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Nr. 9
Mitwoch, dm 13. Januar 1932
Jahrgang 104
Keine Einberufung des Reichstags
Reichslagszufammentrilt voraussichtlich nicht vor dem 23. Februar Vorbereitungen zur Bolkswahl Hindenburgs
— Berlin, iS. Jan. Der Aeltestenrat des Reichstags hat am Dienstag mittag den Antrag aus sofortige Einberufung des Reichstages abermals abgelehnt. Die Ablehnung des kommunistischen Antrages erfolgt« gegen die Stimmen der Nationalsozialisten, der Deutschnationalcn und -er Kommunisten, deren Fraktionen im Reichstag zusammen nur 220 Mitglieder haben. Die Vertreter der Volksvarlei waren der Sitzung des Aeltcstenrats ferngeblieben.
In der Aussprache über den Antrag erklärten die Sozialdemokraten, sie könnten für eine Einberufung des Reichstages deshalb nicht eintreten, weil es bei einer Aufhebung der Notverordnung unmöglich erscheine, daß die die Aufhebung hcrbeiftihrenden Parteien hinterher auch eine arbeitsfähige Negierung bildeten. Der Vertreter der Deutschnationalen, Abg. Dr. Oberfohren, führte demgegenüber aus, eine solche Auffassung widerspreche allen Grundsätzen -er Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip aufgebaut sei. Die Vermutung, daß nach einem durch den Reichstag hervei- geführten Sturz deS Kabinetts Brüning eine arbeitsfähige Negierung nicht zustande kommen werde, fei durchaus unbegründet.
Der Vertreter des Christl.-Sozialen Volksdienstes, Abg. Simpfendörfer, erklärte, seine Fraktion würde einer Einberufung -es Reichstages -»stimmen, wenn die Tagesordnung nur den Punkt »Erklärung der Reichsregierung zur Außenpolitik" enthalte, und zwar unter der Bedingung, daß im voraus feststehe, daß -er weitaus größere Teil der Parteien sich den Ausführungen Ser Reichsregierung gegenüber zustimmend verhalte. Abg. Dr. Oberfohren sah in einer solchen Bedingung eine unmögliche Forderung uird stellte den Antrag, für den Fall der Ablehnung -cs kommunistischen Antrages den Reichstag zuin Nächstliegenden Termin einzuberufen mit der Tagesordnung »Erklärung der Reichsregierung zur Außenpolitik und Besprechung".
Abg. Döbrich (Landvolk) sprach sich für Len deutsch- nationalen Antrag aus. machte aber zur Bedingung, -atz sich alle Parteien vorher verpflichteten, dafür zu sorgen. Saß die Ncichstagsfitzung nur zu einer gemeinsamen außenpoliti
schen Kundgebung benutzt werde. Dieses Versprechen war jedoch nicht von allen Fraktionen zu erlangen.
Staatssekretär PünLer faßte die Stellungnahme der Reichsregierung dahin zusammen, daß ein Zusammentritt des Reichstages nicht vor dem vom Parlament selbst in Aussicht genommenen 28. Februar erfolgen möge.
Um die Reichspräsidentenwahl
Bericht des Reichskanzlers bei Hindenburg
TU. Berlin, 13. Jan. Amtlich wird mitgeteilt: Der Herr Reichspräsident empfing gestern mittag Reichskanzler Dr. Brüning zum Bortrag. Der Reichskanzler berichtete dem Reichspräsidenten über seine Fühlungnahme wegen der Möglichkeit einer parlamentarischen Verlängerung der Amtszeit des Reichspräsidenten durch den Reichstag. Aus Grund dieses Vortrages bat der Herr Reichspräsident den Reichskanzler, von einer weiteren Verfolgung des Weges der parlamentarischen Lösung der Frage Abstand zu nehmen.
Hitler hat seine ablehnende Haltung gegenüber dem Vorschlag Brünings nicht dem Reichskanzler, sondern dem Reichspräsidenten persönlich in einem Schreiben übermittelt. Das Schreiben, das lediglich zur persönlichen Unterrichtung des Reichspräsidenten dient, soll nicht veröffentlicht werde».
Dir Bemühungen um die Wiederwahl deS Reichspräsidenten von Hindenburg auf dem Wege der Bolkswahl find, wie die »DAZ." meldet, bereits in vollem Gange. Um seine Wahl als Gemeinschaftskandidat einer Einheitsfront ficher- zuftelle», werde voraussichtlich ein überparteilicher Ausschuß gebildet werden, -er, wie man in politischen Kreisen annimmt, unter Führung des ehemaligen Reichswehrministers Dr. Geßler stehen soll. Sollte eine Berelnbarnng über die GemeinschaftSkandidatur Hindenburgs nur zwischen ben Mittelgruppen zustanSe kommen, so würde eS den Flügel- grnppen rechts und links unbenommen bleiben, sich entweder anznschliehen oder keine Gegenkandidaten aufzustellen.
Das Zentralkomitee der KPD. hat beschlossen, den Vorsitzenden -er Partei. Thälmann, als Kandidaten für die Reichspräsidentenwahl aufzustellen.
Brüning läßt sich nicht einschüchtern
Deutschlands Standpunkt in der Tributsrage unerschütterlich Wird Italien Hilfe leisten?
TN. Berlin, 13. Jan. Der Beschluß der BIZ., nur bedingungsweise den Rediskont Ler Neichsbank auf drei Monate zu verlängern, wogegen die französische Regierung beabsichtigt, den französischen Anteil sein Viertel der Gesamtsumme) nur bts zum 4. März zu verlängern, ist in Berlin mit größter Ruhe ausgenommen worden. Man nimmt an, daß in dieser Sache das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Man betont aber ausdrücklich, daß der Betrag von 200 Millionen Nm. süer Anteil der BIZ. selbst und der französische Anteil), dessen kreditmäßige Verlängerung äußerstenfalls nicht zugestanden werden würde, nicht geeignet sein könnte, den vom Reichskanzler dargelegten deutschen Standpunkt in der Trtbutfrage zu erschüttern, zumal der deutsche Standpunkt, wie dies nach einer »Times"-Meldung von dem englischen Kabinett durchaus richtig erkannt worden ist, lediglich eine Feststellung von Tatsachen, nicht aber eine Drohung bedeutete. Sollte man aber in Frankreich darauf beharren, Deutschland durch derart kleinliche Maßnahmen auf die Knie zwingen zu wollen, so würde dies nur ein Beweis dafür sein, wie hilflos man in Paris der Macht der Tatsachen gegenübersteht. Reichsbank- präsident Dr. Lut er ist am Dienstag wieder nach Berlin -urückgekehrt.
Es stellt sich jetzt auch vollkommen einwandfrei heraus, daß die französische Oeffentlichkeit in der Beurteilung der Erklärung deS Reichskanzlers von falschen Voraussetzungen ausgeht, wenn sie von einer einseitigen Informier« ng des englischen Botschafters Sir Horace Rumbold spricht. Tatsache ist vielmehr, -aß der französische Botschafter Francois Poncet vor seiner Abreise nach Paris durch den Reichskanzler in völlig gleichlautender Weise unterrichtet worden war und dem Ministerpräsidenten Laval darüber Bericht erstattet hat. Die Unterredung Brünings mit Francois Poncet lag dabei zeitlich vor der Besprechung mit dem britischen Botschafter. Der französischen Negierung hätte es rin leichtes sein können, die französische Presse, die Immer noch von einer »Umgehung Frankreichs" und von einem »ab- oekarteten Spiel mit England" spricht, richtig zu unterrichten.
Botschafter von Renrath beim englische« Außenminister.
Botschafter von Neurath kehrte gestern von Berlin nach London zurück. In den späten Nachmittagsstunden hatte er eine Unterredung mit dem englischen Außenminister, in der die Erklärung des Reichskanzlers erörtert wurde. Der englische Außenminister war zuvor über den französischen Standpunkt durch Len französischen Botschafter unterrichtet worden. Dieser hatte dabei gesagt, daß sich die französische Regierung noch nicht endgültig auf den SS. Januar als Eröffnungstag der Lausanner Konferenz im Hinblick auf die innerpolitischen Vorgänge in Frankreich habe fest- legcn können.
Es verkantet, daß die englisch-französischen Finanzverhandlungen in Paris noch keine Einigung gebracht haben. Die französische Regierung soll sich bereit erklärt haben. Las Moratorium um zwei Jahre zu verlängern. Dieses Moratorium soll sich jedoch nur auf den geschützten Teil der Boungzahlungcn erstrecken, während der ungeschützte Teil in Form von Neichsbahnobliga- ttonen an die BIZ. abgeliefert werden soll. Dieser Teil soll jedoch dem Reich auf dem Anleiheweg zur Verfügung gestellt werden. Man hat außerdem die Frage aufgeworfen, ob man nicht Amerika einen Teil dieser Obligationen anbieten soll, falls es auf die interalliierten Schulden verzichten sollte.
Bor einem englisch-französische« Schritt in Amerika.
Wie in gut unterrichteten Washingtoner Kreisen verlau- tet, bereiten England und Frankreich einen gemeinsamen Schritt bei den Vereinigten Staaten in der Schnldenfrage vor. Die beiden Mächte beabsichtigen, infolge der Erklärung Brünings über die Unmöglichkeit weiterer deutscher Tribut- zahlungen, ein fünsjähriges Moratorium zu be- antragen. Man erwartet, daß die endgültige Form dieses Antrages in Lausanne ansgcarbeitet werden wird.
Mussolini gegen Reparationen nnd Kriegslasten
Der Mailänder »Popolo d'Jtalia", das bekannte Blatt Mussolinis, veröffentlicht unter der Ueberschrift »ES ist Zeit, die tragische Buchführung des Krieges »hrukKlie-ev", eine» beachtenswerte« Artikel, tu den»
Tages-Spiegel
De, Aeltestenrat d«S Reichstages hat die von den Kommunisten beantragte sofortige Eiubernsnng des Reichstages erneut abgelehnt.
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Znr Wiederausstellnng n. Hindenburgs znr ReichSpräfiden» tenwahl ist bereits ein überparteilicher Ansschnß in Bil- bnng begrisse». Sämtliche Mitteiparieien, vom Landvolk bis znr Staatspartei, find bereit, sich für -ie beding««»»?» lose Wiederwahl Hindenbnrgs «inznsetzen.
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Die schwebende Schnkb -eS Dentsche» Reichs betrug am Sl. Dezember 1931 ^SILF MM. Mk. gegenüber 1748,7 MM Mark am 33. November 1931.
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Das Pariser Kabinett Laval ist gestern in feiner Gesamtheit znrückgetreten, nachdem eine Kabinettserwetterung durch Einbeziehen der Radikalsoziakisten mißglückt war.
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Das englisch« Kabinett hat eS abgelehnt, ans der Erklärung Brünings übe, die Tributsrage eine Drohung »der eia Ultimatum heranSznkese».
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Di« japanischen Truppen in Ler Mandschurei habe« de« Befehl erhalte», ans Santo« ,» marschiere«. Die Kanton» regier««- hat Tr»pPenz«sammenzieh«nge» ««geordnet.
mau in politischen Kreisen Len Stil Mussolinis selbst zu erkennen glaubt. Die Lausanner Konferenz muß, so sagt daS Blatt, zu einem »Schwamm drüber" kommen. Sie muß die Streichung -eS Soll und Habe» in der Buchführung deS Krieges bringen. Tatsachen fordern eine grundlegende Lösung!
Alle faschistischen Blätter veröffentlichen de» Artikel im Wortlaut. Gayda nennt ihn im halbamtlichen Giornale d'Jtalia einen rechtzeitigen Alarmruf, den alle Völker hören müssen. Die italienische These sei endgültig: ein für allemal durch völlige Streichung aller zwischenstaatlichen finanziellen Lasten Schluß zu machen mit den Reparations- und Kriegslasten. — Lavoro Fascista sagt, wenn die Lausanner Konferenz scheitern sollte, dann sei kein anderer als der böse Wille und die starrköpfige Ichsucht Frankreichs schuld.
Rücktritt des Kabinetts Lava!
--- Paris» 13. Jan. Das französische Kabinett hat auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Laval beschlossen, in seiner Gesamtheit zurückzutreten. Der Rücktritt erfolgte» nachdem Laval vergeblich versucht hatte, die Radikalsozialisten zur Beteiligung an einer Konzentrationsregierung zu gewinnen. Laval dürfte erneut mit der Kabinettsbildung beauftragt werden.
Wie tn gut unterrichtete» Kreisen verlautet, haben die Aerzte Brianü jede weitere politische Tätigkeit abgeratcn. Vriand hat darauf beschlossen, in der neuen Negierung keine» Ministerposten zu übernehmen. Er hat auch das Angebot Lavals abgelchnt, Frankreich im Völkerbundsrat zn vertreten. Nach Vollendung der Bildung des neuen Kabinetts wird sich Briand sofort aus seinen Landsitz begeben und damit dem politischen Leben für einige Zeit vollkommen Len Rücken kehren. _
Wintersport-Unglück im Riesengebirae
--- Schreiberhau, 13. Jan. Am Dienstag nachmittag gegen zwei Uhr ereignete sich bei den Deutschen Viererbobmeisrer- schaften in Schreiberha« aus der Zackelsall-Bobbahn ein schweres Unglück. Nachdem bereits am Vormittag bet den Vorläufcn der Deutschböhme Schwarzbach mit seinem Bob zu Fall gekommen war und mit einem schweren Schädelbruch nnd einer Unterleibsverletzung ins Schretberhauer Krankenhaus eingeliesert werden mußte, fuhr beim ersten offiziellen Lauf der Bob »Poitz" vom Schreiberhauer Bobklub in der ersten S-Kurve über die Kurve und die Bretter hinaus ins Publikum hinein und zerschellte an den Fichten. Während die Fahrer selbst nur schwere Fleischwundcn erlitten, wurde eine größere Anzahl von Zuschauern erheblich verletzt; nach den bisher vorliegenden Berichten sind im ganzen 20 Verletzte ins Krankenhaus gebracht worden. Darunter befinden sich vier bis fünf Schwerverletzte. Ter Mannschaft, die hoch im Bogen mit ihrem Bob in die Fichten geschleudert wurde, passierte verhältnismäßig wenig. Die Ursache des Unglücks ist, wie sich herausgestellt hat, ein Kufen- brnch, so daß der Bob nicht mehr zu steuern war.
Staatenzusammenschluß in Mittelamerika?
TU. Renyork, 13. Jan. In Guatemala-Stadt haben Verhandlungen zwischen Len Vertreter» von Guatemala, Nikaragua, Honduras, Costarica und Salvador begonnen, die die Schaffung einer mittelamerikanischen Republik auf der Grundlage der gemeinsamen Rasse, Geschichte und Religio» zum Ziel« bade».