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verantwort!. Lchriftleitong: Friedrich tzan« Scheel« Druck unä Verlag äer A. Oekschläger'schen Suchäruckeret

Nr. 79

Mittwoch, den 6. April 1932

Jahrgang 105

Das Ergebnis der Polizeiaktion in Preußen

Minister Severing veröffentlicht das bei den Nationalsozialisten beschlagnahmte Material

TU. Berlin, 6. April. Der preußische Minister des In­nern veröffentlicht eine Mitteilung über das bei der Hans- fuchungsaktion bei der NSDAP, beschlagnahmte Material. In dieser Mitteilung wird .zunächst festgrstellt, daß der sog. N a ch r i ch t en d i e n st der Nationalsozialisten eine Spitzeltätigkcit sei, wie sie nicht umfangreicher gedacht werden könne. Sic erstrecke sich auch ans die Tätigkeit deS Staates und seiner Organe, wie Negierung, Polizei und Reichswehr. Daß es sich dabei nm Auswirkung einer zen­tralen Anordnung handele, zeigten die überall gemachten Funde an derartigen Spitzelbertchteu, hauptsächlich mit ge­nauer Aufstellung der Stärke, Gliederung und Bewaffnung der Polizei.

Nach kommunistischem Vorbild werde aber auch offene Zersetz nngsarbeit betrieben. U. a. sei ein in Berlin verbreitetes, an die Berliner Schutzpolizei gerichtetes Flug­blatt gefunden worden, in dem cs u. a. heißt:Kein Gummi­knüppel darf einen Nationalsozialisten treffen, kein Pistolen­schuß gegen die für uns mitkämpfcnöe SA.". Unterschrieben sei dieses FlugblattDie nationalsozialistischen Polizeibeam­ten Berlins". Nach einer in Hannover gefundenen Aufzeich­nung werden als m e l d e p f l i ch ti a e Gegenstände be­zeichnet: Bahnschntzpanzcrzügc, Bahnfuukanlagcn, Pvstfcrn- keitungen, Postfunkanlagen, Flughäfen, Flußübergänge über Elbe und Weser, alles mit genauen Einzelheiten. Ergänzt «nd erläutert werde dieses Meldeschein« durch einen in Göt­tingen gefundenen Befehl, in dem alsArbeitsgebiet für I c" «. a. bezeichnet werden politische Parteien aller Art, Kampf- verüände, Kurierdienst aller Arten der Parteien, Gegner- pcrsönlichkeiten und Führer, Zcitungslente der Gegneipresse, private Neberwachung, WafsentranSportc, Telegraphen, Fernsprechzentralen, Radiostationc», politische Einstellung der bedienenden Personen, Flughäfen, Zahl der Maschinen, Versuch an die Bedienenden hcranznkvinmen, besondere Auf­merksamkeit für das Postwesen, Vahnschntz usw. Auch der technischen Ausgestaltung eines umfangreichen Nachrichtennetzcs ist nach Sem amtlichen Bericht in der letz­ten Zeit gleichfalls besondere Aufmerksamkeit gewidmet wor­den, und zwar unter Einsatz aller nur denkbaren Nachrich­tenmittel einschließlich Brieftauben- und Vlinkverbiudungen. Ein über das ganze Reich sich erstreckender Nelaisdienst sei festgestellt worden. Auch über die Einrichtung eines eige­nen Funkverkehrs mit Kurzwellensendern sei verschiedenes bekannt geworden.

Neuerdings werde der Ausstellung besonderer Spezial- fvrmativnen Gewicht beigclegt und vor allem die Aufstel­lung von Pionier truppen betrieben. Es werden dann einige Anfragen von Stürmen an untergeordnete Stel­len aufgefiihrl, die zeigen, dag genaue Feststellungen gemacht wurden, welche SA.-Männer im Waffendienst ausgebildet find. Die Bestandsaufnahme an Feldküchen scheine rn allen Teilen deS Reiches Anfang März 1932 eine besondere Nolle gespielt zu haben. Wörtlich heißt es dann:Anffälligerivctse sind kurz vor dem Termin für den ersten Wahlgang der Reichspräsidentenwahl noch eine Reihe anderer Anordnungen getroffen worden, die im Zusammenhang betrachtet, sehr zu denken geben. Seit einigen Monaten mehren sich die Beob­achtungen, daß bei der SA. auf schnellste vollkom­mene Uniformierung gedrungen wird, obwohl Las bestehende reichsrechtliche Unisvrmverbvi eine solche Maß­nahme normalerweise eigentlich unverständlich machen müßte. In einem Ganstnrmbeschl sei auch die Beschaf­fung von eisernen Nationen angeordnct worden. Auch mit der Vorbereitung von Mässenqnartleren habe man sich befaßt.

Reichskanzler Brüning in Stuttgart

TU. Stuttgart, 6. April. Vor etwa 10 000 Personen hielt gestern abend Reichskanzler Brüning in der Stuttgarter Stadthallc eine 1 Zi ständige Wahlrede, in deren Mittelpunkt der Name Hindenburg stand. Einleitend wies der Redner darauf hin, daß die politische Agitation der letzten Wochen von fortschreitender Gemeinheit und Gewissenlosigkeit ge­kennzeichnet sei. Dieser Wahlkampf, so wie er heute vor sich gehe, werde vielen Kreisen des deutschen Volkes für immer die Augen öffnen. Uebergehend zu der Agitation der NSDA P., bemerkte der Kanzler, diese Partei habe schein­bar mit normalen Waffen überhaupt keine Chancen mehr, Anhänger um sich zu sammeln. In diesem Zusammenhang fetzte er sich mit den tagszuvor von einem nationalsozia­listischen Redner in der Stadthallc gegen Hindenburg und seine Familie, ferner gegen den Reichskanzler selbst er­hobenen Angriffen auseinander, die er als ««ritterlich und

dert wurden, gewännen ihre besondere und erhöhte Bedeu­tung, wenn man sie in Zusammenhang mit der in Göttingen gefundenen Weisung, - mit einem E i n s a tz d e r S A. ge­rechnet werden müsse, betrachte, und wenn man weiter die aus diesem Anlaß näher erörterte Bedeutung der drei Alarm­stufen für die SA. abwägc. Alarmstufe - erhöhte Auf­merksamkeit, alles zu -Hanse bleiben. Befehle abwarten. Alarmstufe 8 -- Zusammenzichcn -er Trupps. Alarmstufe 0 Mobilmachung. O erfordert volles Gepäck, Dicnstanzug, der verdeckt mitgeftthrt wird, eiserne Rationen, Verpflegung für mindestens 3 Tage.

Es folgen dann in Sem Bericht verschiedene SZl.-Befehle für denDienstamWahlta g". Danach mußten sich die Stürmer mit dem 13. März mit Verpflegung für zwei Tage, verpacktem Dienstanzug usw. ausrüsten.Allen diesen Be­obachtungen und Feststeilungen gegenüber muß, wie cs dann weiter heißt, die Motivierung deS von der obersten SA.- Führung gegebenen Alarmbefehls mit dem Wunsche, durch Znsammenhaltung der SA.-Leute Zusammenstößen auf der Straße vorzubeugen, mehr als sonderbar erscheinen." Der am 12. März im Kreise Einbeck beobachtete und unterbun­dene Transport von Militärwaffcn und die Auffindung eines schweren Maschinengewehrs sowie von Jnfantericge- wcyren mit Munition bei dem Kreislciter der NSDAP, in Salzwedel am 13. März sowie die fast tägliche Beschlagnahme von Handfeuerwaffen bei Nationalsozialisten erhalte im Zu­sammenhang damit ganz erhebliche Bedeutung. Auch seien in Berlin Skizzen über Sie Lagerung von Bahnschutzwaffen auf dem Gelände des Potsdamer Güterbahnhofes gefunden worden, die durch genaue Beschreibung der Möglichkeiten, wie man dieser Waffen habhaft werden könne, ergänzt wur­den.

Die Nationalsozialisten hätten im übrige» offenbar weit­gehende Vorbereitungen für de» Fall der Machtübernahme getrofsen. Eine Reihe von Unter­lagen weise darauf hin, daß an Hand von sehr ins einzelne gehenden Fragebogen Uebersichten über alle in Frage kom­menden öffentlichen Behörden sowie über alle lebenswichtigen Betriebe geschafsen worden seien.

Minister Severing über das Ergebnis der Prüfung

Im Anschluß an Sie Uebergabc des Berichtes Wer das Ergebnis der Untersuchung des bei der NSDAP, beschlag­nahmten Materials gab der preußische Innenminister Severing vor der Presse eine längere Erklärung ab. Severing bezeichnete die in dem Bericht wieöergegebenen Schriftstücke und Dokumente lediglich alsKostproben". Das ganze Material würde Bände füllen. Die Arbeit der NSD.- AP. lasse eine dreifache Absicht erkennen. Man versuchte ein­mal, die Waffenlager der Reichswehr, der Polizei, des Bahn­schutzes zu erforschen, ging zum anderen auf die Zermür- bung und Zersetzung der Mannschaften aus und betrieb schließlich die systematische Ausrüstung der SA.-Staffeln mit Kleidung und Proviant und war bemüht, für denErnst­fall" die notwendigen Waffen sich zu sichern und die For­mationen bereitzuhalten. Ein Teil des Materials sei in­zwischen dem Oberreichsanwalt übergeben worden. Es soll den Beweis für den Tatbestand des Hoch- und Landesver­rats oder zum mindesten des Versuchs zu ihm erbringen.

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Proteste -er NSDAP.

Die Reichsleitung der NSDAP, veröffentlicht drei Pro­testtelegramme, und zwar: an den Reichspräsidenten von Hindenburg, Innenminister Groener und den Oberreichs­anwalt gegen den Vorwurf, das bei der Severins-Aktion be­schlagnahmte Material enthalte Anhaltspunkte für hoch- und landesverrätcrischc Handlungen.

unwahr schärfstens zurückmies. Aus einer solchen Methode spreche die große Nichtigkeit der Gesinnung.

Sodann ging Dr. Brüning über zu den Behauptungen, die von nationalsozialistischer Seite über die Politik der Reichsrcgterung geäußert worben seien. Allen Stän­den müsse es gelingen, gegenseitiges Verständnis fürein­ander anfzubringcn. Was die Notverordnungen anbelange, so mußte die Rcichsrcgicrung Maßnahmen treffen, die allen Berufen und Ständen Opfer zumuteten. Diese gemeinsamen Opfer mußten getragen werden, um zu einem Ziel bezüg­lich der Rcparations- und Abrüstungsfragen zu kommen. Alle diese Fragen seien von dem Kredit abhängig, den das Reich genieße, und dieser Kredit hänge wiederum davon ab, daß es der Neichsregierung gelingt, den Etat auszugleichen, um damit die Sicherheit für die stabile Währung zu schaffen, um den Glauben im In- und Ausland an die stabile Wäh­rung zu erhalten. Diese beiden Ziele, stabile Währung und Befreiung von den Reparationslasten,

Tages-Spiegel

Der preußische Innenminister Severing «erössentlicht jetzt das Untersnchnngsergebnis der Polizeiaktion gegen die Nationalsozialisten. Die NSDAP, hat Protest eingelegt.

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Reichskanzler Dr. Brüning hatte gestern in Karlsrnh« eine letzte Anssprache mit Staatssekretär von Bülow über die Londoner Konferenz «nd sprach abends in Stuttgart für Hindenburg.

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Adolf Hitler sprach am Montag in vier Versammlungen in Berlin und gestern in Lancnbnrg, Elbing und Königsberg.

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Die zweite Donankonsercuz dürfte aller Voraussicht nach bereits um den 18. April in Lausanne »nd nicht erst in Genf stattsindcn.

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Italien hat dem deutschen Volke ein Goethe-Geschenk ge­macht. Der Vizepräsident der italienischen Akademie der Künste übergab Botschafter von Schubert bas Reisetage- bnch von Goethes Vater.

würden von der Neichsregierungmct System" hochgchalten und durchgekämpft. Die deutsche Währung dürfe nie im ge­ringsten erneut entwertet werden. Wenn die Nationalsozia­listen je zur Herrschaft kommen würden, dann würde die deutsche Mark innerhalb 14 Tagen ins Bodenlose hinabge­rasselt sein. Wenn man immer sage, die Neichsregierung «nd das System tragen allein die Schuld an der heutigen Notlage, so müsse daran erinnert werden, daß eine gewisse Schuld schon in der Vorkriegszeit und in der verfehlten Anlage des Beginns des Weltkriegs zu suchen sei. Hier habe man nicht die entscheidenden Charaktere ins Vordcrtrcsfen gestellt.

In längere» Betrachtungen zeichnete der Redner in die­sem Zusammenhang ein Bild des Siegers von Tannenbcrg. Hindenburg sei der Mann in Deutschland, der vielleicht allein für Las ganze deutsche Volk eine Persönlichkeit be­deuten könnte, die über allen Parteien, über allen Ständen, Bernsen und Konfessionen stehe. Dieser Mann sehe heute Menschen und Dinge viel klarer und einfachSr als die mei­sten Menschen, die in führender Stellung tätig seien. Bei einer Gegenüberstellung von Hindenburg »nd Hitler und Thälmann wundere er, der Redner, sich, - eine Wahl Hindenburgs überhaupt nötig war. ES müßte bei einem Volk, das noch ein Ideal Hochhalte, eigentlich gar nichts an­deres geben, als eine überwältigende Mehrheit für diesen Mann aufzubringen, einen Mann, der für die ganze Welt ein unbestreitbares Symbol deutschen Wil­lens und Zukunftsglaubens ist. Es gelte, einmal der Welt zu zeigen, daß sich das deutsche Volk nicht von Phrasen betören und sich von einer vergifteten Agitation nicht beherrschen lasse. Er stimme dem Führer des Stahl­helms zu, wenn er gesagt habe, daß die nationalsozialistische Agitation eine Erziehung besonders der Jugend zur Diszi­plinlosigkeit bedeute.

Zum Schluß seiner Rede, die immer wieder von toben­dem Beifall unterbrochen wurde, fand der Kanzler noch ernste Worte für die Zukunft Deutschlands und der übrigen Länder. Es sei an der Zeit, daß das gegenseitige Vertrauen in die politische Stabilität der Länder wieder Platz greife. Wenn Hindenburg am 10. April mit weitaus größter Stim­menzahl gewählt werde, dann sei die Bahn fre, für die Außenpolitik, die von der Reichsrcgterung bezüglich der Reparationssrage und der Gleichberechtigung Deutschlands unter den Völkern schon lange vorbereitet sei. Hindenburg sei die Grundlage für das Glück und die Freiheit kommen­der Generationen.

Die deutsche Delegation nach London abgereist

Die letzte Anssprache in Karlsruhe

TU. Karlsruhe, 6. April. Die Besprechungen zwischen Reichskanzler Brüning und den am Montag abend einge­troffenen Mitgliedern der deutschen Abordnung für die Londoner Donaukonferenz fanden am Dienstag vormittag im Hause des früheren badischen Gesandten in Berlin, Dr. Honold, statt, dessen Gast der Reichskanzler während seines Karlsruher Aufenthaltes war. Ucber die Besprechungen selbst wird strengstes Stillschweigen bewahrt. Sie nahmen etwa 3 Stunden in Anspruch. Die Mitglieder der Londoner Abordnung verliehen Karlsruhe mit dem Rheingvld-Erpreß um 12.30 Ühr zur direkten Fahrt nach London.

Der Kreis der Donaninteressentcn vergrößert sich.

Es bestätigt sich, daß außer Polen auch die Schweiz den Wunsch ausgesprochen hat, an den abschließenden Verhand­lungen über die Donausrage unter den gleichen Bedingun­gen wie Deutschland und Italien teilzunehmen.

Alle diese Vorbereitungen, die mit besonderem Nachdruck gerade einige Wochen vor Ser Ncichspräsidentenwahl geför-