden Druck ausgeübt haben. Der Reichsinnenminister Groener habe sich schließlich persönlich mit allem Nachdruck für das Verbot eingesetzt und sein Verbleiben im Amt hiervon abhängig gemacht.
Die amtliche Begründung für das Verbot
Amtlich wird mitgeteilt: Die Sturmabteilungen, Schutzstaffeln und sonstigen milttärähnltchen Organisationen der NSDAP, sind heute durch eine Verordnung des Herrn Reichspräsidenten auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung aufgelöst worden. Die Reichsregierung hat dem Herrn Reichspräsidenten diese Maßnahme einstimmig empfohlen.
Die Auslösung dieser Organisationen ist gemäß den Grundgesetzen des staatlichen Lebens notwendig, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten und die Staatsautorität vor weiteren schweren Beeinträchtigungen zu bewahren.
Die genannten Organisationen sind, wie bekannt, in allen äußeren Dingen bis in Kleinigkeiten den militärischen Formationen nachgebtldet. Sie stellen ein Privathcer dar, ein Parteiheer, wenn auch zum Teil unbewaffnet. Hundert- tauscnde sind bei unbedingter Befehlsgebundenheit zum Teil mit kasernenmäßiger Unterbringung in Aktionsgruppen gegliedert, die wie militärische oder polizeiliche Mannschaften auftreten können und ausgetreten sind. Auch ohne schwere Waffen können solche Gruppen jederzeit Gewalthandlungen durchsühren und Teile der Bevölkerung unter den Druck eines Zwanges stellen.
Schon das Vorhandensein einer solchen Kampforganisation, die einen Staat im Staate bildet, ist eine Quelle steter Beunruhigung für die friedliche Bürgerschaft, die im Schutz der Gesetze ihrer Beschäftigung nachgcht. Es ist ausschließlich Sache des Staates, eine organisierte Macht zu unterhalten. So bald eine solche Macht von privater Seite organisiert wird, und der Staat dies duldet, besteht bereits Gefahr für Ruhe und Ordnung. Die ruhigen Vevölkerungs- kreisc können eine solche naturgemäß einseitig und parteimäßig ausgestellte Organisation nicht ertragen. Die Entwicklung führt folgerichtig zu Zusammenstößen und letzten Endes zu bürgerkriegähnlichen Zuständen. Bei einer solchen Entwickelung würde der Staat die Achtung, die er für seine verfassungsmäßigen Einrichtungen, insbesondere für Militär und Polizei fordern muß, verlieren.
Nun sind von den Führern der aufgelösten Organisationen Legalitütserklärungen abgegeben worden. Selbst wenn solche Erklärungen völlig ernst gemeint sind, und hinter ihnen der Wille steht, an der Gesetzmä'ßlgkett festzuhalten, so ist doch nuzweiseihast, daß in einem Rechtsstaat S.e Geroalt lediglich bei den verfassungsmäßigen Organen des Staates selbst organisiert sein bars. Jede private Gewalt- organisation kann deshalb ihrem Wesen nach keine legale Einrichtung sein. Es besteht auch die Gefahr, daß eine solche nach allen ihren Einrichtungen und Vorschriften auf den Kampf im Innern eingestellte Organisation eines Tages die Partei selbst iy die Illegalität hincinrcißcn würde. Die Führer dieses Privatheeres müssen gerade in dem Bestreben, militärisch zu arbeiten und hierbei besonderes zu leisten, die Partei notwendigerweise mit der StaatSsiihrung und den Machtmitteln des Staates in Konflikt bringen. Davon abgesehen waren bei den aufgelösten Organisationen zahlreiche schwerwiegende Ordnungswibrigkcitcn und Hebelgriffe festzustcllen. Diese haben grüßte Vennrnhigung in weiteste Vvlkskreise getragen. Polizeiliche »nd gerichtliche Stellen sind mit der Prüfung von umfangreichem Material befaßt. Der Ausgang dieser Verfahren braucht aber nicht abgewartct zu werden, da die Auflösung der Organisationen aus staats- polttiichen Gründen erfolgt und von dem Ergebnis der Untersuchung, ob und in welchem Umfange strafbare Handlungen einzelner begangen worden sind, völlig unabhängig ist.
Die Maßnahme der Auflösung dient der Staatserhaltung selbst. Sic entspricht einer streng überparteilichen, nach allen Seiten gleiches Maß anwcndenöcn Einstellung der Neichs- führung. Es geht nicht um Parteien oder Negierungen, es geht um den deutschen Staat selbst. Keine Neschsregierung kann es dulden, daß irgendeine Partei Leu Versuch macht,
einen Staat im Staate zu bilden und sich Machtmittel schafft, durch die sie in der Lage wäre, unter Umständen ihre Ziele auch mit Gewalt durchzusetzen. Auch der rote Frontkämpferbund ist im Jahre 1928 der Auflösung verfallen, weil er eine Gefahr für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung geworden war. Wenn der Staat seine oberste Autorität als Hüter des Gesetzes, als Schützer friedlicher Staatsbürger vernachlässigt, so ist er in Gefahr, der Anarchie zu verfallen. Dieser ernste Gesichtspunkt verdient in der gegenwärtigen Notzeit höchste Beachtung. Wir müssen in den kommenden Monaten gegen die Wirtschaftsnot mit tatkräftigen Mitteln angehen. Wir müssen in schicksalhaften außenpolitischen Verhandlungen um Lebensrecht und Freiheit kämpsen. Die erste Bedingung für bas Gelingen der Rettungsaktion ist das Vertrauen des deutschen Volkes in die Festigkeit seiner staatlichen Verhältnisse.
Das deutsche Volk lebt unter einer freiheitlichen Verfassung. Freiheit kann aber nicht gedeihen ohne Ordnung. Im Interesse der Ordnung muß volle Klarheit darüber geschaffen werden, baß in Deutschland der Staat und nur der Staat mit fester Hand Recht und Gesetz aufrecht erhält.
Die Reichsregierung weiß sich in ihrer Auffassung der Lage mit der großen Mehrzahl Ser Länderregterungen einig Sie ist fest entschlossen, auch in Zukunft gegen jeden Versuch, einen Staat tm Staate zu bilden, ohne Ansehen der Person und der Partei mit allen Machtmitteln des Staates rücksichtslos einzuschrciten.
Die Auflösung der militärischen Organisationen der NSDAP, soll nach den Anweisungen des Reichsministers des Innern ohne Härte durchgesührt werden. Die NSDAP, selbst wird durch die Verordnungen nicht berührt. Ihr steht im Rahmen der Gesetze die gleiche Betätigungssreihcit zu wie allen anderen Parteien. Ueber allen Parteien aber steht das deutsche Vaterland. Seinem Wohl zu dienen ist der oberste Grundsatz des Herrn Reichspräsidenten und der Reichsregierung.
Polizeiaktionen im ganzen Reich
Kurz nach der Veröffentlichung des Verbotes der SA. und SS. am Mittwochnachmittag begann die polizeiliche Schließung sämtlicher Berliner SA.- und SS.-Heime, sowie der Büros dieser Formationen. In allen diesen Räumen erschienen starke Polizeikommanöos, die Durchsuchungen Vornahmen und alles Vorgefundene schriftliche Material einschließlich der Karteien beschlagnahmten. Auch aus anderen Teilen des Reiches wird gemeldet, daß dort die Polizei die gleichen Maßnahmen durchgeführt hat.
--- Berlin, 14. April. Auf dem 5. Bundestag des All gemeinen Deutschen Gewerkschastsbundes, der unter dem Namen „Krisenkongreß" tagte, sprach nach Verlesung eines Schreibens des Reichskanzlers, in dem Dr. Brüning sein Bedauern darüber ausspricht, daß er wegen dringender Dienstgeschäfte nicht selbst sprechen könne, Rcichsarbeitsminister Stegerwald für die Neichsregie- rung. Er erklärte u. a., über die Entwicklung der Gesamtlage Deutschlands im Jahre 1932 laste sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß einmal die deutsche Ausfuhr mit vergrößerten Schwierigkeiten zu kämpfen haben dürfte. Die Arbeitslosigkeit würde also, von der Ausfuhrseite her gesehen, eher zu- als abnchmen. Zum anderen dürste der Rückgang der Arbeitslosigkeit in den Frühjahrs- und Sommermonaten des Jahres 1932 geringer sein als in 5-n vorausgegangenen Jahren, was mit den Kreditschwierig- keiten und dem daraus folgenden großen Betriebsster^en Zusammenhänge.
Hinsichtlich der Arbeitsbeschaffung bestehe Uebsr- einsttmmung darüber, daß es in Deutschland noch reichi ch Arbeitsmöglichkeitcn gebe. Die Streitfrage sei lediglich, wie die Mittel für eine Arbeitsbeschaffung großen Stils auf- gebrachi werden könnten. Mit dem Preise der Inflation dürfe die Arbeitsbeschaffung der öffentlichen Hand keinesfalls erkauft werden. Wenn der Schrumpfungsprozeß der deutschen Wirtschaft in der nächsten Zeit wenigstens zum Stillstand gebracht worden solle, dann müsse zusätzliche Arbeit geschaffen werden. Daneben werde man bei Arbeiten, die der Gelbschwierigkeitcn wegen sonst noch jahrelang hinaus- gezvgert werden müßten, den freiwilligen Arbeitsdienst erweitern müssen.
An der Spitze dessen, was die Reichsregierung für die Arbeitsbeschaffung beabsichtige, stehe die verstärkte Für» derüng der ländlichen Siedlung und die Fortsetzung der städtischen Borraumstedlung. Die Reichsregierung
Tages-Spiegel
Der Reichspräsident hat durch Notverordnung die SL- und SS.-Abteilnugen der Nationalsozialisten ans ftaatS- politischen Gründe« im ganzen Reich verboten.
*
Das Verbot ist ans die Initiative der Länder Preußen, Bayern, Württemberg, Baden »ud Hesse« zurückznsührc«. Auch der Reichsinnenminifter hat sich entschiede« dasür eingesetzt.
. *
Die Benrteilnng des Verbots in der Presse ist sehr verschieden. Außer der Linkspresse mache« die Blätter starke Bedenken gegen die Einseitigkeit der Maßnahme der Reichsregierung geltend.
*-
Zur preußische« Landtagswahl sind 19 Landeswahlvvrschläge zngelafsen worden.
*
Ans der Genfer Abrüstungskonferenz wurde die Hanptans- spräche fortgesetzt. Der Italiener Grandi setzte sich mit dem Versuch Tardiens auseinander, die Abrüstungskonferenz z« einer Sicherheitskonferenz zu mache« «nd forderte eine wesentliche Herabsetzung der Rüstungen.
»
Soweit feststeht, wurden durch die Vulkanausbrüche i« Chile und Argentinien keine Mensche« getötet.
*
Die Reichsbahn beabsichtigt, über Pfingsten Festtags-Rückfahrkarten vom 11. bis LS. Mai anszngeben.
Zu Zwischenfällen ist es nach den bisher vorliegenden Berichten nur in Darmstadt gekommen, wo es zu Zusammenrottungen in den Straßen kam. Mit Ausnahme des Landes Braunschweig und der Stadt Bremen haben alle Länder die Aufhebung der SA.-Einrichtungen durchgesührt. Stellenweise durchsuchte die Polizei auch die Parteistellen der NSDAP, und die Wohnungen der Führer. Der braunschweigische Innenminister Klag ges hat gegen die Notverordnung Protest eingelegt und sie im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit als unzweckmäßig und ungerecht bezeichnet. Sie bedeute den Beginn einer politischen Entwicklung, die verhängnisvoll werden müsse.
Viel beachtet wird eine Erklärung A do l s H i t l er s. in der er die Verantwortung für die weitere Haltung der SA. ablehnt und erklärt- „Sie können meinen Leuten nichi die Köpfe abschneiden. Solange sie aber Herzen und Köpfe haben, werden sie mir ergeben sein."
gehe dabei von der Erwägung aus, daß wir im nächsten Jahrzehnt unsere Rentenversicherung nicht so würden ausbauen können, daß die alternde Bevölkerung damit ihren Lebensabend fristen könne. Der Kreis der Jnvalidenrcnt- ner, Sozialrentner «nd Kleinrentner, der Kleinpensionäre und so weiter wachse bei einem alternden Volk ständig. Diese Teile der Bevölkerung sollte man verstärkt auf dem Lande oder in dem Borraum der Städte ansiedeln, wo sie besser leben könnten und wodurch die Wohlfahrtspflege eine Entlastung erfahren würde.
Wenn man die wirtschaftlichen und finanziellen Aufgaben des Jahres 1932 ihrer Wichtigkeit nach einordnen wolle, so ergebe sich folgende Reihenfolge:
1. Die Betriebe, die Aufträge haben, müssen unter allen Umständen mit Krediten zu einem erträglichen Zinsfuß versorgt werden.
2. Die Haushalte der öffentlichen Hand müssen unbedingt ins Gleichgewicht gebracht werden weil das
3. die Voraussetzung ist für die Erhaltung der Währung, an der im Jahre 1932 ebensowenig wie tm Jahre 1931 gerüttelt werden darf.
4. Was dann noch ohne Gefährdung der Wahrung zur Bekämpfung der Wirtschaftsschrumpfung und zur Belebung der Wirtschaft geschehen kann wird und muß geschehen. Dabei müssen wir uns alle klar sein, daß wir mit dem Jahre 1932 noch ein schweres Jahr vor »ns haben. In diesem Jahre dürfen wir trotz aller Beschwer« Nisse nicht schlapp machen, weil es im Jahre 1932 um die deutsche Zukunft geht.
Die bisherige abwartende Haltung der Regierung gegenüber der Frage der Arbeitsstreckung werde tm Lause des Jahres 1932 nicht bribehaltcn werden können. Diese Frage werde schon in nächster Zeit wft den Spitzenverbänden -er Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zu besprechen sein.
Minister Stegerwald über Arbeitsbeschaffung
Keine neuen Pläne der Reichsregierung
»