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Nr. 39

Amts- unä Anzeigeblatt für äen vberamtsbezirk c«'w

Mittwoch, den 17. Februar 1932

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Jahrgang 104

Der Sahm-Ausschuß beim Reichspräsidenlen

Ueber 3 Millionen Einlraoungen jür Hindenburg Der Reichspräsident vollzieht

die Unterschrift unter den Wahlvorschlag

TU. Berlin, 17. Febr. Oberbürgermeister Dr. Sa hm «nd mehrere andere Herren -es Hindenburg-Ausschusses wurden gestern vom Reichspräsidenten v. Hindenburg emp­fangen. Dr. Sahm hielt hierbei folgende Ansprache:

Herr Reichspräsident! Seit fast 7 Jahren bekleiden Sie die höchste Würde, die das deutsche Volk zu vergeben hat. Nach der Neichsverfassung mich Deutschland in wenigen Wochen erneut seinen Reichspräsidenten wählen. Zur Vor­bereitung der Wahl hat sich ein überparteilicher Neichsaus- schuß unter meinem Vorsitz gebildet, in dem alle Schichten -es deutschen Volkes vertreten find. Für diesen Ausschuß stehen heute vor Ihnen Vertreter aus den vier größten Ländern des Reiches, die Ihnen für die Bereitwilligkeit, sich für die Wahl zum Reichspräsidenten erneut zur Verfügung zu stellen, ehrerbietig danken wollen. Damit haben Euer Exzellenz Ihre Botschaft vom 12. Mai 1925der überpartei­lichen Zusammenfassung aller Arbeitswilligen und aufbau- bereiten Kräfte des deutschen Volkes zu dienen" neue Kraft verliehen.

Der vom Hindenburgausschuß erlassene Aufruf trägt die Unterschriften von namhaften Vertretern des religiösen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens. Weit hin- ausgehend über die gesetzliche Voraussetzung von 20V60 Stimmen für einen von den Parteien unabhängigen Wahl­vorschlag haben in kürzester Zeit drei Millionen deutscher Männer und Frauen aus Stadt und Land ihren Wunsch zu erkennen gegeben, daß Sie, hochver­ehrter Herr Reichspräsident in der jetzigen politischen und wirtschaftlichen Bedrängnis der deutschen Nation als ober­ster Führer erhallen bleiben. Unabhängig von jeder Or­ganisation des staatlichen und parteilichen Lebens ist dieser Wille bekundet worden.

Millionen Deutscher erblicken in dem Name» Hinbcn- burgs die wahre Uebermindnng des Parteigebictes, Sic Führung in die Freiheit, die Lösung von der unseligen Last der Kriegsschuldlüge. In Ausführung des Willens weiter Volkskreise bitte ich Eure Exzellenz somit Ihr Einverständ­nis zu erklären, daß Ihr Name auf dem Wahlvorschlag für die Neichspräsidentenwahl gefetzt wird.

Reichspräsident v. Hindenburg dankte mit folgenden Worten-Zunächst danke ich Ihnen Herr Oberbürgermeister herzlich für die an mich gerichteten freundlichen Worte. Wie ich in meiner abgegebenen öffentlichen Erklärung bekundet habe, bin ick) bereit,.eine etwaige Wiederwahl anzunehmen. Ich handele hierbei nicht ans persönlichem Ehrgeiz, sondern

im Bewußtsein meiner Verantwortung für Deutschland und im Gefühl meiner Pflicht.

Sie, meine Herren, stehen hier vor mir nicht als die Vertreter einer Partei, sondern als Angehörige -er ver­schiedensten Vernssstände und politischen Richtungen ans allen Teilen Deutschlands. Daß der Ruf an mich nicht ans­geht von einer bestimmten Partei oder Jnteressentengruppe, sondern von zusammensassendxn Ausschüssen aus den ver­schiedensten Gebieten des Reiches, hat mir meine Entschei­dung wesentlich erleichtert.

Ich erkläre Ihnen daher mein Einverständnis dazu, daß mein Name auf den von Ihnen vorbereiteten Wahlvorschlag für die Reichspräsidentenmahl gesetzt wird, und ich hoffe, ko mit meiner letzten Kraft dem dienen zu können, was mir in meinem langen Leben stets hoch und heilig war: Dem Vaterlands!"

Die Arbeit -es Hindenburg-Ausschusses beendet

Oberbürgermeister Sahm berichtete.gestern mittag vor der in- und ausländischen Presse über die lltägige Arbeit des Hindenburg-Ausschusses und dem Empfang der Aus- schubmitglieder beim Reichspräsidenten. Dr. Sahm bezeich- nete den Tag als einen geschichtlichen für das deutsche Volk und die ganze Welt und führte u. a. folgendes aus: Fern von jeder innen- und außenpolitischen Bestrebung hat der Ausschuß nur ein einziges Ziel verfolgt: auf überpartei­lichem Wege die Wiederwahl Hindenburgs zu ermöglichen Es war nicht Aufgabe des Ausschusses, zu irgendwelchen sonstige» politischen Fragen und Meinungsverschiedenheiten Stellung zu ntzhmen. ES lag dem Ausschuß fern, etwa eine Prvbeabstimmung für die kommende Präsidentenwahl zu veranstalten. Die heute erreichte Zahl von über 3 Mil­lionen Eintragungen erscheint höchst bedeutsam und etne glänzende Prognose für die Zukunft. Angesichts dieser Tatsache bin ich von dem erreichten Ergebnis mehr als be­friedigt. Wenn Parteien und einzelne Persönlichkeiten aus Neberzeugung für einen anderen Kandidaten das erreichte Ergebnis geringer bewerten, so möchte ich Voraussagen, daß diese Ansicht sicherlich berichtigt werden wird, wenn am Wahltag die vielen Millionen für Hindenburg stimmen wer­den. Sahm erklärte damit Sie Tätigkeit des Hindenburg- Ausschusses für abgeschlossen. Er schloß mit dem Wunsch, daß das deutsche Volk die Größe dieser Stunde erkennen und sich in den nächsten Wochen seines großen Volksheros Hindenburg würdig zeigen möge."

Tages-Spiegel

Reichspräsident von Hindenburg Hai gestern Len Vorsitzen­den und einige Vertreter d:S Hindsnburg-Ausschnsscs empfangen nud die Unterzeichnung des Wahlvvrschlages vollzogen.

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Wie in Paris verlautet, soll dis Lansanner Konferenz am 29. Juni, d. h. lg Tage vor dem Aülanf des Hoovcrscicr» jahres» eröffnet werden.

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Das Kabinett Laval wurde von einer Linksmehrheit im Senat wegen der Wahlreform gestürzt.

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Auf der Abrüstungskonferenz soll noch in dieser Woche b'e allgemeine Anssprache abgeschlossen wcrdrn. Es wird -an« die Vorlage der Einzel Vorschläge der Mächte erfolgen.

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Die österreichische Negierung hat bei mehreren europäische« Staaten «m Verhandlungen über eine wirtschaftliche An­näherung nachgxsucht.

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Der memelländische Landtag ist von Mitgliedern der Me*r- heitsparteie« einbernfe« worden. Er wird gegen die ti­tanischen Gewaltmatznahmen protestieren «r- das Direk- lorinm ToUschns als «ngef.tzlich ablehnen.

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In Spanien ereigneten sich neue Syndikalipennnrnhen. Bet Kämpfe« in Saragossa wurde« von'der Polizei 4 Auf­ständische getötet «nd 16 verwundet. Auch aus Indien wird ein ernentes Anflebe« der Ansstandsbewegnng ge­meldet.

Wiedererscheinen der Nationalsozialisten im Reichstag

TU. Berlin, 17. Febr. Wie derAngriff" mitteilt, wird die Fraktion der NSDAP, am 23. -s. Mts. geschlossen an der Sitzung des Reichstages tcilnehmcn und weiterhin im Reichstag verbleiben, so lange als es ihr zur Durchführung der parlamentarischen Kümpfe notwendig erscheint.

Wieder Freiverkehrshandel an den Börsen

TU. Berlin, 17. Febr. Der preußische Minister für Handel und Gewerbe hat den Börsenvorständen mitgeteilt, daß r mit der Abhaltung von Versammlungen der Wertpapier­börsen nunmehr einverstanden sei. Dabei soll jedoch zu- nächst von amtlichen Kursieststellungen abge­sehen werden. Des weiteren erscheint es notwendig, daß der Wertpapierverkehr sich nach der langen Dauer der Schiie- ßung in der nächsten Zeit unbeeinflußt von ZwangsverkLmen von Wertpapieren iLombard, Effekten) entwickelt. Es sollen daher vor der Wiederaufnahme der Börsenversammlungcn Beschlüsse der Verufsvereinigung des Bankgewerbes veran­laßt werden, nach denen sich ihre Mitglieder verpflichten, Zwangsexekutiven im Börsenverkehr vorläufig nicht vorzu­nehmen.

Der Berliner Börsenvorstand wird in den nächsten Tagen Zusammenkommen, um den Termin für die Wiedereröffnung der Wertpapierbörse festzusctzcn. Cs ist damit zu rechnen, daß in der kommenden Woche eine Wicderingang- setzung des Effektenhandels erfolgen wird. Ge­schäfte. die innerhalb der Börse getätigt werden, dürfen je­doch nicht veröffentlicht werden.

Oesterreich braucht Wi'rlschaftsramn

Handelspolitischer Schritt Oesterreichs bei de« Mächte«

TU. Wie«, 17. Febr. Der österreichische Bundeskanzler, Dr. Buresch, empfing gestern die Gesandten der Hauptmächte Deutschlands, Englands, Frankreichs und Italiens und teilte ihnen mit, baß Oesterreich unbedingt einer Erweiterung seines wirtschaftlichen Arbeitsraumes be­dürfe, der aber tatsächlich durch die Wirkungen der Welt­wirtschaftskrise immer mehr eingeengt werde.

Die österreichische Negierung erkläre deshalb, daß sie mit allen Nachbarstaaten und mit allen Staaten, die dazu bereit seien, in Verhandlungen über eine wirtschaftliche Annähe­rung einzutreten wünsche. Bisher seien allerdings alle Ver­suche, die in dieser Richtung unternommen wurden, an poli­tischen Schwierigkeiten gescheitert. Jetzt sei es eine Lebens­notwendigkeit für Oesterreich, daß solche Ver­handlungen stattsinden und zu positiven Ergebnissen führen. Der Bundeskanzler ersuchte die Gesandten, ihre Negierun­gen zu bitten, die Bestrebungen Oesterreichs in weitgehend­stem Maße zu fördern.

Das Pariser Kabinett Laval gestürzt

Regierungskrise über die Wahlreform Kein Einfluß aus die französische Politik

in Genf

TU. Paris, 17. Febr. Die Negierung Laval ist im Senat mit 157 gegen 134 Stimmen gestürzt worden. Dem Rücktritts- gesnch der Negierung wurde vom Präsidenten der Republik stattgrgcbcn. Als Nachfolger Lavals wird in der Presse Tar- dien genannt, doch ist es nicht ausgeschlossen, - die Linke versuchen wird, die Negierung zu übernehmen. I» diesem Falle dürste Hcrriot mit der Kabinettsbildung beauftragt werden.

Das Kabinett Laval ist über einen Jnterpellationsantrag des radikalsozialen Senators Peyronuct, der die allgemeine Politik der Negierung betraf, zu Fall gekommen. Mil einer Nekordgeschwindigkeit die Sitzung dauerte knapp eine Stunde wurde das Schicksal Lavals entschieden. Der An­trag des Ministerpräsidenten, die Interpellation mit Rück­sicht aus die Abrüstungskonferenz auf den 19. Februar zu verschieben, der mit der Vertrauensfrage verbunden war, wurde in namentlicher Abstimmung mit 157 gegen 134 Stim­men vom Senat abgelehnt.

Die Lage ist erst dann voll verständlich, wenn man die zunehmende Mißstimmung des Senats gegen die Kammer in Rechnung stellt, nud das Wahlreformgesetz in den. Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Die in der Kammer ge­schlagene Opposition unter Führung Herriots und Leon Blums war sich dessen bewußt, daß dieses Wahlreformgesetz für die Opposition entscheidend war. Die politische Erfahrung hat Frankreich gelehrt, daß immer die jeweUs am Ruder Befindlichen bei den Neuwahlen im Vorteil waren, und daß die Wahlbezirke ihren bisherigen Abgeordneten im 1. Wahl­gang stets eine relative Mehrheit zu sichern pftegten. Erst die Stichwahl gab dann der Opposition die Möglichkeit, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen und das Stimmverhältnis dadurch grundlegend zu verändern. In der Kammer geschlagen und in höchste Gefahr gebracht, zog die

Linke die Kabinettskrise zur Zerschlagung der Wahlreform­vorlage als das kleinere Uebel vor. Jetzt fragt sich, wie sich das neue Kabinett zusammensetzen soll Eine Negierung Herriot scheint unwahrscheinlich, da die Kammer kein radikal­sozialistisches Regiment dulden würde. Es bleibt die Mög­lichkeit eines Geschästskabinetts aus Senatoren etwa unter Führung -es früheren Ministerpräsidenten Barthou. oder ein Kabinett Tardieu. Ferner ist das Gerücht verbreitet, daß man mit einem Kabinett Tardieu-Paul-Boneour rechnen könne.

Die K«mmermehrheit gegen den Senat ISO Abgeordnete der verschiedenen Gruppen der Kammer­mehrheit sind nach der Senatsabstimmung zusammengetreten, um ihrer Ueberraschung über den Sturz Lavals Ausdruck zu geben. In einer Entschließung heißt es, daß diese Ueber­raschung um so größer sei, als der Senat das Kabinett ledig­lich über die Frage des Zeitpunktes einer Aussprache ge­stürzt habe und dies in einem Augenblick, wo die fran­zösischen Interessen in Genf auf dem Spiel ständen und wo Sie Regierung konkrete Vorschläge für die Organisierung des Friedens unterbreitet habe. Die bisherige Mehrheit sei daher entschlossen, ihr Vertrauen nur einer solchen Re­gierung zu schenken, die sich von der Politik der nationalen Einigung leiten lasse, so wie sie die Mehrheit in der Kam­mer unter den Kabinetten Pvincark, Tardieu und Laval stets vertreten habe.

Der Sturz des Kabinetts Laval wird in Genf lebhaft erörtert. Man vertritt dt« Auffassung, daß sein Rücktritt keinen Einfluß auf die auswärtige Politik ausübt und insbesondere die Haltung der französischen Ne­gierung auf der Abrüstungskonferenz hierdurch nicht berührt wird. AuS französischen Kreisen wird mitgeteilt, daß Tar- -ie» nicht die Absicht hat, Genf zu verlassen.