Aus Württemberg

Ablösung der Gebäudeentschuldnngssteuer Nach den geltenden Vorschriften ist, wenn die Gebäude- entschuldungsstcuer erst im Monat April 1932 abgelöst wird, neben der Ablösungssumme idem Dreifachen der Jahres­steuer) auch die halbe Aprilrate der Steuer sür 1932 zu zah­len Da aber den Steuerpflichtigen vom Erscheinen der maß­gebenden Vorschriften bis zum 31. März 1952 nur eine ver­hältnismäßig kurze Zeit zur Ablösung blieb, haben die zu­ständigen Ministerien die Gemeinden ersucht, vom Einzug der halben Aprilratc auch dann abzuichen, wenn die Ab­lösungssumme in der Zeit vom 1. bis 8. April t932 bei der Gemeinde eingcht.

Falsche Gerüchte über die Steuerzahlungen. Gerüchtweise wird behauptet, die Neichsregicrung wolle die Einkommensteuer für 1931 durch die geleisteten Voraus­zahlungen abgelten und überzahlte Vorauszahlungen nicht erstatten: weiter sei beabsichtigt, am 10 April 1932 eine wei­tere Vorauszahlung auf die Einkommensteuer zu erheben Diese Gerüchte entsprechen in keiner Weise den Tatsachen. Die Termine für die Einkommcnstcuervorauözahlungcn sind durch die Notverordnung vom 7. Dezember 1931 und die Verordnung vom 5. Mürz 1932 um je einen Monat vor­verlegt worden: die nächste Einkommcmtcucrvoranszahlnng ist also am 10. Juni 1932 fällig. Die Emkominenstcuerveran- lagung wird ordnungsmäßig öiirchgcführt werden, über­zahlte Vorauszahlungen werden nach Maßgabe der gesetz­lichen Vorschriften erstattet werden.

Aus Stadt und Land

Calw, den 5. April 1932.

Bund der württ. Neuhausbesitzer Die heutige schlechte Wirtschaftslage trifft vor allem auch viele Neuhausbesitzcr. Arbeitslosigkeit und Einkommens- Minderung der verschiedensten Art lasten schwer aus ihm In vielen Fällen baute er sein Haus in den Jahren wirt­schaftlicher Blüte, wo infolge hoher Matcrialpreisc und grö­ßerer Löhne der Bauinöex bedeutend höher war als heute Inzwischen setzte mit dem wirtschaftlichen Niedergang einer­seits eine selten dagewesenc Steigerung des Geldwerts, an­dererseits aber ein starkes Sinken des Wertes der Häuser ein. Der Verkauf eines Hauses in heutiger Zeit kommt da­her einer Verschleuderung gleich. Ist ein Neuhansbesitzer wegen Arbeitslosigkeit, schlechtem Geschäftsgang, Lohn- oder Gehaltsabbau nicht mehr in der Lage, seinen Verpflichtun­gen nachzukommcn. muß er sein Hans verkaufen oder wird cs ihm verkauft, so sicht er sich nicht nur um sein sauer Er­spartes betrogen, sondern muß noch froh sein, wenn er so viel löst, daß er seine Schulden damit begleichen kann. In vielen Fällen wird er dies aber nicht erreichen.

Aus dieser Notlage heraus ist derBund der württ. Neuhausbesitzer" entstanden. Diese Not zeigt sich besonders stark in industriellen Gegenden, wo viele fleißige, strebsame und sparsame Neuhausbesitzcr erwerbslos sind. Als letzten Herbst die wirtschaftliche Not in verstärktem Maße cinsetztc, die Zinsenlast dabei aber noch stieg und infolgedessen viele Neuhausbesitzcr plötzlich vor dem Zusammenbruch standen, ist in Göppingen der Bund gegründet worden. Wie not­wendig der Zusammenschluß war, zeigt seine rasche Ent­wicklung. Seit November vorigen Jahres ist er bereits auf annähernd 7099 Mitglieder angcwachscn. Ueberall im Lande wurden Ortsgruppen gegründet, denen häufig sämtliche Neuhausbesitzer am Platze beitratcn. Nur in wenigen Be­zirken fehlten noch Ortsgruppen, darunter auch in Calw.

Am letzten Samstag wurde nun auch hier eine solche gegründet. Leider konnte der 1. Vorsitzende des Bundes, Jugenürat Krauß von Göppingen, nicht selbst erscheinen. Dafür hatte die rührige Ortsgruppe in Frcudenstadt ihr Ausschußmitglied Opcrpostsekrctär Holl entsandt, welcher in dankenswerter Weise den Bortrag übernommen hatte. Sämtliche Neuhausbcsiher, welche der Einladung gefolgt waren, traten der Ortsgruppe bei. Es ist aber notwendig, daß auch die noch fehlenden Neuhausbesitzer sich dem Bund anschlteßen. Wer heute noch in der Lage ist, seine geldlichen

Verpflichtungen erfüllen zu können, kann morgen schon zu denen gehören, welche die Hilfe des Bundes brauchen. Und nur dann wird dieser etwas erreichen, wenn möglichst viele Mitglieder hinter ihm stehen. Was will nun der Bund? Es seien nur die wichtigsten Bestrebungen genannt: Ver­längerung der Steuerfreiheit, Ermäßigung des Zinses, so­wie der Tilgungsquotcn sür öffentliche Baudarlehen aller Art. Zinsfreie Stundung von Zinsen und Tilgungsartcn im Falle wirtschaftlicher Bedrängnis. Senkung des Zins­fußes der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute. Kostenfreie Be­ratung der BundeSmitglicder in allen Fragen, die ihre Eigenschaft als Neuhausbesitzcr anbelangt. Es ist nicht verwunderlich, daß der Bund gerade in Württemberg ent­stand und sich in kurzer Zeit so stark entwickelte. Nur zivei Vergleiche seien genannt, welche dies erklären. In Würt­temberg beträgt die Steuerfreiheit für den Neuhausbesitz 5 Jahre und kann seit kurzem im Falle der Bedürftigkeit und nur nach besonderer Eingabe auf sieben Jahre verlän­gert werden. In sämtlichen übrigen deutschen Bundesstaa­ten aber beträgt die Steuerfreiheit 819 Jahre. Die Württ. WohnungSkrcditanstalt verlangt für ihre Darlehen 5 v. H. Zins. In den andern Staaten werden nur 13 v. H. ver­langt. ES ist deshalb nicht unbillig, wenn die württ. Neu­hausbesitzer keine Ansnahmebehandlung verlangen und be­strebt sind, wenigstens das zu erreichen, was die Nenhaus- besitzcr im übrigen Reich schon immer hatten, also auch schon hatten, als wir noch in wirtschaftlicher Blüte standen. Der Bund der württ. Neuhausbesitzcr will nichteben wieder ein Verein" sein, sondern eine Notgemcinschaft, die sich praktische Erfolge zum Ziele gesteckt hat. denn nur dann hat er eine Daseinsberechtigung.

Vom Calwer Wochenmarkt

Auch auf dem Markt ist cs Frühling geworden. Blumen und Frühjahrsgemüse zeigen das Erwachen der Natur und neues Wachstum macht sich in verschiedenen Gewächsen be­merkbar. Die Gärtner, die nun mit frischen Gemüsen auf­warten können, haben den Markt wieder beschickt und brin­gen jetzt in der Hauptsache eigene Erzeugnisse zum Verkauf. Schöner einheimischer Kopfsalat, war auf dem Samstagmarkt zu 25 Pfg. das Stück angcbvtcn. Außerdem fehlte es nicht an Kresse, Monatsrettichen, Ackersalat. Salatsetzlingen, Spinat. Not- und Weißkraut, Noten Rüben, Schwarzwurzeln, Selle­rieknollen und Gelben Rüben. Die Hausfrauen haben jetzt wieder Abwechslung in den Gemüsearteu. Eier und Butter waren zu seitherigen Preisen angeboren. Beim Obst gehen die Preise sür schöne Ware etwas in die Höhe. Es wurden bis zu 16 Pfg. pro Pfund Aepfcl bezahlt. Durchschnittlich wur­den Preise von 19 und 11 Pfg. verlangt. Geringere Ware stellte sich niedriger. Obst sollte nur nach Qualität bezahlt werden. Dadurch würde der Obstmarkt gewinnen und schlechte Ware von selbst verschwinden. Von einem benach­barten Ort waren Johannisbeer- und Stachelbeersträucher, sowie Dahlienknollen «»geboten. Für Sträucher wurden für bessere Qualität 26 Pfg., für Dahlien 4989 Pfg. ver­langt. Der Absatz war aber gering.

Wetter für Mittwoch und Donnerstag.

Während sich von Skandinavien bis nach Spanien eine breite Tiefdruckfurchc erstreckt, zeigt sich bei Island bereits eine neue starke Depression. Für Mittwoch und Donnerstag ist deshalb immer noch unbeständiges Wetter zu erwarten.

*

Stammhelm, 4. April. Gestern abend stellte sich der Spit­zenkandidat der Deutschnationalen Volkspartei für den Be­zirk Calw, Stubienrat Sauttcr aus Stuttgart, in einer gut besuchten Wahlversammlung im Waldhorn seinen hie­sigen Wählerinnen und Wählern vor. Seine ruhigen und durchaus sachlichen Ausführungen fanden allgemeinen Bei­fall. Nachdem der Redner eingangs seine persönliche Stel­lung zu den politischen und parlamentarischen Fragen klar- gclegt hatte, ging er zu den Aufgaben des kommenden Land­tags über und zeigte dabei die Vorbedingungen für eine gesunde finanzielle und wirtschaftliche Entwicklung. An der Aussprache beteiligten sich Forstmeister Schiebt, Ober­lehrer Kömpf und Inspektor Gugel er Erst in vorge­rückter Stunde fand die anregende Versammlung, die bei

allen Teilnehmern tiefe Eindrücke huuerlassen hatte, ihr Ende.

Zavelstei», 4. April. Die Krvtiisiviescn standen am Sonntag in schönster Blüte. Der Andrang der Besucher mit Personenautos und Omnibussen, zn Rad und zu Fuß war ein ungeheuer großer, so daß in den Wirtschaften kaum ein Unterkommen zn finden war. Burgruine und Kroknsblntcn übten ihre alte Anziehungskraft aus.

Conweiler, 4. April. Bei der Ortsvvrstcherwahl wurde Bürgermeister Langenstein glänzend wicöcrgcwählt. Er er-, hielt sämtliche abgegebenen 668 gültigen Stimmen, Dabei haben 86 v. H. der Wahlberechtigten abgestimmt.

SCB. Pforzheim, 4. April. Als gestern abend der Führer eines Personenkraftwagens ans der Calwer Straße zwei Kinder, die ein Leitcrwägclchen zogen, überholen wollte, bogen diese plötzlich gegen die Straßcnmitte zu ab. Wäh­rend das eine Kind, ein 6 Jahre alter Knabe, von dem Auto ersaßt und etwa 29 Meter geschleift wurde, geriet das an­dere Kind, ein 7 Jahre altes Mädchen, unter das Fahrzeug und wurde überfahren. Die verletzten Kinder wurden sofort ins Städtische Krankenhaus gebracht.

SCB. Fellbach, 4. April. In der Nacht zum Sonntag stand beim Bahnhof eine Gruppe Menschen beisammen, die eben im Begriff standen, sich zn verabschieden, als drei an­getrunkene Reichswchrsoldaten in ihre Nahe kamen Einer davon sprang plötzlich vor und ries in die Gruppe hinein- Was ist hier los?" Er schlug dann den zunächst Stehenden ins Gesicht und packte einen zweiten an der Brust, daß die­sem sein mitgcsührtcS Fahrrad entfiel. Als er seinen Geg­ner abgeschüttelt hatte, wollte er sein Fahrrad wieder auf- heben. Der Soldat faßte diese Bewegung als Angriff auf, zog sein Seitengewehr und stach, so berichtet dasJcllbacher Tagblatt", darauf so rasend und blindlings um sich, daß 5 Personen mehr oder weniger durch Stiche stark verletzt wur­den.

SCB. Stuttgart» 4. April. Beim unachtsamen Ueber- schreiten der Fahrbahn wurde in der Bahnhofstraßc ein 49 Jahre alter Mann von einem Personenkraftwagen an- gcfahren und zu Boden geworfen. Er erlitt einen Untcr- schenkelbruch. In Feuerbach stürzte ein 29 Jahre alter Motorradfahrer. Seine 39 Jahre alte Frau und sein vier Jahre altes Kind, die auf dem Sozius-Sitz sich befanden, wurden ebenfalls zu Boden geschleudert. Die Frau erlitt eine Gehirnerschütterung. Auf der Kreuzung der Bahn­hof- und Kriegsbergstraßc erfolgte ein Zusammenstoß zwi­schen einem Personenkraftwagen und einem Motorrad. Bei dem Zusammcnprall trugen der 31 Jahre alte Motorrad­fahrer eine Gehirnerschütterung und seine 26 Jahre alte Frau eine Bcckenverletzung davon.

SCB. Stuttgart, 4. April. Die unter dem Vorsitz von Generalkonsul Dr. Wanncr heute abgchaltene Generalver­sammlung der Süddeutschen Rundfunk AG. genehmigte den vorgelegten Abschluß, der einen Reingewinn von 69 693 ^ aufweist. Hievon werden 49 999 ^ einem Sonderkonto zu­geführt. Besonders beachtenswert ist es. daß sich die Ein­nahmen aus den Teilnehmergebühren beträchtlich erhöht haben, und zwar von 1,92 auf 2,4 Millionen. Die Unkosten stellten sich auf 2,25 gegen 1,87 Mill. im Vorjahr.

SCB. Nürtingen, 4. April. Wie stark Sic gegenwärtige Wirtschaftsnot sich auswirkt, zeigt die Häufung der Sclbst- tötungen. Am Palmsonntag entfernte sich die Inhaberin einer Gemüsehandlung, eine Kriegerwitwe, von ihrer Woh­nung und konnte erst am Gründonnerstag erhängt aufgefun­den werden. Am 39. März erschoß sich in der Nähe der Stadt ein 24jähriger Mann, der in einem hiesigen Lichtspiel­haus in Stellung stand. Gestern früh nahm sich ein Metz­germeister in seiner Wohnung durch Erschießen das Leben. Im ersten und im letzten Fall ist der Grund zur Tat in finanziellen Schwierigkeiten zn suchen.

SCB. Pfrnngcn, 4. April. Hier mußte vor wenigen Ta­gen bei einem Landwirt daselbst eine Kuh notgeschlachtet wer­den, die vier Kälber im Leibe trug Alle vier Kälber, die ein Geivicht von 2 Zentner aufwicscn, waren tot. Gewiß eine Seltenheit in einem Viehstall.

Eine seltene Frau

44. Fortsetzung

Roman von Fr. Lehne.

Nachdruck verbot

-.Es enthielt die Mitteilung, daß Adrienne heute von Hai Heriibe7ko^m°n'w'olle.^^°"u^» °^"e. für einige Stund

von Breitenfeld bedeutete das Telegramm ei große Ueberraschung. Durch Th-as Heirat war sie mit d Schwester ganz außer Verbindung gekommen

Zum Tode des Hauptmanns hatte Adrienne erst wied in sehr herzlicher Weise geschrieben, und von da an gab, sie sich hin und wieder ein Lebenszeichen.

So hatte Agnes der Schwester vor einigen Monaten au mitgeteilt. daß Gerhard und Thea getrennt lebten. Sie woll ihr das nicht verschweigen, was sie sicher von anderer Sei doch erfahren hätte. Darauf hatte Adrienne gar nicht qean wartet. Sie hatte ihr nur einige Karten aus Wien geschri den, wo sie für längere Zeit Aufenthalt genommen ur jetzt auf einmal dieses Lebenszeichen!

Wie lcmge hatten sich die beiden Schwestern nicht mel gesehen. Das letztemal kurz vor Adas Verlobung mit D Kirchner. Und was lag nun alles dazwischen!

- Gerhard war jetzt hier! Wenn sie das wüßte, wärt sie sicher nicht kommen!

. Ein Gedanke durchzuckte sie plötzlich. War es nicht gu daß den beiden Gelegenheit geboten wurde, sich auszuspr, chcn? Und wer weiß? ' " ^

Sie schalt sich selbst phantastisch, abenteuerlich, an etwa zu denken, was doch ganz ausgeschlossen war. Aber wen Launen? ^as Schicksal nicht manchmal absonderlich

Sie richtete diesmal das Mittagessen sehr früh an, d Gerhard den Wunsch geäußert hatte, einen größeren Spazier gang zu unternehmen, von dem er sicherlich nicht vor Aden ruruck fern würde.

Frau Agnes verstand ihn. Er wollte nicht mit Adrienne Zusammentreffen.

Glühend schoß ihm das Blut durch die Adern, als er daran dachte, wie er ihr wohl gegenüberstehen würde was war er ihr denn noch?

Nein, kein Wiedersehen, nein!

15. Kapitel.

Aus Gerhards geplantem Spaziergang wurde es aber nichts. Das Wetter schlug um, ein rauher'Wind wehte, und der Himmel hatte sich umdüftert. Nicht lange dauerte es, und ein ausgiebiger Regen strömte hernieder.

Ihr könnt nicht fort. Gerhard. Teddy würde sich nur erkälten, und auch dir tut es nicht gut," bemerkte Frau Agnes.

Ich werde dann in denLöwen" gehen."

Doch sie wußte, welche Ueberwindung das Gerhard kosten würde, der in seiner Nervosität bisher ängstlich das Zusam­mensein mit fremden Menschen gemieden hatte. Deshalb sagte sie:

Wegen Adrienne brauchst du dir keine Unbequemlichkei­ten aufzuerlcgen, Gerd. Ich heize dein Zimmcrchen, und du machst es dir auf dem Diwan bequem; sie bleibt ja nicht lange. Ich verstehe dich; mir selber wäre es unter den Um­ständen auch lieber, Ada hätte ihren Besuch für später an­gesagt."

Er war doch zu aufgeregt, um heute die gewohnte Mit­tagsruhe zu finden. Unruhig ging er im Zimmer umher.

In dem kleinen eisernen Ofen prasselte ein lustiges Feuer. Der Regen schlug gegen die Fenster, vor denen blühende Topfgewächse standen, und alles in dem altväterlich einge- richteten Raum atmete Behagen und Gemütlichkeit.

Angespannt lauschte Gerhard.

Endlich hörte er die Haustür öffnen. Vorsichtig machte er seine Tür ein wenig auf. Adriennes schöne dunkle Stimme klang an sein Ohr das Herz klopfte ihm ungestüm. Cr warf sich auf den Diwan, von seinen Gedanken gequält. Nie­mals wie jetzt war ihm so deutlich bewußt geworden, welche»

Unrecht er der edlen Frau zugefügt, und sich selvsi in seinem unbeschreiblichen Leichtsinn!

Und er liebte sie noch!

Ja, er liebte sie noch nicht mit jener heißen Leiden­schaft, die ihn einst um Theas willen alles hatte vergessen taffen er liebte sie mit einer tiefen, sehnsüchtigen Liebe, wie man das Gute im Leben liebt.

Er ballte die Hände und drückte sie auf seine Augen, die ihm von den zurückgehaltenen Tränen brannten.

Agnes von Breitenfeld hatte schon vorher den Kaffee» tisch zierlich gedeckt, und jetzt war sie geschäftig um Adrienne bemüht, auf diese Weise am besten und leichtesten die Ver­legenheit meisternd, von der sie doch erfüllt war.

Sie fühlte sich der Schwester gegenüber so fremd, so we­nig Gemeinsames hatten sie miteinander gehabt. Die Ju­gend war längst dahin und die Schuld der Tochter stand jetzt zwischen ihnen wie eine feine, doch uniibersteigliche Schranke.

Agnes hatte Adrienne ein Kissen hinter den Rücken ge­legt und ein Bänkchen als Stütze der Füße gebracht.

O, nicht doch, Agnes, du verwöhnst mich ja."

Das Sofa ist nicht bequem; ich hoffe aber, daß du jetzt gut sitzest, liebe Ada."

Ja, ich danke dir, sehr gut."

Ein kleines Schweigen herrschte.

Agnes lauschte auf Teddys Stimme, der sich draußen sehr lebhaft mit der Aufwartefrau unterhielt. Sie wartete da­rauf, daß Adrienne nach dem Kinde fragte.

Diese spielte in Gedanken versunken mit ihrem Kaffee­löffel.

Agnes beobachtete sie.

Sie sah die feinen Linien, die Gram und Kummer in dieses stolze, schöne Gesicht gegraben und ihm einen müden, vorzeitig alten Ausdruck gegeben hatten. Das wundervolle kastanienbraune Haar war vollständig ergraut.

Das Schweigen drückte auf Agnes.

Sie fragte etwas hastig nach den Reisen der Schwester und bereitwillig gab diese Bescheid.

(Fortsetzung folgt.)