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9lr. 7

Montag, den II. Januar 1932

Jahrgang 104

Der Reichskanzler zur Lausanner Konferenz

Es gibt keine Kompromißmöglichkeilen mehr: Politische Zahlungen sind unmöglich

Berlin, 11. Januar. Zwischen sämtlichen beteiligte« Staate« ist ans Borschlag der britischen Regierung eine Eini­gung darüber erzielt worden, - die Lansanner Kon­ferenz am SS. Jannar beginnen soll.

Reichskanzler Brüning erklärte der Presse gegenüber, daß der bevorstehenden Tributkonferenz in Lausanne eine sehr große Bedeutung zukomme. Er habe es daher nicht nur in seiner Eigenschaft als Reichsautzenminister, sondern auch als Reichskanzler, dem nach der Verfassung die Bestimmung der Richtlinien der Politik zusalle, für seine Pflicht gehal­ten, trotz der Fülle seiner sonstigen Amtsgeschäfte die Füh­rung der Abordnung selbst zu übernehmen. Außer­dem würden die zuständigen Ressortminister, Neichsfinanz- ministcr Dietrich und Neichswirtschaftsminister Warmbold, teilnchmen. In seiner Begleitung werde sich Staatssekretär von Bülow befinden, da auf einer außenpolitisch so bedeut­samen Konferenz naturgemäß auch das Auswärtige Amt maßgeblich vertreten sein müsse. Gleichzeitig sei aber Bedacht darauf genommen worden, durch Zurücklassung von leiten­den Beamten in Berlin, so die Staatssekretäre des Neichs- sinanzministeriums, des Reichswirtschastsministeriums und -er Reichskanzlei, die Arbeitsfähigkeit des Kabi­netts in Berlin namentlich skr etwaige Rückfragen der Abordnung sicherzustellcn. Während der Dauer der Konfe­renz werde die Reichsregierung in Berlin unter Leitung des Reichswehr- und Ncichstnnenministers Dr. h. c. Groener stehen.

Eine sofortige Einberufung deö Reichstags hielt der Reichskanzler für durchaus unwahrscheinlich. Den Etnberusungstermin ans Mitte oder Ende Januar legen zn wollen, sei nach feiner Auffassung geradezu unverständlich. In demselben Augenblick, wo die Neichsregierung sich an­schicke, die wichtigsten vaterländischen Interessen des schwer um seine Existenz ringenden deutschen Volkes vor dem Aus­lande zu vertreten, wäre eine gleichzeitige Beratung dieser und der damit zusammenhängenden Fragen vor dem Ple­num des Reichstags eine völlige Unmöglichkeit.

In Lausanne gelte es jetzt für die beteiligten Mächte die Schlußfolgerungen aus dem Bericht der Ba­seler Sachverstän d i g en zu zi..cu. Der Bericht habe noch einmal die gewaltigen Ausmaße der Weltkrise aufge­zeigt und vor allem die verheerenden Folgen geschildert, die diese Krise gerade für Deutschland mit sich gebracht habe. Er führe der Welt die bis au die äußerste Grenze gehenden Maßnahmen vor Augen, die in Deutschland zur Bekämpfung der Krise ergriffen worden seien und erkenne von ihnen an, daß sie in der modernen Gesetzgebung ohne Beispiel seien. Zugleich beweise der Bericht aber, daß einseitige deutsche Maßnahmen nicht ausreichen könnten, daß vielmehr die Lage

Deutschlands, die in weitem Maße die Ursache für die stei­gende finanzielle Lähmung der Welt sei, gebieterisch ein ge­meinsames Handeln -er Regierungen, «ud zwar ein soforti­ges Handeln, fordere. Dafür, wohin die Entschließungen der Regierungen gehen müßten, gebe der Bericht wenn er auch auf formulierte Vorschläge verzichte, doch ganz klar die Richtlinie an. Er zeige die tatsächliche Zahlungs­unfähigkeit Deutschlands und zeige darüber hin­aus, in welch engem ursächlichen Zusammenhang geradezu die deutschen Tribntzahlnngen mit der ganzen gegenwärtigen Lage ständen. Dabei stelle der Bericht ausdrücklich fest, daß sich die Voraussetzungen, von denen seinerzeit die Verfasser des Aonngplanes ausgegangen seien, grundlegend geändert hätten.

Es liege klar zutage, daß Deutschlands Lage ihm die Fort­setzung politischer Zahlungen unmöglich mache. Ebenso klar sei, daß jeder Versuch» das System solcher politischen Zahlun­gen ansrecht zu erhalten, nicht nur für Deutschland, sondern für die ganze Welt znm Unheil führen müsse.

Bei diesem Stande der Dinge sei der Reichsregierung ein Spielraum für Ueberlegungen, welchen Standpunkt sie ein­zunehmen habe, überhaupt nicht gegeben. Sie könne auf der bevorstehenden Konferenz nichts anderes tun, als die gegebene Sachlage üarznstellen und an die anderen beteiligten Regie­rungen die Aufforderung zu richten, daß sie auch ihrerseits dieser Sachlage Rechnung trügen und nicht nach Kom­promißlösungen suchten, für die eine reale Möglichkeit nicht mehr gegeben sei.

Abschließend erklärte der Reichskanzler, er glaube be­stimmt, daß cs heute in keinem Lager mehr an der inneren Einsicht in die Notwendigkeit der jetzt zu ziehenden Schluß­folgerungen fehle. Es komme nur darauf an, auch den M u t zur Verwirklichung dieser Einsicht zu finden und, wie der Sachverständigenbericht sage, die Behandlung wirtschaft­licher Probleme nicht wieder durch politische Gedankengänge beeinflussen zu lassen.

Noch keine englisch-französische Annäherung in der Tribntfrage

Die Verschiebung des Datums der Reparationskonferenz, zu der sich die englische Negierung entschlossen hat, ist nicht, wie aus London berichtet wird, nur durch die Rücksichtnahme auf die französischen Kabinettsschwierigkeiten zurückzufüh­ren, sondern auch auf die Tatsache, daß Frederic Lcith Rotz noch keine hinreichende Annäherung zwischen dem englischen und französischen Standpunkt zustande ge­bracht hat.Die Ansichten Englands und Frankreichs", so sagtSnnday Times",gehen noch weit anseinander und die Verhandlungen machen nur sehr langsame Fortschritte."

Der Eindruck der Kanzlererklärung im Ausland

Unter der UeberschristDeutschlands Ultima­tum" veröffentlichte die Londoner Zeitung ,^tar" am Samstag eine Reutermeldiing aus Berlin über einen Besuch des englischen Botschafters Sir Horace Rum b old beim Reichskanzler Dr. Brüning. Hierbei habe der deutsche Kanzler den englischen Botschafter davon verständigt, daß Deutschland weder jetzt noch in der Zukunft ir­gendwelche Reparationen zahlen könnte, wenn das wirtschaftliche Leben der Welt wieder belebt wer­den solle. Die deutsche Abordnung müsse auf der Lansanner Konferenz dringend für die v o l l st ä n ü i g e S t r e i ch u n g -er Reparationen eintrcten.

Die Ansichten Dr. Brünings und seiner Kabineitkollegen über die Reparationen seien wiederholt den ausländischen Diplomaten gegenüber erläutert worden. Das deutsche wirt­schaftliche Leben stehe jetzt am Rande des Zusammenbruches. Dieser würde sicherlich ganz unvermeidlich werden, wenn ein Versuch gemacht würde, Deutschland erneut Ncparationslasten anfzuerlcgen. Wenn Deutschland dagegen von dieser Last befreit würde, so würde es in der Lage sein, seine privaten Schulden zur gegebenen Zeit zu bezahlen. Aber es könne unmöglich diese und die Reparationen zusammen zahlen.

Diese Veröffentlichung desStar" hat ungeheures Auf­sehen im Anslande erregt. Während in London die Acnße- rungcn Brünings mit ruhiger Kritik ausgenommen werben, bezeichnet die Pariser Presse die Erklärungen des Reichs­kanzlers zur Tributfrage fast übereinstimmend als einen deutschen Srhachzng gegen die britisch französische Zusam­menarbeit. Einige Blätter verbreiten das Gerücht, daß der Vertreter des Britischen Schatzamtes, Leith Roß, ans Lon­don neue Anweisungen erhalten habe, die einen englischen Rückzug bedeuteten und die bereits an Frankreich gemachten Zugeständnisse aufhebcn.Dcr englische Ministerpräsident M a c Donald erklärte, nach seiner Ueberzengniig würden in

Lausanne alle betroffenen Regierungen einschen, daß die Er­holung und Befriedung Europas davon abhänge, baß man jetzt den harten Tatsachen ins Gesicht sehe. Der französische Finanzminister Fl an bin äußerte sich der Presse gegen­über: Wenn die Erklärungen richtig sind, wonach die deutsche Regierung die Vorderungen des Noungplanes und des Ver­sailler Vertrages nicht weiter erfüllen will, so würde Las bedeuten, daß Deutschland mit dem Noungplan und dem Versailler Vertrag ein Ende machen will. Wenn sich die Er­klärungen bestätigen, so würde keine französische Negierung die Ktindigung der freiwillig Unterzeichneten Verträge an­nehmen können. Wenn der Lausanner Konferenz solche Er­klärungen der Nichtzahlung vorausgchen würden, so würde die Konferenz überflüssig. Der Führer der Rechten, Louis Marin, erklärte, daß es notwendig sei, Deutschland unter den gegebenen Umständen eine geeignete Front gcgen- übcrznstellen. Im Gegensatz dazu betonte der bekannte Nadi- kalsozialist Pierre Cot, daß Dr. Brüning nur laut und in einer vielleicht schroffen Form das gesagt habe, was alle Welt denke, das heißt, es sei Zeit, mit dem beunruhigenden und heuchlerischen Problem der Reparationen Schluß zu machen. Diese Frage habe der Welt bereits vielen Schaden zngefügt und auch Frankreich nichts Gutes gebracht.

Die Erklärung des Reichskanzlers hat in Brüssel un­geheuren Eindruck gemacht. Die liberaleEtoile belge" weist daraus hin, daß die Aumenduug von Gewalt Deutsch­land gegenüber eine weitaus größere Katastrophe herbei- führeu wurde als eine Zahlungsverweigerung Deutschlands. Die Besetzung deutschen Landes wäre gleichfalls eine ge­fährliche Sache. Wenn Frankreich daran denken würde, würde es keine Gefolgschaft finden, sondern isoliert sein. Die Bewillignng eines neuen Zahlungsaufschubs unter Aufrccht- erhaltnng der Fassade -cs Zsonngplanes sei notwendig. Auch in R o m hat die Äanzlererklärung großen Eindruck ge­macht. Man rechnet damit, daß die amtlichen Stellen heute Stellung nehmen werden. Die japanische Presse schreiöt, daß der Ausgang der Weltwirtschaftskrise davon abhänge, ob Frankreich politisch und wirtschaftlich Vernunft

Tages-Spiegel

Reichskanzler Brüning hat in einer Erklärung zur La«» sanner Konferenz wiederholt sestgestellt, daß für Kompro» mitzlösnngen keine realen Möglichkeiten mehr bestehen. Weitere politische Zahlungen seien unmöglich.

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Die KanzlererklLrnng hat im Ausland ungeheures Aussehen erregt. Der französische Finanzminifier Flandin brzeich» nete Brünings Vorgehe« als Vertragsverletzung; die Lau» sanner Konferenz sei damit überflüssig.

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I« der Prästdentschastssrage ist über Sonntag keinerlei Klärung eingetrcten; die Rationale Opposition hat ihr« Entscheidung noch nicht getroffen. Wie verlautet, wünschen die Dentschnationale« eine Volkswahl an Stelle einer ge­setzmäßigen Amtsverlängerung v. Hindenbnrgs.

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Der russische Nnßenkommiffar Litwinow unterrichtete den deutschen Botschafter in Moska« über die Nichtangrisss- vertragsverhandlnngen mit verschiedenen Mächte».

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Die Kommunal» «nd Kreistagswahlen in Lippe haben nach Len bisher vorliegenden Nachrichten den Nationalsoziali­sten bedentende Erfolge gebracht.

Die endgültige Entscheidung über den künftigen Sitz des Hanptversorgnngsamts Stuttgart ist bis Anfang März zu­rückgestellt.

annehmen mcL endlich durch Zugeständnisse an Deutschland den ersten Weg aus der Krise zeigen werde. Tie Verantwor­tung für das Ergebnis der Lausanner Konferenz trage dies­mal Frankreich.

Der amerikanische Senator Borah erklärt zu der Fest­stellung des Reichskanzlers gegenüber dem englischen Bot­schafter, daß Deutschland keine Tributzahlungen mehr leisten könne.Deutschlands Haltung ist feit dem 6. Juni klar ge­kennzeichnet. Europa befindet sich nunmehr in der ernstesten Lage seit dem Waffenstillstand. Wenn die Fragen leiden­schaftslos im Lichte der Wirklichkeit und ans der Grundlage' der unzweifelhaft bestehenden Tatsachen behandelt werden, so ist die Lösung einiger ernstester Probleme möglich. Herrscht jedoch der Geist der Feindschaft und des Streites, so ist der Ausblick in die Zukunft ungünstig." Stimson lehnt jede amtliche Aeußerung ab. Als nächste Entwicklung wird in Washington die Einstellung der Kriegsschuldenzahlungen durch die Schuldner der Vereinigten Staaten erwartet.

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Wird Frankreich die Tribntfrage vor den Haager Gerichtshof bringen?

Der Pariser Korrespondent derSunday Times" meldet, bah Frankreich auf Grund des Anhangs I des Haager Ab­kommens vom Januar 1930 die Tributfrage wahrscheinlich vor Len Haager Gerichtshof bringen werde, falls keine Einigung zwischen den Parteien zustande komme. Man müsse abwarten, ob die französische Regierung sich wirklich zu dieser äußersten Maßnahme entschließen werbe. Sie habe andere Mittel zn ihrer Verfügung, uni Deutschland die fran­zösische Unzufriedenheit fühlbar zu machen. Der sozialistische People" bringt die Nachricht, daß in französischen Kreisen SersofortigeZusammentrittderTributgläu. biger gefordert werde, die sich auf eine gemeinsame Politik einigen sollten. Der Zweck sei natürlich, daß gegen Deutsch­land Zwangsmaßnahmen ergriffen werden sollten. Aber es sei ganz sicher, daß Frankreich in diesem Fall nicht die Unter­stützung Englands und Amerikas erhalten werde.

Japanischer Vormarsch auf Piking

TU. Tokio, 11. Jan. Das japanische Oberkommando teilt mit, daß die japanischen Truppen am Samstag den Vor­marsch auf Peking fortgesetzt haben. Die Städte Jischau »ud Tsinfl wurden von den japanischen Truppen besetzt. Die japanischen Truppen rücken auch von Kirin nach Ciarbin vor. Ein japanisches Bombenfiugzeilggeschwader hat die Stadt Suchang Aushu, 150 Kilometer von Charbin entfernt, bom­bardiert.

Amtliche Mitteilungen besagen, - Japan gezwungen sein werde, entscheidende Schritte zn ergreifen, falls China den Boykott japanischer Waren fortsctze, da der japanische Handel ganz ungeheure Verluste durch den Boy­kott erleide. Japan werde sich möglicherweise gezwungen sehen, Matrosen in China zu landen, oder sogar eine Blockade der wichtigsten chinesische« Häfen durchzuführeu.