Erscheinungsweise: täglich mit Ausnahme <ler Senn- unä Festtage

Anzeigenpreis: s) im Anzeigenteil: äie Seile 20 Soläpsenntg« d) im Reklametetlc «lte Seile 6S Soläpfennig«

Aus Lammeianzeigen kommen 50"/° Suschlag

Für platzvonchriften kann keine Sewähr übernommen weräen

V«rtcht»ftanü f«' »«»4« r,,i» «ft cot»

Amts- unä Llnzeigeblatt für äen Oberamlsbezirk La«w

Bezugspreis:

In äerSta<it40Solüpf«nnig« n>Schenliich mit Drägerlohn Post-öezugsprei, 40 Soiä- psennige ohne Lestellgelä

Lchlub äer Anzeigen­annahme S Uhr vormittags

Zn KMrn höhere- Gewalt befteh« kelnKnIprnch aosLteferung <t«r Seltung o-Ier ans Rückzahlung

«le» Sezngwreii«

Fernsprecher Nr. S

verantwort!. Lchristieitung: Friecirich Hans Scheele Druck unä Verlag 6er A. Qrlschlüger'schen Suchäruckerel

9!r. 33

ÄNNwoch, den 10. Februar 1932

Jahrgang 104

Brüning fordert in Genf Gleichberechtigung

Der Reichskanzler beiont in slaatsmännijch klu er, maßvoller Rede den deutschen Anspruch auf allgemeine Abrüstung

Die Abrüstungskonferenz erlebte Die Sitzung stand völlig im Zci-

TU. Eens. 10. Fcbr. gestern einen großen Tag. chen der grasten Rede des Reichskanzlers Brüning, in der zum ersten Maie Deutschland vor den Vertretern der ganzen Welt osscn seinen feierlichen Rechtsanspruch auf Er­füllung der Deutschland im Versailler Vertrag zugesicherten Verpflichtungen zur allgemeinen Abrüstung darlcgtc. Der Kanzler sprach ungewöhnlich ruhig und gehalten. Schon Lei seinen ersten Worten herrschte atemlose Stille im ganzen Saal. Ter Reichskanzler verwies zunächst ans die mora­lische Verpflichtung -er Welt, aus der Grund.'age völlig gleicher Rechte und Pflichten durch freiwilligen Ent­schluß die allgemeine Abrüstung Lurchzusühren. die neben einer großzügigen und entschlossenen Liquidierung der finanziellen und wirtschaftlichen Nestbeständc des Krieges als die große Aufgabe der Gegenwart bezeichnet wurde, die allein die Menschheit zu neuem Ausstieg emporführen könne. Der Reichskanzler stellte mit Nachdruck fest. Laß die Kricgsgene- ration aus dem persönlichen Erlebnis des Weltkrieges her­aus besonders berufen sei, diese Aufgabe zu lösen.

Brüning wies auf die Erklärungen eines kettenden ame­rikanischen Staatsmannes gemeint ist wohl Hoover hin, der erklärt hatte, daß das internationale Vertrauen nicht auf Furcht, sondern nur auf gutem Willen aufgcbaut werden könne und unterstrich mit grober Entschiedenheit die Bereitschaft Mussolinis, eine gänzliche Abrüstung aus der Grundlage der Gegenseitigkeit anzunchmcn. Der Reichs­kanzler schilderte sodann die katastrophale Notlage der Welt, die stch in keinem Lande so furchtbar auswtrke, wie in Deutschland und die zweifellos vor allem aus den politischen Zahlungen und den übertriebenen ungleichen Rü­stungen beruhe.

In seinen weiteren Ausführungen meldete der Reichs­kanzler feierlich den deutschen Rechtsanspruch aus die allgemeine Abrüstung und die Erfüllung der Deutschland im Versailler Vertrage gegebenen Zusagen durch die im Völ- kcrbnndspakt geschaffenen Verpflichtungen zur allgemeinen Abrüstung an. Nichts könne die Abrüstungskonferenz von der Verantwortung frcisprechen, wenn sie scheitern sollte. Die deutsche Negierung und das deutsche Volk korderten nach der eigenen Entwaffnung die allgemeine Abrüstung, auf die Deutschland einen rechtlichen und moralischen Anspruch habe. Brüning lehnte dann den Abkommensentwurf als Grundlage der Besprechungen ab. da er nicht den Er­fordernissen einer wirklichen Abrüstung entspreche und kün­digte deutsche Vorschläge an, die für eine allgemeine und wirksame Herabsetzung der Rüstungen praktische Wege öff­nen sollen.

Der Kanzler wandte sich hieraus indirekt gegen die kr a n z ö s i s ch cn V o r s ch l ä g e. die als eine Umgehung des Kon'ercnzzieleS bezeichnet werden und die aus den pflichtge­mäßen Widerstand aller Verantwortlichen stoßen müßten. Er schloß mit der feierlichen Erklärung, daß Deutschland als vollberechtigtes und vollverpflichtctes Mitglied des Völker­bundes mit allem Nachdruck für eine allgemeine Ab­rüstung unmißverständlicher Art aller Mitglieder bcS Völkerbunds ctntrete und ein gleiches Maß von Si­cherheit für alle Völker fordere.

Die Rede des Reichskanzlers wurde fortgesetzt von starkem Beifall unterbrochen, und fand zum Schluß langanhaltenden Beifall. Nur die französische und polnische Abordnung nahmen an dem allgemeinen Beifall nicht teil.

Bor Reichskanzler Brüning hatte der amerikanische Bot­schafter Gibson gesprochen. Er erklärte, die Vereinigten Staaten seien entschlossen, weiterhin an der Lösung des Ab- rüstungsprvülems mit allen Kräften mitzuwirken und legte dann in 9 Punkten das amerikanische Abrüstungs« Programm vor. ES umsastt 1. Behandlung der Ab- rüstungösragc auf der Grundlage des Abkommensentwurses als allgemeine VerhandlungLgrundlage unter Berückfichti- gnng aller anderen Vorschläge. 2. Verlängerung der Washingtoner und Londoner Flottenabkoinmen, insbesondere durch Beitritt Frankreichs und Italiens. 3. Proportionale Herabsetzung der in dem Washingtoner und Londoner Flot­tenabkommen festgesetzten Tonnage. 4. Völlige Abschaffung der Unterseeboote, ö. Dchntz der Zivilbevölkerung gegen Waffenailgriffc. 6. Vollständige Abschaffung des Gas- und chcmischcn Krieges. 7. Besondere Beschränkungen für Tanks, schwere Geschütze und alle Waffen, besonders offensiven Cha- rakters. 8. Prüfung der Herabsetzung der Heeresausgaben d» ergänzende Methode für die direkte Beschränkung Herabsetzung -es aktiven Nüstungsstandes

Grundlage, die mit der nationalen Ver­teidigung vereinbar ist.

Brüning vor der international?« Presse.

Reichskanzler Brüning empfing gestern nachmittag im Ho.el Mctro^ol die Vertreter der internationalen Presse, denen er in deutscher Sprache folgende Erklärung abgab:

In meiner heutigen Erklärung vor der Vollversammlung habe ich bereits den Friedens willendesdeuts chen Volkes hervorgchobcn. Ich kann nur nochmals betonen, daß dieser Wille austeroröentlich ernst ist »nd meine Ausfüh­rungen darüber restlos der Wahrheit entsprechen. Ebenso stark ist die Forderung des deutschen Votkrs nach gle i che in Recht, die von jeder deutschen Negierung mit dem gleichen Ernst vorgebracht werden wird. Deutsch­land ist abgcrüstet und die Abrüstung ist feierlich anerkannt. Es ist ein Gebot des Rechts, baß Tenlschland die Forderung erbebt, daß im Interesse des allgemeinen Friedens diesem Beispiel nach so vielen Jasren gefolgt wird. Die deutsche Regierung wird an dieser Forderung sesthalten und ist sich darin völlig einig. Ich bitte Tie, nicht zu glauben, daß in dieser Richtung verschiedene Auffassungen in Deutschland be­stehen. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, vor derganzenMenschheitdieForderungaufAb- rüstungnndVereinignngöerpolltischenZah- lungen zu erheben der Augenblick ist jetzt kür die Staatsmänner da, mutig und schnell die Folgerungen zu ziehen. Ich bitte Sie, dafür Sorge tragen zu wollen. Laß -er Mnt sür eine klare Bahn in der ganzen Welt gesunden wird.

Die Ausnahme der Kanzlcrrcde

In internationalen Kreisen wird übereinstim­mend der gemäßigte Charakter der Kanzlerrede hervor- gehoben. Auf französischer Seite erklärt man, weit schärfere Ausführungen erwartet zu haben. In englischen Kreisen wird die Rede Brünings inhaltlich begrüßt und die Uebercinstim- mung mit den Erklärungen des englischen Außenministers in wesentlichen Punkten fcstgcstellt. Man nimmt allgemein an. daß der gemäßigte Charakter Ser Rede aut die inter­nattonale Lage und die bevorstehenden Tributsverhanülun- gen zurückzusühren ist und daß die deutsche Netchsregterung sich ihre endgültige Stellungnahme und ihre Vorschläge für den zweiten entscheidenden Abschnitt der Abrüstungskonferenz im Laufe dieses Sommers Vorbehalten will.

Sämtliche Berliner Blätter unterstreichen die poli­tische Bedeutung der Rede des Reichskanzlers in Genf. Der »Angriff" kritisiert, daß der Kanzler nicht ein einzigcsmal Frankreich als die ewige Bedrohung des Weltfriedens ge­nannt habe und voller Optimismus von der Völkerbunds­arbeit gesprochen habe. Brüning habe eine große, wohl seine letzte außenpolitische Chance verpaßt. DerLokalanzei­ger" hebt hervor, daß Brüning vieles von dem gesagt habe, was zu sagen gewesen sei. Der Eindruck des deutschen Auf­tretens sei zum Schluß jedoch gewesen, daß Brüning eine

Tages-Tpiegel

Reichskanzler Brüning hat gestern vor der Abrüstungskonfe­renz in sehr maßvoller Liede das deutsche Recht ans all­gemeine Abrüstung verfochten und an die Einsicht Staatsmänner appelliert.

der

Nach Genfer Berichten sollen sich die beteiligte« Staats­männer in Gens dahin geeinigt haben, die Lribnllenserenz im Juni stattsinden zu lassen. Zuvor sollen »och Vorver­handlungen geführt werden.

»

Manen versucht, die Behandlung des MemelkonsliktS vor dem Völkerbunösrat zu verschleppen, wogegen der deutsche Vertreter im Rat Einspruch erhoben hat. Nach einer Ha- vasmeldung soll der NechtSbrnch der Msmelkonventkon mit französischer Rückendeckung erfolgt sei«.

»

Die Gesamtzahl der Erwerbslose« belief stch am 31. Januar im Reich ans S üll iM.

Wie der Hindcnburgansschnß mitteilt, belauseu stch die bisher gemeldeten Einzeichuungeu sür Hrndeaburg ans llkllvüll. Hitler erklärte in Berlin» der Entschluß der NSDAP, znr Präsidentenwahl werde eine Wllioncnpartei vor Begeiste­rung aufschreien lassen.

»

Wie aus Guayaquil gemeldet wird, hat die Negiernng von Ecuador beschlossen, den Goldstandard anfzngeben.

große Gelegenheit nicht genug genutzt habe. DieDAZ." unterstreicht, daß der Grundsatz der Gleichheit und Gleich­berechtigung durch alle Absätze der Rede hindurchgehe Wenn es so an Andeutungen nicht fehle, so hätte man doch Prä­zisionen oorgezogcn.

Liibulkonserenz im Juni?

TN. Genf, 10. Feür. Von gut unterrichteter englischer Seite wird dem Vertreter der Tclcgraphen-Nnion miigcieilt, daß in den Unterredungen Dr. Brünings mit Simon, Tar- dleu und Grand! am Montag eingehend die Frage der Ein­berufung der Neparatlonskonkerenz sür Mitte oder Ende Juni erörtert worden sei. Es soll eine grundsätzliche Uebercinstimmung über die­sen Zeitpunkt erzielt worden sein. Ferner sei erwogen wor­den. daß während der Anwesenheit MacLonalLs In Genf tin einigen Wochen! eine Vorbesprechung zur Vorbereitung der Konferenz stattsinden solle, an der außer Brüning und Mac» öonalö möglicherweise auch Laval und Granüi tcilnehmen würden.

In der Unterredung ist übereinstimmend der Wunsch znm Ausdruck gekommen, in einer Vorbesprechung der vier hauptsächlich an der Neparativnssrage interessierten Mächte eine Klärung aller in Frage kommenden Probleme zu erreichen.

Litauen entzieht sich dem Völkerbundsrat

Deutscher Schritt gegen die Kownoer Verschleppungsmanöoer

Geuf, 10. Fcbr. Staatssekretär vo n B ü l o w hat am Dienstag abend bei Eröffnung der VölkcrbundsratSsttzung an Stelle der mündlichen Erklärung dem Generalsekretär des Völkerbundes ein Schreiben übermittelt, Las mährend der Sitzung sämtlichen Mitgliedern des Völkerbundsrates zur Kenntnis gebracht wurde. Der Generalsekretär hat den Wortlaut des Schreibens Unverzüglich telegraphisch -er litauischen Regierung übermittelt. Das Schreiben hat fol­genden Wortlaut:

Herr Generalsekretär! Den Mitgliedern des Rates ist bekannt. Laß der Herr Reichskanzler Dr. Brüning im Namen der Scnischen Negierung eine ernste und äußerst dringliche Angelegenheit des Memelgcbietes vor dem Rate anhängig gemacht und um eine sofortige Sitzung -es Rates zu diesem Zwecke gebeten hat. Zu meinem großen Bedauern kann die Angelegenheit nicht in der heutigen Ratssitzung behandelt werden, weil kein bevollmächtigter Vertreter der litauischen Negierung in Genf anwesend ist. Ich möchte hente zum Aus­druck bringen, Latz meine Negierung die Angelegenheit sür so wichtig und dringlich hält, daß diese keinerlei Aufschub mehr zuläßt. Sollte daher die Frage der Teilnahme eines bevollmächtigten Vertreters Ser litauischen Negierung nicht unverzüglich geklärt werden, so muß ich mir Vorbehalten, wegen der weiteren Behandlung der Angelegenheit die not. wendigen Anträge zu stellen. Ich darf Sie bitten, diesen Brief sogleich zur Kenntnis des NateS zu bringen.

Gez.: vonBülow."

Der neue deutsche Schritt in der Memelfrage ist daraus zurückzusühren, daß die litauische Negierung auf die am

Montag telegraphisch an sie gerichtete Aufforderung, unver­züglich einen Vertreter sür die Verhandlungen im Völkcr- bundsrai wegen Bruches der Memelkonvention zn ernennen» geantwortet hat, der Außenminister Zaunius seierkrankt". Die litauische Negierung hat entgegen der Aufforderung des Generalsekretärs des Völkerbundes keinen Vertreter sür die Ratsverhandlungen ernannt. Es liegt somit ein ossensicht- licher Versuch der litauischen Negierung vor, die Natsver- handlung zu sabotieren.

«

Das Verhalten der Kownoer Regierung hat In Genf eine starke Verstimmung ausgelüst. zumal man sich im Kreise der Garantiemächte doch schon darüber klar ist, daß sür die Kov- noer Regierung keine juristische Handhabe gegeben war, den LandeSprästdenten Böttcher abzusetzen und das ganze Direk­torium durch andere Persönlichkeiten zu ersetzen. Die Garan­tiemächte sind auch uns gegenüber hörbar von Litauen ab- gerttckt. was aber nicht ausschließt. daß namentlich die Fran­zosen hintenherum unzweifelhaft den Litauern den Rücken stärken. Der Generalsekretär Drummond hat die Kownoer Negierung telegraphisch aufgesordert, schleunigst einen Be­vollmächtigten nach Genf zu schicken. Ob aber dieses Tele­gramm postwendend erledigt wird, ist mehr als fraglich. Wir glauben im Augenblick nicht daran, daß schon in zwei Tagen die außerordentliche Ratstagung steigt. Kommt der Rat zu Entschlüssen, ohne Litauen gehört zu haben, dann wird die Kownoer Regierung ihrer ganzen Einstellung nach die Rats- bcschlüsse sicher nicht durchführen, sondern ansechten «nd als Begründung anführen, daß sie nicht gehört worden wäre.