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Nr. 12

Samstag, den 16. Januar 1832

Jahrgang 104

Englands Pläne für die Tributkonferenz

Weiterer kurzfristiger Zahlungsaufschub vor endgültiger Tübutregeiung Hoffnung

auf amerikanischen Kriegsschuldenverzicht

TU. Berlin, 16 . Jan. In der französischen und zum Teil auch i» der englischen Presse werden Gerüchte verzeichnet, die von einer Verschiebung der Tributskonferenz sprechen. In Berlin ist von einer derartigen Absicht nicht das Ge­ringste bekannt. In unterrichteten Kreisen wird betont, der Baseler Bericht bringe deutlich zum Ausdruck, daß Gefahr im Verzüge sei und daß die Konferenz so bald wie möglich zusammentreten müsse. Der Zeitpunkt des 25. Januar stehe nach deutscher Auffassung fest, nachdem alle Machte sich mit diesem Termin einverstanden erklärt haben.

Der französische Botschafter Francois Poncet hat gestern nachmittag den Reichskanzler ausgesucht, mit dem er eine längere Unterhaltung hatte.

Englands Pläne für Lansanne

Der deutsche Botschafter in London besuchte gestern abend den englischen Außenminister, mit dem er die Trivntfragc und die Vorbereitungen für die Lausanner Konferenz be­sprach. Der englische Außenminister unterrichtete den Bot­schafter über die jüngsten Strömungen, die sich im englischen Kabinett zugunsten einer kurzfristigen Verlänge­rung des Tributmoratoriums durch die Lausan- ncr Konferenz bemerkbar machen. Durch sie soll der Weg zu einer endgültigen Regelung der Reparationsfrage offen bleiben.

AuS durchaus zuverlässiger Quelle verlautet, daß England den Plan eines Sonderabkommens oder einer Sonderver- ständigung mit Frankreich vor dem Zusammentritt der Lausanner Konferenz endgültig aufgegebcn habe. Es wird betont, daß während der Verhandlungen zwischen den eng­lischen und französischen Finanzsachverständigen in Paris England keine Verpflichtungen eingegan- gen ist und auch in Zukunft keine Sonderabmachungen ein- gehen wird. Die englische Politik lege vielmehr Gewicht auf eine allgemeine Verständigung zwischen den europäischen hauptsächlistcu Gläubigcrmächten und dem Schuldncrstaat Deutschland über die großen Linien der in Lansanne einzu­schlagenden Politik. Die englischen Bestrebungen gehen dahin, auf der Lausanner Konferenz eine Verlängerung des Tribut moratori ums um etwa 56 Monate zu bewirken und es wird Wert darauf gelegt, daß die Mächte sich schon in Lausanne darauf fest legen, die Erörte­rung -es Planes zur endgültigen Regelung des Schulde »Problems in Angriff zu neh­men.

Möglicherweise wird die englische Negierung von sich aus diesbezügliche allgemeine Richtlinien bekanntgeben, di« als Ausgangspunkt der Verhandlungen dienen könnten. Nach kurzer Sitzung soll dann die Konferenz dem englischen Wunsche nach bis zu einem Zeitpunkt vertagt werden, der so frühzeitig liegt, daß Amerika rechtzeitig in die Lage versetzt werden kann, die europäische Lage nochmals vor dem

15. Dezember nachznprüfen, an dem die nächsten inter­alliierten Schuldenzahlnngen in Washington fällig werden, lieber Einzelheiten, worunter z. B. besondere Zusagen an Deutschland oder Pläne über die Art des Herantretens an Amerika fallen, sind noch keine Beschlüsse gefaßt worden. Man verkennt englischerseits nicht, daß möglicherweise mit einem Widerstand Frankreichs zu rechnen ist. ins­besondere gegen etwaige Versprechungen einer endgültigen Lösung.

Deutscherseits würde man bei einer etwaigen Annahme des englischen Planes Wert darauf zu legen haben, ganz be­stimmte Garantien zu erhalten, daß die Verhandlungen über eine endgültige Lösung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch in diesem Jahre ausgenommen werden, - die Rückwirkungen der Krise auf Deutschland gebührend berück­sichtigt und die vom deutschen Kanzler gemachten Erklärun­gen nicht außer Acht gelassen werden.

Die Vorbereitungen der englischen Regierung, zur Kon­ferenz stützen sich, wie in englischen Wirtschaftskreisen be­stätigt wird, auf den sogenannten City-Plan, der vorsieht, daß die Konferenz zunächst ein kurzes Tributmoratorium für Deutschland beschließt, so daß auch über den 1. Juli 1982 Hinaus keine Bargel dtrivutk gezahlt wer­den und daß nach Ablauf einiger Monate die Konferenz er­neut znsammentritt, um sich dann einem Plan zur endgülti­gen Lösung zuzuwenden. Man hofft auf dieser Grundlage schon vor dem Zusammentritt der Konferenz eine Einigung zwischen England, Frankreich, Italien und Deutschland zu­stande zu bringen, wofür die Anzeichen günstig beurteilt wer­den.

Amerikanischer Jrontwc^sel in der Kriegsschuldenfrage?

Daily Expreß meldet ans Neuyork, daß ein amerikani­scher Frontwechsel in der Kriegs s ch u ldcnsragc als sicher betrachtet werde. Die Kongrcßmehrheit, die den Bemühungen Hvovers noch vor einem Monat feindlich gegenübergestanden habe, werde ihre Stellungnahme erneut nachprüfen. Selbst die schärfsten Gegner einer Streichung oder Herabsetzung der Schulden hätten jetzt nach der deut­schen Erklärung, daß weitere Tributzahlungen unmöglich seien, bekannt, daß eine Lösung gefunden werden müsse. In Washington spreche man bereits ganz offen die Ansicht aus, daß den Vereinigten Staaten nichts anderes übrig bleiben werde, als entweder die Kriegsschulden frei­willig herabznsetzen oder überhaupt nichts zu erhalten.

Ter PariserTemps" folgert aus den letzten Erklärun­gen Hoovers, daß Amerika sich einer europäischen Initiative hinsichtlich einer vorläufigen Lösung der gesamten Schulden­frage nicht verschließen würde. Man sehe wohl ein, so sagt das Blatt, daß die Washingtoner Regierung vor den Wah­len eine endgültige Lösung dieser Frage nicht vornehmen könne. Deshalb sei die Forderung eines kurzen allgemeinen Zahlungsaufschubes, der eine spätere endgültige Lösung vor- vereiten könne, um so bcrc chtigter.

Reichskabinelt und Abrüstungskonferenz

TU. Berlin, 16. Jan. Das Reichskabinctt trat am Frei­tag nachmittag zu einer längeren Besprechung über die Vo r- bereitungen zur Abrüstungskonferenz zu­sammen, in der der Leiter der deutschen Abordnung, Bot­schafter Nadolny, einen eingehenden Vortrag hielt. Die nächste Kabinettssitzung, in der die Agrarfragen be­sprochen werden sollen, ist für Montag in Aussicht genommen worden.

In einem Brief an die englische Bölkerbundsvereinigung schreibt der englische Außenminister Sir John Simon, daß die bevorstehende Abrüstungskonferenz nnr die erste einer ganzen Reihe von Konferenzen sein werde. Ihre Er­gebnisse müßten dementsprechend beurteilt werden. Sir John Simon legt der Bölkerbundsvereinigung nahe, dafür zu sorgen, daß die Hoffnungen ans einen Erfolg der Konfe­renz nicht zu hoch gespannt werden.

Deutsche Kundgebung an die Weltabrüstungskonferenz

TU. Berlin, 16. Jan. Zur Vorbereitung der Abrüstungs­konferenz hat sich in Deutschland ein Ehrenausschuß für die deutsche Kundgebung zur Abrüstungskonferenz gebildet. Die­sem Ausschuß gehören Persönlichkeiten aller Parteien an. Er erläßt folgenden Aufruf, zu dessen Unterzeichnung er alle deutschen Mcsuner und Frauen auffordert:

-Die Unterzeichneten Männer und Frauen Deutschlands fordern von der internationalen Abrüstungskonferenz, daß ne sofort und ohne Zögern den Verpflichtungen nachkommt.

die hinsichtlich der Verminderung der nationalen Rüstungen eingegangen worden sind. Damit.würden gleichzeitig die Erwartungen und Hoffnungen der Welt auf eine friedliche Entwickelung der Erfüllung nähcrgebracht werden.

Die ehemaligen Alliierten haben im Vertrag von Ver­sailles ihr Wort verpfändet, daß die Abrüstung bestimmter Nationen nur die Einleitung einer allgemeinen Ent­waffnung sein sollte. Die Satzungen -eS Völkerbundes sichern die allgemeine Abrüstung zu. Die Nationen find in feierlicher Weise übereingekommen, Laß drohende Konflikte des Völkerlebens nicht durch Krieg entschieden, sondern a u f friedlichem Wege deigelegt werden müssen. Schließlich ist durch den Kelloggpakt -er Krieg geächtet worden.

Ohne Zweifel muß der nächste Schritt eine durchgrei­fende Herabsetzung der Rüstungen sein. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn alle Arten und Gattun­gen der Rüstungen gleichmäßig herangezogen werden. Der Friede kann nur durch eine allgemeine Abrüstung ge­sichert werden. Der Krieg wird verschwinden, wenn die Re­gierungen der Völker es nur wollen. Die Regierun­gen werden wollen, wenn die Völker sie dazu zwingen."

Telegrammwechsel BrüningBriand

TU. Berli«, 16. Jan. Reichskanzler Dr. Brüning rich­tete am Freitag au den aus dem Amt geschiedenen Außen­minister Briand ein Telegramm, in dem er ihm die besten Wünsche für seine Genesung ausspricht. Briand hat in einem Antworttelegramm seinen Dank für die Wünsche aus­gesprochen.

Tages-Spiegel

Die englische Regierung plant, auf der Lausanner Tribut» konscrenz eine« «eitere« kurzen Zahlungsansschub siir Deutschland »orzuschlage« und erst in einigen Monaten die Tribntregelnng endgültig zu vollziehen. Jnzwischca hasst man auf amerikanische Zugeständnisse i« der Schul» denfrage.

Die Reichsregierung beschäftigte sich gestern mit de« Vor­bereitungen zur Abrüstungskonferenz. Die Agrarfragen kommen erst am kommende« Montag znr Beratung.

Nach Angabe des Deutschen Städtetages hat sich die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen im Reich innerhalb des letz­ten Jahres nahezu verdoppelt. Der Auswand der Gemein­den an Fürsorgelciftnnge« beträgt jährlich eine Milliarde Reichsmark.

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England bringt zur Behebung der Absatzkrise regionale Ab» kommen mit Vorzugszöllen in Vorschlag.

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I« Graz wurden zwei österreichische Heimwehrleute verhaf» tet, die angeblich ei« Attentat anf den Innenminister ge­plant haben solle«.

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Der Berliner Rechtswiffenschaftler Dr. Salaban wnrde als Falschmünzer entlarvt. Er hat S6 0VÜ falsche Zweimark­stücke in Umlauf gebracht.

Der Nachlragshaushalt für 1931

TU. Berlin» 16. Jan. Anfang der kommenden Woche be­ginnen innerhalb des Reichsrats Vorbesprechungen über den von der Reichsregieruug unterbreiteten Nachtragshaus­halt für das Rechnungsjahr 1931. Der Nachtragshaushalt wird alle die Maßnahmen berücksichtigen, zu denen die Reichsregiernng bis zum Oktober gegriffen hat, also ins­besondere auch die Notverordnungen. Er wird die Rück­gänge bei den Steuereinnahmen deklarieren und andererseits die Herabsetzung der Ausgaben, wie sie dnrch die Stundung der Tributszahlungcn, durch die Kürzung der Ueberweisungen an die Länder, durch die Gehaltskürzungen und durch die übrigen Sparmaßnahmen sich ergeben haben. Insbesondere werden im Nachtragshaushalt auch die 89 Mil­lionen Reichsmark erscheinen, die das Reich den Kommunen anläßlich der gestiegenen Ausgaben für die Wvhlfahrtser» werbslosen weiterhin zur Verfügung gestellt hat. Diese Reichsbeihilfe für die Kommunen wird danach mit insgesamt 230 Millionen ausgewiesen. Die Entscheidung darüber, ob Ser Nachtragshaushalt für 1931 durch den Reichs­tag verabschiedet oder im Wege einer Notverordnung in Kraft gesetzt werden soll, liegt noch beim Ncichsfinauzminl- ster beziehungsweise dem Reichskabinctt, soll aber in kürze­ster Zeit getroffen werden.

Keine Senkung der Bierstener

Die Bierpreise werden nicht gesenkt TN. München, 16. Jan. Nach einer Mitteilung des Vayr. Brauerbundes sind die letzten Meldungen über eine angeb­lich bevorstehende Senkung -er Biersteuer falsch. Der Ncichs- finanzminister habe vielmehr erklärt, baß er zur Zeit keine Senkung der Biersteuer in Aussicht stellen könne. Damit kämen aber auch die Voraussetzungen für eine Bierpreissenkung in Wegfall. Der Bayr. Braner- bund hat deshalb in einem Telegramm an den Neichsfinanz- minister auf die ungeheure Bestürzung und Erregung in Bayern wegen der Ablehnung der Biersteuersenkung hinge­wiesen.

Die Präsidenlschaftsfrage

Hitler übermittelt dem Reichskanzler seine Denkschrift.

Wie verlautet, dürfte Hitler jetzt dem Reichskanzler die vor kurzem angekünbigte Denkschrift übermitteln, die seine verfassungspolltischen und sonstigen Gründe für die Ableh­nung einer parlamentarischen Verlängerung der Amtszeit des Reichspräsidenten enthält. Die Denkschrift, wird voroiis- fichtlich nach ihrer Neberreichnng veröffentlicht werden.

Die Reichsregierung in Abwehr

Der Völkische Beobachter hatte dieser Tage gemeldet, der Reichskanzler sei von sehr autoritativer ausländischer Seit« darauf aufmerksam gemacht worden, daß er nicht mehr vcr- handlungsfähig sei ohne Adolf Hitlers Unterstützung, da fast kein Volk mehr hinter der Negierung stehe. Von zuständiger Seite wird hierzu erklärt, daß ein amtliches Dementi dieser Behauptung nicht geplant sei, da die Auslassung den Grad der erlaubten Phantasie über­schreite.