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Amts- unä Anzeigedlall für äen Vderamlrdezirk calw
Nr. 10
Donnerstag, den 14. Januar 1932
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Zernsprecher Nr. 9
verantwort!. Lchriftleitung: Zrieärich tzans Scheel« Druck unä Verlag äer A. oelschlöger'schen vuchäruckerei
Jahrgang 104
Frankreichs Plan für die Tribulkonferenz
Keine sranzösifch-englische Einigung üder gemeinsames Vorgehen in Lausanne
TU. Paris, 14. Jan. Erklärungen amtlicher französischer Kreise bestätigen. Saß sranzösischerseitS in Len Besprechungen mit dem englischen Finanzsachverständigen Leith Roß eine Lösung vorgeschlagen worden ist, nach der Deutschland ein Zahlungsaufschub von zwei Jahren für die geschützten Zahlungen gewährt werden soll. Die ungeschützte» Zahlungen sollte» kommerzialisiert in Obligationen der Reichsbahn auf den Markt gebracht werden. Sie sollten erst vom Jahre 1934 ab tn den Verkehr kommen. Es wird amtlicherseits betont, daß diese vorgeschlagcne Lösung nicht der endgültige Vorschlag der französischen Regierung gewesen sei.
Nach den Berichten der französischen Blätter aus London scheint die englische Auffassung tn der Tributsrage noch wesentlich von der französischen abzuweichen. Das „Journal des Debats" erklärt sogar, daß, wenn der englische Standpunkt sich durchsetzen sollte, Deutschland von vornherein gewonnenes Spiel habe.
Der englische Finanzsachverständige Leith Roß berichtete Sestern in London dem Mintsterpräsidenten, dem Außenminister, dem Schatzkanzler und dem Handelsminister, die England aus der Lausanne» Konferenz vertreten werden. Darauf fand eine Vollsitzung des Kabinetts statt, in der Leith Rotz nochmals ausführlich über seine Pariser Verhandlungen sprach. Angeblich ist auch jetzt noch kein endgükti. ger Beschluß über die von England einzuschlagende ReparattonSpolttik gefaßt worden. Dte amtlichen Stellen halten daran fest, daß eine Mitteilung über die englische Politik in -er Trtbutfrage erst in Lausanne erfolgen werde. Gegenwärtig ist auch noch unentschieden, ob Leith Roß seine Verhandlungen in Paris fortfetzen wird. Englische Kreise bestreiten, -aß in Paris irgendein Abkommen erzielt worden fei.
Erörtern»- der Kriegsschnldensragc vor den amerikanischen Wahlen zwecklos
Die „Newyork Times" erklärt in einem Leitartikel, eine Erörterung der KriegSfchukdenfrage mit den Bereinigten Staaten sei in Anbetracht der im November ftattftndenden Wahlen zwecklos. Irgendwelche Vorschläge würden keine günstige Aufnahme finden. Die amerikanische Einstellung kaffe angesichts der bevorstehenden Wahlen keine Aenderung zn. Die „Newyork Herald Tribüne" meldet aus Parts, die französischen Finanzsachverständigen hätten Leith Roß einen Kricgsschuldenplan vorgelegt, der ein zweijähriges Moratorium und die Streichung der geschützten deutschen Zahlungen vorsehe, falls die Vereinigten Staaten der Streichung der alliierten Schulden znftimmen. Als Gegenleistung solle Amerika einen Anteil an den ungeschützten deutschen Leistungen erhalten.
Amerika will keine Reichsbahnobligationen
Washingtoner Regierungsstellen finden de» angeblich Leith Roß von französischen Stellen in Paris gemachten Vorschlag, Amerika einen Teil von Neichsbahnobligationen anzubieten, falls es auf die interalliierten Schulden verzich
ten sollte, lächerlich. Auch der französische Vorschlag, auf dte geschützten Zahlungen im Falle der Kriegsschuldenstreichung durch Amerika z« verzichten, wird zurückgewiesen. Die Regierung der Vereinigten Staaten lehnt nach wie vor entschieden jede unmittelbare Teilnahme an den Reparations- Verhandlungen ab. Sie verneint den Zusammenhang der deutschen Tributzahlungen an die europäischen Länder mit den Nachkriegsanleihen der Alliierten für Wiederaufbanzwecke. Eine Streichung der Kriegsschulden komme für die amerikanische Regierung nicht in Frage.
Der französische Kredit druck.
Wie das führende Pariser Wirtschastsblatt „Agence eco- nomique et financiere" zu berichten weiß, wird sich der Verwaltungsrat der Bank von Frankreich mit der Frage der Erneuerung bzw. der Verlängerung der Kredite an die ReichSbank befassen. Gleichzeitig seien diesbezügliche Verhandlungen zwischen der Bank von Frankreich, der Bank von England und der Federal Reserve Bank etn- geleitet worden. Obgleich das endgültige Ergebnis dieser Besprechungen erst Ende Januar vorliegen werde, sei man in maßgebenden französischen Kreisen angeblich schon jetzt der Meinung, Laß sich sowohl die britische wie auch die amerikanische Zcntralnotenbank dem Standpunkte Frankreichs an schließen würden. Auf jeden Fall scheine die Bank von Frankreich nur geneigt zu sein, die Möglichkeit einer Verlängerung der Kredite um 4 Wochen zu prüfen. Dte weiteren Schritte würden in hohem Maße von der Lausanne! Konferenz abhängig sein.
„Financial News" erblickt in den Baseler Beschlüssen über die Erneuerung des Ncichsbankkredits keine besondere Gefahr, La bei Nichtverlängerung -eS Kredites nach einem Monat die Schuld automatisch unter das Stillhalteabkommen fallen würde Der Vorschuß müßte dann ent- sprechcrrb den Stillhalteabmachungen ratenweise zurückgezahlt werde«, was die Neichsbank leisten könne.
Die Berliner Slillhalleverhandlmigen
TN. Berlin, 14. Jan. Nach Mitteilungen des DHD. nehmen die Stillhalteverhandlungen einen günstigen Fortgang. Die Stimmung tn den Verhandlungen ist wesentlich besser als vor 14 Tagen. Wie bereits gemeldet, ist der beratende Bankenausschuß für Dienstag abend rinbernfen worden. Die hieran geknüpften Vermutungen, daß nunmehr ein baldiges Ende der Stillhalteverhandlungen bevorstehe, eilen jedoch den Tatsache» voraus, da es sich hier nur um eine Informierung durch den Stillhaltcausschnß handelt. Die Verhandlungen laufen zurzeit aus eine einjährige Verlängerung der Stillhaltekredite hinaus. Außerdem hat man in dem ausznarbeitenden Entwurf den Plan einer Rückzahlung eines größeren Teiles der Kassakredite in Mark und die Konvertierung dieser Markcrlöse am deutschen Anlagemarkt ins Auge gefaßt. Ein derartiger Plan ist bekanntlich erstmals von den Schweizer Mitgliedern der Abordnung vorgeschlagen worden.
Volksfront für Hindenburg!
Der Jnngdentsche Orden beantragt Volksbegehren zur Ver- längernng der Amtsdauer Hindenburgs
TU. Berlin, 14. Jan. Der Hochmeister des Jungdeutschen Ordens, Arthur Mah raun, hat unter der Ueberschrist: „Volksfront für Hindenburg" folgenden Aufruf erlassen:
Der Reichspräsident von Hindenburg hat seine Bereitwilligkeit erklärt, das Amt des Reichspräsidenten in der fchicksalschweren gegenwärtigen Zeit weiterzuftthren, falls eine entsprechende Mehrheit des Reichstags ihre Zustimmung geben würde. Der Versuch, eine solche Mehrheit zustande zu bringen, ist gescheitert. In der Erörterung einer Volkswahl Hindenburgs treten die Gegensätze der Parteien bereits erneut In den Vordergrund. Es liegt die große Gefahr vor, daß ein neuer Streit darüber entbrennt, wessen Kandidat der Reichspräsident von Hindenburg ist. Es liegt ferner die Gefahr vor, -aß zum mindesten ein kommunistischer Gegenkandidat aufgestellt wird. Es ist unbedingt notwendig, die Einheit zu erhalten, welche da deutsche Volk trotz aller vorhandenen Gegensätze in seinem Glauben an Hindenburg besitzt.
Dte Jungdcutsche Bewegung hat daher bei der zuständigen Stelle die Zulassung eines Volksbegehrens auf Volksentscheid über folgendes Gesetz beantragt: „Unter Außerkraftsetzung entgegenstehender Bestimmungen der Reichsver- Mung, insbesondere -er Artikel 41 und 43, wird die Amts- vauer des Herrn Reichspräsidenten von Beneckendorff und Hindenburg um weitere 7 Jahre verlängert." Die Jung- oeutsche Bewegung ruft alle Deutschen auf, alle Sondcrrück- ffchteu zurückzustellen und an -er Durchführung dieses Volks
begehrens sowie des nachfolgenden Volksentscheids mitzuarbeiten.
gcz. Arthur Mahraun, Hochmeister des Jungdeutschen Ordens.
Dazu hören wir von jungdeutscher Seite, daß der Antrag aus das Volksbegehren am Mittwoch mittag von dem Neichs- tagsabgeordneten Borncmann im Reichsinnenministerium eingereicht worden ist. Der Hochmeister des Jungdeutschen Ordens, Arthur Mahraun, hat an die Führer aller politischen Gruppen, Bünde und Parteien einen Brief gerichtet, in dem er zu einer einheitlichen Volksfront für Hindenburg auffordert.
Die Nationalsozialisten gegen eine Volkswahl Hindenburgs.
In einer nationalsozialistischen Versammlung, die am Dienstag abend in Kempten stattfand, gab Minister a. D. FrickSie Antwort auf die Frage, ob eine Wiederwahl Hin- dcnbnrgs durch eine Volkswahl zustande kommen werde. Die Antwort sei ein glattes Nein. Dr. Frick führte ans: Auch bei einer etwaigen Volkswahl wurden die Nationalsozialisten jedenfalls keinen Finger rühren, nm den Reichskanzler Brüning nicht noch weiter zu unterstützen. Wenn das Kabinett Brüning bis zur Neichsprüsidentenwahl nicht verschwunden sei, würden die Nationalsozialisten aus ihren Siethen einen Mann ausstellen, auf den sie sich unbedingt verlassen könnten. Es wird in diesem Zusammenhang General von Epp genannt.
Milderung der Steuerlast der Landwirtschaft
Wie die „Landwirtschaftliche Wochenschau" von unterrichteter Seite erfährt, hat Las Reichsfinanzministerium bei seinen Erwägungen über die Neufestsetzung des landwirtschaftlichen Emheitswertes «ms Grund der Neichsbeiverkung nach
Tages-Spiegel
In der Tribntsrage konnle -mischen England und Frankreich «och kein Einvernehmen hergestellt werden. Die sranzvsi, scheu Vorschläge für di« Lansanner Konferenz finden so- »ohl in London wie «nch in Washington keinen Anklans.
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Der Jnngdentsche Orden hat ei« Volksbegehren zur Amts» verlängern«« Hindenburgs beantragt. Da ein solcher Antrag mit einem sehr großen Zeitverlust verbunden ist, kommt ihm praktisch wenig Bedeutung zu.
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Die russisch-rnmänische« Verhandln««-» über einen Nichtangriffspakt ßnd ans dem tote« Punkt angelangt, da Rußland eine Regeln«« der beßarabischeu Krage fordert.
AuS Indien werden blutige Zusammenstöße zwischen Kon» greßfreiwillige» »nd Polizei gemeldet.
I« Antwerpen find in -er Nacht zum Mittwoch IS Elefanten des Zirkus Sarrasani verbrannt. Man vermutet Brand- stiftnng.
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Die ehemaligc Königin von Griechenland, Sofie, die Schwester -es ehemaligen deutsche« Kaisers, ist gestern abend in einer Frankfurter Klinik gestorben.
-er Notverordnung vom 8. Dezember 1931 seiner Auffassung dahin Ausdruck gegeben, daß die damals festgestelltcn Einheitswerte jedenfalls nm 25 Prozent überhöht wären. Tatsächlich dürste nach der Entwicklung der Landwirtschaft und auch nach den bei Gütcrbewegungen fcstgestellten Grundstückspreisen mit einer weit größeren Wertminderung z« rechnen sein. ES erschiene schon fraglich, ob ein Abschlag von S3 Prozent den Verhältnissen wirklich gerecht wird. Die Erwägungen und insbesondere dte Verhandlungen mit den beteiligten Organisationen find noch nicht abgeschloffen.
Ein neues Kabinett Laval
Briand ansgeschieden
TN. Paris, 14. Jan. Ministerpräsident Laval hat gestern um Mitternacht ein neues Kabinett gebildet und es sofort dem Staatspräsidenten im Elysee oorgestellt. Das neue Kabinett weist nur wenige Veränderungen auf. Briand ist endgültig ausgeschieden, und Ministerpräsident Laval hat seinen Platz am Quai d'Orsay übernommen. Das Innenministerium ist in die Hände des bisherigen Untcr- staatssekretär Cathala übergegangen, während Tarbieu sich dazu entschlossen hat, das Kriegsministerium zu übernehmen. An seine Stelle im Landwirtschastsministerium tritt der bisherige Unterstaatssekretär im gleichen Ministerium, Fould. Die Unterstaatssekretariate für Inneres und Landwirtschaft sind aufgehoben worden. Alle übrigen Ministerien und Unterstaatssekretariatc haben die gleiche Besetzung bci- behalten.
Die Notlage der deutschen Wirtschaft
Ein Wirtschaftsbericht der englischen Botschaft in Berlin
TU. London» 14. Jan. Soeben wurde ein Bericht deS Hanöclsbeirates -er englischen Botschaft in Berlin über die Wirtschaftslage in Deutschland im Sommer 1930 bis zum Sommer 1931 veröffentlicht. Der Bericht zeigt in erschreckender Weise den ungeheuren Einfluß der Tributszahlungcn und der Weltkrise aus die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland. Der Bericht behandelt u. a. die Bemühungen Deutschlands, die Ausfuhr mit allen Mitteln zu steigern und die Einfuhr zu verringern. Hierbei wird hervorgehobcn, daß England seinen Platz als zweites Einfuhrland nach Deutschland behalten habe, jedoch sei Englands Einfuhr nach Deutschland im Jahre 1939 gegenüber 1929 nm 25 Prozent gefallen, während die deutsche Ausfuhr nach England in derselben Zeit nur um 7 Prozent abgenommen habe. England sei stets das größte Ausfuhrland für Deutschland gewesen. Länger wird dann die Lage der wichtigsten deutschen Industrien und ihre Wettbewerbsfähigkeit erläutert. Hierbei wird gezeigt, daß alle Industriezweige tn Deutschland mehr oder weniger stark von der Krise berührt werden. Ter Absatz im Jahre 1939 sei der niedrigste seit Kriegsschluß gewesen. Die Erzeugung sei während des ersten halben Jahres 1931 weiter gefallen. Die Schisfbau- industric habe im Jahre 1930 und die Automobilindustrie im Jahre 1929 einen Rückschlag erlitten, von dem sie sich bisher noch nicht erholt hätten. Sodann erörtert der Bericht die Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft. Diese hatten jedoch infolge des Fleischsturzes zum Teil nicht ihren vollen Zweck! erreicht. Schließlich geht der Belicht noch auf die Arbeitslosigkeit und die Lohnkürzungen ein.